Flügelt ein kleiner, blauer Falter ...
Heimatforschung Fürstenhagen
 
Einheimische Falter des Weserberglandes
Geometridae - Spanner
Plagodis dolabraria - Hobelspanner
Rand
 
 

Was ist Schönheit?

Für mich ist dieser kleine Spanner in seiner Weise perfekt schön. Um die Symmetrieachse des Körpers verlaufen wie ringförmige, konzentrische Kreise feine, braune Maserungen. Das optische Ebenmaß hätte von einem Künstler oder Modeschöpfer entworfen sein können. Nichts stört die Harmonie der zarten Erscheinung.

Die Schönheit dient der Sicherheit des Tierchens. Wie die Flecken eines Tigers lösen auch die Maserungslinien des Falters seinen Körper vor einem Holzhintergrund optisch auf. Er verschmilzt mit dem Hintergrund, macht sich vor Freßfeinden unsichtbar. Dieser Überlebensvorteil wurde ihm von niemandem gegeben, er dient keinem vorher wohlüberlegten Zweck und
hat keinen ihm gegebenen Sinn. Die Zeichnung taugt aber zum Überleben besser als andere, und darum haben Mutation und Selektion sie geformt.

Warum empfinden wir gewöhnlich das Harmonische, Ebenmäßige als das Schöne? Alle Tiere und Pflanzen haben eine natürliche Schönheit. Warum formen die Gesetze der Evolution Schönes und nichts Häßliches?

 

Foto: K.Kunze, Fürstenhagen (Bramwald) 9.5.2018
 

Auch Häßliches zu schaffen, blieb uns Menschen vorbehalten. Wir können das Schöne aber vom Häßlichen unterscheiden. Die antiken Künstler, allen voran die Griechen, strebten nach dem Ideal der Schönheit. In ihren Skulpturen und den ebenbürtigen Schöpfungen Leonardo da Vincis und Michelangelos erlangte dieses Schönheitsideal unsterbliche Geltung. Die Künstler suchten geradezu nach den Gesetzmäßigkeiten, die das Schöne schön und das Häßliche häßlich erscheinen lassen.

Wir sollten die Frage umdrehen: Nicht warum ausgerechnet Schönes arterhaltenden Wert hat und sich evolutionär durchsetzt, lautet die richtige Frage, sondern: Lassen uns unsere eigene Entstehung und unsere Eigenart zwangsläufig bestimmte Formen und Farben schön und andere häßlich scheinen?
Unser Schönheitssinn hat sich mit unserer eigenen Evolution entwickelt und bezieht sich auf unser eigenes Selbst. Wir können nicht anders, als "Schönes" schön finden, weil unser sensibeler Schönheitssinn selbst ein Teil jener gemeinsamen Entwicklung des Lebendigen aus kleinsten Anfängen ist.

Was wir schön und häßlich finden, messen wir unbewußt an unserem innersten Selbst. Goethe sagte: "Wär nicht das Auge sonnenhaft, die Sonne könnt' es nicht erblicken." So tragen wir den Sinn für Schönheit in uns, sonst könnten wir außerhalb unserer selbst keine Schönheit finden.

Wissenschaftlich weiterführend zu Plagodis dolobraria: Lepiwiki

 
Plagodis dolabraria
Foto: K.Kunze, Fürstenhagen (Bramwald) 8.5.2007

 

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