Die Chronik des Vogts Conrad
Itter von 1722
LIPPOLDSBERGER CHRONICA DE ANNO 1437 USQUE 1722
SOLI DEO GLORIA
Es
ist bey denen Alten jederzeit der löbliche Gebrauch
gewesen, wenn eine Stadt, Kirche oder Kloster gebauet und
gestiftet worden, daß nicht allein unter was landesfürstlicher
Regierung der Bau angefangen, sondern auch die Fundatores
solcher Gebäude benennet, was in solchen Jahren vor
Zeiten gewesen fleißig aufnotiret, was solchen neu
angelegten Orten vor Freyheiten und Gerechtigkeiten von
denen Landesfürsten beygelegt, wohlverwahrt der Posteritaet
hinterlassen worden. Wann aber bei Abnehmung des Alten Glockenthurmes
sich gar keine Nachricht gefunden, unter was Landesfürstl
Regierung dießes Closter gebauet, Vielweniger, wer
daßelbige gestiftet und begnadiget, so habe ich derzeit
38 Jahr allhier gestandener Beamter doch bey gegenwärtiger
Erneuerung des Glockenthurmes, so viele man Nachricht haben
können, der Posterität hinterlassen wollen, und
1. ob sich zwar keine positive Nachricht findet, unter was
LandesFürstl. Regierung dieses adeliche Stift und Jungfer
Closter Benediktiner Ordens gebauet und von wem wan dasselbe
gestiftet worden, inmaßen die alten Leute zwar sagen
wollen, daß solches von einer aus Engelland gekommenen
adelichen Jungfer, Lipola genannt, dem Ritter St. George
zu Ehren gestiftet worden und gebauet seye, gestallten dann
noch ein Wappen über einer Thüre an dem Kloster
in Gips gemacht, der Ritter St. George sich befindet und
gezeigt wird. So hat sich bey Renovierung der Kirchen in
dem gegen Mittag neben dem hohen Chore stehenden Gewölbe
bey derer von Adel-Wappen, welche ihre Sepulture (Grabstätte)
in besagtem Gewölbe gehabt, in der Wand angezeichnet
funden, daß diese Kirche anno 1303 zu bauen angefangen
und anno 1312 vollendet, und also in 9 Jahren der Bau verfertigt
worden wie sich dann
2. in einem von Hertzog Ottens dem Jüngeren Hertzog
Otten des Alden zu Braunschweig und Lüneburg Sohn Anno
1437 auf Sonntag nach Misericordia Domini dem Flecken Bodenfelde
gegebenen Freyheitsbriefe in plattdeutscher Sprache sich
befindet, daß besagter Hertzog aus dem Salzwerk zu
Bodenfelde denen Jungfern und dem Stift Lippoltsberge wöchentlich
anderthalben Himten Saltz zur Küchen zu liefern verordnet,
und daß solche Verordnung zu ewigen Tagen währen
solle. Ingleichen
3.) schreibet Leuznerus in seiner dasselbigen Chronica fol.
168, daß Johann von Oldendorf zugenannt Damburg, Udo
von Oldendorf Burgsassens zu Uslar Urenkel, anno 1439 ohne
Erben verstorben und seine Güter an die Jungfernclöster
Frödelsheim (Fredelsloh) und Lippoldsberg vermacht,
wie nicht weniger schreibt derselbe tot. 179, daß
die von Hagen zu Meinbrexen, welches adeliche Guth anjetzo
die Herren von Mannsberg besitzen, ihre Sepulture in der
Klosterkirche zu Lippoldsberg im Amte Gieselwerder, da die
Schwülme in die Weser fällt, gehabt, darum sie
auch demselben Kloster stattliche Güter verschrieben.
So haben
4. bey eingeführter Evangelischer Religion die beyden
hochfürstlichen Häuser Braunschweig und Hessen
und zwar Ihro Hochfürstl. Gnaden Hertzog Erich zu Braunschweig
und Lüneburg und Ihro Hochfürstl. Gnaden Herr
Philippus Magnanimus Landgraf zu Heßen Anno 1538 am
Montag nach dem Sonntag Invocavit, der da war der 11. Tag
Marty , sich derogestalt wegen des Closters Lippoldsberg
und deßen Gütern verglichen, daß die Closter
Jungfern nicht mit Gewalt vertrieben werden, sondern aussterben
sollen, nach deren Absterben das Closter und Dorf Lippoldsberg
dem Herrn landgrafen, die Güther aber, welche unter
Herrn Hertzog Ehrich gelegen, besagten Herrn Hertzog bleiben
sollen, und als
5. die Closter-Jungfern keine andern und zwar junge Nonnen
kleiden und einnehmen dürften, so haben dieselben des
Closters Einkünfte zu vergeringern gesucht, wie dann
Gertraudt von Boyneburg die letzte Priorin mit ihren Conventualen
am Tage Martini 1539 denen Sondersiechen zu Hofgeißmar
einen Meyer-Hof zu besagtem Geißmar, welchen Heinrich
Lampen in Bestand gehabt und jährlich 5 Malter partim
geißmarisches Maaß Pachtzins geben müssen,
vor Ein Hundert Joachims Thaler verschrieben, welche Veralienierung
Herren Landgrafen bewogen, daß Ihro Hochfürstl.
Gnaden Anno 1564 einen Amtmann und Evangelischen Prediger
anhero gesetzt, gestalten dann Caspar Mergarth der erste
Amtmann und Arnt Bollemann der erste Evangelische Prediger
gewesen.
6. Nach Absterben der Closter-Jungfern haben höchstgedachte
Ihro Durchl. die mehresten Closter revenues ad pios usus
und zwar zu Salarirung des Methropoliten zu Hof-Geißmar,
Pfarrers zu Ödelsheim, Pfarrers zu Heißebeck,
Pfarrers zu Wahlshausen, Pfarrers zu Lippoltsberg und Schuldieners
des letztern Orths wie nicht weniger zu steuern der armen
Pfarrers Wittiben 40 Viertel Korn 20 Viertel Gersten und
20 Viertel Hafer, so dann 2 Viertel Korn zu Unterhaltung
der Communion zu Heysebeck und Arenborn, ingleichen 60 Viertel
Korn, 10 Viertel Gersten u. ein Viertel 4 Metz Hafer zu
Verpflegung 10 presthafter Personen, welche bey denen Dorfarmen
vor die täglichen Almosen, welche bey denen Nonnen
Zeiten aus der Klosterküche gespeiset worden, sodann
10 Viertel Korn (NB erhalten nur 6 Viertel jährlich)
denen Dorfarmen vor die täglichen Almosen, weiche dieselben
von den Nonnen und deren Gesindte Essen empfangen, gewidmet
und denenselben jährlich verab folgen zu lassen in
Gnaden verordnet.
Anno 1592 nach Absterben des regierenden Landesfürsten
Herrn Wilhelmi Sapientis hat dessen eintziger Erb-Printz
Herr Mauritius der Gelehrte in der Regierung gefolget, welche
gleich anfangs bey Antritt der Regirung die Ebang. Reformirte
Religion in Nieder-Hessen eingefüret, welche Religion
bis dato noch allhier in Übung ist.
Anno 1603 bis 1633 hat Gabriel von Donop Erbherr zu Wobbelt
in der Grafschaft Lippe das Fürstl. Cammerguth und
Closter Lippoltsberg, samt dem dazu gehörigen Dorfe
Lippltsberg, geblinrevenues unterpfändlich genutzet
und beseßen.
Anno 1618 biß in annum 1622 unter hochlöblicher
Regierung hochermelten Herrn Landgrafens Mauritii des gelehrten,
als die Pletzer Müntze im gang gewesen, ist auf dem
Eisenhammer hierselbsten dergleichen Geld gemüntzet
und als dieselbe Müntz von einhundert bis auf Zehn
rl. (Reichstaler) devolviret, ist die hiesige Müntze
aufgehoben und abgeschafft worden.
Anno 1628 unter mehr höchstgedachter Landes-Fürstl.
Regirung, hat die kaiserliche Garnison zu Höxter von
deswegen, daß ein Partheygänger aus Lippoldsberg
einen Kaiserlichen Reuther todgeschoßen, die mit Früchten
angefüllte Scheune, die Stein-Scheune genannt, abgebrannt,
welche Brandstätte auf erlangte gnädigsdte Bewilligung
des jetzt regierenden Landesfürsten, der Hammerschreiber
Heinrich Hasselbach und Hammerschmidt Christoph Sieken mit
Wohnhäusern bebauet.
Anno 1640, unter hochlöblicher Regierung des Durchlauchtigsten
Fürsten und Herren Wilhelmi quinti haben die Königlichen
Schwedischen Lüneburgische, Weymarische und Heßische
Völker in der Lippoldsbergischen Feldmark, zwischen
Lippoltsberge und Gieselwerder einige Tasge campirt und
an den Früchten großen Schaden getan.
Anno 1642 unter hochlöblicher Regirung höchst
gedachter Ihro Durchl. hat die Kaiserliche Garnison zu Höxter
das Herrschaftliche Rind.Viehe von der Hudweide dem Großen
Werder hinweg nehmen wollen, welches aber die Braunschweigischen
Unterthanen zu Wahmbeck, wo selbsten das Viehe durch die
Weser getriben werden sollen, verhindert. So ist auch in
diesem Jahre um hl. Drey Könige Tag ein große
Waßerfluth gewesen, also daß die Weser durch
das Dorf Lippoltsberg und deßen Feldmark gefloßen
und haben sich die Einwohner mit ihren Kindern Gesinde und
Viehe zu ihren Nachbaren auf den Berg reteriren müssen
und biß die Waßerfluth, welche dem Dorf und
Feld keinen Schaden gethan, vorbey gewesen, bey denselben
bleiben müssen. Ingleichen haben die kaiserlichen Völker
in diesem Jahre die Städte Göttingen, Einbeck
und Northeim belagert, den Wall, Vestungen an der letzten
Stadt auch geschleift, und haben besagte kaiserliche Völker
die Einwohner dieser Orte dergestalt beunruhigt und geplündert,
daß dieselben so wenig die Herrschaft als ihre selbst
eigenen Ländereyen ausstellen und besamen können.
Anno 1646 unter Hochlöblicher Regirung der Durchl.
Fürstin und Frauen Aemilien Elisabethen, gebohrene
Gräfin von Hanau-Müntzenberg, Vormünterin
und Regentin hat die Kaiserliche Garnison zu Höxter
das Closter und Dorf Lippoltsberg ausplündern wollen,
deßwegen sich die Einwohner, Pfarrer und Beamten durch
die Weser an den Wald, diejenigen aber welche nicht über
kommen können auf den Kirchthurm retiriren müßen,
deswegen die (Kaiserliche) Parthey den Kirchthurm bestürmet,
als sie aber damit nichts ausrichten können so haben
sie die Wendelstiegen mit Stroh angefüllet und angestecket,
in der Hoffnung, die Geflüchteten zur Übergabe
zu zwingen. Wormit sie jedoch anderst nichts ausgerichtet
als daß die Tritte an der Wendelstiegen einiger Orten
zersprungen und schadhaft worden.
Anno 1647: Unter hochlöblicher Regierung hochermelter
Frau Regentin hat der Wo'nigriche Schwedische General Königs
Marcks mit elf Regimenter den 27.ten, 28.ten und 29.ten
October allhier zum Lippoldsberg campiret.
Anno 1649: Unter mehr hochermelter Regierung ist die herrschaftliche
Scheuer auf der Fähre neu erbauet worden.
Anno 1652 unter hochlöblicher Regierung des Durchl.
Fürsten und Herren Wilhelmi den 6ten hat die Fürstl.
RenthCammer befohlen, daß dem Pfarrer allhier ein
Wohnhauß werden solle und die Gemeine Lippoltsberg
einen Beytrag zu denen Bau Kosten thun. Als dieselbe sich
dessen aber geweigert, hat ermelte Renth Cammer befohlen,
daß die zersprungene und 36 Centner gewogene Glocke
aus dem Thurm herunter genommen, verkauft und von demem
Kaufgeldern ein Pfarrhaus gebauet werden solle; deswegen
der damalige Vogt George Friedrich Schacht die Glockenspeiße
an einen Juden nach Münden verkauft und auß einem
Alten zu Wahlshausen gekauften Hauß ein Pfarrhauß
erbauen lassen.
Anno 1660: Unter höchstgedachter Ihro hochfürstl.
Durchlaucht ist das alte baufällige und an der Weser
in Gefahr gestandene Armenhaus abgebrochen und an dessen
Statt ein neu Armenhaus nächst dem Eisenhammer an das
Dorf erbauet worden.
Anno 1661: Unter mehr höchstgedachter hochfürstl.
Landesregierung ist das von dem Sturmwind ruinirte und herunter
geworfene Kirchendach von neuen erbauet worden.
Anno 1666: Unter hochlöblicher Regierung der Durchlauchtigsten
Fürstin und Frauen, Frauen Hedtwig Sophien, geboren
aus kurfürstlichem Stamm der Margrafen zu Brandenburg,
Vormünderin und Regentin, ist eine unvermuthete Theuerung
in das Land kommen, weiche Theurung aber weiter nicht bis
zu erfolgter Ernte gewähret; das Viertel Korn hat 6
rt., die Gerste 5 und der Hafer das Viertel 2 rt. gegolten.
Anno 1667: Unter höchstgedachter hochfürstlicher
Regierung ist der baufällige Kirchthurm, weicher 355
Jahr gestanden, abgebrochen und ein neuer Thurm erbauet
worden.
Anno 1671: Unter mehr höchstgedachter hochfürstlicher
Regierung ist das eingefallene Kirchengewölbe, und
zwar das 2te Gewölbe vor dem Nonnenchor neu gemacht
und denen andern gleich gewölbet worden.
Anno 1678 haben mehr höchstgedachte ihro hochfürstl.
Durchlaucht, die Frau Regentin, ihrem ältesten Prinzen,
dem Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn, Herrn Carln,
dem ersten dieses Namens, die Regierung abgetreten und übergeben,
weiche hochfürstl. Durchl. dann bis anhero glücklich
regieret, dem Lande und dero Unterthanen, wie in nachgesetzten
Jahren angeführet wird, derogestalt sorgfältig
landesväterlich vorgestanden, daß sich dessen
ein jeder getreuer Unterthan hertzlich zu erfreuen hat.
Anno 1680: Unter hochlöblicher Regierung des Durchlauchtigsten
Fürsten und Herrn Herrn Caroli des Ersten hat sich
den 13ten December gegen Orient ein großer Comet-Stern
in Form einer Ruthe sehen lassen, dessen Strahlen gegen
Occident gegangen, ist von Tag zu Tag größer
geworden, und hat bis den 11ten Januar 1681 gestanden; es
haben die Gelehrten dieses Comet-Sternes wegen viele Schreibens
und Prognosticirens gethan, worauf in besagtem Jahre erfolget,
daß zu Constantinopel eine sehr giftige pestilentzische
Seuche entstanden. Diese Seuche hat bis in anno 1683 gewähret
und durch Ungarn, Östreich, Böhmen, Sachsen und
Thüringen bis Wanfried gegangen, viele Menschen und
Vieh hinweggerissen und als durch landesväterliche
hohe Vorsorge die Stadt Wanfried mit Dragonern umlegt worden,
daß kein Mensche herauskommen können, so hat
die giftige Seuche daselbst ihre Endtschaft nehmen müssen.
Anno 1681: Unter höchstgedachter hochfürstlicher
Regierung ist eine geschwinde Seuche unter das Rindvieh
kommen, inmaßen denselben giftige Plattern an der
Zunge gewachsen, wenn die Zungen mit einem dazu gemachten
silbernen Instrument nicht reine gemacht, mit Schwefel und
Schießpulver nicht bestreuet worden, ist dem kranken
Rindvieh die Zunge aus dem Halse gefallen, deswegen alle
Städte, Flecken und Dörfer solche silberne Instrumente
machen lassen, darbenebst gewisse Personen, weiche kranke
Vieh reinigen, bestellen müssen. Diese Krankheit hat
ihren Ursprung in der Schweitz genommen und ist in geschwinder
Eile fast durch ganz Europa gegangen.
In diesem Jahre 1681 ist eine sehr wohlfeile Zeit in Thüringen
und Hessen gewesen, inmaßen an der Unstreit (Unstruth)
das Malter Weitzen 4 Kopfstücke, das Malter Korn 3
Kopfstücke, das Malter Gerste 12 gr. (Groschen) und
das Malter Hafer 8 gr. gegolten, weicher wohlfeilen Zeit
sich einiqe Einwohner zu Arenborn zu Nutze gemacht, sind
mit Flachs nach Weißensee an die Unstrut gereiset
und vor einen Sack Flachs ein ganz Fuder Frucht getauscht.
Anno 1682 ist um Drey Königstag ein sehr groß
Wasser gewesen. Die Weser hat zu Bursfeld eine Scheure mit
Frucht weggenommen und zum Theil in die Lippoltsberger Feldmark
gesetzt. Der Fehrmann hat die Einwohner allhir mit der Flösen
und Schiffen aus ihren Häusern hohlen und zu ihren
Nachbarn auf den Berg bey das Kloster bringen, selbst auch
aus dem Fehrhauß an den Waldt retiriren müssen.
Anno 1683 ist der Großsultan Solimann mit großer
Heereskraft in Ungarn eingefallen und den kaiserlichen Feldmarschall
Herrn Herzogen von Lothringen, hochfür. Durchlaucht,
nachdem derselbe die Vestungen in Ungarn mit Proviant und
Vorrat versehen, genöthiget, daß derselbe mit
der unterhabenden Armee sich unter Stücke (Kanonen)
nach Wien retiriren, und als die Türken diese kaiserliche
Residenzstadt und Vestung belagert, ist der römische
Kaiser seine Residentze verlassen und mit dem Feldmarschall
und Armee nach Linz zu retiriren, die Residentz aber dem
tapfern General Grafen von Stahrenberg anzuvertrauen genöthigt
worden, weicher General und Commendant dem Erbfeind vigorosen
Wiederstand mit vielen Ausfällen und Abschlagung der
Stürme gethan, auch die Vestung solange erhalten, bis
der König von Polen, Churfürst von Sachsen und
Churfürst Von Bayern sich mit ihren Truppen mit der
kaiserlichen Armee conjugiret, die in Rayone liegende Vestung
nach ausgestandener langwieriger Belagerung glücklich
entsetzet und die Türken totaliter geschlagen.
In diesem 1683ten Jahre hat sich das Wasser in den stehenden
See bey dem Dorfe Denß (Dens bei Nentershausen, Krs.
Rotenburg/Fulda) in dem Amte Sontra in eine rothe Farbe
als Bluth verwandelt, welches See Wasser in der See, der
alten Leute Aussage nach, vor Einhundert Jahren in ebenmäßige
Farbe verwandelt haben und darauf eine theure Zeit erfolget
sein solle.
Anno 1684 ist ein sehr trockener Sommer gewesen und hat
von Ostern miß Michaelis nicht geregnet, deswegen
wenig Gerste und Hafer gewachsen, sondern es hat der Preis
der Gersten und Hafer von Pfingsten an das Virtel Gersten
vor 1 ¼ Reichstaler und das Virtel Haber vor 24 Albus
gekauft worden, bis zu erfolgter Ernde und zwar die gersten
auf 5 Rrthl. und der Hafer auf 2 Rrthl. gestiegen und in
welchem Preiß biß die Ernde 1685 gehalten worden,
stehen geblieben. In Maßen die Kleinen Wasser derogestalt
ausgetrocknet, daß die Einwohner zu Herstall und Wirgeßen
allhier zu mahlen genötiget worden.
Anno 1685 haben Ihro hochfürstliche Durchlaucht Herr
Herzog Ernst Augustus, nachmaliger Churfürst zu Braunschweig
und Lüneburg, den angrentzenden Flecken Bodenfelde
mit 2 Jahrmärkten den ersten Montag nach Invocavit
und den 2ten Montag Montag nach Siemon Juda begnadet.
Anno 1686 ist die Orgel allhier neu erbauet und von dem
Orgelmacher Georg Peter Müllern aus Caßell verfertiget
worden, worzu der regirende Landesfürste, der anitzo
noch regirende Herr großen Beytrag gethan.
Anno 1688 ist das anno 1652 zwar erbauete aber sehr Baufällige
Pfarrhauß allhir abgebrochen und von Steinen aufgeführtes
Pfarrhauß neu erbauet worden.
Anno 1694 ist eine schwere theuere Zeit eingefallen, auch
also, wann der anietzo noch regirende Landes Fürst
aus Landesväterl. hoher Vorsorge für seine Getreuen
Unterthanen keine Früchte über Bremen auf der
weser herauf von Dantzig kommen und in dero Städte
und Ämter bringen lassen, eine sehr große Hungersnoth
entstanden seyn würde, zumahlen das Virtel Korn bereits
auf 10 und mehr Reichsthaler in dem Preiß kommen.
Als aber die Früchte von Dantzig häufig ankommen,
so ist der hohe Preiß von 10 bis auf 4 ½ Rthl.
heruntergefallen.
Anno 1691 und 1694 ist auf mehr höchstgedachter Ihro
hochfürstl. Durchlaucht gnädigsten Befehl die
in Mangel des Dachs von dem Regenwasser ruinirte Kirche,
zumalen der Kalk allesamt herunter gefallen, renoviret und
neue Kirchstände darin cebauet worden.
Anno 1695 ist auf noch mehr höchstgedachter Ihro hochfürstlicher
Durchlaucht des regierenden lieben Landesfürsten gnädigst
Befehl die in dem Dorfe Lippoldsberg über den Schwülme-Fluß
gehende höltzerne Brücke, weiche alle Jahre bey
großen Wasserfluthen Schaden gelitten und sehr baufällig
gewesen, aus dem Grunde abgebrochen und eine neue steinerne
Brücke an deren Stätte gebauet worden.
Anno 1699 haben hochgedachte Ihro hochfürstliche Durchlaucht
zu Etablirung dem Lande sehr zuträgliche und nützliche
Handlung, in Betracht, daß die Handlung das Hertze
eines wohlstehenden Landes sey, auch wieder Erhohlung derer
am Diemel-Strom liegenden Städte, deren Bürger
die Handlung verlassen und ihre Nahrung und Wohlfahrt an
dem Ackerbau gesucht, in bürgerliche Nahrung und Handlung
zu bringen, eine neue Stadt an die und zwar zwischen dem
Einfluß der Diemel in die Weser und gemeldeter Weser
zu bauen angefangen und derselben neuen Stadt den Namen
Carlshaven gegeben.
Gestalten dann mehr höchstgedachte Ihro hochfürstl.
Durchlaucht den jetzo noch daselbst wohnenden Ingenieur
Major Friederich Conradi zum Baudirektor besagter neuen
Stadt gesetzt, und als höchstgedachte Ihro hochfürstl.
Durchlaucht durch landesväterliche hohe Vorsorge in
die neu angelegte Stadt Carlshaven herrliche von Steinen
aufgebaute Gebäude, insonderheit das kostbare Lazareth
vor die in Kriegsdiensten verdient gemachte bleßirte
Invaliden, aufbauen lassen und mit genugsamen Revenuen,
daß beydes der Commendant als Invalide ihre reichliche
Verpflegung darinnen haben können, begnadigt. Haben
dieselbe, damit jederman heilsame Justize wiederfahre, ein
Oberamt und drey Evangelische Prediger, als einen Evangelischen
Reformierten Deutschen und einen Französischen und
einen Evangelischen Lutterischen Prediger in besagte neue
Stadt gesetzt und dieselben mit reichlichen Besoldungen
versehen. Gestalten dann Nataniel von Staff der erste Oberamtmann
gewesen, wie dann anjetzo Carl von Mannsbach Oberamtmann
und Wolradt Reinhardt, Licentiatus iuris, Oberschuldtheiß,
das Oberamt heilsamlich administriren, allermaßen
dann
Anno 1712 der hochedel geborene, veste und hochgelehrte
Herr Doctor Orffyreus, hochfürstl. Hessischer Commerzienrath
und Medicine Doctor, das niemals in der Welt gewesene Perpetuum
Mobile erfunden und wie beiliegende inscriptiones zeigen,
allerhand künstliche Maschinen erfindet, wodurch dem
Lande großer Nutzen geschaffet werden kann.
Anno 1719 ist abermals ein sehr trockener hitziger Sommer
gewesen, daß der Weserstrom mehr eingetrocknet, als
derselbe anno 1684 eingetrocknet gewesen, wie solches ein
bey Herstelle in der Weser gefundener Stein, woran die Jahreszahl
des vor Einhundert und sieben Jahr gewesenen trockenen Sommers
eingehauen gewesen, gezeiget, inmaßen dann die Jahreszahl
dieses trockenen Sommers, indem das Wasser einen halben
Schuh tiefer, als vor 107 Jahren eingetrocknet gewesen,
darunter gehauen worden. Auf diese trockene Zeit ist abermal
eine schweere theure Zeit erfolget, welche doch Sachsen
und Thüringen härter als diese Lande betroffen,
zumalen anstatt bei guten Jahren vor angeführte Landte
diese Lande mit Westpfalen preißen und erhalten müssen,
so haben diese Landte Sachsen und Thüringen preißen
und erhalten müssen, inmaßen als aus landesväterlicher
Vorsorge, daß durch die starke Abfuhre der Früchte
Mangel vorfallen möchte, die Ausfuhre verboten worden,
so haben sich viele vornehme Familien von Mühlhausen
und Thüringen nach Eschwege begeben, ihre Familien
daselbsten zu erhalten.
Und als in diesem 1722ten Jahre dreißig Familien,
welche wegen der wahren evangelischen Religion aus Piemont
vertrieben worden, bey unserm regierenden lieben Landesfürsten
um Schutz und Aufnahme unterthänigste Ansuchung gethan,
so haben höchstgedachte Ihro hochfürstl. Durchl.
aus angebohrener hochf. Gnade und Clemens (Milde) diesen
vertriebenen Piemontesischen landesväterlichen Schutz
gegeben und dieselbe, als 15 Familien zwischen die Weißehütte
und Gieselwerder bey die Spiegelglashütte und 15 Familien
zwischen das hiesige Fähr- und Försterhaus gegen
Wahmbeck zu bauen anweisen (lassen), darbenebst mit Lebensunterhalt,
Baumaterialien und Saatfrüchten in Gnaden versehen
worden, zugleich dem ersten Ort den Namen Gottes-Treu und
dem 2ten Ort den Namen Gewißens-Ruhe gegeben.
Auch ließen Ihre hochfürstliche Durchlaucht der
unter diesem Orte in der Lippoldsberger Feldmark befundenen
Salzquellen durch den dahingegebenen Steiger Johann George
Wöllern und untergebenen Bergleute Gottlieb Straßberger,
Johann Berndt Möllern und Christoph Brem fleißig
nachsuchen, wie nicht weniger das an der Wahlsburg befindende
Kohlenbergwerk durch vorgesetzte Bergleute forttreiben.
So haben mehr höchstgedachte Ihro hochfürstliche
Durchl. In diesem 1722ten Jahre gnädigst befohlen,
daß der anno 1667 zwar neu erbauete, aber durch die
Zimmerleute und Decker verwarlosete und deswegen zum Theil
verfaulte Glockenthurm abgenommen, nach des Ingenieurs Major
Friederich Conradi zu Carlshaven gemachten Abriß nach
jetziger Facon, die Mauer 14 Fuß erhöhet und
von neuem gebauet werden sollte. So ist dieser Thurm durch
gemeldeten Ingenieur Major Conradi gebauet worden, der Maurer
ist ein refugirter (geflüchteter) Franzose aus Carlshaven
namens Laroche, der Steinhauer Johannes Mitternachts daselbsten,
der Zimmermann Baltzer Köhler von Nastätten aus
der Niedergrafschaft Catzenellenbogen und der Dachdecker
Wilhelm Sparer aus Cassel, welche diesen Thurm verfertiget,
gewesen. Es sind die Schiefersteine zu Nattern hinter Brilon
aus dem Köllnischen gelanget worden. In diesem Jahre
hat wie oft angeführet, von anno 1678 bis hierhin Carolus
der Erste dieses Namens das Land zu Hessen wohl und glücklich
sehr verständig regieret, sein Land und Unterthanen
vor feindlichem Einfall treulich und sorgfältig beschützet,
der französischen Macht und Einbrechen vigorös
wiederstan. den, die Vestung Rheintels heldenmüthig
entsetzet, dabey einem jeden hohen und niedrigen Bedienten
einem jeden nach seinem Stand und Meritten gnädig sich
erzeiget und dieselben reichlich belohnet, die Unterthanen
mit hochfürsti. Gnaden angesehen und dieselben reichlich
beschenket, daß also ein jeder getreuer Diener und
Unterthan sich in Wahrheit rühmen kann, daß er
jederzeit einen gnädigen und mildreichen Landesfürsten
an dem Herrn empfunden.
Der große Gott, welcher aller Fürsten Hertze
in Händen hat, wolle diesen regierenden theuren Landesfürsten
ferner in seinem gnädigen Schutz erhalten, denselben
also leiten und führen, daß er in der wahren
Religion und Gottesfurcht seinen Unterthanen wie bishero
geschehen, vorstehen, dieselben so lange glücklich
regieren, bis er lebenssatt und altersmüde, welchen
Wunsch mit dem Amen beschließe.
Es haben in diesem 1722ten Jahre Einhundertzwanzigdrey Familien
in Neuntzigvier Wohnhäusern ohne Amtshaus, Pfarre,
Schule, Mühle, Hammer und Fähre an diesem Orte
gewohnet; die Unterthanen, deren Voreltern sich der Schiffahrten
auf Bremen und Fischerei bedienet, suchen ihre Nahrung am
Ackerbau und Handtirungen; das Viertel Korn kostet anjetzo
2 1/2 rt., das Viertel Weizen 3 1/2, das Viertel Gerste
1 1/2 Reichstaler., das Viertel Hafer l rt.; das Pfund Rindfleisch
1 Albus das Pfund Butter 2 alb. 8 Heller und der Hering
4 l/2 Heller.
An Geistlichen sind gewesen Ehren Joh. Christoph Ellenberger,
50jähriger Metropolitan zu Gottsbüren, ein Mann
über 80 Jahre, Ehren George Gottfried Schreider, Pfarrer
zum Lippoldsberg.
An weltlicher Obrigkeit ist Johann Ludtwig Löffler
Renthmeister zu Sababurg, Conrad Itter Amtsvogt dieses Orts,
Philipp Füllhun Grebe, Christoph Posthauer und Hans
George Ganß Vorsteher, welche so lange es dem großen
Gott gefällt anjetzo der Gemeinde vorgesetzt sind.
Lippoldsberg, den 24.ten November anno 1722
Conrad Itter
|