Heimatkundlicher
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1615

Der Hauptmann vom
Nienoverer Fähnlein
1627 Winkelstoffel -
Der Robin Hood
des Sollings
1629 Der verzweifelte Abt
1699 Johann Diegel und die Diegel'schen Erben
1705 Das Totenbuch des
Pfarrers
1707 Hüte dich,
Bodenfelde!
1754 Die Totenklage des
Christian Friedrich
Fuchs
1757 Das Scharmützel auf
blutiger Heide
1761 Von der ehrbaren
Jungfrau zur
wollüstigen Witwe
1768 Und leise kam der Tod
1816 Der Todesschuß
vor dem Traualtar
1832 Der musikalische
Pfarrer
1837 Mutter von Nationen -
eine Bodenfelderin in
Amerika
1856 Gegensätzliche
Brüder:
Großindustrieller,
Sozialrevolutionär, Tierarzt
1904 Jacob Freudenthals
Aufklärung
1918 Das namenlose Grauen
1947 Der todkranke General
1953 Der entenzüchtende Reichstagsabgeordnete

 

Lebensbilder aus dem alten Weserbergland

von Klaus Kunze

Folge 3

1629 Der verzweifelte Abt

 

Bis 1623 ging das beschauliche Leben im Kloster Bursfelde an der Weser sei­nen gewohnten Gang. Dann aber folgten dramatische Ereignisse. Abt des Klosters war 1626 Matthias Dornwell. Es gab aber keine Mönche mehr, keinen Klosterkonvent und kein geistliches Leben, wie es dieser berühmte Kloster über Jahrhunderte geprägt hatte.

Bursfelder Abt[1]

Matthias Dornwell hatte in Helmstedt am 2.4.1593 das Studium aufgenommen als Mathias Dornewelle Buranus Brunsvig[ensis]. Buranus deutet darauf hin, daß er in Bühren am Bramwald geboren wurde.

Während die Reformation in der Mitte des 16. Jahrhunderts in Südniedersachsen in den Städten und bei der Landbevölkerung schnell Fuß gefaßt hatte, hatte sie sich in den Klö­stern nur langsam durchgesetzt. Als Herzog Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel 1584 das Fürstentum Calenberg-Göttingen geerbt hatte, hatte er es als vordringliche Aufgabe angesehen, sich über die kirchlichen Verhältnisse im Lande Klarheit zu verschaffen.

Bei dieser sogenannten General-Kirchenvisitation von 1588 hatte sich her­ausgestellt, daß der damalige Abt Melchior Bodeker und die wenigen im Klo­ster 1588 noch lebenden Mönche zwar vorgaben, die katholische Mes­se abgeschafft zu haben. Sie erwiesen sich aber als der neuen lutherischen Lehre noch völlig unkundig. Mit der Ermahnung, sich fleißig über Luthers Lehre zu erkundigen und alle päpstlichen Mißbräu­che abzuschaffen, wurden die Mönche entlassen.[2] Der Herzog und seine Nachfolger schafften die Klöster nicht völlig ab. Ihren früheren Charakter als Mittelpunkt mönchi­schen Lebens hatten sie freilich schon unter Julius Amtsvorgänger verloren, dem proka­tholischen Herzog Erich II. Während die Burs­felder Bewirtschaftung unter diesem völlig chaotisch und die Finanzen überschuldet wa­ren, zog Julius das Klo­ster in zunehmendem Maße als Finanzierungsquelle für den her­zoglichen Landeshaushalt heran.[3]

Dazu bedurfte es im Kloster nur noch eines einzigen Mönches, des Abtes nämlich, und einiger Bediensteter. Der Abt Dornwell verwaltete das Kloster praktisch wie ein staatlicher Beamter und war dem Landesherren rechenschaftspflichtig. 1626 war er auch Amtmann des Herzogs und übte damit staatliche Aufgaben aus.[4] Offenbar war er noch nicht einmal mehr Geistlicher, denn 1628 wurde die Seelsorge im Dorf Bursfelde dem Pfarrer Christian Ringling[5] im benachbarten Fürstenhagen übertragen, weil das Kloster keinen Pastor unterhalten konnte.[6]

Im Kloster Bursfelde an der Weser war bei Ausbruch des 30jährigen Krieges die Hälf­te der Klosterländereien verpachtet; die andere Hälfte bewirtschaftete das Kloster selbst. Aus dem Kloster und seinen Gütern war ein großer landwirtschaftlicher Betrieb gewor­den, auf dessen laufende Einkünfte der Landesherr größten Wert legte.

Matthias Dornwell entstammte einer Försterfamilie aus dem Bramwald, die sich in Diensten und im Vertrauen des Landesherzogs hochgearbeitet hatte. Der Vater[7] Hans Dornwell war 1536 „Junge“ des alten Wildschützen Erichs des Vogelers und bereits Sohn eines älteren Försters Hans Dornwell.[8]

In einer  Akte von 1567 ist als Holzförster genannt, der den Fürstenhägener Ansiedlern 12 Morgen zu roden erlaubte.[9] 1574 hatte er dem Forstknecht Heinrich Duntemann aus Fürstenhagen eine Buche zu hauen erlaubt.[10] Erwähnt ist Hans Dornwell 1589 anläßlich Grenzstreitigkeiten zwischen Braunschweig und Hessen: Vom Heilebecksgrund bis zum Oedelsheimer Weg hatte er dem damaligen Abt 10 Eichen für eine Zehntscheuer gehauen.[11] Amtmann Curdt von Bardeleben beschwert sich 1567, die Geholzungen um Fürstenhagen seien „wie itzo durch Dornwellen“ verwüstet und zunichte gemacht worden, wie augenscheinlich ist und jetzt noch am Bramwald geschieht.[12] 1592 wurde er pensioniert. Am 5.7.1599 heiratete in Hannoversch Münden Anna, Witwe von Kilian Knoke.

Der Sohn Matthias Dornwell (Buranus) war in Bühren geboren, lebte aber um 1587-1590 schon im Kloster Bursfelde, als er den herzoglichen Heiratskonsens erhielt.[13]  Er wirkte seit dem 19.11.1603 in Bursfelde[14] und wird im Taufregister von Münden ab 1606 als Abt Matthias bezeichnet, als er dort seine Kinder taufen läßt, das letzte 1618:

 

Taufregister St.Blasius in Münden

1. Jost ~Münden (St. Blasius) 21.4.1606, V=Matthias Dorenwell Abt von Bursfelde

2. Margareta ~ebd. 28.5.1609

3. Maria, war Patin in Münden 4.10.1623 bei Tochter von Heinrich Rake.

4. Catharina ~Münden St. Blasius 12.11.1616, ¤ Münden 15.1.1649 Johann Grasemann Pachtinhaber in Niedenrode

5. Judith ~Münden 11.1.1618, P: Fü.17.1.1639 bei =Fü529=

6. Anna ¤Münden 12.9.1648 Johann Christoph Hentze Förster vom Kaufunger Wald

Matthias Dornwells Ehefrau hieß Katharina und stand am 9. März 1609 in Uslar Pate bei einer Tochter von Jürgen Negenborn. Weitere Paten aus Bursfelde waren Katharina, Meister Ketlers Frau und Abt Johann Pumme.

Enge Beziehungen unterhielt das Ehepaar Dornwell vor allem aber nach Hannoversch Münden. Katharina stand dort am 15.5.1618 Patin bei Dorothea Lüdecke, der Tochter von Johann Lüdecke, und Matthias Dornwell war Pate

am 19.9.1616 bei Matthias Deppe Sohn von Georg Deppe

am 29.7.1623 als Abt von Bursfelde bei Johannes, Sohn von Braumeister Christoph Spangenberg,

am 8.1.1626 als Abt von Bursfelde bei Susanna Elisabeth, Tochter von Amtmann Johann Rhebock und

am 4.3.1627 als Abt von Bursfelde bei Anna Maria, Tochter von Johann Reichard.

 

Waldungen um Bursfelde, Karte von 1570. [15]

Links oben im Bild Fürstenhagen, rechts die damals hessische Rehbecke.

 

Geschäfte eines Klosterverwalters

Tatsächlich war Matthias erst seit 1611 Abt. Bis 1610 war er unter dem Vorgänger, Abt Johannes Pumme (oder Pummius, † 1611), Verwalter des Klosters. Als Klosterverwalter hatte er auch die Aufgabe, die fiskalischen Rechte seines Landesfürsten zu verteidigen. Die Grenze zwischen den braunschweigischen und den hessischen Waldstücken rechts der Weser war in ihrem Verlauf lange strittig. Die beiderseitigen Förster verteidigten eifersüchtig die Gebietsansprüche ihrer Landesherren. Am 19. November 1603 wandte sich Matthias Dornwell an den zuständigen Amtmann in Münden, Conrad Schirmer. Der hessische Förster Hans Munk hatte Eseltreibern im Grenzgebiet an den Klappersteinen eine Axt mit Gewalt abgenommen. Noch heute ragt hier hessisches Territorium, die Rehbecke, weit in den Bramwald.

Der hessische Förster weigerte sich, die Axt ohne ein Pfandgeld zurückzugeben, weil Jochim, der (braunschweigische) Förster, dem Eseltreiber Holz aufzuhauen erlaubt und geheißen habe. Sonst hätte Munk den Eseltreiber wohl passieren lassen, schreibt Dornwell, und fügt hinzu: Ex argutiar hominis, fortassis intentionem nostram subolet (Aus der Spitzfndigkeit des Menschen merkt man hoffentlich seine eigentliche Absicht).

 

 

Briefumschlag vom 1.8.1605, Handschrift von Matthias Dornwell …

 

 

…. Unterschrift „Dornewell“ und Schluß des Briefs …

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Als Leute aus Fürstenhagen in von Hessen beanspruchtem Gebiet Holz lasen, eskalierte der Streit. In einem langen Schreiben vom 19. Dezember 1603 wandte sich Abt Johannes Pummius um Schutz bittend an den Amtmann in Münden:[16] Die Hessen hätten vier Männer aus Fürstenhagen, seines anbefohlenen Klosters Untertanen, mit einer großen Menge Volks, dar­unter die hessischen Förster und andere zur Pferde und etliche Schützen zu Fuße, überfallen und einem zwei Zähne ausgeschlagen.

Am 1. August 1605 schrieb Matthias Dornwell an den Amtmann in Hannoversch Münden, daß die Hessen bei den Werdern unterhalb von Weißehütte und unter Oedelsheim Reusen und Gruben zum Fischefangen in der Weser angelegt hätten, wozu sie braunschweigisches Gebiet in Anspruch nahmen.

 

Handzeichnung Dornwells mit hessischen Reusen in der Weser

Als sich in der Anfangszeit des 30jährigen Krieges die kaiserlich-katholische Heeres­macht gegen die norddeutschen protestantischen Länder wandte, gehörte es zur üblichen Methode, das angegriffene Land durch Beraubung, Plünderung und Zerstörung seiner wirtschaftlichen Grundlagen zur weiteren Kriegsführung unfähig zu machen. Zu diesen wirtschaftlichen Grundlagen gehörte im Herzogtum Braunschweig das Kloster Bursfelde. In einer zweiten Phase nach der militärischen Eroberung und Ausplünderung versuchte der Katholizismus, sich die durch die Reformation entrissenen einträglichen Güter wieder anzueignen. Über beide Stufen der Aneignung.geben hinterlassene Schrift­stücke aus der von Herzog Julius eingerichteten Wolfenbüttler Konsistoriumskanzlei lebensnahen Auf­schluß.

Am 14. und 15. Juli 1623 fiel das "Kriegsvolk des Obersten Tylli" ganz feindselig in das dem Abt Matthias Dornwellius anbefohlene Kloster ein.[17] Es raubte einem ziemlichen Teil des Viehs, alle Vorräte auf dem Boden, in Küchen und Keller, alle Wäsche, Klei­dung, Hausrat, Geschirr bis hin zu Töpfen und Pfannen, und alles, was da nicht niet- und nageltest war. Was nicht mitgenommen wurde, wurde absichtlich zerhauen, zerschlagen und verwüstet. Der Schaden umfaßte der Höhe nach 625 Taler und 12 Groschen und lag damit um ein Mehrfaches über dem Jahresertrag des ganzen Klosters. Um die Wirt­schaftsfähigkeit des Klosters wiederherzustellen, muß­ten die anderen Klöster des Herzog­tums auf Befehl des Herzogs Beihilfen an das Kloster Bursfelde schicken, nachdem das tillysche Kriegsvolk wieder abgezogen war.

Unweit des Klosters stand, ein Stück weit die Nieme aufwärts, das damals an den Pächter Johannes Palm verpachtete Klostergut "Die Geduld". Palm hatte die Hälfte der Klosterländereien gepachtet und dafür jährlich 155 Taler Pacht zu zahlen. Am 10. 4. 1625 wandte er sich in einem Schreiben an seinen Landesherrn und bat darum, ihm die Pacht für das vergangene Pachtjahr gänzlich zu erlassen, weil er sie nicht aufbringen konnte. Der Durchzug der Tilly'schen Kriegsvölker hatte ihn so ruiniert, daß selbst die liebe Frucht auf dem Felde geraubt oder zertrampelt wurde. Geraubt war auch der ganze Haus­rat, so daß er samt seinem armen Weibe und Kindern ganz bloß und eben noch mit dem Leben davongekommen war. Durch die nötigen Neuanschaffungen in die tiefsten Schul­den gera­ten, bat er den Herzog inständig um Erlaß der Pacht.[18]

Das Kloster konnte sich, auch für die Bediensteten, Knechte und Mägde, keinen eigenen Pfarrer leisten. Im April 1628 ließ Abt Matthias Dornwell sich vom Superintendenten bestätigen, daß Christian Ringling50, Pfarrer in Fürstenhagen, die Seelsorge für Bursfelde übernehmen durfte, da „in jetzigen schweren Zeiten kein eigener Pastor im Kloster unterhalten werden kann“ [19].

Kaum hatten sich die Verhältnisse wieder etwas beruhigt, als neue Gefahr drohte. Den militärisch siegreichen katholischen Truppen folgte auf dem Fuße die katholische Geist­lichkeit. In einem Schreiben vom 29. Oktober 1628[20] ermahnte Herzog Friedrich Ulrich von Braunschweig in einem aus­führlichen Schreiben seinen Abt Matthias in Bursfelde:

"Unseren Gruß zuvor, Ehrwürdi­ger Lieber, Andächtigter und Getreuer; in was Jammer und hoch schädliche Zerrüttung das Heilige Römische Reich, unser geliebtes Vaterland teutscher Nation (geraten ist) durch die vor etlichen Jahren in Böhmen aufgegangene und ins Reich um sich geschla­gene Kriegesbrunst... Solches ist leider mehr zu beseufzen als zu wiederholen ...  Wir ...  hoffen, es werde der verlorene edle Friede deremaleinst wie­derge­bracht werden und alle Gefahr vorübergehen."

Der Herzog wies seinen Abt darauf hin, der Kaiser habe ihm ver­sprochen, das braunschweigische Land habe nichts Widriges zu befürchten. Die katholi­sche Geistlichkeit halte sich aber vielleicht nicht daran. Der Abt solle ein waches Auge darauf haben und das Kloster keinesfalls verlassen, sondern dort wohnen bleiben und sich keinesfalls irgendwelcher Rechte des Herzogs am Kloster bege­ben.

Die katholische Okkupation des Klosters

Die Vorahnungen des Herzogs erwiesen sich als begründet. Am 21.7.1629 um vier Uhr Nachmittag traf die lang befürchtete Abordnung der "Kaiserlichen und Königlichen zu Ungarn und Böhmen" gesandten Kommissaren mit zwei Kutschen und sieben Soldaten in Bursfelde ein.

Den Kutschen entstiegen Erz-Abt Friedericus zu Hessefeld, Hermann, Abt in Mariamün­ster, David, Abt zu St. Godehard in Hildesheim, und der Licentiatus beider Rechte Willer­ding, ein aus Hildesheim bürtiger Notar. Sie stießen die kleine Pforte auf und öff­neten das große Tor, machten sich dadurch selbst den Weg und rückten in den Platz. Dort stie­gen sie ab und gingen durch den Kreuzgang zur Kirche; wie sie vorgaben, zu sehen, ob auch die Messe recht gesungen wurde. In der Kirche trat Abt Matthias vor sie und fragte, auf wessen Befehl sie hier seien und was sie hier wollten.

Darauf antwortete der Abt aus Hessefeld, das werde er noch genug gewahr werden und solle nur stille schweigen. Dann gingen die Katholischen wieder aus der Kirche durch den Kreuzgang auf den Gang vor der Abtei und begehrten ernstlich, man sollte ihnen das beste Gemach zeigen. Als ihnen das verweigert wurde, drohten sie, zwei Soldaten würden sich die Schlüssel nehmen und selbst aufschließen. Darauf wurde ihnen aus Schrecken aufgeschlossen und sie eingelassen. Um fünf Uhr abends forderten sie den Abt auf die Abtei; und der Abt zu Hessefeld trug ihm weitläufig vor, auf wessen Befehl und mit wel­chem Auftrag sie gekommen waren.

 Der Licentiat zeigte ein kaiserliches Spezialedikt an alle Benediktinerklöster vor, die nach dem Passauischen Vertrag reformiert waren, und ein scharfes Exekutionsschreiben des General Tilly an alle hohen und niedrigen Offiziere und Soldaten. Er las die Schreiben vor, in denen Tilly sich auf einen kaiserlichen Befehl zur Wiederherstellung der Benediktinerklöster von 1617 berief, derjetzt vom Kaiser in Wien neu bestätigt worden sei.

Wenn zur Durchsetzung eine Kompanie Soldaten nicht genug sei, werde man auf Anfordern der katholischen Kommissare mit genügsamer Macht erscheinen. Befehlsgemäß erwiderte Abt Matthias, der Herzog von Braun­schweig habe von dem kaiserlichen Befehl eine Ausnahme erwirkt. Außerdem sei es schon vor dem Passauischen Vertrag reformiert worden, und nach dem Vertrage müsse es bei die­sem Besitzstand bleiben.[21] Es sei auch allzeit zu frommen Zwecken verwendet und keinen weltlichen Dingen einverleibt worden.

 

Das Kloster Bursfelde und die Niememündung in die Weser im 16.Jahrhundert[22]

Am folgenden 22. Juli wurde dem Abt eröffnet, die katholische Kommission werde nunmehr nach kaiserlichem Befehl alle unkatholischen, unzulänglichen Personen aus dem Kloster entfernen, die nicht nach der Ordensregel der Benediktiner lebten, und man werde den uralten Benediktinerorden in Bursfelde wieder aufrichten. Wer ihn denn über­haupt zum Abt gemacht habe? Darauf antwortete der Abt, ihre fürstliche Gnaden, sein gnädigster Herr, habe ihn dazu verordnet und der ganze Convent gewählt. Ob er das Öl und die Majores[23] empfangen habe? Nein. Welcher Religion er sei? Darauf: lutherisch, und der Augsburgischen Konfession gemäß.

Daraufhin wurde der Abt Matthias für abgesetzt erklärt und aufgefordert, das Siegel des Convents sowie alle klösterlichen schriftlichen Urkunden und Registraturen nebst Schlüsseln und alles herauszugeben, was dem Kloster zustehe und was er bei sich habe. Und weil er das Kloster besessen habe, obwohl er sich über das Unrechtmäßige seines Besitzes klar gewesen sei, müsse er alles innerhalb von drei Tagen wieder in den früheren Stand setzen, alles übriggebliebene Vieh des Klosters und alle Frucht da lassen, sowohl die Frucht auf dem Felde als auch die auf dem Boden. Als der Abt Matthias sich darüber zum Höchsten beschwerte, daß solches alles dem schriftlichen Befehl des Herzogs und auch seinen eigenen Pflichten gänzlich zuwider laufe, fuhr ihn der von Hessefeld mit trotzigen rauhen Worten an: Zwei Soldaten sollten ihn beim Kopf nehmen und an Ort und Enden so verprügeln, daß er gewitzigt zum Gehorsam vor dem kaiserlichen Edikt ge­bracht werde.

So mußte der Abt sich in sein Los schicken und sich mit seiner Frau und fünf zum Teil unmün­digen Kinderchen vertreiben und verjagen lassen, "wissend auf der Welt keinen Rat, wie er seine Sachen zum Besten ausschlagen sollte". Hinzu kam der Verlust von 300 Reich­stalern, die er sich persönlich geborgt und im Vertrauen auf eine bessere Zukunft dem Kloster zum Besten angewendet hatte.

Sodann wurde das Kloster einem Mönch zur Ver­waltung übergeben, dem zwei Hilfspersonen und zwei Soldaten zur Seite gestellt wurden. Hier endet der am 24. Juli 1629 verfaßte Bericht. Aus dem weiteren Verlauf der Geschichte wissen wir, daß das militärische Blatt sich später durch die Landung des Königs Gustav Il. Adolf von Schweden 1630 in Pommern wieder wendete. 1635 wurde in Prag zwischen dem Kaiser und Sachsen Frieden geschlossen. Der Kaiser mußte auf die Durchführung des Restitutionsediktes, also der Rekatholisierung der Klöster, verzichten.

Die Landesherrschaft wies Dornwell sein Deputat, also sein finanzielles Auskommen, aus dem Amte Münden an, wo er sich bis zur Vertreibung des katholischen Konvents aufhielt.[24]

Seit etwa 1634/35 amtierte Dornwell wieder in Bursfelde.[25] Seiner Autorität bediente sich die Dorfschaft Fürstenhagen, um ihren unfähigen Küster und Schullehrer Hans Bewerborn loszuwerden. Am 3. April 1636 schrieb Abt Matthias einen Brief an den Generalsuperintendenten in Göttingen Theodor Berckelmann und setzte sich erfolgreich für die unweit Bursfeldes liegende Gemeinde ein.[26]

1639 starb Matthias Dornwell als Abt von Bursfelde.


 



[1] Abbildung: Kloster Bursfelde, Ausschnitt aus der Seite eines Psalters mit Bild-Initiale eines Abtes mit Krummstab, Federkiel und Buch, Foto: Universitätsbibliothek Marburg Mscr. 61, fol. 2r

[2] Die General-Kirchenvisitation von 1588, Zeitschrift der Gesellgchaft für niedersächsische Kirchengeschichte, 8. Jahrgang, Braunschweig 1904, Seite 174 ff.

[3] vgl.  Erwin Steinmetz, Geschichte des Landkreises Göttingen im Zeitalter der Reformation und egenreformation, Göttingen 1987, Seite 46, 48, 54.

[4] Zu den Personalangaben: Klaus Kunze, Ortssippenbuch Bursfelde, 2. Auflage 2003, Familie =96= mit Quellennachweisen.

[5] Christian Ringling, *angeblich Northeim, Universität Helmstedt 11.3.1628, 1628-71 Pfarrer in Fürstenhagen, ebd. 3.9.1691, weitergehend Klaus Kunze, Ortssippenbuch Fürstenhagen, Familie =932=.

[6] Hauptstaatsarchiv Cal. Br.7 Nr.347; Bursfelde blieb bei Fürstenhagen eingepfarrt.  Bei 1564 hatte Fürstenhagen noch keine eigene Pfarre, und es war von Bursfelder Mönchen gepredigt worden (siehe General-Kirchenvisitation 1588).

[7] Daß Hans sein Vater ist, schreibt Matthias unter dem 21.4.1611, StA Hannover Cal Br 1 Nr.1323, fol. 3, 2.Zeile.

[8] StA Hannover Cal Br 1 Nr.1324, Bericht vom 17.11.1559, Dornwells eigene Angaben.

[9] StA Hannover Cal Br 2 .1434 fol.8

[10] StA Hannover Cal Br 1 Nr.1323 fol. 14 Rückseite.

[11] StA Hannover Cal Br 1 Nr.1323 fol. 13.

[12] StA Hannover Cal Br 22 Nr.1434 fol.9 (Rückseite unten).

[13] StA Wolfenbüttel, 2 Alt Nr.4260, Kanzlei, Geheime Ratsstube, Legitimationen unehelich Geborener; Heiratskonsense (Nr. 4260 - 4272).

[14] Schreiben vom 19.11.1603: StA Hannover Cal Br 1 Nr.1334.

[15] StA Marburg, Karten, PII 9798.

[16] HStA Hannover Cal.Br.1, Nr.1334, vollständig transkribiert und publiziert in K.Kunze, Fürstenhagen im Bramwald, Uslar 1998, S.88.

[17] Die Darstellung folgt hier fast wörtlich einem Brief des Abtes an den Herzog Friedrich Ulrich vom 31.8.1623, Niedersächsisches Staatsarchiv Hannover Cal.  Br. 7 Nr. 343. Der vollständige Briefwechsel ist transkribiert und publiziert: K. Kunze, Ortssippenbuch Bursfelde, Anhang.

[18] Niedersächsisches Hauptstaatsarchiv Hannover, Cal.  Br. 7, 345; Erlassen wurde ihm offenbar die Hälfte, siehe Schreiben des herzoglichen Kammerrates vom 17. 6. 1625.

[19] HStA Hannover, Cal.Br. 7, Nr. 347.

[19] HStA Hannover, Cal.Br. 7, Nr. 347.

[20] HStA Hannover.  Cal. Br. 7, Nr. 349.

[21] Das stimmte zwar für ca. 1542-49, doch war das Kloster ab 1549 unter Erich 11 vermutlich rekatholisiert worden.

[22] Foto: Nds. HStA Hannover

[23] Höhere katholische Weihen

[24] Brennecke / Brauch, Die Calenbergischen Klöster unter Wolfenbütteler Herrschaft, S.90

[25] Paulus Volk, Das Ende der Abtei Bursfeld, Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens 53, 1935, 257-185.

[26] Akte aus dem ehemaligen Archiv des Superintendenten in Uslar, Signatur Fürstenhagen 231. Die Akten befinden sich jetzt im Archiv des evgl. Landeskirche in Hannover. Vgl. K.Kunze, Fürstenhagen im Bramwald, Uslar 1997, S.364.