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Publikation genealogischer Daten und Datenschutz
nach der Datenschutz-Grundverordnung DSGVO
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Gilt
die DSGVO für Genealogen? |
Ja. Der Deutsche
Bundestag hat zu den Auswirkungen der DSGVO auf private Ahnenforscher publiziert (PE 6 - 3000 – 109/16 vom 11.7.2016):
"Das Bestehen potenzieller Auswirkungen der VO 2016/679
auf private Ahnenforscher setzt voraus, daß deren
Tätigkeit in den Anwendungsbereich der Verordnung fällt.
Die VO 2016/679 schließt Tätigkeiten der (privaten)
Ahnenforschung nicht explizit aus ihrem Anwendungsbereich
aus. Ausgehend von der Annahme, dass sich Tätigkeiten der
(privaten) Ahnenforschung dem Bereich der
wissenschaftlichen oder historischen Forschung zuordnen
lassen, folgt aus dem 160. Erwägungsgrund der VO 2016/679
eine Auslegung ihres Anwendungsbereichs, wonach dieser
auch historische Forschung und Forschung im Bereich der
Genealogie umfaßt. Unter den vorstehenden Prämissen fallen
Tätigkeiten der privaten Ahnenforschung somit
grundsätzlich in den Anwendungsbereich der VO 2016/679."
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Private und familiäre Genealogie |
fällt aber nicht unter irgendwelche
Einschränkungen durch die DSGVO. Der BT schreibt zutreffend, daß
familiäre Tätigkeit nicht unter die VO fällt:
"Im Hinblick auf das vorliegende Verständnis des Begriffs
der privaten Ahnenforschung können sich Begrenzungen des
sachlichen Anwendungsbereichs aus Art. 2 Abs. 3 lit. a)
und c) VO 2016/679 ergeben. Danach findet die VO 2016/679
keine Anwendung auf die Verarbeitung personenbezogener
Daten, die – insbesondere durch das Fehlen eines
grenzüberschreitenden Bezuges – nicht in den
Anwendungsbereich des Unionsrechts fällt. Andererseits wird die Verarbeitung personenbezogener Daten durch
natürliche Personen zur Ausübung ausschließlich
persönlicher oder familiärer Tätigkeiten der Anwendung der
VO 216/679 entzogen."
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Genealogische Forschungszwecke |
Es gilt also nur für über rein
familiäre Ahnenforschung hinausgehende genealogische
Datenverarbeitung der Erwägungsgrund 160 zur DSGV:
"Diese
Verordnung sollte auch für die Verarbeitung personenbezogener
Daten zu historischen Forschungszwecken gelten. Dazu sollte
auch historische Forschung und Forschung im Bereich der
Genealogie zählen, wobei darauf hinzuweisen ist, daß diese
Verordnung nicht für verstorbene Personen gelten sollte."
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Wissenschaftliche Forschungszwecke |
Wer ein genealogisches
Forschungsprojekt wie ein Ortssippenbuch durchführt und
publiziert, verarbeitet notwendigerweise Daten zu wissenschaftlichen Zwecken.
Für solche Fälle erlaubt die DSGVO nationale Ausnahmeregelungen von ihren Einschränkungen:
Art.89 Abs.2 DSGVO Werden personenbezogene Daten zu wissenschaftlichen oder historischen Forschungszwecken oder zu statistischen Zwecken verarbeitet, können vorbehaltlich der Bedingungen und Garantien gemäß Absatz 1 des vorliegenden Artikels im Unionsrecht oder im Recht der Mitgliedstaaten insoweit Ausnahmen von den Rechten gemäß der Artikel 15, 16, 18 und 21 vorgesehen werden, als diese Rechte voraussichtlich die Verwirklichung der spezifischen Zwecke unmöglich machen oder ernsthaft beeinträchtigen und solche Ausnahmen für die Erfüllung dieser Zwecke notwendig sind.
Dazu erläutert Erwägungsgrund 153:
"Im
Recht der Mitgliedstaaten sollten die Vorschriften über die
freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, auch von
Journalisten, Wissenschaftlern, Künstlern und/oder
Schriftstellern, mit dem Recht auf Schutz der
personenbezogenen Daten gemäß dieser Verordnung in Einklang
gebracht werden. Für die Verarbeitung personenbezogener Daten
ausschließlich zu journalistischen Zwecken oder zu
wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken
sollten Abweichungen und Ausnahmen von bestimmten Vorschriften
dieser Verordnung gelten, wenn dies erforderlich ist, um das
Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten mit dem Recht auf
Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, wie es
in Artikel 11 der Charta garantiert ist, in Einklang zu
bringen."
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Es gibt im deutschen Recht tatsächlich Sonderregelungen im Datenschutzrecht. Zum Beispiel dürfen nach § 27 IV BDSG vom 30.6.2017 und entsprechend § 11 Abs. II Niedersächsisches Datenschutzgesetz vom 16.5.2018 personenbezogene Daten für wissenschaftliche Forschungsvorhaben veröffentlicht werden, wenn dies für die Darstellung von Forschungsergebnissen über Ereignisse der Zeitgeschichte
unerläßlich ist.
Dies ist bei einem Ortssippenbuch beispielhaft der Fall, solange es nur um die genealogischen Lebensdaten geht:
Zum Beispiel läßt sich die Bevölkerungsentwicklung eins Dorfes seit dem 30jährigen Krieg bis in die Gegenwart nicht darstellen, wenn man sie irgendwann im 20.Jahrhundert beenden muß, weil ja ein 1920 Geborener theoretisch noch leben könnte. Insbesondere die Bevölkerungsumschichtungen ab 1945 mit den Vertriebenen aus dem Osten, ihre Herkunft, ihre Integration durch Heiraten mit Eingesessenen und oft ihren späteren Wegzug in größere Städte kann man demokraphisch-genealogisch nur erforschen, wenn man ihre Lebensdaten aus allgemein zugänglichen Quellen erfaßt wie nebenstehend im Beispiel.
Für die neue Rechtslage mit Geltung der DSGVO dürfte es entscheidend darauf ankommen, wer und in welcher Weise Lebensdaten Lebender publiziert. Privilegiert sind nur wissenschaftliche Forschungszwecke wie Ortssippenbücher. Dagegen dürften große Firmen, die mit Genealogie letztlich Geschäfte im Internet machen, bei lebenden Personen. voll den Beschränkungen der DSGVO unterliegen.
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Müssen in einem Buch vorkommende Personen informiert werden?
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Nach
Art. 14 Abs. 5 b DSGVO kann die Informationspflicht nach
Art. 14 Abs. 1, 2 und 4 DSGVO entfallen, wenn die Erteilung
der Informationen einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern
würde. Dies soll insbesondere im Rahmen der Verarbeitung für
im öffentlichen Interesse liegende Archivzwecke, für
wissenschaftliche oder historische Forschungszwecke oder für
statistische Zwecke vorbehaltlich der in Art. 89 Abs. 1
genannten Bedingungen und Garantien der Fall sein.
Wenn in
einem Ortssippenbuch nur steht, wann eine Person in dem Ort als Kind ihrer Eltern zum Beispiel 1948
geboren wurde, sonst nichts, ist es häufig unmöglich, den
Verbleib der Person zu ermitteln. Sie muß darum nicht
informiert werden. |
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