Klaus Kunze
- Publizierte Zeitungsartikel (Auswahl) -
 

 

Holokaustglaube und Auschwitzlüge

Publikation: Staatsbriefe 5/1992

 

Der Glaube an den Holokaust und der komplemen­täre Glaube, dieser sei nur eine "Auschwitzlüge", hat bei vielen ei­ne zutiefst religiös-metaphysi­sche Qualität angenommen. Für Gläubige ist der Realitäts­gehalt ihres Glaubens von minderer Wichtigkeit. Wie im­mer, wenn statt des Strebens nach nachprüfbaren Fakten Glaube und Gegenglaube un­versöhnlich aufeinanderpral­len, ist die Entscheidung für die eine oder andere "Wahrheit" eine Machtfrage.

Seit Moses Zeiten verstehen sich die Juden als auserwähl­tes Volk des Gottes Jahwe; erwählt unter allen Völkern zu ei­nem besonderen Bunde mit ihrem Gotte. Die ganze Ge­schichte ihres Volkes interpretieren sie von diesem Glauben her und verstehen ihre Höhen als Belohnungen und die Tie­fen als Strafen Jahwes. Ob das letzte auch für den Ho­lokaust zutrifft oder nicht: "Der Glaube, 6 Mio. Juden seien in Gas­kammern getötet worden, zählt heute so fest zum religiösen Glaubensbestand der Juden, daß sich ihr Selbstverständnis davon nicht mehr trennen läßt." [1] Nach Meinung des israelischen Publizisten und Politologen Tom Segev ist das Gedenken an den Mord zu einer "säkular-nationalen Religion" stilisiert wor­den. Es sei unantastbar, aus der Geschichte herausgenom­men und zu einer Doktrin nationaler Wahrheit umgeformt.

Besuche in Auschwitz seien zu einem "Ritual dieser Religion geworden, wie eine Prozession auf der Via Dolorosa". [2] Auch nach Ansicht des deutsch-jüdischen Münchener Professors Wolffsohn hat sich die Vergangenheitsbewältigung auf jüdischer Seite in eine pseu­doreligiöse Sackgasse verrannt. Darum habe das Bestreiten des Holokausts für gläubige Juden den Charakter eines Angriffs auf den religiösen Kernbereich ihres Selbstverständnisses als Jude. [3]

Der Bundesgerichtshof drückt dasselbe in seinem Urteil vorn 18. 9. 1979 so aus [4]: "Es gehört zu ihrem personalen Selbst­verständnis, als zugehörig zu einer durch das Schicksal [5] her­ausgehobenen Personengruppe begriffen zu werden, der gegenüber eine besondere moralische Verantwortlichkeit aller anderen besteht, und das Teil ihrer Würde ist... Wer jene Vorgänge zu leugnen versucht, spricht jedem einzelnen von ihnen diese persönliche Geltung ab, auf die sie ei­nen An­spruch haben."

Dem jüdischen Auserwähltheitsglauben antithetisch ent­gegengesetzt [6] war der Glaube der Antisemiten, die auch meinten, die Juden seien herausgehoben, aber als "unser Un­glück"; und der Nationalsozialisten, die an die Herren­men­schenrasse der Germanen glaubten: an den "nordischen Übermenschen" in (falsch verstandener) Anlehnung an einen Begriff Nietzsches [7]. Ohne Kenntnis des jüdischen Be­griffs vom auserwählten Volk wäre der Glaube an ein auserwähltes arisches Herrenmenschentum, eine hervorgehobene nordische Ras­se und eine Weltsendung des deutschen Volkes nicht zu den­ken gewesen. Noch Karl Marx hatte nichts vom Judentum [8] gehalten, und sein Zeitalter, das bürgerliche, assimi­lierte und emanzi­pierte die Juden. Die jüdische Rückbesinnung auf ihr spezifi­sches Volkstum setzte erst Ende des 19. Jahrhunderts mit Theodor Herzl (1860-1904) voll ein [9] und mündete mit der Forderung nach Pflege der jüdischen Identität und Begrün­dung eines eigenen Judenstaates in den modernen Zionis­mus. Herzls Buch "Der Judenstaat" [10] erregte 1896 unter den Juden einen wahren Sturm des Für und Wider [11]; und erst drei Jahre später legte der Englän­der Houston Stewart Chamber­lain, späterer Lieblingsautor Adolf Hitlers, den Gegenent­wurf von der Weltmission der arischen Rasse vor [12], in der er den nordisch-arischen Geist als eigenen Kulturträger ansah.

Auserwähltheitsglaube im religiösen (Juden) oder quasireligiös-meta­physischen Sinne (Chamberlain, Nationalsozialismus) und die Forderung, sich mit nicht Auserwählten nicht biologisch zu vermischen, standen immer in untrennbarem Zu­sam­menhang, wobei wieder das Judentum die Vorlage abgab. Dessen waren sich nationalsozialistische Schulbü­cher [13] be­wußt. Sie erwähnten unter dem Stichwort "Rassengesetze", daß die Juden nach dem Gebot ihres Gottes [14] nur Juden hei­raten dürften und daß strenggläubige Juden die Nürnberger Gesetze [15] angeblich bejahten, weil diese den Deut­schen die Mischehe ebenso verboten [16]. Wie das Judentum seine Identität religiös überhöhte -"Ihr habt dem Herrn die Treue gebrochen, als ihr euch fremde Frauen genommen..."-, sah der National­sozialismus die ebenfalls im Immateriell-Metaphysischen wurzelnde Kategorie der Ehre [17] durch Mischheirat berührt und mag gefürchtet haben, der nordisch-arische Geist könne Schaden nehmen [18].

Die Judenfrage hat unter den christlichen Völkern auch eine theologische Dimension, die sich Verstandeskräften ent­zieht [19]. Darum geht es bei dem Streit um "Holokaust" und "Auschwitzlüge" nicht um hinterfragbare historische Tat­sa­chen, sondern um "letzte Wahrheiten" im transzendenten Sinne. Nur so ist die beispiellose Erbitterung zu verste­hen, mit der diese Auseinandersetzung geführt wird. Von staatli­cher, dem Andenken an die Opfer verpflichteter Seite wer­den da Verbotsgesetze eingeführt, die nicht nur die anders­lautenden Behauptungen und ihre öf­fentliche Ver­breitung unter Strafe stellt, sondern auch die wissenschaftli­che Forschung in einem seit Galileis Zeiten nicht gekannten Maße behindert [20]. Eine ganze Reihe einschlägiger Strafurtei­le läßt es nicht angezeigt sein, von dem abzuweichen, was Gerichte als "historisch feststehend" und daher nicht beweis­bedürftig verteidigen [21]. Auf der ande­ren Seite erstaunt, wie viele sich zu Märtyrern machen wollen, indem sie öffentlich Behauptungen aufstellen und sich nachher bestrafen lassen; Behauptungen bis in den Bereich des offenbaren Unfugs, wie z. B., eine Judenverfol­gung habe überhaupt nicht stattge­funden. Forensischer Erfahrung nach sind die meisten be­straften "Täter" der festen Überzeugung, es habe keine Gaskammern und keinen Holokaust gegeben, auch sei die Op­ferzahl nicht 6 Mio. gewe­sen [22].

Jenseits historisch-faktischer Fragen interessiert hier der Eifer, mit der abweichlerische Meinungen zu zeitge­schichtlichen Zahlen als strafbar verfolgt werden, ein in der Geschichte der Moderne einzigartiger Vorgang, und der komplementäre Eifer, mit dem Leute wie Zündel, Honsik, Ochsenberger, Walendy und viele andere Bestrafung auf Be­strafung bis zur Vernichtung ihrer bürgerlichen Existenz auf sich nehmen. Ohne die religiöse oder metaphysische In­brunst beider Seiten ist dieses Phänomen nicht erklärbar.

Vor dem Hintergrund der Verfolgtenper­spektive, aus der die deutsche Nach­kriegs-Staatlichkeit mit ihrer Medienein­falt das Dritte Reich sieht, und ihrem permanenten ideologi­schen Kriegszustand mit jenem [23] gewinnt jede "verharmlo­sen­de" Meinung den Charakter eines Tabu­bruchs, und zwar eines Bruchs des Zen­traltabus [24]. "Tabu" war ursprünglich die Bezeichnung für ein bei sogenannten Primitiven übliches feierliches Verbot, bestimmte Handlun­gen zu begehen. Da­bei besteht der magisch-religiöse Glaube, ei­ne Übertretung des Tabus bringe der Ge­meinschaft Schaden. Strafen sind häufig der gewaltsame Ausschluß aus der Stam­mesgruppe oder sogar Tod [25]. So schließt das Bundesverwal­tungsgericht [26] unmit­telbar vom Ableugnen nationalsozialisti­scher Gewalt­taten auf einen Verstoß ge­gen die Pflicht, nach der ein Offi­zier sich so verhalten muß, daß er das Ansehen der Bundes­wehr nicht beeinträch­tigt, und es ent­fernte den Soldaten aus dem Dienst.

Alle einschlägigen Gerichtsurteile glei­chen sich darin, daß Beweisanträge über die Wahrheit oder Unrichtigkeit der ab­weichlerischen Äußerungen nicht ange­nommen werden. Der Nobelpreisträger Konrad Lorenz weist auf die Gefahr zunehmender In­doktri­nierbarkeit hin und fordert, man müsse jeden Tag bereit sein, eine liebgewordene Hypothese als Frühsport über Bord zu werfen. Die hypothetische Annahme, gewisse Dinge seien einfach "wahr", be­hindere die Gewinnung neuer Erkenntnis­se. Der entscheidende Schritt zur Bildung einer Doktrin be­stehe darin, daß eine An­nahme eine all­zu große Zahl von Anhän­gern gewinne, die sich der Verbreitungs­möglichkeiten der Massenmedien bedie­ne.

Die Doktrin wird nun mit derselben Zä­higkeit und Ge­fühlsbetontheit verteidigt, die am Platz wäre, wenn es gälte, wohlerprobte Weisheiten oder das durch Selektion geklärte Wissen einer alten Kultur vor der Vernichtung zu be­wahren. Wer mit der Meinung nicht konform geht, wird als Ketzer ge­brandmarkt, ver­leumdet und nach Möglichkeit diskredi­tiert. Die höchst spezielle Reaktion des "Mobbing", des sozialen Hasses, wird auf ihn entladen, wie es Kon­rad Lorenz dar­ge­stellt hat. [27] Sein Schüler Eibl-Eibes­feldt ergänzt, wenn Hy­pothesen zur Doktrin würden, könnten sie Gefängnisse des Geistes werden [28]. In ein solches Ge­fängnis kann man sich selbst sperren, wenn man mit geisti­ger Brachialgewalt zu be­weisen sucht, daß da gar nichts war, und man kann hineinge­sperrt werden, wenn das eigene kritische Hinterfragen mit Strafdrohung untersagt wird.

Zwischen dem Glauben an die göttliche Auserwähltheit der Juden und dem säku­larisierten Gegenglauben an ihre ab­grundtiefe Schlechtigkeit und das "arische Herrenmen­schentum" gibt es bei aller strukturellen Gleichheit keine inhaltliche Verständigung. Für den einen Glauben wie für den anderen Glauben gilt: Wer sich am Glauben als Prinzip orientiert, muß die Vernunft, die Er­kenntnis, die Forschung in Mißkredit bringen, und der Weg zur Wahrheit wird zum verbotenen Weg [29]. Während auf der einen Seite die Ju­den in cumulo verun­glimpft und alle NS-Verbrechen an ihnen ab­gestritten werden, nähert man sich auf der anderen Seite dem Judentum im Kriechgang: "Aus Blindheit und Schuld zur Umkehr gerufen", lesen wir in der neuen Kirchenordnung der evangelischen Kirche in Hessen vom 4.12.1991 [30] , "be­zeugt sie neu die bleibende Erwählung der Juden und Gottes Bund mit ihnen."

Auch wenn man den frommen Hessen nicht widerspricht, wenn sie sich selbst der Blindheit zeihen, verwundert doch die Demutshaltung, mit der hier ein anderes Volk aus religiö­ser Überzeugung zum auserwählten Volk erhöht und inzi­dent alle anderen, auch das eigene, zum spiri­tuellen Aus­schuß erklärt werden. Im Zeitalter des radikalen Egali­taris­mus ist es schon etwas Besonderes, einem Volk, also einer letztlich biologisch-ethnischen Größe [31] , religiös be­stimmte Höherwertig­keit über andere Völker zuzusprechen. Die evangelischen Hessen würden das zwar entschieden leug­nen, die Konse­quenz liegt aber mit unausweislicher Lo­gik zutage.

Erhebt man die Erwähltheit eines Volkes, z. B. des jüdi­schen, zum religiösen Glau­bensinhalt, dann stellt auch nur ein einzi­ges Verbrechen an einem Juden nach denselben er­barmungslosen Gesetzen re­ligiöser Logik ein Sakrileg dar, ei­nen Angriff auf Gott sozusagen, der über ei­nen Verstoß ge­gen das "Du sollst nicht töten" weit hinausreicht. Manche Juden sehen das durchaus so [32]. Wer sich aber in solchen reli­giös-völkischen Kollektivis­men fangen läßt, begründet nichts weniger als eine Art Erbsündentheorie für alle kom­menden deutschen Generationen mit bußfertiger Fußfällig­keit.

Die alltäglichen praktischen Folgen einer solchen Einstel­lung mögen ja für Juden durchaus vorteilhaft sein. So be­dür­fen Staatsbürger der ehemaligen UdSSR kei­ner besonderen Umstände, heute in Deutschland Zuzugsrecht, Woh­nung und alle Ansprüche auf Sozialleistungen zu erhalten, wenn sie nur jüdische Abstam­mung vorweisen können. Das ist die kon­sequente Büßermanier, die der Bundes­gerichtshof rnit "besonderer rnoralischer Verantwortlichkeit aller anderen" ­meint und die der hessischen Kirche zufolge aus "unserer Schuld" folgt. Bis zur "zweiten Schuld" [33] derer, die ob der er­sten nicht die nötige Zerknirschtheit zeigen, ist dann nur noch ein kleiner Schritt. So kann man sich in einem unent­wirrbaren Knäuel religiös motivierter Schuldvorstel­lungen verstricken, einem Gordischen Kno­ten von Auserwählt­heitsglauben, Schuldkomplexen und Minderwertigkeits­wahn.

Der Zeitpunkt ist indessen abzusehen, in dem die Frage­stellung "Holokaust oder Auschwitzlüge" nur noch Minder­heiten interessiert. Die Jahrhunderte seit Beginn der Neuzeit haben eine Abfolge von Neutralisierungen [34] gebildet: Stritt das 16. Jahr­hundert noch bis aufs Blut um die "wahre" Religion, sah das 17. die müde gewordenen Streiter im Kampf um meta­physische Denkgebäude. Die in vielen Jahrhunderten her­ausgearbeiteten theo­logischen Begriffe werden plötzlich un­in­teressant und Privatsache. Damit wurde kein Streitpunkt entschieden - man wich nur auf ein benachbartes Feld aus, ei­ne zunächst neutral scheinende Sphäre. Das 18. Jahrhundert brachte den Schritt zum Moralisch-Humani­tären und das 19. den zum Ökonomisch-Technischen. Analog dem Verlas­sen des geistigen Kampfplat­zes auf ein an­deres Feld wird die Zeit über die mit dem Begriff des Holokaust ange­sprochenen Fragestellungen irgendwann hinweg­gehen. Die Antwort wird dann darin lie­gen, daß niemand mehr die Frage "Ho­lokaust oder Auschwitzlüge" in der Ab­sicht stellt, sie zu instrumentalisieren und mit der Antwort die Gewähltheit oder Verworfenheit ei­nes ganzen Volkes zu begrün­den [35].

 



[1] "Die Bewährung der Erinnerung ist im Ju­dentum religiöse Pflicht von viel höherem Rang als im Glauben der Christen"; Gün­ther Gillessen, Land der Täter, FAZ vom 9.3.1992. Im Holokaust sieht allerdings nur eine Minder­heit der Juden eine Strafe Got­tes, so z. B. der ultraorthodoxe Chaim Zwi Freimann (zit. nach Jörg Bremer, Judentum und Zionisrnus bilden einen Gegensatz, FAZ v. 17.12.1991): "Die Zerstörung des Tempels in Jerusalem sei ebenso eine Strafe Gottes wie der Holokaust des Zweiten Weltkriegs. Die Vertreibung und Verfol­gung der Juden sei mithin von Gott ge­wollt."

[2] Segev ist Historiker und Leitartikler der Zeitung "Ha'aretz". Die Zitate sind ent­nommen seinem Buch "Die siebte Million" und zietiert nach Jörg Bremer, Glauben und Wissen - Ein israelisches Plädoyer für die Historisierung des Nationalsozialismus - FAZ v. 27.1.1992.

[3] Michael Wollfsohn, Ewige Schuld? Mün­chen 1988 S. 51, und weiter S. 54: "In einer weitgehend unreligiösen Welt stiftet das Jundentum als Religion bei der Mehrheit keine jüdische Identität mehr; die Geschich­te , die Leidensgeschichte ihres Volkes, besonders der Holokaust, prägt die Identität der Junden, die sich an den Ho­locaust sozusagen klammern müssen, um ihre religiös entjudaisierte Identität durch die jüdische Geschichte wieder zu judaisie­ren; sie brachen hierfür nicht zuletzt ein Deutschland mit dem Kainszeichen des Holocaust". Vgl. auch Armin Mohler, Der Nasenring, 1989, S. 171.

[4]     Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bd. 75, S. 160 ff.

[5] Schicksal hier als Metapher für das "Walten Gottes" im religiösen Sprach­ge­brauch.

[6] Alle Politik ist unweigerlich ideologisch ausgerichtet, und alle ldeologie ist entweder in einer Theologie oder Antitheologie ver­wurzelt (Erik von Kuehnelt-Leddihn, Die theologischen Wurzeln der Politik, Criticon 1988 S. 230.)

[7] Friedrich Nietzsche, Der Antichrist, Aphorismus 4 sieht den Übermen­schen als Menschen, der geistig über sich selbst hin­auswächst. Siehe auch in "Also sprach Zarathustra".

[8] Karl Marx/Friedrich Engels, Werke, Berlin (Ost) 1975, Bd. 6, S. 170. Marx forderte Emanzipation der Juden vom Judentum, siehe ebd.  Bd. 1, S. 361, 373. Vgl. Josef Schüßlbumer, Hitlers Sozialismus, Criticon 1991 S. 241 ff (245 und Anm. 35).

[9] Vorläufer Herzls waren der Thorner Rab­biner Hirsch Kalischer, der Kom­munisten­rabbi "Moses Hess - Freund Marxens und Engels - und vor allem der Odessaer Arzt Leon Pinsker mit seiner 1882 erschienenen Broschüre "Autoemanzipation"; vgl. bei Dietrich Herzog, Theodor Herzl als Bur­schenschafter - und die Folgen, Burschen­schaftliche Blätter 1976 S. 39 (43).

[10] Theodor Herzl, Der Jundenstaat, erschie­nen am 14.2.1896.

[11] Herzog a.a.O. (Anm. 9). Der erste Zioni­stenkongreß fand 1897 in Basel statt.

[12] Houston Stewart Chamberlain 1855-1927; Die Grundlagen des 19. Jahrhunderts, er­schienen 1899/1901.

[13] Koenigs/Wolfram, Deutschland, Sein Schicksal und Auferstehen, 3. Aufl. bei Diesterweg, Frankfurt 1938, S. 14.

[15] Reichsbürgergesetz und Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deut­schen Ehre vom 15. 9. 1935.

[16] Koenigs/Wolfram a. a. 0. S. 48. Die Auf­fassung war quasi offiziell und ist hier als Beispiel einem Schulbuch entnommen. Umgekehrt gefielen orthodoxen Juden die Nürnberger Gesetze, sieht Hans-Dietrich Sander, Die 17 Auflösung aller Dinge, München 1988 S. 173.

[17] "... und der deutschen Ehre".

[18] Zur quasireligiösen Sicht des eigenen Volkstums vgl.  Erich Jaensch, Psy­cholo­gisch-Anthropologische Grundlagen deut­scher Kulturphilosophie, Leipzig 1938, hier zit. nach Poliakov/Wulf, Das Dritte Reich und seine Denker, 1983 S. 395: Der Natio­nalsozialist sieht in allen edel gearteten Völkerindividualitäten die Verwirklichung der Schöpfergedanken Gottes, die er mit re­ligiöser Ehrfurcht betrachtet..." Deutlicher noch als in Prosa­texten wird der transzen­dente, letztlich säkularisiert-religiöse Cha­rakter ei­ner solchen Sicht des eigenen Volks deutlich in damaligen Gedichten, z. B. "Du sollst an Deutschlands Zukunft glauben, an Deines Volkes Auferstehn..." (von Albert Matthäi 1855-1924) oder "Einer baut einen Dom / Er wirft seine Flamme / mitten hinein / in die Finstemis / der verratnen Zeit / verkündet der Ewigkeit Wort / vom artreinen Stamme, / entzündet der Ur­kräfte / magischen Strom..." (von Karl Maria Holzapfel, geb. 1890, zit. nach Deutsches Werden, Bearb. Otto Schulz, Leipzig 1938 S. 295.

[19] 19 Sander a.a.0. S. 175.b

[20] Vgl. Hellmut Diwald, Deutschland einig Vaterland, 1990 S. 70.

[21] Vgl. im einzelnen Klaus Kunze, Die Justiz und die historische Wahrheit, Junge Fre­iheit Juli/Aug. 1991 S. 13 und ders., Zeitge­schichte vor Gericht, Junge Freiheit Okt. 1991 S. 9.

[22] Nach einer Emnid-Umfrage "bestreiten oder verharmlosen" 20 v. H. der Deutschen Hitlers Verbrechen, vgl. Verena Lucken, Die Wiederverwertung der Betroffenheit, FAZ v. 29. 1. 1992.

[23] Helmut Quaritsch, Positionen und Begriffe Carl Schmitts, 2. Aufl. Berlin 1991 S. 93.

[24] Diwald a. a. 0. S. 70.  Zentraltabu der deutschen Schuld. Vgl. auch das "deutsche Tabu des philosemitischen Bildes vorn bra­ven Juden", siehe Filmkritik "Hitlerjunge Salomon" im "Spiegel", hier zitiert nach Lucken, siehe Anm. 22.

[25] Gerd-Klaus Kaltenbrunner, Der innere Zensor, Neue und alte Tabus in un­serer Ge­sellschaft, Herder-Initiative Bd. 22, 1978 S. 161.

[26] Urteil v. 28.9.90 NJW 1991, 997, Bespre­chung siehe Anm. 21, JF 7/8/1991 S. 13. Das BVerfG hat das Urteil mit Beschluß v. 11.9.91 - 2 BvR, 1402/90 - bestätigt.

[27] Konrad Lorenz, Die acht Todsünden der zivilisierten Menschheit, 9. Aufl. 1978, S. 88-90. Mit Mobbing be­zeichnet Lorenz eine koordinierte gewalt­same Ausgrenzungsakti­on einer Tiergruppe, analog auch einer Men­schen­gruppe, gegen ein abweichend er­scheinendes Individuum; vgl. auch: "Mobbing fängt oft harmlos an", FAZ v. 4. 5. 1992, S. 12.

[28] Irenäus Eibl-Eibesfeldt, Der Mensch, das riskierte Wesen, 1988 S. 125.

[29] Nietzsche, Der Antichrist, Aph. 23.

[30] Vgl.  Die Erwählung der Juden bekräftigt - Die evangelische Kirche in Hes­sen erwei­tert ihre Verfassung, FAZ v. 5. 12. 1991.

[31] So sehen viele orthodoxe Juden oder Israelis sich selbst auch, also nicht bloß als Religions­gemein­schaft, sondern jüdische Abstam­mung plus jüdische Religon. 

[32] Dagegen aber Wolffsohn, oben Anm. 3.

[33] Ein von Ralph Giordano geprägter Begriff.

[34] Carl Schmitt, Der Begriff des Politischen, 3. Aufl. 1963, S. 80 ff.

[35] Ähnlich Günter Maschke, Der Tod des Carl Schmitt, 1987, S. 121 Fu. 19, die ein­zige Lösung solcher Probleme liegt in der Amnestie.