Die Moralisierung des Politischen ist eine politische Frage, keine moralische.
Ein alter Trick im politischen Machtkampf besteht darain, Interessen moralisierend vorzutragen. Ein moralisch maskierter Machtanspruch wirkt auf schlichte Gemüter gerechter als ein offener.
Gewisse ökonomische Interessengruppen “des Westens” mit sehr viel Geld finanzieren viele “Nichtregierungsorganisationen”, um Einfluß auf demokratische Wahlentscheidungen und auf Regierungshandeln zu gewinnen. Multikulturelle Gesellschaften liegen in ihrem Interesse. In Deutschland stützt ihr Einfluß sich auf akademisch ausgebildete Kreise, aus denen unsere Funktionseliten sich zu rekrutieren pflegen. Vom Lehrer über den Hochschullehrer bis hin zu den ausgebildeten “Politikwissenschaftlern” und Journalisten sind sie heute weitgehend links sozialisiert. Sie haben die früheren Funktionseliten der Nachkriegsjahrzehnte ersetzt.
Jene waren hervorragend ausgebildet gewesen. Ein antitotalitärer Grundkonsens verband sie. Dieser schloß ideologische Konstrukte weitgehend aus, verpönte politische Propaganda und widmete sich pragmatisch dem Aufbau der deutschen Institutionen und unseres Wohlstandes.
Die heutige Funktionselite verkörpert das Gegenbild. Nach 1968 standen sie langhaarig, bärtig und nickelbebrillt hinter roten Büchertischen und erklärten uns, je nach Fraktion, daß Breschnew, Mao oder Che Guevarra nette Leute seien und die Weltrevolution eine gerechte Sache wäre. Sie regieren unser Land, obwohl sie es eingestandenermaßen gar nicht lieben wie Habeck oder die Existenz des deutschen Volkes rundweg als “Konstrukt” abstreiten.
Ihre Machtinstrumente sind die Hypermoralisierung aller Entscheidungen und die scheinbare Abschaffung interessengeleiteter Politik. Inhaltlich stützt die Hypermoralisierung sich auf das Postulat der “Gerechtigkeit”. Damit ist aber nicht Leistungsgerechtigkeit gemeint, sondern die Utopie sozialer Ergebnisgleichheit: Durch Umverteilung soll dereinst keiner mehr besitzen als der andere. Um sie zu erreichen, sollen “Privilegien abgebaut” und “historische Ungerechtigkeiten” kompensiert werden. Die Privilegien bestehen zum Beispiel darin, daß Deutsche selbstbestimmt in Rechtssicherheit und Wohlstand in ihrem eigenen Land leben, womöglich gar im alten Häuschen ihrer Oma mit Vorgarten.
Moral als Rammbock eigener Interessen
Jenseits aller Moralisierungen geraten die Interessen von über acht Milliarden Menschen zwangsläufig miteinander in Konflikt. Zwischen Arm und Reich, übervölkert oder überaltert, tolerant oder fanatisch, militärisch bedroht oder in Sicherheit: Nichts deutet auf das von dem Liberalen Fukuyma einst ausgerufene Ende der Geschichte hin. Das Gegenteil ist der Fall.
Nun ist der äußere Ablauf der Menschheitsgeschichte nichts anderes als zu Vergangenheit geronnene Politik. Interessenkonflikte und Machtkämpfe gehören zu ihrem Wesen. Typischerweise maskieren sich Machtansprüche durch den Anschein höherer Moral oder Gerechtigkeit. So tarnte sich der Finanzimperialismus der USA immer schon mit der moralischen Parole “to make the world safe for democracy”. Eroberer aller Herren Länder schmückten sich mit dem Titel der “Befreier”. Der sowjektrussische Imperalismus trat unter der Devise an, die Proletarier aller Länder sollten sich gefälligst unter Führung der KPdSU vereinigen. Frau Baerbock tingelt durch die Lande und säuselt überseeischen Potentaten etwas von “feministischer Außenpolitik” vor, hinter der allerdings handfeste Interessen stehen.
Die Moral als Ideal scheint im Gegensatz zur Politik zu stehen. Realistisch betrachtet ist sie aber eine der Waffen, deren ein politischer oder persönlicher Machtanspruch sich bedient, um sich Geltung zu verschaffen.
Ideen und Werte sind Funktionen, ja Funktionsweisen des um Selbsterhaltung und Machterweiterung kämpfenden sozialen Existenz.
Panajotis Kondylis, Macht und Entscheidung, 1984, S.119.
Wer einen Gegner der eigenen Interessen dazu bringt, diese zu vergessen und die Moral seines Konfliktgegners zu übernehmen, hat verloren. Sie fesselt und bindet ihn. Er kann nicht mehr in eigenem Interesse handeln, sondern fremdbestimmt durch fremde Moral.
Tatsächlich hat aber politisch nie “die Moral” geherrscht, sondern reale Interessen haben das Handeln bestimmt. Die Moral wurde oft wie ein Fähnchen des guten Gewissens vor den Armeen hergetragen. Es gab aber niemals nur eine Moral, sondern stets so viele, wie es Menschen mit verschiedenen Interessen und Moralvorstellungen gibt. Was im eigenen Interesse lag, erkannten Menschen schnell und gern als das moralisch Gebotene an. Die Moral ihrer Gegner aber fanden sie abscheulich und stritten ihr den Moralgehalt rundweg ab.
Moral ist ein Mittel, eigene Machtansprüche ideologisch oder gar religiös zu überhöhen.
Das ist der Grund, warum alle festen und langlebigen Herrschaften in der bisherigen Geschichte im Namen von objektiv gültigen Prinzipien und nicht einer nackten Entscheidung ausgeübt wurden; der Herrscher muß theoretisch dienen, um praktisch herrschen zu können.
Panajotis Kondylis, Macht und Entscheidung, 1984, S.56.
Klassische Interessenkonflikte
Während Menschen sich moralische Prinzipien im Kopf ausdenken, sind Interessenkonflikte elementar. Sie haben ihren Ursprung nicht im Kopf wie die vielen Moralvorstellungen, sondern in der Realität der Verhältnisse. Freilich machte sich bei Moralisten noch nie beliebt, wer das klar aussprach. Von unbestechlichem Urteil war der athenische Geschichtsschreiber Thukydides. Er lebte in der zweiten Hälfte des 5. vorchristlichen Jahrhunderts. In seinem Werk über den peloponnesischen Krieg berichtet er über die Rede des Radikaldemokraten Alkibiades vor den athenischen Bürgern 415 v.Chr. Er überzeugte sie vom Feldzug gegen Sizilien:
Gegen den Mächtigen wehrt man sich nämlich nicht nur, wenn er angreift. Sondern damit er nicht angreift, kommt man ihm zuvor, Wir können uns nicht einteilen, wie weit wir herrschen wollen, sondern sind gezwungen, da wir nun einmal auf dem Stand angelangt sind, gegen die einen Anschläge zu ersinnen, die anderen nicht hochkommen zu lassen, da uns droht, von anderen beherrscht zu werden, wenn wir nicht selbst über andere herrschen.
Alkibiades, Rede vor der athenischen Volksversammlung 415 v.Chr., nach Thukydides, Der peloponnesische Krieg, 6.Buch, 18.
So wurde der Angriffskrieg demokratisch beschlossen. Der Imperativ der Macht gilt bis heute: Wer nicht beherrscht werden will, muß dem zuvorkommen, der sonst über ihn herrschen würde. Das läßt sich nicht auf ein moralisches Angriffskriegsproblem verengen, denn bei jedem existenziellen Konflikt sagt jeder Seite ihre Moral, daß es schrecklich unmoralisch wäre, gewänne der Feind weiteren Boden oder gewönne gar den Krieg.
Die Seemacht Athen sah ihren Imperialismus als Garanten ihrer Existenz an. Der Krieg gegen die Landmacht Sparta währte schon Jahre, und jede Aktion wurde am Gebot der Nützlichkeit gemessen. Athens Flotte segelte zur “spartanischen” Insel Melos, um die Melier in ein Bündnis mit Athen zu zwingen. Die Melier beschworen Recht und Gerechtigkeit, Moral und alle Götter. Unbeeindruckt erwiderten 416 die Athener:
Sucht das Mögliche zu erreichen, da ihr ebenso gut wie wir wißt, daß Recht im menschlichen Verkehr nur bei gleichem Kräfteverhältnis zur Geltung kommt, die Stärkeren aber alles in ihrer Macht Stehende durchsetzen und die Schwachen sich fügen.
Antwort der athenischen Verhandlungsführer an die Melier, nach Thukydides, Der peloponnesische Krieg, 5.Buch, 89.
Jeder der Konfliktparteien bestätigte ihre Moral, sagten ihre Götter, mit höheren Gesetzen in Einklang zu handeln. Als die Melier nämlich auf ihre Gottesfurcht pochten und in ihre Götter ihre Hoffnung setzten, erklärten die Athener:
Wir glauben, daß der Gott wahrscheinlich, der Mensch ganz sicher allezeit nach dem Zwang der Natur überall dort, wo er die Macht hat, herrscht. Wir haben dieses Gesetz weder aufgestellt noch als bestehendes zuerst befolgt. Als gegeben haben wir es übernommen und werden es als ewig gültiges hinterlassen.”
Antwort der athenischen Verhandlungsführer an die Melier, nach Thukydides, Der peloponnesische Krieg, 5.Buch, 105.
Als sich die Melier trotzdem nicht fügten, wurden nach kurzem Kampf alle Männer getötet und ihre Frauen und Kinder in die Sklaverei verkauft.
Die elementare Kraft des Politischen erkennen wir historisch überall, und im gegenwärtigen Welttheater bestimmt es das Handeln der globalen Großakteure. Die moralischen Maskeraden sind etwas für die sich über das breite Publikum ergießenden Propaganda der Staatsmedien von Moskau über Kiew, Berlin bis Washington.
Die moralische Maskerade
Sie wird aber nicht nur bei Staats- und Völkerkonflikten benutzt, sondern bildet auch ein Instrument der Herrschaft im Innern. Je homogener eine Bevölkerung ist, desto weniger konfliktträchtig ist sie. So war es in den ersten Nachkriegsjahren in Westdeutschland.
Nach dem Scheitern der multikulturellen Experimente befinden wir uns in einer völlig anderen Lage. Die Meinungslager sind tief gespalten und bis zum weltanschaulichen Haß gegeneinander aufgebracht. Zwischen Stadt- und Landbevölkerung bestehen erhebliche Unterschiede an inneren Haltungen und objektiven Interessen, zum Beispiel im Bedürfnis nach Verkehrsmitteln, und zwischen oft ländlichen Hauseigentümern und Bewohnern städtischer Mietskasernen. Während die deutsche Bevölkerung immer laizistischer, toleranter und altersweiser geworden ist, werden die Anhänger fanatischer orientalischer Kulte immer zahlreicher und pflanzen ihre Gebetstürme wie Siegeszeichen ins Herz unserer Städte.
Die Kinder der Nachkriegsgeneration, denen es “einmal besser” hatte gehen sollen, sind saturiert, während Millionen ausländischer Kolonisten ökonomisch Habenichtse sind. Freien Wohnraum gibt es nicht mehr.
“Was tun?“ spricht Zeus, ´ “die Welt ist weggegeben,“
Friedrich Schiller, Der Poet.
“Der Herbst, die Jagd, der Markt ist nicht mehr mein.
Wo regierungsamtlich hunderte Kolonisten in einem Dörfchen angesiedelt werden sollen, das auch nur ein paar hundert Bewohner zählt, bricht der Interessenkonflikt auf. Die meist orientalischen jungen Männer werden den Dörflern vor die Nase gesetzt, und mit ihren Steuern sollen sie das auch noch teuer mit bezahlen.
Seit 2015 haben unsere Regierungen Millionen Fremder ins Land gelassen, von denen die weit überwiegende Mehrheit, beköstigt, behaust, versorgt, therapiert und gepampert werden muß. Wie viele Fachkräfte sind allein erforderlich, all diese Arbeit zu leisten? Fachkräftemangel ist unausweichlich, wo die Anforderungen der Regierungsparteien über unsere Kräfte gehen.
Diese Entwicklungen führen zu klar erkennbaren Interessenkonflikten. Diese sind die unausweichliche Konsequenz der Multikulti-Ideologie und Frucht ihrer moralisierenden Bannerträger. Der Interessenkonflikt besteht zwischen uns, die wir das Eigene behalten und erhalten wollen, und den hier anlandenden und einfliegenden Bevölkerungsüberschüssen südlicher Länder, denen wir jahrzehntelang “Brot für die Welt” geschickt hatten. Von Generation zu Generation stellt alle Welt immer wieder verblüfft fest, daß ihre Anzahl sich mal wieder verdoppelt hat und die Infrastruktur ihrer Länder nicht ausreicht, alle satt, reich und glücklich zu machen.
So suchen denn die wohlhabenden unter Ihnen, die sich die teure Reise und Geld für die Schlepper leisten können, ihr Heil bei uns, gerade so, wie Millionen Deutsche im 19. Jahrhundert nach Amerika ausgewandert waren. Individuell kann man das niemandem verdenken. Auswanderer sind keine bösen Menschen. Die Einwanderung in die USA hatte dem Land damals genützt. Die Einwanderung solcher Leute, wie sie eben tagtäglich kommen, nützt aber dem deutschen Volk gar nichts. Ihr Aufenthalt hier nützt ihnen, schadet aber uns.
Darin liegt ein klassischer Interessenkonflikt. Solche Konflikte müssen immer irgendwann aufbrechen, manchmal gerade so wie wir es momentan in Frankreich an den Einwandererkrawallen gesehen haben.
Utopismus oder Realismus?
Er ist rein politisch zu lösen, nicht moralisierend. Ob und welche Moral man auf ihn anwenden könnte, ist eine politische Frage.
Man seift uns aber regierungsamtlich jeden Tag moralisch ein. Die Zutaten wuchsen im ideologischen Gärtlein der Grünen und der Roten, irgendwo fern im utopischen Nirwana. Dort sind alle Menschen gleich, das gilt dann als gerecht. Wie auf den kitschigen Werbebildern der Zeugen Jehovas Löwen und Lämmer friedlich beieinander liegen, integrieren sich Menschen aus aller Herren Länder fröhlich auf grünen Blümchenwiesen. Da schwören womöglich monotheistische Fanatiker ihrem allein seligmachen Gott ab und entdecken den stillen Charme der Ungläubigkeit und der Ketzerei.
Und wer an diese niedliche Idylle nicht glaubt, sind die skeptischen Bösewichter der ganzen Geschichte. Denn jede Moral erzeugt als Antithese ihre spezifische Unmoral. Und Unmoral, weiß jeder Moralist, hat keine Existenzberechtigung, weil sie ja unmoralisch ist. Wer gegen die Kolonisierung Deutschlands durch Fremde ist, wer sie nicht mit seinem Steuergeld durchfüttern möchte, wer als Fan der freiheitlichen demokratischen Grundordnung keinen Zustrom religiöser Fanatiker dulden möchte, wer realistisch bemerkt, daß Deutschland für so viele Kolonisten weder Grund und Boden noch Wohnungen, Ärzte, Therapeuten und Polizisten besitzt: Für alle jene findet man als politischer Moralist flugs das passende N-Wort.
Über den Wolken mögen viele hübsche, bunte moralische Seifenblasen schweben. Wer seine Schritte aber als moralisierender Hans-guck-in-die-Luft nach ihnen lenkt, fällt alsbald auf die Nase.
So jagt ihr gleichsam einer anderen Welt nach, als in der wir leben, versteht euch aber nicht einmal hinreichend auf die Gegenwart.
Rede des Kleon vor dem athenischen Volk 427 v.Chr. nach Thukydides, Der peloponnesische Krieg, 3.Buch, 38.
Die moralischen Blockwarte unseres Parteienblocks sind schon auf die Nase gefallen. Mit Utopien allein kann eine Küchenhilfe kein Land regieren. Noch halten sie sich verzweifelt an den Restbeständen unseres früheren Wohlstandes fest und glauben an ein finanzielles Füllhorn, das niemals versiegt. Sie klammern sich an die tätigen Arme aller Tüchtigen, die noch arbeiten und Steuern zahlen.
Sie reißen diese aber mit sich in den Abgrund, wenn sie nicht vorher in die Küche zurückgeschickt werden, wo sie hingehören. Wie heißt es doch in ihrer eigenen Utopie: “Jeder nach seinen Fähigkeiten, jeder nach seinen Bedürnissen!” – Eine Beschäftigung nach den Fähigkeiten unserer rotgrünen Parteipolitiker werden sie sicherlich bald finden bei dem “Fachkräftemangel”.
Starker Fachkräfteüberschuß herrscht freilich in der Branche der Klimapropheten, der Gesundheitsangsterzeuger, der Moralprediger, der Gleichheitsapostel, der Gesellschaftsingenieure, der Internetzensoren, der Fernsehhetzer und der Nachahmer Karl Eduard von Schnitzlers und seiner Sendung “Der schwarze Kanal”. Sie alle leben von der Arbeit und dem Geld der werktätigen Bevölkerung. Sie nehmen es vom Lebendigen. Zwischen ihnen und den Familien, der Arbeitenden, den Steuerzahlenden, den Bewohnern kleiner Eigenheime und allen, die gern freie Luft in einem Land mit freier Rede atmen möchten, besteht ein fundamentaler Interessenkonflikt.