Die unendliche Geschichte einer Stiftung
(Publikation des Aufsatzes: Ostpreußenblatt April 1994 )
Nach zehnmonatiger Prozeßdauer setzten sich die Republikaner vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf gegen das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen durch, das seit 1989 die Genehmigung ihrer Parteistiftung hinausgezögert hatte. Auf die sogenannte Untätigkeitsklage der Partei verurteilte seine 1.Kammer das beklagte Land, die nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch vorgeschriebene formelle Genehmigung der rechtsfähigen Stiftung auszusprechen. In seiner mündlichen Urteilsbegründung am 25.März wies der Gerichtspräsident Grus den Verdacht nicht von der Hand, das Ministerium habe das behördliche Genehmigungsverfahren gezielt jahrelang verschleppt.
Damit setzte er für diese Instanz einen Schlußpunkt unter die unendliche Geschichte eines ermüdenden Verwaltungsverfahrens und eine von gegenseitigen Vorwürfen gekennzeichnete mündliche Gerichtsverhandlung. Schon 1989 waren die Republikaner beim Kölner Regierungspräsidenten vorstellig geworden und hatten nach dem Wortlaut seiner Mustersatzung eine Stiftung errichtet und zur Genehmigung vorgelegt, die den Namen des deutsch-amerikanischen Demokraten Carl Schurz tragen sollte. Nach dem Vorbild der demokratischen Altparteien und der GRÜNEN soll die Parteistiftung der Republikaner ein Bildungswerk errichten und Seminare zur politischen Bildung abhalten, Publikationen und Studien zur staatsbürgerlichen Bildung erstellen und herausgeben, besonders begabte und engagierte junge Menschen in ihrer Ausbildung sowie zur Völkerständigung den grenzüberschreitenden Jugendaustausch fördern und den Dialog mit politisch relevanten Kräften des Auslands führen. Nachdem die Stiftungsaufsicht des Kölner RP bis 1990 ein Jahr intensiver Behördenarbeit benötigte, um festzustellen, daß die von ihrer Mustersatzung wörtlich abgeschriebene Satzung der Stiftung formell nicht zu beanstanden und die Stiftung daher an sich zu genehmigen war, fand sich plötzlich in Bremen eine "Carl-Schurz-Gesellschaft", die angeblich Namensrechte geltend machte und die Behörde zu deren Bedauern bis 1991 hinderte, irgendeine Sachentscheidung zu treffen.
Nun war der Partei als Stifterin die schnelle Entscheidung dringlicher als der Name, so daß sie sich nach einem Parteitag in Ruhstorf spontan zur Namensänderung in "Ruhstorf-Stiftung" und nach angeblichem Protest des Bürgermeisters dieser Gemeinde kurzerhand in "Franz-Schönhuber-Stiftung" entschloß.
Jetzt wurde es ernst für den Düsseldorfer Landesminister als oberster Genehmigungsbehörde: Leider fand sich kein anderer Franz Schönhuber, der Namensrechte einwenden konnte; leider entsprach die Satzung der Mustersatzung, und eine tätige Stiftung einer Oppositionspartei wollte sich leider in der Warteschlange zur staatlichen Parteienfinanzierung anstellen. Die Parteien, so weiß man nämlich in Düsseldorf, dürfen sich nach Urteilen des Bundesverfassungsgerichts nicht zu mehr als 50% aus der Staatskasse finanzieren. Als Ausweg fanden ihre Schatzmeister schon vor Jahren die Ausgliederung ihrer "Denkfabriken" und der Ausbildungsförderung ihres Parteinachwuchses in formell selbständige Stiftungen, welche überwiegend mit Steuergeldern ausgehalten werden, die aber bei der "Staatsquote" der Parteienfinanzierung verfassungsrechtlich nicht mitzählen.
So treffen sich dann z.B. die Nachwuchs-Köfferchenträger der Jungen Union zu Schulungen in Bildungsstätten oder feinen Hotels und beziehen monatlich hohe Stipendien für ihr Studium. Über ihre Auswahl entscheidet die Konrad-Adenauer-Stiftung der CDU, aber die Kosten trägt letztlich der Steuerzahler. Auch "Forschungsinstitute" leisten die Parteistiftungen sich, in deren "Gutachten" etwa nachzulesen ist, wieviel Prozent der Republikaner-Mandatsträger seit 1989 die Partei gewechselt haben.
Keine Frage: So ein Wunderding von Stiftung wollten die Republikaner auch gern haben und zum kalten Buffet der indirekten Staatsfinanzierung vordringen - doch das ging nicht an! Republikaner, fiel dem Ministerium 1993 urplötzlich ein, stünden "im Verdacht" der Verfassungsfeindlichkeit, und darum könnte ihre Parteistiftung das Gemeinwohl gefährden. In ihrem Parteiprogramm, ergänzte sein Beamter Wiek jetzt vor dem Verwaltungsgericht, würden die Republikaner gar die Endgültigkeit der Oder-Neiße-Grenze ablehnen! Die gegenwärtigen Grenzen, so begab er sich abwegig auf völkerrechtlich schlüpfriges Parkett, seien durch den 2+4-Vertrag endgültig und ewig unverrückbar festgeschrieben. Schwerste außenpolitische Verwicklungen könnte es heraufbeschwören - hier wurde seine Stimme besonders leise und eindringlich -, wenn NRW die Stiftung einer Partei genehmige, die das nicht anerkenne!
Nicht nur die Republikaner sahen das ganz anders, und als das Land in ihnen eine Gefahr für die Völkerverständigung sehen wollte, konterten sie: Bewiese nicht schon der österreichische Paß ihres bei der Verhandlung anwesenden designierten Geschäftsführers der Schönhuber-Stiftung, wie sie sich um Völkerverständigung bemühten? - Warum der Prozeßvertreter des Landes an dieser Stelle nur breit grinste und sich jede Antwort verkniff, blieb sein Geheimnis. Ebenso steckte er mit verstehendem Lächeln eine aktuelle Erläuterung der Republikaner zum eigentlich beabsichtigten Namenspatron ihrer Stiftung ein: Carl Schurz sei als Demokrat vor den Verfolgungen und behördlichen Schikanen des Systems eines Fürsten Metternich nach Amerika geflohen; hätte er in seiner Heimat nur das Wort "Freiheit" benutzt, hätten verdachtschöpfende Bürokraten sogleich verfassungsfeindliche, also anti-monarchische Umtriebe gewittert.
Für das Gericht kam es auf so feinsinnige Anspielungen nicht an. Es sprach schlicht Recht und verpflichtete das Ministerium, die Stiftung zu genehmigen. Wenn jede andere Partei eine Stiftung habe, dürfe das den Republikanern wegen des Verfassungsgebots der Chancengleichheit nicht verwehrt werden. Das sei für die erkennende fünfköpfige Kammer des Gerichts so evident, daß sich keines ihrer Mitglieder vorstellen könnte, ein anderer Richter könne diese Ansicht nicht teilen.
Damit folgte das Gericht exakt der Rechtsauffassung der Republikaner: Wenn die Stiftungsgenehmigung von Gemeinwohlkonformität abhänge, müsse sie gerade darum ausgesprochen werden. Parteien seien nämlich nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts als Wahlvorbereitungsorganisationen für das Verfassungsleben unverzichtbar. Ihre Chancengleichheit sei unverzichtbar für die freiheitliche demokratische Grundordnung. Einer Partei willkürlich die Genehmigung ihrer Parteistiftung vorzuenthalten, begründe daher eine Gefahr für die Verfassungsordnung, ja sei geradezu verfassungsfeindlich. Nun wird im Ministerium verzweifelt darüber nachgedacht, ob der Erfolg, den Republikanern auf Dauer einer zweiten Instanz die Genehmigung zu verweigern, es wert ist, auch vor dem Oberverwaltungsgericht Mores gelehrt zu bekommen.