Auch
eine menschliche Gemeinschaft ist als Ganzes mehr als die
Summe vieler einzelner. Sie zu bewahren, erfordert mehr
an ethischen Werten als individualistisches Einzelmenschbewußtsein
und hedonistische Beliebigkeit. Bewahrung der sozialen
Gemeinschaft erfordert Wertsetzungen, welche die Integrität
der sozialen Ordnung nach innen und außen abstützen. Wir
müssen danach fragen dürfen, ob die liberale Maxime:
die Dominanz des unmittelbar nur dem Individuum Nützlichen
ohne primäre Rücksicht auf das Ganze, diese Gemeinschaft
schließlich zerstört und damit auch dem egoistischen einzelnen
die Grundlage seiner Existenz entzieht. Ohne sozialbezügliche
Wertsetzung und ohne Erziehung zu sozialen Tugenden haben
wir keine Chance, unser Gemeinwesen, unsere Vorstellungen
menschlichen Zusammenlebens und letztlich uns selbst
als Volk auf Dauer zu erhalten. Weil sich keine Ordnung
von allein einstellt, bedarf auch eine soziale Ordnung
der Stiftung: Die Ordnung muß errichtet, sie erhaltende
staatliche Institutionen müssen etabliert und die sie stützenden
Tugenden müssen durchgesetzt werden. Weil ein ausbaufähiger
Bestand an staatlicher Ordnung trotz aller galoppierenden
Auflösung aller Dinge erhalten ist, muß unsere Hauptsorge
den Tugenden gelten.
Die
Aufklärung darüber, daß die gemeinschaftsbildenden Tugenden
letztlich nicht religiös oder sonst metaphysisch begründbar
sind, hat zum Verlust alles dessen geführt, was ein Gemeinwesen
im Innersten zusammenhält. Sie "löste die Treuepflicht
zu außerrationalen Werten auf, hob die Bindungen durch
Kritik ins Bewußtsein, wo sie verarbeitet und zerdampft
wurden, und stellte Formeln bereit, die Angriffspotential,
aber keine konstruktive Kraft hatten."
[1]
Wenn wir die Wirkungen des
Gemeinschaftlichen wieder nutzbar machen wollen und uns
darum für die Anwendung der gemeinschaftsbildenden Werte
entschieden haben, muß die Auflösung dieser Werte ein
Ende haben. Sie sind der Mörtel, der die Bausteine unseres
Gebäudes zusammenhalten soll.
Um
sie sozial wirken zu lassen, müssen wir den Vorhang der
Aufklärung schließen und die sozialen Tugenden verkünden
und anwenden, als ob sie ontologisch real wären. "In
dem Moment, in dem ein Reich aufhört, heilig zu sein, ist es schon kein Reich mehr."
[2]
Es ist praktisch unmöglich,
ein Volk von Einzelgängern zusammenzuhalten, die an überhaupt
nichts glauben. Ohne Zusammenhalt zu einem Ganzen ist auch
der einzelne schwach; zu schwach in einer Fünf-Milliarden-Menschen-Welt.
Nur mit vereinten Kräften sind wir stark. "Der Verein
ist nur dein Werkzeug oder das Schwert, wodurch Du deine
natürliche Kraft verschärfst und vergrößerst; der Verein
ist für Dich und durch Dich da."
[3]
Dumme Autonome geben sich
links. Sie werden Anarchisten und verzichten auf die Annehmlichkeiten
des Gemeinschaftslebens. Schlaue Autonome denken weiter:
Sie sind keinen Deut weniger autonom, nur weil sie die
Autonomie nicht auf sich allein beziehen, sondern auf
ihr ganzes Volk. Jeder dient sich selbst am besten und
nachhaltigsten, indem er sich mit anderen zusammenschließt.
Nur wenn er als Mitglied seiner Familie und seines Volkes
für andere einsteht, darf er hoffen, selbst in der Stunde
der Not nicht allein dazustehen. Praktisch funktioniert
dieses bewährte Konzept nur mit staatlicher Organisation
und einem verbindlichen Katalog von Tugenden:
Das
Wissen um die Willkür solcher Wertsetzung bleibt immer intellektuellen
Feinschmeckern vorbehalten. Darum ist das Verkünden der Werte, für die wir uns entschieden haben, eine realistische Option. Die Aufklärung mit ihrer
Zerstörung fast alles dessen, was Menschen einst heilig
war, hat den Boden bereitet für eine neue Glaubenssehnsucht.
Diese zeigt sich zur Zeit in Form von Lichterketten für
humanitaristische Hirngespinste. Nach Zerstörung aller
über den einzelnen hinausgreifenden Sinnstiftung blieb
den Deutschen nichts als eine verschwommene Menschheitsutopie.
Der Boden für die Aufnahme einer realen, auf uns selbst
unmittelbar bezüglichen Sinnstiftung ist bereitet. "Die
weite Verbreitung von Zweifeln und Respektlosigkeit
führt oft zu unerwarteten Ergebnissen."
[4]
Hoffer hat auf diese hingewiesen:
Angesichts des menschlichen Glaubenshungers schafft der
Intellektuelle durch die Zerstörung des einen Glaubens
nur Sehnsucht nach einem neuen. Wenn die Menschen unbedingt
etwas glauben wollen, sollten wir wenigstens denjenigen
zu einem uns allen nützlichen Glauben verhelfen, die
wir nicht vom Wert der eigenen, freien Entscheidung überzeugen
können.
Die
sozialen Tugenden lassen sich nur real etablieren und werden
nur dann von einer nennenswerten Anzahl von Menschen angewendet
werden, wenn die Mehrheit an sie glaubt. Diesen Glauben
zu wecken und die Liebe sowohl zur Freiheit als auch zur
Gemeinschaft in die Herzen unserer Kinder und derjenigen
Erwachsenen zu pflanzen, die wie Kinder nicht selbst entscheiden
können oder wollen, ist auch eine Frage der Verantwortung.
Diese trifft jeden, der sich für Freiheit und für den Bestand
der Gemeinschaften entschieden hat, in die er hineingeboren
wurde und denen er sein Dasein und Sosein verdankt. Wie
wenige Menschen - leider - die geistige Freiheit aufbringen
können und wollen, und wie viele - leider - wie tote Fische
immer nur mit dem Strom schwimmen; das zu erkennen bedarf
praktischer Lebenserfahrung, die - leider - mancher
Nur-Akademiker nicht hat. Es liegt keinerlei Überheblichkeit
darin, aus dem Inbegriff jahrelanger beruflicher Erfahrung
gerade auch mit Menschen ohne formale Schulbildung festzustellen,
daß eine Mehrheit zu kritischer Reflexion von Wertfragen
nicht fähig ist. Für diese Mitbürger die Last wertsetzender
Entscheidung mitzutragen und im Sinne aller zu verantworten,
ist eine selbstverständliche Pflicht für jeden, der das
Glück hatte, eines Bildungsprozesses teilhaftig zu werden,
den sich nur ein tätiges Volk vieler solcher "Ungebildeter"
erlauben kann. Vaterlandsliebe kann nur Liebe zu den konkret
vorfindbaren Menschen bedeuten, wie sie eben sind, nicht
die zu einer idealistischen Fiktion.
Die
vorgefundene Gemeinschaft, in die jeder von uns hineingeboren
wurde, ist die Grundlage unserer aller Existenz. Man kann
nicht wie Habermas die Wirklichkeit neu erschaffen und
so tun wollen, als stünden wir uns in einem gedachten Moment
als autarke Einzelwesen gegenüber, die nichts miteinander
zu tun haben und die zunächst einmal einen Gesellschaftsvertrag
miteinander schließen müssen. Diese Idee braucht nur,
wer die Wirklichkeit völlig umkrempeln möchte und wem
die vorgefundene Wirklichkeit dabei im Wege sieht.
Er schließt vor ihr die Augen, um wie auf einem Reißbrett
den Neuentwurf einer ganz anderen Wirklichkeit zu wagen,
und zwar einer, in der er selbst als berufener Interpret
dessen eine besondere Rolle spielt, was er selbst zuvor
für vernünftig erklärt hat. Es ist aber völlig abwegig,
im Menschen nur das reine Subjekt der Logik zu sehen, das
in sozialethisch ganz indifferenten Beziehungen zu
ebenso beschaffenen anderen Subjekten steht.
[5]
Genau das aber ist der Kern
von Habermas
Theorie der kommunikativen Vernunft. Als Wertsetzung steht
sie in unauflöslichem Widerspruch zu einem Bild vom
Menschen als verantwortlichem Mitglied einer vorgefundenen
Gemeinschaft. Die Wertentscheidung für die gemeinschaftsgebundene
Persönlichkeit ist übrigens die des Bonner Grundgesetzes
[6]
, und jeder sollte sie für
sich nachvollziehen, der sein eigenes Wohl und Wehe vom
Bestand seines Volkes abhängen sieht. Das Bundesverfassungsgericht
hat dazu ausgeführt: "Das Menschenbild des Grundgesetzes
ist nicht das eines isolierten souveränen Individuums;
das Grundgesetz hat vielmehr die Spannung Individuum-Gemeinschaft
im Sinne der Gemeinschaftsbezogenheit und Gemeinschaftsgebundenheit
der Person entschieden, ohne dabei deren Eigenwert anzutasten."
[7]
Dem
Glauben an die sozialen Tugenden entgegen steht die Aufklärung
über ihre Beliebigkeit. Eine Aufklärung über die Aufklärung
muß das destruktive Angriffspotential der Aufklärung
auf sie selbst richten und sie zerstören. Das Dilemma
der Aufklärung hat Jan Roß
mit den Worten zusammengefaßt: "Wenn freilich am
Ende das kalte und abstrakte Denken alle hergebrachten
Normen als bloße Vorurteile beseitigt hat, ist jede
Untat erlaubt und die Rationalität zur Barbarei geworden.
...
Befreiung schlägt in Knechtschaft um, vollkommene Befreiung
in totale Knechtschaft. Diese tödliche Falle ist die Dialektik
der Aufklärung."
[8]
Ihr entkommen wir nur, wenn
wir die sozialen Tugenden wie reale Gegebenheiten anwenden
und unsere konkreten, historisch gewachsenen Ordnungsideen
respektieren. Wer sich gegen sie entscheidet, darf unseres
philosophischen Wohlwollens sicher sein, muß sich aber gefallen
lassen, nach Maßgabe der Gesetze eingesperrt zu werden.
Wer als Robinson, als Verbrecher oder Autonomer seine Tage
fristen will, hat die Entscheidungsfreiheit, gegen
alle diese Regeln zu leben, ohne Moralvorwürfe hören
zu müssen. Die sozialen Ausfallerscheinungen und psychischen
Störungen der Massengesellschaft haben tatsächlich
bei vielen gesamtschulgeschädigten kleinen Rambos die
unabdingbare Grundlage für alles gemeinschaftsbezogene
Ethos zerstört: die Liebesfähigkeit. Krankhafter Selbsthaß
kann die unbefangene Eigenliebe jedes geistig Gesunden
zerstören, und solche Psychopathen sind auch unfähig,
ihre nächsten Angehörigen oder ihr Volk zu lieben.
Ein
Mensch allein, schrieb Konrad Lorenz
, ist - für sich genommen - gar kein Mensch; "Nur
als Mitglied einer geistigen Gruppe kann er voll Mensch
sein. Geistiges Leben ist grundsätzlich überindividuelles
Leben; die individuelle konkrete Verwirklichung geistiger
Gemeinsamkeit nennen wir Kultur." Der Verhaltensforscher
hatte schon vor Jahren weitsichtig formuliert: "Wir
müssen lernen, einsichtsvolle Humanität dem Individuum
gegenüber mit der Berücksichtigung dessen zu verbinden,
was der menschlichen Gemeinschaft not tut. Der Einzelmensch,
der mit dem Ausfall bestimmter sozialer Verhaltensweisen
und dem gleichzeitigen Ausfall der Fähigkeit zu den sie
begleitenden Gefühlen geschlagen ist, ist tatsächlich
ein armer Kranker, der unser volles Mitgefühl verdient.
Der Ausfall selbst aber ist das Böse schlechthin. Er ist
nicht nur die Negation und Rückgängigmachung des Schöpfungsvorganges,
durch den ein Tier zum Menschen wurde, sondern etwas viel
Schlimmeres, ja Unheimliches. In irgendeiner geheimnisvollen
Weise führt die Störung moralischen Verhaltens nämlich
oft nicht zu einem einfachen Fehlen alles dessen, was wir
als gut und anständig empfinden, sondern zu einer aktiven
Feindschaft dagegen."
[9]
- Hiergegen bieten sich
diejenigen ethische Werte und Grundhaltungen an, die
seit undenklichen Zeiten den Bestand menschlicher Gemeinschaften
stützten.
Ganze
Büchereien wurden geschrieben mit philosophischen Spekulationen
darüber, ob der Mensch an sich gut
oder böse sei; ob er, läßt man ihm freien Lauf, des Menschen Wolf
oder ein friedliches Lämmchen sei. Komplette Philosophien
bauen auf der einen oder der gegenteiligen Annahme auf,
häufig inspiriert durch zeitbedingte Lebenserfahrungen
des Philosophen. Während etwa Hobbes
meinte, von Natur aus und ohne staatlichen Zwang sei
der Mensch überhaupt nicht sozial, behauptete Grotius
das Gegenteil. So erhoben beide den Inhalt eines allgemeinmenschlichen Triebes zur Grundnorm: Hobbes
den Selbsterhaltungstrieb und Grotius den appetitus societatis.
[10]
Der eine sah damit nur den individualistischen Eigenwillen,
der andere nur den
Gemeinschaftssinn als Natur des Menschen an. Alle diese
philosophischen Spekulationen über die Natur des
Menschen haben nur noch historischen Reiz, seit sich
die vergleichende Verhaltensforschung vom Menschen
als exakte Naturwissenschaft allgemeine Anerkennung
erworben hat. Sie hat die alte Vermutung bewiesen, daß
der Mensch von Natur aus beides sein kann - Individualist und soziales Wesen - und je nach seinen
Lebensumständen und seinem Eigenwillen mehr oder
weniger das eine oder das andere ist.
Weder
eine imaginierte Transzendenz noch genetische Prädisposition
beseitigen die Notwendigkeit der freien Entscheidung für
oder gegen die sozialen Wertvorgaben. Herkömmliche Moral
und moderne Humangenetik zeigen aber deutlich auf, daß
menschliche Gemeinschaften offenbar der dauerhaften Bindungswirkung
sozialer Imperative bedürfen. Diese müssen wir durch
Entscheidung der Diskussion entziehen und in Form einer
konkreten staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung
bewahren und verteidigen, wenn uns am Bestand derjenigen
menschlichen Gemeinschaft etwas liegt, der wir angehören.
Das gilt gerade in einer Zeit pluralistischer Beliebigkeit,
in der zunehmend mehr Menschen ihre Entscheidungsfreiheit
so benutzen, daß sie im Endeffekt nur noch für ihren
individuellen Lustgewinn und die Unlustvermeidung leben,
in der die Respektierung von gemeinschaftlichen Werten
also eine Mühe und einen Verzicht bedeuten kann.
Wenn
wir aus der modernen Anthropologie Erkenntnisse für politische
Zwecke unmittelbar nutzbar machen wollen, dann sind es die
der vergleichenden Verhaltensforschung. Sie decken sich
völlig mit dem, was jedem Laien unmittelbar evident ist
und seinem täglichen Gefühlsleben entspricht: Nicht nur
die Aggression, auch die Fähigkeit zu freundlichen Gefühlen
ist uns unmittelbar angeboren. Wir kommen mit einem Instinktrepertoire
auf die Welt, das, je nach Situation, bestimmte Verhaltensprogramme
ablaufen läßt - wenn - ja wenn! - wir sie ablaufen lassen.
Denn daß wir trotz Hungers nicht essen müssen, trotz Wut
nicht losschlagen müssen und uns im allgemeinen gegenüber
anziehenden Artgenossinnen nicht benehmen wie unsere peinlichen
Verwandten im Zoo; daß unser freier Wille also über allen
diesen Verhaltensprogrammen steht, ist natürlich auch
eine anthropologische Binsenwahrheit.
Leider
wurde und wird sie von manchen Nur-Geisteswissenschaftlern
nicht verstanden. Sie meinen, die Biologie habe seit Darwin
, der Affen für unsere Vorfahren hielt, oder seit dem
Arzt La Mettrie
nichts dazugelernt, der uns Menschen für nichts als organische
Maschinen gehalten und ihnen die Willensfreiheit abgesprochen
hatte. So möchte Zippelius
die Naturwissenschaften vom Menschen abtun: Die Soziobiologie
könne keine Hilfe sein, weil menschliches Verhalten
nicht allein auf angeborenen Dispositionen beruht, sondern
eben auf Weltanschauungen, die soziale Integrationsfunktionen
besitzen und Orientierungsgewißheiten vermitteln.
[11]
- Aber gerade das ist doch
die zentrale Einsicht aller Forschung über das menschliche
Verhalten seit Konrad Lorenz!
Ersichtlich behauptet kein Naturwissenschaftler heute,
Menschen seien willenlos ihren Instinkten unterworfen
- im Gegenteil! Je mehr wir dazugelernt haben über angeborene
Instinkte und Reize, über Hormonausschüttungen unseres
Gehirns und genetische Veranlagung zum "Wertfühlen",
desto sicherer wurden wir: Unser Verstand kann sich darüber
erheben, wenn er nur will. Der Mensch ist, mit den Worten
Gehlens,
von Natur aus ein Kulturwesen.
[12]
Es ist typisch für ihn,
und nur für ihn, die Welt einer umfassenden Deutung
zu unterwerfen, um sich in ihr zu orientieren und sie
nach seinem freien Willen zu formen.
Inwieweit
angeborene Verhaltensdispositionen unser Verhalten beeinflussen,
weil wir sie uns nicht bewußt machen oder weil wir sie bewußt
bejahen und "ablaufen" lassen, ist aber eine Frage,
der sich die politische Theorie nicht verschließen darf.
Schließlich muß sie auch einkalkulieren, daß wir Menschen
gerade in unserem Verhalten gegenüber Mitmenschen stammesgeschichtlich
vorgeprägt sind. Auf genetischen Programmen beruhen nicht
nur der Apparat unserer Sinneswahrnehmungen und die Fähigkeit
zu logischem Denken; auf ihnen beruhen nach Lorenz
"auch die komplizierten Gefühle, die unser zwischenmenschliches
Verhalten bestimmen. Besonders unser soziales Verhalten
ist von uraltem Erbe arteigener Aktions- und Reaktionsmuster
beherrscht." Den in unzähligen Generationen des Lebens
im sozialen Kleinstverband erworbenen Verhaltensstrategien
entsprechen in auffälliger Weise kulturell überlieferte
Werthaltungen: So ist die zum "instinktmäßigen
Ethogramm"
[13]
gehörende Freundestreue,
also der Antrieb, sich und nächste Angehörige bei einem
Angriff gemeinsam zu verteidigen, zweifellos stammesgeschichtlich
erworben, bildet aber auch in allen bekannten Kulturen einen
Wert. Niemand muß sich entscheiden, diesen für sein persönliches
Leben als verbindlich zu akzeptieren, aber seine Existenz
bei den meisten Menschen und seine zweckgerichtete Funktion
muß bedacht werden. Wer nämlich die hinter dem Phänomen
Freundestreue stehende teleonome Wirkung erreichen möchte,
wird sie als Wert benötigen und sie unter den Tugenden seiner
Weltanschauung nicht missen wollen.