Ortsheimatpflege Fürstenhagen im Bramwald
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Historische Daten zur Ortsgeschichte
Bilder und Baugeschichte der Kirche von Fürstenhagen
Helmut Voß: Alte Fürstenhagener Originale
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Aus dem Dorfleben:
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Der Turn- und Sportverein Fürstenhagen

Die Vereinsgeschichte - von Klaus Kunze
aus dem Buch: Fürstenhagen im Bramwald 1998


Es war am 15.7.1906, als junge Männer aus Fürstenhagen einen Junggesellenverein gründeten. Aus
ihm ging am 15.1.1911 der Männerturnverein Fürstenhagen hervor. Erster Vorsitzender war Karl Wie-
necke und Turnwart der Lehrer Heinrich Bruns. Die Mitgliederzahl stieg von 35 bis 1920 rasch auf 72
an. Eine Ein- und Ausgabenrechnung liegt für 1912 vor. Am Jahresende hatte der Verein 44 nament-
lich genannte Mitglieder. Das Vermögen betrug 96 Reichsmark. Durch glückliche Zufälle blieb eine
Photographie der Turner erhalten. Unter dem Bildnis des Turnvaters Jahn posieren neben anderen
Turnern Heinrich Voß und Lehrer Erich Bruns, dieser kurz bevor er im Weltkrieg fiel.
Geturnt wurde auf dem Saal der Gastwirt Wedemeyer, wofür man Saalmiete zahlen mußte. Über
den Turnbetrieb jener Jahre gibt es keine Aufzeichnungen mehr. Nur die nüchternen Protokolle der
Monats- und Generalversammlungen liegen seit 1932 vor. Sie geben nur über Formalitäten Aufschluß.
Wir erfahren, daß jede Versammlung, wie bei allen deutschen Turnern üblich, mit einem dreifachen
"Gut Heil" auf die Deutsche Turnerschaft eröffnet wurde. Über den Sportbetrieb selbst erfahren wir
aus Unterlagen des Turnvereins nichts.
"Im Turnverein ist fast die ganze männliche Jugend," berichtet Pfarrer Adam 1921, und fährt eifer-
süchtig fort: "Die Leibesübungen werden sehr gepflegt, aber ein sittigender Einfluß scheint kaum von
ihr auszugehen, jedenfalls ist er zu gewissen Zeiten mit Übungen am Sonntag dem Kirchenbesuch ge-
radezu abträglich."


Das Foto von 1914 zeigt:
1. (vorderste) Reihe: Wilhelm Brauns, Ludwig Wienecke, August Brauns, Ernst Blumenberg, Adolf Wienecke.
2. Reihe: Karl Grote, Wilhelm Görges, Friedrich Brauns, Wilhelm Kempe, Heinrich Siebert, Karl
Groffmann, Karl Blumenberg, Ernst Grote, Karl Siebert, Heinrich Glasewald.
3. Reihe: Karl Wienecke, Albert Klages, Heinrich Reuleke, Albert Görges, Karl Pförtner, Heinrich
Brauns, Ernst Brauns, Ernst Siebert, Lehrer Bruns.
4. (oberste) Reihe, von links: Friedrich Ische, Albert Leibecke, Heinrich Voß, Wilhelm Kempe, Hein-
rich Wienecke, August Siebert, Edmund Brauns, Fritz Klages.

 

Einer der aktiven Turner war der spätere Vorsitzende Ernst Thiele. Wie er mir erzählte, fuhren die
Fürstenhägener Turner häufig zu auswärtigen Wettkämpfen. Die wenigen Turngeräte wie einen alten
Barren fand ich schon zu Anfang der 1980er Jahre rostig vor. In den 1920er Jahren aber stand das
Geräteturnen in voller Blüte.
Der Turner Ernst Thiele hatte die Zeitungen jener Jahre für sich über die Jahrzehnte aufbewahrt,
soweit sein eigener Name unter den Wettkampfteilnehmern erwähnt war. So erfahren wir wenigstens
andeutungsweise, zu welchen Turnfesten die Fürstenhägener reisten. Für solche Fahrten gab der
Verein den Turnern Zuschüsse für die Reisekosten, so 1912 2,50 Reichsmark für eine Fahrt nach
Helmarshausen. Wie das Turn-Kreisblatt für den Turnkreis Oberweser vom 15.7.1922 berichtete, fand
das Gauturnfest vom 17.-19.Juni in Heisebeck statt.
Die Fürstenhägener turnten diesmal noch unter der Devise: Gewinnen ist unwichtig, Dabeisein ist
alles. - "Wohl noch nie hat das in einem romantischen Talkessel so versteckt liegende Dorf Heisebeck
so viele Menschen in seiner Mitte gesehen und beherbergt.
Mit klingendem Spiel zogen die Wett-Turner mit ihren Kampfrichtern und der Gauleitung in
Heisebeck ein. Um ½ 9 begann in den Festzelten bei mildem, warmem Wetter der Festkommers. Das
Festzelt war bis auf den letzten Platz gefüllt, und viele mußten sich mit einem Stehplatz begnügen.
Nach dem guten Vortrage einiger Konzertstücke der Oedelsheimer Musikkapelle hielt unser Gau-
vertreter, Freund Schreckenbach - Sohlingen, eine markige, zu Herzen gehende Ansprache. Frohe
Turnerlieder erklangen, und hier und da sah man alte Turner beieinander sitzen oder stehen, längst
entschwundene Erinnerungen aus früheren Zeiten gegenseitig auszutauschen.
Am Sonntagmorgen regnete es. Traurige Gesichter allenthalben. Aber gegen 10 Uhr klärte es sich
auf, und die liebe Sonne hatte ein Einsehen. In der Männerriege wurde ein Zwölfkampf, in der Jugend-
und Schülerriege je ein Sechskampf ausgetragen. Trotzdem die Geräteübungen zum Teil recht
schwierig waren, konnte man doch feststellen, daß in den Einzelvereinen fleißig geübt war, und daß
auch in den kleineren Dorfvereinen turnerischer Eifer herrscht...."
In der Tradition des Turnvaters Jahn war Turnen damals kein Hobby im Stile des heutigen "Jog-
ging", sondern eine ernste Sache mit weltanschaulichem Hintergrund. Man erhoffte sich vom Turnen
eine sittlich-moralische Festigung ganz im Stile des römischen Sprichwortes: Mens sano in Corpore
sana. "Ein seit einigen Jahren hier bestehender Turnverein", schrieb 1914 Pfarrer Adam, "wirkt gün-
stig auf die männliche Jugend ein."
Neun Jahre später erhoffte sich auch das Turn-Kreisblatt für den 7. deutschen Turnkreis (Ober-
weser) eine körperliche und zugleich sittliche Ertüchtigung. In seiner Ausgabe vom 1.8.1923 lud es die
Turner ein, sich am 17. Rhönturnfest am 12.8.1923 auf der Wasserkuppe recht zahlreich
zu beteiligen" (Auf der Wasserkuppe fanden als Ersatz für die durch das Versailler Diktat verbotene Luftwaffe
Segelflugübungen statt.): So wie die Wasserkuppe für unsere Flieger und unser armes Vaterland ein
Trost und ein Hoff nungsstrahl in tiefernster Zeit ist, so muß das Rhönturnfest eine machtvolle Kundgebung
unserer lie ben Turnsache werden. Ein hohes Lied des Deutschtums soll es sein - ein Rütlischwur muß es
wer den. Von dem Gipfel der Wasserkuppe muß unser Blick sich weiten, hinweg über die Berge der Rhön
hinüber nach dem Saarland, dem Rhein und der Ruhr", hinauf nach dem Meeresstrande und weiter
nach dem fernen Osten, überall dahin, wo Herzen in deutscher Brust schlagen. Und hier oben auf der
Wasserkuppe wollen wir die Turner, vor allem die Jugend, stahlhart machen und rüsten für den Exi-
stenzkampf unseres Volkes."
Am Sonntag, dem 13. Juli 1924 fand ein Turnfest in Arenborn statt. Die Sollinger Nachrichten vom
17.7. berichteten: "Zahlreiche Turner der entfernt liegenden Vereine trafen am Sonnabend schon in
Arenborn ein. Es war jedoch nicht möglich, alle Turner und Kampfrichter in Bürgerquartieren unterzu-
bringen. Obwohl fast jeder Einwohner drei bis sechs Turner in Quartier hatte, mußten noch eine An-
zahl Turner gut eingerichtete Massenquartiere (Schule) beziehen. Am Sonntag früh traten 293 Turner
in vier verschiedenen Klassen zum friedlichen Wettkampf an. Die zahlreich erschienenen Zuschauer
verfolgten die Uebungen mit großem Interesse." Unter den Männern errang Ernst Thiele aus Fürsten-
hagen den 9.Preis, und unter der Jugend Karl Otte aus Fürstenhagen den 3.Preis. Fritz Korte wurde 5.
der Schüler-Riege und Berthold Otte 15.
Zu den kleineren Dorfvereinen zählte auch der Fürstenhägener Turnverein. In der Monatsver-
sammlung vom 10.4.1932 regte ein Mitglied an, ob man aus dem Weser-Diemel-Gau nicht beêer aus-
trete, "weil unser Verein zu schwach sei und doch nirgends aktiv auftreten könnte. Dieser Punkt wurde
vertagt." Vorsitzender war seit dem 16.1.1932 Heinrich Siebert, Stellvertreter Heinrich Glasewald, wei-
tere Amtsträger Friedrich Brauns, Albert Görges, Karl Elias, Hermann Glasewald, Karl Leibecke, Au-
gust Stange, August Kempe, Albert Reuleke und August Niemeyer.
Der Monatsbeitrag wurde 1932 von 40 Pfennig auf 25 Pfennig gesenkt. Das Vereinsvermögen be-
trug 390,12 RM. Am 12.11.1933 beschloß die Mitgliederversammlung, jedem Mitglied auf Vereins-
kosten ein paar Turnschuhe zu kaufen. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Mitglieder ließen eine
Anschaffung auf eigene Kosten nicht zu. Am 13.1.1934 spendete der Verein dem Winterhilfswerk 8
Mark.
Am 12.5.1935 beschloß man, "um den Turnbetrieb wieder aufnehmen zu können, soll eine Wer-
bung veranstaltet werden, um die jüngere männliche Dorfjugend in den Verein zu bekommen." Da-
durch meldeten sich neu als aktive Mitglieder drei Männer, vier Jugendliche und dreizehn Schüler. Der
Turnbetrieb begann wieder im Mai 1935. Zu Pfingsten 1936 feierte der Verein gebührend sein
25jähriges Jubiläum. Am 13. Juni 1937 beschloß der Verein, durch freiwilligen Arbeitseinsatz der Mit-
glieder in der Moorwiese einen Sportplatz anzulegen.
1939 bis 1946 ruhte der Turnbetrieb kriegsbedingt. Die erste Generalversammlung nach dem Krie-
ge fand am 19.1.1947 statt und ging ohne weiteres zur Tagesordnung über: Die anwesenden Mitglie-
der wurden festgestellt, der Kassierer meldete 330,72 Mark Kassenbestand, und zum Vorsitzenden
wählte man Ernst Thiele. Weitere Amtsträger waren Walter Klemme, Karl Elias, Friedrich Brauns,
Herbert Korte, Alfred Klages, Albert Reuleke, Willi Korte und Walter Ellermeyer. An Monatsbeiträgen
erhob man 30 Pfennig. Für Februar plante man ein Vereinsvergnügen, "wozu die Jungfrauen des Or-
tes eingeladen werden sollen." - Laut Protokollvermerk vom 11.1.1948 soll der Verein am 1.1.1947 an-
geblich neu gegründet worden sein. Der Name lautete jetzt "Turn- und Sportverein Fürstenhagen".
Seit dem 11.1.1948 bis 1950 war Albert Reuleke Vorsitzender, ihm folgten bis 1957 Karl Elias senior,
1958 bis 1971 Adolf Wienecke, bis 13.1.1973 Reinhard Reuleke seitdem und bis heute -2009- Reinhold Gronemann.
Die schlechte Finanzlage wurde 1949 durch einen Theaterabend verbessert, der bis 1955 am 1.
Weihnachtstag stattfand. Im Frühjahr 1948 wurde unter Albert Kortes Leitung das Handballspielen
wieder aufgenommen. An den Kreisturnfesten und den Turnfesten in den umliegenden Dörfern nahm
der Verein regelmäßig teil. So konnte er im Juni 1952 sein 40jähriges Bestehen mit einem Fest feiern.
Am Denkmal wurden Kränze niedergelegt, und Wettkämpfe schlossen sich an. Ein Festumzug und
Tanz durften nicht fehlen. Die Festrede hielt Otto Lier. 1961 folgte in ähnlicher Weise das 50. Stif-
tungsfest.
Der Turnbetrieb nahm jetzt regen Aufschwung. Seit 1963 war und ist Helmut Glasewald Turnwart.
Unzählige Kinder und Jugendliche führte er den den kommenden dreißig Jahren durch nimmermüden
persönlichen Einsatz zum Sportabzeichen. 1984 erhielt der Verein dafür den Wanderpokal des Land-
kreises für die meisten abgelegten Sportabzeichen. - 1964 wurde eine Mädchenriege gegründet. Trotz
schlechter Übungsmöglickeiten auf dem Saal bei Ackerhans blieben die sportlichen Erfolge nicht aus.
1966 erwarb der Verein von der Kirche das heutige Sportplatzgelände. Es wurde im Juli 1971 einge-
weiht. Zu den trockenen Sportarten traten Schwimmkurse.
1970 stellte der Verein eine Männer- und eine Schülermannschaft im Fußball auf. Die Männer wur-
den 1971 Herbstmeister und stiegen 1973 in die 1. Kreisklasse auf, 1990 sogar in die Kreisliga. Trai-
ner war 1976 bis 1992 Heinz Siebert. Heute spielt der Verein in Spielgemeinschaft mit Heisebeck.
Erstmals 1972 richtete der TSV einen Büttenabend aus, der sich als Fürstenhägener Karneval mit
zwei Abendveranstaltungen einen guten Ruf erworben hat und von vielen Auswärtigen besucht wird.
Seit 1978 trifft sich in Fürstenhagen fast jeder, der noch laufen kann, zur Sportwoche.
Von einer Wanderveranstaltung über Wettkämpfe bis hin zu Tanzvorführungen der Kleinsten bietet
der TSV die volle Palette der auf einem Dorfe möglichen Leibesübungen an. Heute (1998) hat der Verein fast
200 Mitglieder, eine erstaunliche Zahl für ein Dorf von 400 Einwohnern.