Ulla Jelpkes nützliche Idioten  
              (Publikation des Aufsatzes: 
                Junge Freiheit 44 / 1996 )
              
               
                
                  
                
                
              PDS-Abgeordnete  diffamiert eine Vertriebenen-Veranstaltung
              
                Die Stichwortgeber des Düsseldorfer SPD-Regierung sitzen in  der PDS-Zentrale. Über die dubiosen Gewährsleute des NRW-Verfassungsschutzes  wie das "Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung" und  seine Kontakte zur PDS hat die JF schon berichtet. Inzwischen lösen bereits  einfache Presseerklärungen der Partei des organisierten Linksextremismus  in Düsseldorf Pawlow'sche Reflexe aus: 
              
                Am 16.10. betätigte sich die PDS-Abgeordnete Ulla Jelpke,  früher Aktivistin im Kommunistischen Bund (KB), als kapitolinische Gans: Am  22.11. solle sich in Unna Schreckliches zutragen. Für eine Tagung des Bundes  der Vertriebenen seien "namhafte Neofaschisten" als Referenten angekündigt.  Namentlich erwähnte die PDS-Erklärung u.a. den CDU-Bundestagsabgeordneten  Heinrich Lummer, den Bonner Politikwissenschaftler Prof. Hans-Helmuth  Knütter und den "Autor in der sog. neurechten Zeitung Junge Freiheit"  Klaus Kunze. Alle Referenten hatten sich in der Vergangenheit auf der  Grundlage des antitotalitären Konsenses gegen jede Zusammenarbeit mit der  PDS ausgesprochen. 
              
                Die NRW-Landesstelle für Aussiedler als Vermieter der  Tagungsräume reagierte auf Zuruf: Die Druckerschwärze auf der PDS-Erklärung  war kaum getrocknet, da "untersagte" der Leiter der Landeseinrichtung,  Siegfried Pogadl, am 17.10. dem BdV "ausdrücklich die Durchführung im Bereich  der Landesstelle". Als Referenten seien Personen vorgesehen, die im Verfassungsschutzbericht  1995 "als Gegner unserer parlamentarischen Demokratie erwähnt  sind."
              
                Bei so viel amtlicher Beflissenheit durfte die politisch  korrekte Lokalpresse nicht nachstehen. Der "Hellweger Anzeiger"  nahm den Staffelstab auf und setzte einen drauf mit dem Titel "Rote Karte  für braunen Anwalt". Ohne groß zu recherchieren, worum es eigentlich  ging, wußte das Blatt schon am 18.10.: "Die Bedenken knüpfen sich besonders  an die Person eines Referenten: Anwalt Klaus Kunze wird im NRW-Verfassungsschutzbericht  als bekannte Figur aus rechtsradikalen Kreisen bezeichnet." 
              
                Das stimmte freilich so nicht: Der VS-Bericht hatte  vielmehr feinsinnig formuliert, der Strafverteidiger sei "in rechtsextremen  Kreisen bekannt." Gegen so viel bedeutungsschwangere Banalität in einem  Satz läßt sich justiziell so wenig vorgehen wie gegen ein Bonmot etwa der Art,  ein Innenminister sei in Bombenlegerkreisen bekannt. Oder gibt es einen  Bombenleger, der ihn nicht kennt? Den PC-Tugendwächtern entging in ihrem  Eifer freilich ebenso wie dem Verwalter der Tagungsräume, daß es für einen  Strafverteidiger durchaus ein zweifelhaftes Kompliment wäre, dürfte er nur  manchmal einen Temposünder verteidigen. Je kapitaler das Verbrechen, desto  anspruchsvoller ist die nötige Verteidigung, ohne daß sich ein in Kriminellenkreisen  bekannter Verteidiger eines Mörders etwa selbst Mordlust nachsagen lassen  muß. 
              
                Vor allem aber entging der voreiligen Presse, daß der  Referent selbst BdV-Mitglied ist und sich in Buchveröffentlichungen sowie  dieser Zeitung stets engagiert ausgerechnet für eine weitergehende Demokratisierung  unseres Staatswesens ausgesprochen hatte: etwa durch mehr Bürgerbeteiligung  durch Volksentscheide oder durch Direktwahl des Bundespräsidenten durch das  Volk. Noch im Februar 1996 sprach er sich auf der Forumseite der JF unter dem  Titel "Wir Autonomen" vehement für den Gedanken der individuellen  Autonomie in Moral und Politik aus, einem Axiom aller linken und emanzipatorischen  Politiktheorie. 
              
                Saubere Recherche ist allerdings nicht die Stärke deutscher  Provinzpostillen. "Wenn der BdV überhaupt noch Anspruch auf demokratische  Anerkennung erheben will," unterstrich der Hellweger Anzeiger sein publizistisches  Niveau, "sollte er sich schleunigst erklären und von allen rechtsextremen  Spinnern Abstand nehmen." Zu diesen rechnet er offenbar auch die  "rechtsextreme Zeitung Junge Freiheit", die von  "Verfassungsschützern derzeit beobachtet" werde. 
              
                Versagt werden sollte die "demokratische Anerkennung"  künftig einem westfälischen Provinzblättchen, das weit hinter die Errungenschaften  der Liberalisierungen des 19. Jahrhunderts zurückfällt, ja sogar hinter  die der Aufklärung. Das 19.Jahrhundert erkämpfte die Pressefreiheit, und  kein Journalist mußte damals mehr in speichelleckender Demut die Stimme  seines Landesherrn sein. Heute ist es wieder soweit: Unfähig zu einem eigenen  begründeten Urteil macht sich ein Teil der Presse lieber gleich die parteitaktischen  Antipathien seines Landesvaters und dessen Souffleure bei der PDS zu eigen.  Grund genug, sich über Parteienstaatlichkeit einmal exemplarisch Gedanken  zu machen: eben das Thema des Referenten. 
              
                Früher nannte man "Reptilismus" die Auswüchse  eines untergründig wühlenden Afterjournalismus. Manchmal aber kann man die  Maulwurfsgänge bis zu ihren Urhebern zurückverfolgen. Was in den Spalten  einer Lokalzeitung als demokratisch gelten darf und was als extremistisch,  dafür gibt eine ehemalige KB-Kommunistin und jetzige Vertreterin der Mauer-  und Stacheldraht-Partei PDS die Stichworte. Anständige Demokraten lesen  solche Zeitungen nicht. Wer sich behördliche Eingriffe wünscht, wo irgendein  Bürger aufgerufen ist, in einer Versammlung frei zu sprechen - was auch immer  er vertreten mag - der grenzt sich selbst aus dem Kreise der Demokraten aus.  Der Gedanke der Demokratie ist untrennbar verbunden mit der Rede- und Versammlungsfreiheit.  Wer gegen sie nach staatlichen Eingriffen ruft, knüpft an obrigkeitsstaatliche  Traditionen an, wie sie zuletzt im Dritten Reich und in der DDR praktiziert worden  sind, jener DDR, deren System ihre Staatspartei PDS noch nicht wieder offen  einfordert. Zur Zeit beschränkt man sich noch darauf, Stichworte zu liefern  für jene bürgerlichen Kreise, die Lenin einmal süffisant als  "nützliche Idioten" bezeichnet hat.
              
                Juristisch sieht der BdV die Lage gelassen. Es geht den  Staat nichts an, was BdV-Mitglieder auf BdV-Veranstaltungen für Vorträge  halten. Der Erlaß einer einstweiligen Anordnung auf Überlassung des Saales zu  den üblichen Bedingungen gilt rechtlich als sicher voraussehbar. Der Gang zum  Gericht wird nötig sein, um einen zentral gegen die Vertriebenen gerichteten  Stoß zu parieren. Nach der Salamitaktik der Kommunisten wird der als  rechtsextrem denunzierte Kreis stetig nach links ausgeweitet. So sollen die  schärfsten Kritiker des Marsches in die "andere Republik" mundtot  und als Partner der Unionsparteien ausgeschaltet werden. Mit den verbleibenden  Geislers und Süßmuths gedenkt man dann schon fertig zu werden.
               
              alias Karsten Müller