Klaus Kunze
- Publizierte Zeitungsartikel (Auswahl) -
 

Kopfnuß für den Minister

(Publikation des Aufsatzes: Junge Freiheit 39 / 2000 )

 

Offiziere und Be­amte dürfen von Rechts und Verfassungs we­gen Republi­kaner sein, das darf in­zwischen als ge­festigte Rechts­prechung gel­ten. Gewöhn­lich werden behördliche Vorermitt­lungen schon im Vorfeld eingestellt, manch­mal erst im förm­lichen Disziplinarverfahren. Zu Verurteilun­gen kam es nie: In etwa einem Dut­zend bekannt gewordener Fälle sprachen Ge­richte frei: das Trup­pen­dienstgericht Süd in die­sem Sommer Hauptmann Bastl und Stabsfeld­webel Mayer, das Verwaltungs­ge­richt Mün­ster einen 1999 Latein­lehrer, der Hessische Dis­zipli­narhof 1998 einen Regierungsdi­rektor und so fort. Ihnen allen hatte eil­fertiger Vor­ver­dacht Verletzung der Treue­pflicht gegen Staat und Verfassung vorgeworfen.


Sie müssen sich aber, auch von Rechts wegen, schikanieren, herum­schubsen und zurückset­zen lassen. Die­ses Schicksal teilen sie mit Pädago­gen, die in NRW als CDU-Mitglied nicht Schuldirektor werden können und mit allen Parteienstaats-Ge­schädigten, die trotz hervor­ragender fachlicher Lei­stun­gen keinen gleichen Zugang zu öffentli­chen Ämtern be­kommen.


Obwohl Art.33 Abs.II Grundgesetz diesen vor­schreibt, dominieren Partei­buchmän­ner und Quo­tenfrauen die lu­krativen öffentli­chen Dienstposten. Wo Republikaner-Beamte sich gerichtlich ge­gen ihre Parteibuch-Diskriminie­rung wehrten, blieben sie ebenso erfolglos wie SPD-Beamte in Bayern oder CDU-Leute in NRW. So ge­nügte ein Au­genblinzeln des MAD, um die Karriere des besten Mannes im Bun­deswehr-Propagan­dasen­der "Radio Andernach" zu be­enden. Der SFOR unterstellt und auf Lehr­gang in der Hei­mat, kam das MAD-Fax seiner Beförderung nur um Stunden zuvor: Er sei ein "Rechts­extre­mist", hieß es lapi­dar. Das folger­te der MAD aus seiner Parteimitglied­schaft. Auf dem Fuße folgte der Marschbefehl auf einen idylli­schen Truppenübungsplatz mit Alpen­blick, und weil man dort keinen Haupt­mann brauchte, blieb auch die Beförde­rung aus. Kein Soldat hat aber ei­nen An­spruch auf einen bestimmten Dienst­po­sten, und ohne Haupt­manns-Dienstpo­sten auch nicht auf Be­förde­rung - so viel zur Theorie über die dienstliche Verwen­dung nach Leistung und den glei­chen Zugang zu öffentli­chen Ämtern.


Anders als manche Verwaltungsrich­ter ließ sich das Truppendienstgericht Süd in Sachen Bastl und Mayer nicht bluffen durch die in­quisitori­sche Gedan­kenkette der Anschuldi­gungsschrift: Zwar hätten die Soldaten sich persönlich un­ta­delig ver­halten, sie seien aber Mit­glieder ei­ner gewissen Par­tei. Diese ver­halte sich zwar auch untadelig, sie habe aber gewisse Mit­glieder. Diese verhalten sich zwar auch unta­delig, sie sprechen aber mit dem DVU-Vor­sitzenden Frey, so Franz Schönhu­ber am 22.8.1994: er­ster Vorwurf der Ankla­ge des Wehrdis­zipli­naranwalts vom 29.12.1998! - Das war den Truppenrichtern zuviel, und sie bereiteten dem Verteidigungsminister ei­ne "Peinliche Nieder­lage", wie der FOCUS dieser Woche titelte. Doch noch viel peinlicher wäre es für Schar­ping, wenn alle Welt im Original diese Blüten seiner "Verfassungshüter" vom MAD nachlesen könnte.


Während kein Gericht bisher beurtei­len muß­te, ob Republikaner wirklich ver­fas­sungs­feindlich tat­sächlich sind, gibt es nach Ansicht einiger Verwal­tungsgerich­te Anhaltspunkte dafür, die jedenfalls die Beoachtung durch den VS er­lau­ben. Selbst die VS-Behörden zweifeln nicht an, daß das Pro­gramm und der Bundes­vorsitzende verfas­sungstreu sind - aber wenn da irgendwo in Vor­pommern die NDP einen Kranz nieder­legt und ein Re­publi­kaner dabei­steht, sind das gewich­tige An­haltspunkte für eine "Zusammen­arbeit von Rechtsextremi­sten", und: dann wird eben ein unta­deliger Oberleutnant in Koblenz nicht Hauptmann oder 1998 ein hervorragen­der Kriminal­hauptmei­ster nicht Kommissar.


Ist das Vorgehen gegen beamtete Re­publi­kaner auch rechtswidrig, so hat es doch Methode: Flä­chendeckend wurde das Ziel erreicht, vor­sichtige Naturen wie Beamte zur Rückgabe ih­res Partei­buchs zu pressen: Auch die Offiziere Bastl und Mayer waren aufgefordert worden, bin­nen drei Wo­chen auszutreten, sonst hät­ten sie mit einem Disziplinarverfahren zu rechnen. Da Offi­ziere an­schei­nend von Berufs wegen mutig sind, nahmen sie es auf sich - und gewan­nen. Doch die seltenen zi­vilcouragierten und am Ende siegreichen Beam­ten wiegen nicht den politischen Effekt auf, einer Par­tei mit die Be­amten und damit ein Mitglieder­po­tential zu entziehen, auf dem andere Parteien we­sentlich ruhen.


Ungeteilten Grund zur Freude haben selbst die Soldaten nicht, denen kein dienstrecht­liches Ver­gehen angelastet werden konnte: Beschimp­fen und enteh­ren lassen müssen sie sich gleich­wohl: 1997 sprach der Kom­mendeur der Kyff­häuser-Kaserne in Bad Franken­hausen einem Teilnehmer des Un­teroffiziers-Lehrgang fehlen­de "absolute charak­terli­che Integrität ab": Er hatte das falsche Partei­buch. Einem Major wurde 1997 die als Vorausset­zung für qualifi­zierte dienstli­che Verwendung nö­tige Si­cher­heitsstufe entzogen - falsches Partei­buch. Der Ober­leut­nant bei der SFOR durfte nicht mehr als Fah­nenbegleitoffizier auftreten: Das wäre zu viel Ehre für ein Mitglied der kritischen Partei in ei­nem Staate, der als demokrati­scher Rechts­staat begann und hoffentlich nicht als Weltan­schau­ungs- und Partei­enstaat en­den wird.