Vom
Ideologiewechsel zum kalten Verfassungsputsch
Vortrag, gehalten
am 17.4.1999 in Oberorke vor „Die Deutschen Konservativen“
Es geschieht
keineswegs zufällig, wenn Verwaltungsrichter Vaterlandsliebe als Verdachtsgrund
für Rechtsextremismus werten, Strafrichter patriotische Lieder als schwer
jugendgefährdend verurteilen und Zivilrichter erlauben, Rechte als braune
Ratten zu bezeichnen. Ich könnte heute ein Sammelsurium von Urteilen
vorstellen und vor Augen führen, daß Rechte heute rechtloser sind als jemals in
der Nachkriegsgeschichte. Flächendeckend befindet sich die deutsche Justiz auf
Linkskurs, werden Konzerte rechter Sänger verboten, rechte Aufmärsche untersagt
und weggeknüppelt. Da holen Polizisten bei Trauerfeiern mißliebige Schleifen
und Angebinde von Gräbern, und mancher muß sich bereits wieder beim freien Wort
am Stammtisch scheu umdrehen, ob ihm nicht ein Gesinnungsblockwart lauscht und
bei der Staatsanwaltschaft anschwärzt, weil er vielleicht nicht nett genug,
über Asylbewerber, Polen oder andere Hätschelkinder linker Multikulturpflege
gesprochen oder auch nur gewitzelt hat oder ein Reizwort wie Zigeuner in seine
Rede hat einfließen lassen. Rechte Werthaltungen wurden erst von linken
Ideologen zu Unwerten erklärt. Inzwischen sprechen Richter im Namen des
Volkes Unwerturteile über alle diejenigen aus, die dieses Volk noch lieben und
erhalten möchten. Der Weg hinter Gitter ist wieder kürzer geworden im angeblich
freiesten Staat auf deutschem Boden.
Es führten
Gesetzmäßigkeiten dazu, unsere Werte umzuwerten und bisheriges Recht in Unrecht
zu verkehren. Diese Gesetzmäßigkeiten möchte ich aufzeigen.
I.Recht als Spiegel der Ideologie
Es ist ein
verbreiteter Irrtum, Recht als etwas Absolutes und Statisches anzusehen. Es
gibt nicht ein Recht und ein Gerechtigkeitsideal, sondern vielleicht so
viele, wie es Menschen gibt. Unter Worten wie Gerechtigkeit kann man
darum ganz Verschiedenes verstehen. Kein Gesetzgeber kommt ohne unbestimmte
Begriffe aus wie Gemeinwohl oder öffentliche Ordnung, die bei bloß
philologischer Betrachtung noch keinen konkreten Inhalt haben. Erst vor dem
Hintergrund eines konkreten Volkes oder einer konkreten Lage ist bestimmbar,
was das Gemeinwohl ist, nur vor dem Hintergrund konkreter staatspolitischer
Vorstellungen, was die jeweilige öffentliche Ordnung ist. Je abstrakter und
allgemeiner ein Begriff formuliert ist, desto inhaltsleerer ist er. Solche
Begriffe sind dazu geeignet und bestimmt, je nach Zeitgeschmack und ideologischem
Bedürfnis mit völlig verschiedenen Inhalten gefüllt zu werden.
Ohne daß ein
Federstrich am Gesetz geändert zu werden brauchte, erfüllt der gute alte
Rechtsbegriff von der öffentlichen Ordnung, bei deren Störung Polizei tätig
werden darf, ihren Zweck: nur war die Ordnung und besonders ihre Störung etwas
ganz unterschiedliches bei Kaiser Wilhelm, in der Weimarer Zeit und so weiter.
Ein nackter Busen am Kiosk störte noch 1959 die öffentliche Ordnung, vierzig
Jahre später nicht mehr.
Jedem Rechtsbegriff
wohnt eine bestimmte Moral inne, und er läßt sich im Lichte geänderter Ideologie
immer wieder anders interpretieren. Dies ist ein Schlüssel zum Verständnis der
heutigen Uminterpretation des Verfassungsrechts, wie sie von Parteien,
Behörden und Gerichten vorgenommen wird.
II.Beispiel der Uminterpretation
1952 hatte das
BVerfG noch formuliert: "Für das deutsche Volk hat die Reichsidee
einen besonderen Gefühlswert. Nach den
bitteren Erfahrungen der deutschen Geschichte ist sie der Ausdruck der
Sehnsucht des deutschen Volkes nach nationaler Einheit.
Von dieser, bester deutscher Tradition
entsprechenden Reichsidee unterscheidet sich der Reichsgedanke der
SRP."
Am 16.3.1999
beurteilte das LG Coburg einen Rennicke-Liedtext als schwer jugendgefährdend
und verurteilte einen Schallplattenhändler zu zwei Monatseinkommen Geldstrafe
mit folgender Begründung: "Die Texte der CD propagieren in eindeutiger
Sympathie mit dem Gedankengut des Nationalsozialismus ein Deutsches Reich in
den Grenzen von 1937." Eine Landkarte mit diesen, durch das Versailler
Diktat gezogenen Grenzen hat übrigens noch in meiner Schulzeit in Klassenzimmern
gehangen. Ich nenne dieses Beispiel nicht bloß wegen seiner beispiellosen
historischen Ahnungslosigkeit, sondern zum unmittelbaren Vergleich mit dem
BVerfG-Urteil von 1952 zum Stichwort Reichsidee. Wir sehen hier exemplarisch,
wie unter Geltung einer anderer ideologischen Vorwertung des Richters aus einem
Wertbegriff ein Unwertbegriff und aus einem Ideal etwas Strafbares werden
kann, ohne daß sich nur ein einziges Komma an irgendeinem Gesetz ändern mußte.
Ich zitiere weiter
aus dem Coburger Urteil, um recht plastisch hervortreten zu lassen, wie alle
Rechtsanwendung, hier die des Gesetzes gegen jugendgefährdende Schriften, mehr
oder weniger ideologiegesättigt ist und nicht ohne ideologische Vorwertungen
auskommt: "Durch die eindeutig chauvinistisch-revanchistischen
Textpassagen", heißt es also im Coburger Urteil, "wird dem
jugendlichen Hörer die nazistische Doktrin und Ideologie von der
Überlegenheit der deutschen Rasse mit ihrem Anspruch auf die im Weltkrieg verlorenen
Territorien als erstrebenswertes politisches Ideal vorgestellt. [...] Mit
diesem Weltbild [...] wird die Erziehung junger, noch unreifer Menschen zu
sittlich verantwortungsbewußten Persönlichkeiten, die in ihrem Nächsten nicht
nur den Volkszugehörigen, sondern entsprechend der christlich-abendländischen
Kultur vor allem auch den Mitmenschen sehen, geradezu in ihr Gegenteil
verkehrt." -
Damit sind die
Stichworte gefallen, um die es dem Richter geht: Jugendgefährdend und damit
strafbar ist es, ein Lied in Versandlisten anzubieten, das nicht dem
erstrebenswerten politischen Ideal des Richters und seiner Idee vom
christlichen Abendland entspricht. Heute, das nehmen wir zur Kenntnis, ist
nicht mehr ein nackter Busen am Kiosk jugendgefährdend, sondern ist es
Schlesien in Liedern junger Menschen. Das ist es, was ich als
Uminterpretation bezeichne.
III.Die Ziele der Uminterpretatoren
Welche Ziele haben
nun die Uminterpretatoren? Die an die Macht gekomenen Multikulturalisten
möchten mit den Deutschen als Volk bestimmte geistige Traditionslinien ausmerzen. "'Deutsche Antifaschisten'", schrieb der
Politikwissenschaftler Knütter in seinem Buch Die Faschismus-Keule, "vertreten
eine These der anti-deutschen Propaganda des Zweiten Weltkrieges: Der Nationalsozialismus
sei das zwangsläufige Ergebnis autoritärer, kriegerischer, obrigkeitsstaatlicher,
antiliberaler Tendenzen der deutschen Geschichte. Für die 'progressiv'-hedonistischen
Intellektuellen stellt der ordnungsliebende, autoritätshörige, aggressive,
'ausländerfeindliche' Deutsche den Gegentypus des progressiven Ideals
dar. Der 'Antifaschist' wird damit automatisch zum Gegner deutschen Wesens,
deutscher Tradition und nationalen Selbstbewußtseins."
[1]
Er hofft, "daß in einer nicht allzu
fernen Zukunft die Mitte Europas nicht mehr von einer deutschen Nation bewohnt
werden würde, die ihr Geschichtsbewußtsein, nach der Korrektur von allzu
einseitigen Anklagen, auf neue Weise begründet hätte, sondern von einer
multiethnischen Bevölkerung, die, wie man meint, den Frieden der Welt
sichern sowie einen höchst erwünschten Beitrag zum Ausgleich der Lebensverhältnisse
auf der Erde leisten würde. [...] So wie einst an die Stelle der geschichtlichen
Nation die naturhafte 'Rasse' treten sollte, so soll heute die Nation oder
das Staatsvolk durch eine nicht mehr geschichtliche Bevölkerung der Supermarktzivilisation
abgelöst werden."
[2]
In diesem Sinne forderte ein Pseudonymus
aus Trittins Geistesverwandtschaft
[3]
aggressiv antideutsch und
"umgekehrt"-rassistisch die Schaffung einer "höheren"
Menschheitsmischrasse, weil das deutsche Volk ohnehin inzüchtig-dekadent
sei: "Die Gesetzgeber aller Länder sind nun gefordert. Ehen unter
Gleichhäutigen, Gleichhaarigen und Gleichäugigen müssen strikt
untersagt werden. Ziel: Hebung des globalen Intelligenzquotienten. [...]
Helfen Sie [...] mit, den Homo futurus [...] zu schaffen."
In ihrem
pathologischen Selbsthaß möchten Mulitikulturalisten bewußt die kulturelle,
dann die politische und schließlich die physische Existenz des deutschen Volkes
zerstören. In einem derartigen, im Verfassungsschutzbericht 1990
abgedruckten Grundlagenpapier der aus dem Kommunistischen Bund,
in dem Minister Trittin einmal Mitglied gewesen war, hervorgegangenen Radikalen
Linken heißt es: "Die Linke müsse den Haß auf das eigene Vaterland
schüren und dieses bekämpfen. Das erklärte Ziel sei die Zerstörung des
deutschen Staates und die Auflösung des deutschen Volkes in eine multikulturelle
Gesellschaft."
[4]
IV.Jede Zeit hat ihre ideologischen
BedÜrfnisse
Es kann niemand die
Welt oder Rechtsbegriffe deuten, ohne dabei auf eine Ideologie zurückzugreifen.
Eine komplette Wertordnung oder Ideologie steckt bereits im geltenden
Grundgesetz und verbietet dem Richter, Rechtsbegriffe mit seiner Privatmeinung
zu füllen. So gesehen stellt es eine verfassungswidrige Verdrehung des Rechts
dar, wenn Richter nicht die Wertordnung des Grundgesetzes zum Maßstab der
Rechtsanwendung machen, sondern eine andere, heute meist eine extrem linksliberale
und kosmopolitische. Wer die Wertordnung des Grundgesetzes absichtlich
verdreht, muß sich den Vorwurf gefallen lassen, ein Verfassungsfeind zu sein
oder gar, mit der Umdeutung des Grundgesetzes der Deutschen in eine Art
multikulturelles Monopoly einen kalten Verfassungsputsch zu betreiben.
Das Problem besteht
aber darin, daß all jene Verfassungsfeinde, auf die ich oft in Richterroben
stoße, gar keine bösen Leute sind und schon gar keine bewußten
Verfassungsputschisten. Sie wissen nämlich nicht, was sie tun, weil sie
Praktiker sind und ihnen gelegentlich die rechtstheoretischen und rechtsphilosophischen
Kenntnisse fehlen. Sie legen die Gesetze vor dem Hintergrund ihrer persönlichen
Weltanschauung aus. Diese ist durch Schulen, Universitäten und Fernsehen
vorgeformt im Sinne der heute tonangebenden linken Weltsicht. Der
Durchschnittsrichter vermag nicht zu reflektieren, daß er ideologisches Kind
seiner Zeit ist, und bemerkt nicht mehr, wie weit er sich von der Wertordnung
des Grundgesetzes entfernt. Hinzu kommen erschreckende Mängel historischer
Bildung, wie sie etwa aus obigem Zitat des LG Coburg sprechen. Der
Durchschnittsstrafrichter entscheidet jahrein, jahraus über Diebstähle und Trunkenheitsfahrten
und ist hoffnungslos überfordert, wenn er einmal in zehn Jahren entscheiden
muß, ob ein Lied jugendgefährdend ist. In jeder Zeit herrscht ein sogenannter
Zeitgeist, der auch Richter vorprägt. Wer Karriere machen will, muß ideologisch
mit den Wölfen heulen.
Menschliche Ideologien entwickeln sich in
einer analogen Weise, wie sich bei Tieren und Pflanzen bestimmte Eigenschaften
durch Mutation und Selektion ausprägen. Ein Bein oder eine Flosse oder ein
Flügel sind prinzipiell gleichwertige Fortbewegungsmittel. In einer bestimmten
Umwelt ermöglichen sie aber mehr oder weniger gutes Fortkommen, und so
pflanzten sich jeweils diejenigen Populationen stärker fort, die ihrer Umwelt
am tauglichsten angepaßt waren. Auch das Sichanpassenkönnen selbst ist überlebenswichtig:
Mehrere Arten überstraußengroßer, schmackhafter Laufvögel mit kleinen Flügeln
sind allein in den letzten tausend Jahren ausgestorben. Es sind auch schon
viele Völker verschwunden, deren starre Kultur und Weltanschauung einem
plötzlichen Zusammenprall etwa mit Europäern nicht gewachsen war.
Prinzipiell ist es
gleichwertig, ob ein Volk an Manitu glaubt oder an Jesus, an das Militär oder
an die Friedenstaube, an die Demokratie oder an das Königtum. Je nach jeweils
wechselnder geographischer, historischer, demographischer Lage eignet sich der
eine, der andere oder auch ein ganz neuartiger Glaube dazu, erfolgreich zu
überleben. Innerhalb einer konkreten Umwelt wird immer derjenige Mensch oder
dasjenige Volk erfolgreich sein, der seinen Ehrgeiz einigermaßen mit den
Zeitverhältnissen in Einklang bringt. Mit dem Glauben und dem
Verhaltensrepertoir eines Ernst Moritz Arndt läßt sich heute in Deutschland
keine persönliche Karriere machen, und mit dem Satz Wir Deutsche fürchten
Gott, sonst nichts keine erfolgreiche Außenpolitik.
Dasselbe gilt
innerstaatlich wie international: Wenn ein Volk auch lauter kleine Leonidasse
sein möchte wie soeben die Serben, hätten sie mit völkischer Ideologie und
starrer Orthodoxie in anderen Zeitläuften Erfolg: nicht aber in der westlichen
Hemisphäre, in der Interessen unter dem Vorzeichen der Humanität und des
Internationalismus verfolgt werden. So steht die Prämie auf Erfolg und auf
Überleben in analoger Weise im Tierreich, für den Einzelmenschen in der
Gesellschaft und für eine Nation unter anderen jeweils demjenigen zu, der das
für seine Zeit Richtige tut. Diese Einsicht war es, die wahre Ideologen und
Gläubige jeder Couleur Herrn Machiavelli nie verziehen haben.
Wer es aber
begriffen hat, der tut immer nur gottgefällige Werke und erklärt es für baren
Zufall, daß diese am Ende seine Macht vermehren. So gesehen war es die reinste
Selbstaufopferung Spaniens für die armen Heidenkinder Mexikos, Konquistadoren
auszusenden, so gesehen bombardierten die Allierten unsere Städte wegen unserer
schönen blauen Augen und um uns von diesen schrecklichen Nazis zu befreien. Und
so gesehen müssen die vom Irak eroberten paar Kuwaitis den Amerikanern immer
noch dankbar sein, weil Amerika in Kuwait ihr Selbstbestimmungsrecht rettete.
V.Die Ideologie unserer Zeit
Wie man im
Mittelalter im Namen Gottes Interessen- und Eroberungspolitik betrieb, betreibt
man sie heute im Namen des Internationalismus, Kosmopolitismus und
Humanitarismus. Sie sind die heilige Dreifaltigkeit unserer Zeit.
Einzelmenschen und Völker können mit ihnen siegen oder gegen sie sterben, diese
freie Entscheidung haben wir alle noch.
Schon mehrfach in
der Geschichte gab es diesen Wechsel: vom Nebeneinander heterogener Völker und
Kulturen zu einem imperialen Großreich, das diese Unterschiedlichkeit
nivellieren mußte, um stabil zu bleiben. Wer einem unterworfenen Volk nicht
erfolgreich erklärt, daß sein Stammesgott ein Teufel ist, wird nicht dauernd
herrschen.
Je stärker der
Strom von Menschen, Waren und Informationen innerhalb eines Großreiches ist,
desto mehr Menschen werden ihrer engeren Heimat entfremdet und entwurzelt.
Großreiche wie das Alexanders und das römische brachten Menschenmassen verschiedener
Herkunft und Glaubens unter ihre Kontrolle und verwandelten sie in lenkbare
Massenmenschen. Je umfassender eine Herrschaft sich geographisch ausdehnt,
desto dringlicher ist ihr Bedürfnis nach einer universalen Herrschaftsideologie.
Das Bedürfnis nach einer universalistischen Moral ist ein wechselseitiges:
Wer als Entwurzelter fern der Heimat unter fremden Anschauungen lebt, muß
sich trösten und eine Moral der Heimatlosen annehmen, eine überall brauchbare
Ethik der Bindungslosen, der Zerstreuten, der Entorteten. In dieser Lage befanden
sich die Menschen im ersten historischen multiethnischen Großreich: dem
Alexanders
und der folgenden Diadochen.
Es gibt einen
direkten Zusammenhang zwischen der allumfassenden Kosmopolis des Hellenismus
und der Ausbildung universalistischer Ideen, ebenso zwischen dem Heiligen
Römischen Reich und der Reichsidee des christlichen Mittelalters und der
US-amerikanischen One World und ihrer humanitaristischen Zivilreligion. Für
den moralisierenden Handelsstaat fand schon der in Athen wohnende Phönizier
Zenon,
ein schwerreicher Händler, die passende
Ideologie: eine universalistische Weltsicht, nach der alle Verwandtschaftsverbindungen
und Stammespflichten vor der Tugend zurückzutreten hätten.
[5]
Hier entstand der Gedanke eines menschheitsumspannenden
Naturrechts.
Eine analoge
Entwicklung hat sich während des 20. Jahrhunderts abgespielt: Wieder gewinnen
in den Quasi-Vielvölkergebilden USA und Europa universalistische Vorstellungen
an Boden, so daß Kosmopoliten und Globetrotter sich überall heimisch
fühlen dürfen. Der geistige Anspruch einer Menschheitsmoral hat aber auch
immer eine polemische Spitze. Sie richtete sich zunächst gegen diejenigen
Staaten, die sich der Zumutung widersetzten, sich die amerikanischen
Ansichten von Moral, Demokratie und Freiheit zu eigen zu machen. Früher war
das Deutschland, heute ist es Jugoslawien.
Staaten pflegen wie
Individuen ihre Interessen heute im Vokabular universaler Zielsetzungen und
weltumspannender Sozialentwürfe zu formulieren.
[6]
Sie begründen heute den universalen
Geltungsanspruch einer konkreten Weltmacht, unter Berufung auf das, was sie
als Menschenrecht definiert, notfalls global militärisch einzugreifen.
Vom Standpunkt ihres universalistisch-imperialistischen, raumaufhebenden
Weltrechtse aus sind unabsehbare 'humanitäre' Interventionen völkerrechtlich
zulässig.
[7]
Sie sind im Völkerrecht die typischen
Waffen des Interventionismus: eine imperialistische, unter humanitären
Vorwänden in alles sich einmischende, sozusagen pan-interventionistische
Weltideologie.
[8]
Sie predigt nicht
ganz zufällig, aber subjektiv guten Willens den Glauben an eine Menschheitsmoral,
auf deren Fuß die Weltbank folgt. Jede Ideologie mit universalem Anspruch ist
eine objektive Bedrohung für jedes Volk, das geistig eigenständig bleiben
will. Im lebenswichtigen Punkt seines Glaubens, seiner Moral, seiner Werte
gleichgeschaltet und fremdbestimmt, treibt das Volk "der Auflösung
entgegen: zur Gegenwehr nicht nur unfähig, sondern auch unwillig."
[9]
VI.Die Weginterpretation des deutsches Volkes
Das Staatsvolk der
Deutschen ist Träger von Staat und Verfassung, der ÄÞìïò im Sinne unserer
Demokratie als Staatsform. Seit der letzten Bundestagswahl sind parteipolitische
Vertreter der entgegengesetzten Meinung mit zur Regierung gekommen: Manche
wollen das als Abstammungsgemeinschaft begriffene deutsche Volk aus ideologischen
Gründen in eine multikulturelle Bevölkerung transformieren. Andere geben
sich pragmatisch und meinen, der faktischen Einwanderung müsse durch eine
Änderung des Verfassungsverständnisses Rechnung getragen werden. So will
man bei der Staatsangehörigkeit das ius sanguinis aufgeben und die
Staatsangehörigkeit kraft Geburt in Deutschland verleihen (ius soli).
Um den Staat der
Deutschen, festgeschrieben im Grundgesetz, vollends in eine multikulturelle
Gesellschaft zu überführen, müßten alle Anknüpfungspunkte an das deutsche
Volk und die von ihm ausgehende Staatsgewalt aus der Verfassung gestrichen
werden. Dahin geht die Tendenz. In einem ersten, noch bloß weltanschaulichen
Schritt soll die Vaterlandsliebe durch Verfassungspatriotismus ersetzt
werden. In einem zweiten Schritt muß die Verfassung erst uminterpretiert und
schließlich geändert werden: Politikwissenschaftler wie Dieter Oberndörfer
vertreten bereits die Meinung, wo das Grundgesetz an die deutsche
Volkszugehörigkeit anknüpfe, handele es sich um "verfassungswidrige
Verfassungsnormen" im Grundgesetz - verfassungswidrig nämlich im Lichte
eines multikulturellen ideologischen Vorverständnisses. Solche Verfassungsnormen
müßten abgeschafft werden, "um eine zivilisierte Einwanderungsgesellschaft
zu ermöglichen".
Auf dieser Linie
liegt die Argumentation des Landes Rheinland-Pfalz in einer Berufungsbegründung
vom 4.9.1998. Prof.Hufen rechtfertigt dort für das Land, was als eine
Transformation des Staates durch Verfassungsschutz oder auch als kalter
Verfassungsputsch bezeichnet werden muß. Während ein ideologisch ahnungsloser
Amtsrichter nicht merkt, was er tut, müssen wir von einem Verfassungsputsch
sprechen, wo bewußt das deutsche Staatsvolk unserer Demokratie abgeschafft und
durch eine multikulturelle Bevölkerung ersetzt werden soll, zu deren Beitritt
allenfalls eine Gesinnungsprüfung berechtigt.
Anders als es der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entspricht, so argumentiert
das Land Rheinland Pfalz vor dem OVG Koblenz, müsse man in den Text des Grundgesetzes
heute schon mehr hineininterpretieren. Die Verfassungsordnung, bekannte
dessen Prozeßvertreter, gelte aber nicht wie ein Königswort ohne Drehen und
Deuteln. Es komme darauf an, "normative Begriffe wie freiheitliche
demokratische Grundordnung
und Menschenwürde
nicht statisch zu interpretieren."
Anders als vor dreißig Jahren müsse man in diese Begriffe heute hineinlesen,
was dem friedlichen Zusammenleben von 7 Mio. Ausländern mit uns diene und was
dafür erforderlich sei.
In einem neusten
Schriftsatz vom 26.2.1999 vertritt das Land ausdrücklich die Ansicht, Art.20 GG
garantiere "die Republik als eine Verfassungsordnung der friedlichen
Koestistenz von Rassen und Kulturen."
[10]
Tatsächlich lautet die Vorschrift: "Die
Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und
Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden
Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt. Die Gesetzgebung ist an die
verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind
an Recht und Gesetz gebunden."
So wird die Verfassung
wie eine Wundertüte benutzt, aus der man jeden beliebigen ideologischen
Inhalt herauslesen kann. Darin liegt ein Abschied von der Fiktion der unverbrüchlichen
"Herrschaft des Gesetzes". Wer das Gesetz durch einen Vorbehalt
wechselnder ideologischer Auslegungen relativiert, verändert die Natur des
politischen Konflikts: Er wird nicht mehr mit rechtlichen, sondern mit ideologischen
Waffen ausgetragen. Er geht den Weg vom Rechtstaat zum Weltanschauungsstaat.
Nach der in Art.79
III GG zum Ausdruck kommenden Konzeption des Grundgesetzes ist ein Kernbereich
der Verfassung jeder Änderung entzogen. Überdies verbietet sich die ausdehnende
Neuinterpretation durch Art.79 I 1 GG, weil das GG nur durch ausdrückliche
Wortlautänderung geändert werden darf, auch wenn sich die Verhältnisse geändert
haben sollten. Hier bewegen wir uns im sensiblen Kernbereich des Art.79 III
GG. Die Menschenwürde ist nämlich der begriffliche und ideelle Kern dessen,
was jeder Änderung entzogen ist: nicht nur jeder gesetzgeberischen, sondern
auch jeder interpretatorischen Änderung durch die Gerichte. Die Gerichte dürfen
und müssen den Rechtsbegriff der Menschenwürde zwar auslegen, ihn aber nicht
verändern. Eine Veränderung stellt es dar, von der Objektformel abzuweichen
und dem Begriff einen ganz anderen Inhalt zu unterlegen. Nach der Objektformel
darf kein Mensch unter Verstoß gegen seine Würde zum Objekt staatlicher Gewalt
herabgewürdigt werden. Insoweit ist
die Menschenwürde staatlich zu schützen. Hingegen darf der Begriff der
Menschenwürde nach richtiger herrschender Ansicht nicht zum Füllhorn alles
und jedes ideologisch Wünschenswerten mißbraucht werden, auch nicht zur Hintertür
für die von Klägerseite etwa beabsichtigte Umgestaltung Deutschlands zu einer
multikulturellen Gesellschaft, in welcher der Staat unter Berufung auf die
Menschenwürde für ein Nebeneinander mehrerer Kulturen auf deutschem Boden
aktiv zu sorgen hätte.
VII.Die Ideologie der industriellen
Massengesellschaft
Nachdrücklich weise
ich darauf hin: Die international arbeitsteilige Massenzivilisation ist für ihr
reibungsloses Funktionieren darauf angewiesen, daß Ströme von Menschen, Waren
und Dienstleistungen grenzenlos hin- und hergeschoben werden können. Ebenso
wie in einer kalten Bergumwelt Tiere mit dickem Fell einen Überlebens- und
Vermehrungsvorteil haben, so besitzen in der Welt-Industriegesellschaft
diejenigen Einzelmenschen Karrierevorteile, die sich auf ihre Bedingungen
funktional und ideologisch voll einlassen, also wanderungsbereit sind und sich
den Gesetzmäßigkeiten des Geldmarktes optimal anpassen. In einer Tierwelt des
Fressens und Gefressenwerdens hat Vorteile, wer gute Zähne hat und frißt, und
in einem Weltkapitalmarkt, wer Kapital hat und dieses einsetzt, ohne danach zu
fragen, ob seine Geldvermehrung zu einer Rodung von Urwald oder einem Zustrom
fremder Arbeitskräfte in ein Land führt. Der optimal Angepaßte und darum nach
den Spielregeln der One World Erfolgreichste sollte darum dieses
Persönlichkeitsprofil haben: Um nirgends anzuecken und sich überall anpassen zu
können, sollte er keine festen Wurzeln und Bindungen zu einer bestimmten
Nationalität haben, sondern überall bereit sein, sich oberflächlich anzupassen.
Hinsichtlich seiner Ideologie dürfte er aber nicht anpassungsbereit sein. Er
muß nämlich die Umweltbedingungen erhalten, denen er so gut angepaßt ist, muß
also eine Ideologie global durchzusetzen streben, nach der alle Menschen ihre
kulturelle und nationale Identität geringer achten als die Menschenrechte auf
freie weltweite Migration, auf Unterordnung nationaler Interessen unter die
Regeln des internationalen geldmarktes und so weiter.
Für einen Staat gilt
notwendigerweise dasselbe: Ein Staat ist unter den derzeitigen Bedingungen des
Weltmarktes und der Welt-Massenzivilisation ökonomisch im Vorteil, der keine
feste ethnische Struktur aufweist, jederzeit offen für Migrantenströme ist und
diese sogar als Ressource zu nutzen versteht. So ist es kein Zufall, wenn
Gerhard Schröder am 15.4.1999 vor dem Bundestag in einem Atemzug erklärte, die
feste Einbindung Deutschlands in die westliche Gemeinschaft sei Staatsräson,
und Ziel der Bombenangriffe auf Serbien sei ein multiethnischer Kosovo, in dem
die Völker friedlich zusammenleben könnten. Hier bombardiert die Bundesrepublik
Deutschland, könnte man glossieren, die multikulturelle Gesellschaft herbei,
und hier verfestigt sie sich zur heimlichen neuen Staatsräson.
Sieht man nur die
Erfordernisse der Ökonomie und des internationalen Geldwettbewerbs, dann handelt
unsere Regierung völlig konsequent und richtig nach innen wie nach außen, wenn
sie Multikulti im Kosovo herbeibombt und wenn deutsche Richter Multikultigegner
in Gefängnisse stecken. Hier besteht ein enger Ursachenzusammenhang, den ich
nachdrücklich betonen muß, um deutlich zu machen, in welche globalen
Zusammenhänge der Linkskurs der deutschen Justiz eingebettet ist. Es ist
keinesfalls ein Sonderweg versprengter linker Richter, sondern liegt voll auf
Kurs derjenigen Kräfte in Deutschland, die sich ideologisch den ökonomischen
Erfordernissen unserer Zeit optimal angepaßt haben. Darum wäre jede Hoffnung
auf einen Kurswechsel illusionär, im Gegenteil, die Repression wird wachsen.
VIII.
Der Interessenkonflikt hinter Ideologie und
Recht
Die Argumentation
des Landes Rheinland-Pfalz in einem der Verfassungsschutzprozesse erhellt die
wahre Natur jedes Rechtskonfliktes, hinter dem immer ein ideologischer und
wieder hinter dem ein Interessenkonflikt steht. Unterschiedliche konkrete
Interessen sind es nämlich, die sich in antagonistischen abstrakten Idealen
ausdrücken. Klugerweise erklärt jeder, er kämpfe für eine ideale gute Sache,
nicht etwa für seine Interessen, daß klänge zu banal und egoistisch. So kämpfen
die USA stets für Ideen wie die Humanität, und nur wer dahinter blickt, findet
hinter den schönen Worte regelmäßig die Interessen der Wallstreet.
Wem aber noch nicht
genügt, seinen Egoismus hinter hohen Idealen zu verstecken - schließlich kann
man über Ideen lange streiten -, der befiehlt klugerweise die Geltung seiner
Ideologie in Form von Gesetzen, und wer diese ungehorsam übertritt, bricht das
Recht und darf bestraft werden. Hinter unserem Horizont dämmern bereits
Gesetzesideen herauf, in denen dereinst auf Rassismus eine Gefängnisstrafe
steht, und was als Rassismus gelten wird, werden nicht wir entscheiden. Weil es
aber heute politisch noch nicht durchsetzbar ist, den multikulturalistischen
Vielvölkerstaat zum Gesetz zu erheben, wird er in das geltende Recht
hineininterpretiert. Dann urteilt etwa ein Arnsberger Landrichter am
16.2.1999, es sei strafbar, öffentlich zu erklären, Rassismus sei Notwehr eines
Volkes, übrigens ein krasser Fall von Gesinnungsjustiz, weil das öffentliche
Bekenntnis zu einer bestimmten ideologischen Gesinnung bestraft wurde
Es wird also der
eigentliche Interessenkonflikt zwischen verschiedenen Menschengruppen erst kaschiert,
indem jede Seite ihr Interesse auf eine abstrakte, ideologische Stufe hebt, und
schließlich, indem sie die Geltung ihrer Weltanschauung bei Strafe zur allein
seligmachenden erklärt.
Ich schildere diese
Funktionsweisen menschlichen Interessenkampfes und Machtstrebens, wie sie immer
und überall funktioniert haben und auch künftig funktionieren werden. Darum bin
ich denjenigen nicht böse, die sich für meine ideologischen Gegner halten,
weil ich eine andere Sicht der Welt habe. Auf eine Gefahr muß aber eindringlich
hingewiesen werden:
Im Altertum
kämpften die Menschen im Namen oder unter Mithilfe von Göttern, und so saßen
als Statthalter der verschiedenen Völkerinteressen die olympischen Götter auf
ihren Wolken und halfen einerseits den Griechen, andererseits den Trojanern.
Gehaßt haben sich die Feinde nicht unbedingt, wenn sie sich bekriegten, denn
die eine Seite galt als so ehrenhaft wie die andere. In späteren Zeiten traten
Ideologien anstelle der alten Götter, und diese ließen den Feind oft als
minderen Menschen erscheinen, den man austilgen mußte im Namen irgendeiner
Ideologie. Wo ideologischer Kampf offen ausgetragen wird, führt er zu Haß, zu
Mord über den Kampf hinaus und geradewegs in die Barbarei der Massenvernichtung,
der gegenüber die Plünderung Trojas ein Kuraufenthalt war. Die ersten ideologischen
Gemetzel fanden im 30jährigen Krieg und der französischen Revolution statt.
Dagegen setzte sich
im 19. Jahrhundert die Erkenntnis durch, daß der ideologische Bürgerkrieg mit
den Mitteln des Rechts aufgehalten werden muß. Die siegreiche Konfliktpartei
setzte ihre Wertordnung als Recht und Gesetz. Im Rechtsstaat, so glaubte man naiverweise,
herrschte nicht mehr ein persönlicher Herrscher oder eine Ideologie, sondern
herrsche das Gesetz. Dies war natürlich eine Fiktion, denn jedes Gesetz
ist ein Befehl und muß von Menschen erteilt werden. Hinter der Fiktion des
Rechtsstaates, in dem nur Recht und Gesetz galten, verbargen sich immer
konkrete Menschen, die ein bestimmtes Recht zu ihrem Nutzen und nach ihren
Ideen erließen und durchsetzen.
IX.Rechtsstaat und Verfassungswidrige
Weginterpretation des deutschen Volks
Auf gerade dieser
Fiktion des Rechtsstaats, nämlich der unverbrüchlichen Geltung des gesetzten
Rechts, gründet aber unsere Rechtsordnung, unser Grundgesetz. Nach heutiger
Verfassungslehre weist ein Rechtsstaat eine formelle und eine materielle
Komponente auf: Formell ist er Rechtsstaat, wenn alles staatliche Handeln durch
unverbrüchliche Gesetze gebunden ist, und materiell ist er einer, wenn diese
Gesetze inhaltlich gerecht erscheinen. Das ist der Fall, wenn sie ideologisch
für legitim gelten. Vorsichtshalber haben die Schöpfer des Grundgesetzes aber
nicht dem Zufall oder der Willkür eines Richters überlassen, welchen konkreten
Inhalt Gesetze haben müssen, um materiell rechtsstaatlich zu sein, mit anderen
Worten: um ideologisch legitim zu sein. Das Grundgesetz enthält nämlich eine materielle
Wertordnung, wie das Bundesverfassungsgericht schon 1952 urteilte. Diese
Wertordnungslehre besagt, daß alle staatliche Gewalt materiell bzw.
ideologisch gebunden ist, die Wertentscheidungen des Grundgesetzes als
unmittelbar geltendes Recht anzuwenden.
Die Wertordnung des
GG konkretisiert sich in denjenigen Artikeln des Grundgesetzes, die unsere
Grundrechte und gewisse Grundzüge des Staatsaufbaus enthalten. Das GG legt
alles staatliche Handeln von Rechts wegen darauf fest, daß wir freie Menschen
sind, daß die Familie unter besonderem Schutz steht, daß alle Staatsgewalt vom
Volk ausgeht und so weiter. Es wäre darum allemal ein versuchter
Verfassungsputsch, wenn uns jemand weismachen wollte, Freiheit
bedeute heutzutage etwas ganz anderes als bisher, also nicht mehr Freiheit
gegenüber der Allmacht eines totalitären Staats, sondern ab morgen vielleicht
Freiheit beliebiger Menschen, hier einzuwandern; oder sogar: das Volk, von dem alle
Staatsgewalt ausgeht, seien gar nicht wir, sondern andere Leute.
Die Position des
Landes Rheinland-Pfalz im genannten Prozeß wegen nachrichtendienstliche
Boebachtung ist verfassungswidrig, ja der Versuch eines Angriffs auf den
Souverän unseres demokratischen Verfassungsstaats schlechthin. Ein
schleichender Verfassungsputsch droht nämlich, wo der ideologisch erwünschte
Abschied vom deutschen Volk nicht durch den Verfassungsgeber, sondern durch
juristische Künste der Uminterpretation vollzogen werden soll. Die freiheitliche
demokratische Grundordnung wird heute begriffstechnisch verändert:
[12]
Über Bewußtseinsformung und strafbewehrte
Verhaltenssteuerung mit staatlichen Mitteln wird ein neues Herrschaftssystem
vorbereitet. Vertreter des Status quo der Verfassung und nachgeordneter
Gesetze zur Staatsangehörigkeit und zur Stellung von Ausländern werden schon
heute als Feinde der Verfassung deklariert. Dagegen bedürfte die Umwandlung
in eine multikulturelle Gesellschaft eines gesellschaftlichen Konsenses und
der demokratischen Legitimierung durch das Staatsvolk.
[13]
Doch eine offen
politische Auseinandersetzung findet nicht statt. Statt ihrer werden die
Vertreter des verfassungsrechtlichen Status quo erst ideologisch als
rechtsextrem verdächtigt und - aus der Deckung juristischer Uminterpretation
des geltenden Rechts - als Verfassungsfeinde belauscht. Wer dagegen mit
gleicher Münze erwidern wollte, dürfte mit der jetzt in Göttingen tätigen
Wissenschaftlerin Christiane Hubo auf die Verfassungsfeindlichkeit solcher
Bestrebungen hinweisen:
"Wenn
man das Zerfließen von Staat und Gesellschaft im Parteienstaat berücksichtigt
und bedenkt, daß der Personenverband der Deutschen der Träger demokratischer
Staatsgewalt ist, sich das staatliche Gemeinwesen im Zusammenwirken von Staat
und Gesellschaft jeden Tag neu konstituiert, und das deutsche Volk nach dem
körperschaftlichen Staatsbegriff mit dem Staat identisch ist, bedeutet
dies, daß durch die geförderte Heterogenisierung des Staatsvolkes zum einen
die Identität des Volkes als Träger des Staates und daraus folgend auch der
Staat in seiner geschützten Identität als bestehender Staat zerstört wird. An
seine Stelle träte dann ein neuer Staat mit einem neuen Volk als Träger der
Staatsgewalt. Dies alles ohne die Zustimmung durch die verfassunggebende
Gewalt des (bestehenden) Volkes dürfte letztlich auf eine Zerstörung der jetzt
verfassungsmäßigen Ordnung hin sich entwickeln."
[14]
X.
Kein objektiv feststellbarer Inhalt des
Volksbegriffs
Das Wort deutsches Volk hat ebensowenig einen objektiv feststellbaren Inhalt wie irgendein
anderes Wort, es ist also auslegungsfähig. Darum eignet es sich bestens dafür,
von Juristen mit multikultureller Ideologie anders ausgelegt zu werden, als
die Väter des Grundgesetzes es sich vorstellten. Dem deutschen Volk im Sinne
unserer romantischen, nationalen Tradition des frühen 19.Jahrhunderts gehörte
alles Land und gehörten alle Leute, soweit die deutsche Zunge klingt. Zum
deutschen Volk im Rechtssinne zählte man im 3.Reich nicht mehr diejenigen, die
zwar deutsch sprachen, aber zum Beispiel jüdischer Abstammung waren.
Deutsches Volk im Sinne des Grundgesetzes ist das Staatsvolk der Bundesrepublik,
sind also nur diejenigen Deutschen, die auf diesem Territorium leben und Staatsbürger
sind. Dabei setzte und setzt das geltende Recht immer für die
Volkszugehörigkeit zweierlei voraus, deutsche Abstammung und deutsches
Bekenntnis.
[15]
"Deutscher Volkszugehöriger gem.
§ 6 Bundesgesetzes über die Vertriebenen und Flüchtlinge von 1971 ist etwa,
wer sich in seiner Heimat zum deutschen Volkstum bekannt hat, sofern dieses
Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung,
Kultur bestätigt wird"
[16]
Bei der Dehnbarkeit
des Begriffs deutsches Volk wundert es also nicht, wenn ideologisch motivierte
Bemühungen um die multikulturelle Gesellschaft hier ansetzen. Soweit man das
verhaßte Wort Volk nicht bereits durch den Begriff der Gesellschaft ersetzen
konnte, zählte man zum Volke plötzlich alle und jeden, kaum daß er in Frankfurt
gelandet und seinen Fuß auf deutschen Boden gesetzt hatte. Wo Uminterpretation
am klaren Wortlaut der Gesetze doch einmal scheitert, müssen eben die Gesetze
geändert werden, nur beim Grundgesetz ist das mangels Mehrheit noch nicht
gelungen. Aber beim einfachen Recht, nämlich dem Ausländerrecht, suchte die
rot-grüne Koalition mit beispielhafter Frechheit genau das durchzusetzen, was
der renommierte Bonner Verfassungsrechtler Prof.Isensee als Staatsstreich des
Parlaments bezeichnete:
[17]
Isensee ist nicht irgendeiner, sondern
wurde eben erst am 13.4., vor vier Tagen, vor dem Innenausschuß des Bundestages
als Sachverständiger zur doppelten Staatsangehörigkeit angehört.
"Die
Problematik besteht darin", erläutert Isensee, "daß geplant wird, durch einfachen Gesetzesbeschluß
des Parlaments das deutsche Volk umzudefinieren und auf einen Schlag drei
Millionen Personen als Deutsche zu bestimmen, obwohl diese sich nicht zur
Gemeinschaft des deutschen Volkes, sondern zu der eines anderen, im
wesentlichen des türkischen bekennen. Eine solche obrigkeitliche Umdefinition
durch das Parlament liegt außerhalb seiner verfassungsrechtlichen Befugnisse.
Die Staatsangehörigkeit in ihren wesentlichen Strukturen wird vom Grundgesetz
garantiert und kann nur durch Verfassungsänderung aufgehoben und wesentlich
umstrukturiert werden. Die Artikel 16 und 116 GG garantieren die Institution
der Staatsangehörigkeit in ihren hergebrachten Strukturen. Sie verwehren eine
solche Maßnahme. Daher ist eine autoritative Umdefinition des deutschen Volkes
so etwas wie ein Staatsstreich durch das Parlament. Es ist schon erstaunlich,
daß man Himmel und Hölle in Bewegung setzt, wenn es um geringfügige
Einschränkungen des Grundrechts der Wohnungsfreiheit geht. Daß man die
Verfassung völlig aus dem Blick läßt, wenn es um die Fundamente des Staates
geht und damit die nationale Einheit planmäßig aufgesprengt wird und nationale
Minderheiten hier geschaffen werden."
Anders als ein Teil
der Öffentlichkeit meint, liegt das eigentliche Problem dabei nicht in der
Frage einer doppelten Staatsangehörigkeit. Massenhafte Doppelstaaterei wären
nur ein weiteres Absurdum eigener Art. Das Problem liegt vielmehr darin, daß
dies unser Land ist, das heißt das Land des deutschen Volkes, und das dieses
deutsche Volk der Souverän unseres Landes ist, nicht etwa das Parlament. Der
Bundestag darf sich darum nicht mal so eben mit einfacher Mehrheit ein neues
Volk zulegen, ebenso wie ein Konzernvorstand nicht eigenmächtig alle
Grundstücksnachbarn zu Aktionären erklären kann.
Mit der Frage, was ein Gremium wie ein Gericht oder der Bundestag von
Rechts wegen darf, ist aber noch lange nicht entschieden, was es
tatsächlich kann. Wenn Richter hanebüchenen Unsinn für Recht erkennen
und kein anderer Richter mehr über ihnen steht, bleibt es bei dem Fehlurteil.
Und wer steht über dem Bundestag? Da schweben nur noch die Richter des
Bundesverfassungsgerichts in ihren höheren Sphären und entscheiden
letztverbindlich, wie die Werte unserer Verfassung zu verstehen sind. Bezüglich
seiner Auslegungsmacht ist das BVerfG faktisch souverän. Nachdem sie den Satz,
Soldaten seien potentielle Mörder, für straflos erklärt hatten, notierte die
FAZ zurecht: "Mit
solchen offenbar ideologisch motivierten und durch nichts begründeten
Entscheidungen sei das Verfassungsgericht auf dem besten Wege, seine einstmals
hohe Reputation zu verspielen. Das hänge vermutlich auch mit der Auswahl der
Verfassungsrichter zusammen, die 'nicht nach juristischer Qualifikation,
sondern nach Parteibuch und Proporz erfolge."
[18]
Ich kann gerade darum keine Hoffnung machen, an diesen Zuständen etwas
durchgreifendes zu ändern. Sie sind im menschlichen Machtstreben und seiner
Neigung angelegt, Interessen im Namen von etwas höherem, heiligen oder idealen
zu vertreten und seinen Egoismus dahinter zu verstecken. Interessen verfolgte
man darum erst im Namen von Göttern, dann von Ideologien, schließlich im Namen
des Rechts. In jeder Rechtsnorm steckt eine ideologische Wertung. Der Kampf um
Interessen findet darum heute statt als ein Kampf um ideologische Positionen
und Begriffe und als ein Kampf darum, wie Schlüsselrechtsbegriffe zu verstehen
sind.
Dieser Kampf ist aber wieder nur scheinbar ein geistiger Kampf um die
besseren Argumente, denn die Spielregeln lauten so, daß diejenigen über den
konkreten Inhalt von Rechtsbegriffen entscheiden, die dazu die Macht haben.
Heutzutage können das nur diejenigen sein, die gesellschaftlich schon durch
ihre Anzahl dominieren. Die Schlüsselpositionen der Justiz befinden sich
bereits in Händen früherer Linksradikaler der 1968er-Generation. Sie sind in
diese Positionen gelangt, weil die konkreten gesellschaftlichen Verhältnisse es
zuließen. Sie haben sich durchgesetzt, weil ihre Haltung und Ideologie ihnen
offenbar Vorteile bot im innergesellschaftlichen Wettbewerb um Einfluß und
Karrieren.