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Lebensbilder aus dem alten Bodenfelde
von Klaus Kunze Folge 16 1918 Das namenlose Grauen(auch erschienen in: Sollinger Heimatblätter 1 und 2/2014) So viel ist geschrieben worden über den ersten Weltkrieg.
Schilderungen und Reflexionen des Kriegsgeschehens füllen ganze Bibliotheken.
Und doch ist dieser gewaltige Krieg mit seinem unermeßlichen Leid für jede
Familie heute, hundert Jahre nach seinem Beginn, aus dem historischen
Bewußtsein des Volks verschwunden. Seine Erinnerung wurde verdrängt durch den
späteren, den 2. Weltkrieg.
Die
Generation der Kriegsteilnehmer des ersten Weltkrieges ist ausgestorben, als
1998 einer ihrer Überlebenden, der letzte Träger des Ordens Pour le Merite, der
Dichter Ernst Jünger, als über 100jähriger starb. Aber in Schubladen alter
Häuser und Winkeln verstaubter Dachböden liegen in Kisten und Kästen vergilbte
Überreste alter Erinnerungen, letzte Zeugnisse der 2 Millionen gefallenen
deutschen Soldaten, manchmal auch der heimgekehrten.
Einer,
der heimkehrte, war der am 29.7.1893 in Bodenfelde geborene und dort 1974
gestorbene Arbeiter Albert Quast. Sein Enkel Volker fand die Foto-Erinnerungen
seines Opas lange nach dessen Tod. Wir können den früheren Weltkriegs-Soldaten
nicht mehr fragen. Dennoch sagen uns seine Bilder viel. Sie sprechen für sich
und markieren seinen Weg über die Schlachtfelder einer versunkenen Epoche.
Daß die
Fotos uns nicht die Namen seiner
Kameraden nennen, mag sinnbildlich für die unzähligen namenlosen Toten stehen,
die in den Materialschlachten der Westfront zerrieben worden sind.
Albert Quast war historisch kein wichtiger Mann. Aber er
steht hier exemplarisch für ein normales Soldatenschicksal eines Arbeiters aus
Bodenfelde im Weserbergland. Sein Lebensweg war typisch für seine Generation.
Er stammte aus einer Arbeiterfamilie und blieb sein Lebelang Arbeiter. Weit
entfernt war er von höheren Reflexionen über den Sinn von Politik und Weltgeschichte. Auch nach dem
Krieg hat er sich darüber nicht geäußert, außer vielleicht am Stammtisch, aber
davon wissen wir nichts.
Als viertes von sechs Kindern war Albert Quast Sohn des Handarbeiters Karl Quast und seiner Ehefrau Auguste Johanne Sophie geborene Kumpart. [1] Wahrscheinlich sahen die Eltern alle drei Söhne in den Krieg ziehen, auch Eduard Quast, geboren 1888, und August Quast, geboren 1897. Alle drei kehrten in die Heimat zurück. Albert Quast erlebte und überlebte den ganzen 1. Weltkrieg, die Ostfront, die Westfront, sogar "Hölle von Verdun". Schon vor 1914 war er in Hildesheim "bei den Soldaten", wie er später erzählte. Seine Einheit war nach Kriegsbeginn das Reserve-Infanterie-Regiment 259. Dessen Poststempel steht auf jeder der geschriebenen Postkarten. Die älteste trägt noch keinen Regimentsstempel und ist handschriftlich datiert auf Januar 1917, die gestempelten vom 8. und 25. April 1918, 2., 15. und 22. Mai 1918, 15.6.1918. Das RIR 259 war am 16.12.1914 aus den Feldinfanterie-Bataillonen 49, 50 (beide Hannover) und 51 (Hameln / Hildesheim) zusammengestellt worden. Im Januar 1917 lag es im Osten. Es bildete mit den Regimentern 258 und 260 die bis zum 7. September 1918 bestehende 78. Reserve-Infanterie-Division. Für Januar 1917 verzeichnet deren Kriegstagebuch Stellungskämpfe vor Dünaburg in Lettland. Seit April ließen die Gefechtslage und Forderungen Lenins nach Beendigung des Krieges eine Verlegung deutscher Truppen in den Westen zu.
Albert
Quast war Unteroffizier in der 3. MGK. Solche Maschinengewehr-Kompanien
bestanden aus drei Zügen, die jeweils über zwei Maschinengewehre verfügten,
seit Anfang 1918 über zwölf. Seit 1917 wurde das MG 08/15 verwendet, dessen
Bezeichnung sprichwörtlich wurde. Etatmäßig hatte jede MG-Kompanie vier
berittene Offiziere, einen berittenen Feldwebel und einen berittenen
Unteroffizier. Dieser Unteroffizier war Albert Quast.
Das
älteste persönliche Foto Alberts stammt von Januar 1917 und zeigt ihn in einem
Pferdeschlitten.
Albert
Quast nutzte die Kampfpause auch zum Heiraten: Mitten im Kriege, am 13.5.1917,
heiratete Albert Quast mit Johanne Becker aus Bodenfelde.
[3]
Dann zog er als junger Ehemann wieder in
den Krieg, und nicht zuletzt als als junger Vater.
Am
21.12.1913 hatte seine Frau nämlich schon eine voreheliche Tochter Erna von ihm
geboren, und am 9.9.1917, vier Monate nach der Trauung, kam der Sohn zur Welt.
Auch nach dem Krieg wurden noch zwei Kinder geboren:
Am 14. April 1917 war die 78.Res.-Inf.-Division an die
Westfront verlegt worden. Ihre Einsatzorte waren in der Zeit Albert Quasts:
18.4.1917 - 10.5.1917: Stellungskampf im Oberelsaß
12.5.1917 - 27.5.1917: Doppelschlacht an der Aisne und in der
Champagne
28.5.1917 - 8.8.1917: Stellungskämpfe am Chemin des Dames
1.6.1917: Erstürmung der 1. französischen Stellung
westlich Allemant
4.6.1917: Erstürmung der französischen Stellung westlich
Allemant
20.6.1917: Erstürmung der 1. französischen Stellung
südöstlich Vauxaillon
8.8.1917 - 14.10.1917: Stellungskämpfe vor Verdun
12.8.1917 - 9.10.1917: Abwehrschlacht bei Verdun
15.10.1917 - 17.12.1917: Stellungskämpfe in Lothringen
17.12.1917 - 29.05.1918: Stellungskämpfe bei
Richecourt, Seicheprey und Flirey
1918
20.4.1918: Erstürmung von Seicheprey und des
Remières-Waldes
28.5.1918 - 13.6.1918: Schlacht bei Soissons und Reims
28.5.1918 - 1.6.1918: Verfolgungskämpfe zwischen Oise und
Aisne und über die Vesle bis zur Marne
30.5.1918 - 13.6.1918: Angriffskämpfe westlich und südwestlich
von Soissons
14.6.1918 - 4.7.1918: Stellungskämpfe zwischen Oise, Aisne
und Marne
5.7.1918 - 17.7.1918: Stellungskämpfe zwischen Aisne und Marne
18.7.1918 - 25.7.1918: Abwehrschlacht zwischen Soissons und
Reims
26.7.1918 - 3.8.1918: Die bewegliche Abwehrschlacht zwischen
Marne und Vesle
4.8.1918 - 9.8.1918: Stellungskämpfe an der Vesle
Mit
diesem Vorwissen können wir die Gruppenfotos auch örtlich zuordnen.
Im April
und Mai 1918 hat Quasts Regiment an der Westfront an historischen Kämpfen
teilgenommen und sich tapfer geschlagen. Am 22. Mai 1918 schrieb er an seine
Frau in der Hafenstraße 92 in Bodenfelde:
„Liebe Frau! Sende
schönen Gruß, bin noch munter, hoffe auch gleiches von Dir. Bei mir ist es
tüchtig warm. Sonst alles beim alten. Nun auf Wiedersehn! Herzlichen Gruß
sendet Dein Albert“
Die
Vorderseite dieser Postkarte zeigt das Denkmal des Infanterie-Regiments von
Voigt-Rhetz aus dem Kriege 1870 (3. Hannoversches Regiment Nr.79). Dieses stand
in der Gegend, in der Quast 1918 eingesetzt war. Es wurde an ruhigeren Tagen
gern von Soldaten der umliegenden Stellung besucht. Mit der Hand setzte Albert
Quast in Kürzeln hinzu, daß die Karte vom Unteroffizier Quast der 3.
Maschinengewehr-Kompanie 259 stammte.
Daß er
sich für „noch munter“ erklärte und seine Frau beruhigte, war wohl kein Zufall.
Das Regiment hatte schwere Kämpfe gegen ausgeruhte und zahlenmäßig überlegene
amerikanische Truppen bestanden.
Am 20.
April 1918 war aus den Reihen der 11. Kompanie des Regiments 259 in Seicheprey
(Wöevre-Ebene) neben vielen anderen auch der Unteroffizier Heinrich Freise in
Seicheprey gefallen.
[4]
Es war der Tag der denkwürdigen „Operation Kirschblüte“, einem deutschen
Gegenangriff und Stoßtruppunternehmen gegen die vorrückenden Amerikaner der 26. US-Division, Spitzname "Yankee Division". Ihre 4 Regimenter waren zahlenmäßig weit
überlegen, frische, ausgeruhte Truppen aus Connecticut mit hervorragender Ausrüstung.
Seicheprey
zählte 1918 150-200 Einwohner und nur wenige Dutzend Häuser. Vor dem 20. April
1918 hatten ein Paar Häuser noch gestanden, danach keines mehr.
[6]
Wir
wollen hier weder die Regimentsgeschichte noch gar die Kriegsgeschichte
nacherzählen. Aber wir sollten einen unmittelbaren Eindruck des Geschehens
gewinnen, den ein Kamerad Albert Quasts aufgezeichnet hat:
Der
Schriftsteller Paul Coelestin Ettighoffer
[8]
aus Colmar, damals 22 Jahre alt und Leutnant im RIR 258, war ebenso dabei wie
Albert Quast und schildert uns den frühen Morgen des 20. April 1918:
[9]
"Um Mitternacht wird
in Pannes angetreten. Hoch segelt der Vollmond am Himmel, dünn und schneidend
kalt ist die Luft. Der steile Berg Montsec steht wie ein gewaltiges Denkmal im
Gelände. Über die mondhellen Wiesen und zerschossenen Gehöfte um Essey und
Saint-Baussant erreichen wir um halb zwei in der Frühe die Reserveunterstände
bei Lahayville, am Ufer des Rupt-de-Mad-Baches. Man reicht uns Tee mit Rum,
doppelte, nein dreifache Portionen, halb Tee, halb Rum, alles glühend heiß.
Donnerwetter, man merkt, wo das Zeug hinrinnt.
Kein Schuß. Nichts
regt sich. Die Front schläft. Die unheimliche, sprichwörtliche Ruhe vor dem
Sturm. Ruhig zieht der Mond seine Bahn. Keine Leuchtkugel zerreißt den Frieden
dieser herrlichen Vollmondnacht. Die Sterne hängen wie dicke leuchtende Tropfen
am samtschwarzen Horizont. Die Luft in den Unterständen ist dick und heiß.
Kerzen und Hindenburglichter glimmen rasch herunter, haben nur dünne Flämmchen,
erlöschen.
Unsere Leute sitzen
auf dem Boden, auf den Bänken, an den Tischen und rauchen. Hin und wieder
zischt ein Streichholz, flackert und beleuchtet ein stoppelreiches
Soldatengesicht. Dann ist es wieder dunkel. In den Ecken und auf den Pritschen
beginnen sie schon zu schnarchen."
Um drei
Uhr früh beginnt heftiges deutsches Artilleriefeuer von 22 Feldkanonen-Batterien,
28 leichten Feldhaubitzen-Batterien, 13 schweren Feldhaubitzen-Batterien, 12
schweren, 36 mittleren und 60 leichten Minenwerfern. Um halb sieben gibt eine
Leuchtrakete das Zeichen zum Sturmangriff. Ettighoffer erinnert sich weiter:
"Rechts und links hat der Bodennebel die anderen Stoßtrupps verschluckt. Unser einziger Richtungsanzeiger ist das Toben und Krachen in der feindlichen Stellung. […] Tauchen zwei zerzauste Gebüsche aus dem Dunst, das Alpha und das Betawäldchen. Unsere Richtung stimmt. Zwischen den beiden Wäldchen fällt unser Stoßtrupp in die feindliche Linie. […] Aber nun hat man uns
entdeckt und ein Maschinengewehr schüttelt von irgendwoher seine Geschoßgarbe
herüber. Sie werden in den Gräben lebendig. […]
Handgranaten fliegen uns entgegen. Ein hartnäckiger erbitterter Widerstand, wie
ihn keine der zermürbten Truppen der Franzosen oder Engländer zu leisten vermochte,
hemmt unser Vordringen. Wir nehmen zuerst volle Deckung, um die Lage zu
überblicken. Vor uns liegt ein starker Unterstand, dem ständig neue Verteidiger
entströmen. Es sieht bös aus für uns.
Endlich hat Kientz seinen Plan gefaßt. Teilt uns in drei Gruppen ein und von drei Seiten gleichzeitig dringen vor gegen die Unterstände. Unteroffizier Roos erhält dabei einen Kopfschuß und ist sofort tot. Der Feind weicht und zieht kämpfend von Schulterwehr zu Schulterwehr. Nur Tote und Schwerverwundete läßt er zurück, alles große, sehnige Gestalten in wundervollen Uniformen, an den Füßen langschäftige Gummistiefel […]" Von guter Ausrüstung konnten die deutschen Soldaten nur träumen. Sie hatten wenig zu essen, aber Kampferfahrung, im Gegensatz zu den wohlgenährten Amerikanern. Einem alten Soldatenspruch zufolge gibt es „ohne Mampf kein’ Kampf.“ Die deutsche Verpflegung ließ zu wünschen übrig. Da sprang dem Soldaten Ettighoffer natürlich die amerikanische ins Auge: Und nach Eroberung der feindlichen Stellungen entdeckte man in einem Seitengraben „die feindliche Feldküche. Nein, es sollte den Yankees nicht zugemutet werden, tagsüber auf warmes Essen zu verzichten. Deshalb hat die Küche einen Benzinofen. Doch was tun wir schließlich mit einem Benzinofen? Viel wichtiger und willkommener sind die Vorräte ringsum. Der amerikanische Küchenbulle ist auf und davon und ist seinen Reis mit Curry, sein Fleisch mit weißer Soße und seinen Griesmehlpudding nicht mehr losgeworden. Das heißt, nicht bei seinen Leuten, doch wir erbarmen uns der leckeren Kost. Es schmeckt wie bei einer Hochzeit.“ Nachträglich lobte die US-Seite den Mut der eigenen Soldaten, verbunden
mit der nüchternen Feststellung, die deutschen Truppen seien die
"bestausgebildeten Truppen in Europa" gewesen.
[11]
Nach
Erinnerung des amerikanischen Regimentsfeldwebels des 102ten US-Infanterie-Regiments,
Fred A. Tyrell, klang das Gefecht über eine Meile zum Hauptquartier des
US-Regiments "wie die Hölle".
[12]
Nach schweren Kämpfen resümiert der Augenzeuge Ettighoffer:
"Bewacht von unseren Leichtverwundeten, werden die Gefangenen zurückgebracht. Ihre Maschinengewehre müssen sie mitnehmen. Wir aber dringen weiter vor. […] Wir glauben schon alle Leute aus dem Stollen zu haben, da gibt es plötzlich ein Rennen und Hasten und einige Yankees durch einen kleinen unbewachten Seitengraben aus dem Unterstand, Richtung Beaumont. Wer den Laufgraben erreicht, ist gerettet. Doch glückt es nur wenigen. Fast alle erfaßt das rasche Feuer unsere Gewehre. […] Alle Unterstände sind erobert und bis zur vierten Linie ist die ganze Stellung in unserer Hand. Nur 185 unverwundete Amerikaner haben sich ergeben. Die andern haben bis zum Tod gekämpft, mit einer Verbissenheit, die wir nie erwartet hätten. Kompanieweise sind die Besatzungen der dritten und vierten Linie in rückwärtige Aufnahmestellungen geflohen. Der starke Bodennebel, die Gasschwaden und der Pulverqualm platzender Geschosse verschleierten ihren raschen Rückzug. In fast 5 Kilometer Breite haben wir 600 Mann eine frische, bis zu den Zähnen bewaffnete Infanterie-Division aus den Angeln gehoben und sind 1000 Meter tief in ihre Stellungen eingedrungen, ja wir haben die eroberten Linien bis zum Abend gehalten und sind mit geringen Verlusten wieder in unsere Ausgangslinien zurückgekehrt. […]
Und in der Regimentsgeschichte des
RIR 259 erinnert sich der Autor Günther von Bornstedt an die Amerikaner:
"Der Amerikaner
ist persönlich äußerst tapfer und wehrt sich verzweifelt bis zum letzten
Augenblick mit Pistole, Messer und Handgranate, also im Nahkampf ein
gefährlicher und im Anwenden von Listen gewandter und skrupelloser Gegner. Ein
großer Teil unserer Verluste ist durch plötzliches Feuer aus Verstecken heraus,
von Hochständen usw. entstanden. Viele Unterstände, die sich nicht ergeben
wollten, mußten von den Stoßtrupps, denen die Kampfweise von früheren
Unternehmungen bekannt war, gesprengt worden. Es ist einwandfrei festgestellt,
daß die Amerikaner Verwundete, die ihnen vorübergehend in die Hände gefallen
waren, auf die gemeinste Weise getötet haben. (Es folgen viele Beispiele dieser
Grausamkeiten). ...Diesem
Gegner ist nur durch rücksichtsloses Draufgehen und schnelles Handeln
beizukommen. Die eigenen Sturmtrupps erzielten Erfolge nur im Nahkampf Mann gegen
Mann."
Die
amerikanische Seite verzeichnete etwa 650 Tote oder Verwundete, die deutsche
100 Gefallene.
[13]
Das
Stoßtruppunternehmen war nicht darauf angelegt, die amerikanschen Stellungen
dauerhaft einzunehmen. Die Deutschen zogen sich mit den gefangener Amerikanern
sofort wieder befehlsgemäß zurück und bezogen Stellungen im sogenannten
Sibille-Schützengräben nördlich von Seicheprey. Dort wehrten sie mit
Maschinengewehrfeuer amerikanische Gegenstöße ab.
[14]
Auch dabei dürfte Albert Quast als Unteroffizier der 3. MG-Kompanie eingesetzt
gewesen sein. Die amerikanische Seite reklamierte für sich, elf deutsche
Maschinengewehre erbeutet und einen Deutschen gefangengeommen zu haben. Sie gab nur den Verlust eines MG und fünf unbrauchbar gewordene zu.
[15]
Dauerhafte neue Verteidigungsstellungen wurden im Wald von
Remières organisiert. Am 21.
April 1918 meldete die deutsche Oberste Heeresleitung:
"Großes
Hauptquartier, 21. April. Westlicher
Kriegsschauplatz: Die
Amerikaner waren erst Ende 1917 mit 170000 Mann in Frankreich gelandet.
Seicheprey war einer ihrer ersten Zusammenstöße mit deutschen Fronttruppen und
endete mit einem taktischen deutschen Sieg. Die Früchte des
Stoßtruppunternehmens dauerhaft zu erhalten, fehlte dem Deutschen Reich 1918
bereits die Kraft.
Die
Presse der USA feierte den Tag allerdings mit Überschriften wie "Amerikas
erster Sieg in Frankreich"
[16]
und "Als Connecticut die Hunnen stoppte".
[17]
Jahrzehnte später wurde dort erst eingeräumt, daß die Realität anders aussah
[18]
und die deutschen Truppen den USA "eine blutige Nase verpaßt" haben.
[19]
Am
25.4.1918 schrieb Albert Quast, wie immer mit denselben gelassenen
Formulierungen, an seine Frau, daß alles beim alten sei. Auf allen Fotos
strahlt er Gleichmut, Freundlichkeit und Ruhe aus.
Viele
Soldaten führte ein Spaziergang zum Denkmal für die gefallenen 79er von 1870/71
bei Vionville. Hier erstand auch Albert Quast eine Postkarte als Andenken und
schickte sie am 22. Mai 1918 nach Hause. Diese Karte hat Albert Quast mit
Poststempel vom 15.5.1918 an seine Frau geschickt. „Wir liegen in Ruhe“,
schreibt er, wünscht frohe Pfingsten und schönen Gruß an Vater und Mama.
Die von Franzosen auf ihrem Rückzug gesprengte Brücke bei Bouillonville ist unverkennbar. Offenbar hat das Regiment in Bouillonville Quartier gehabt, wo auch das Foto vom Regimentsappell am 20.4.1918 entstanden ist. Bouillonville liegt nur knapp 11 Kilometer nord-nordöstlich von Seicheprey und 40 Kilometer südwestlich von Metz. Auf seinem deutschen Soldatenfriedhof liegen heute 1368 Gefallene. Zwischen Mai und Juli 1918 nahm das Regiment teil an der letzten deutschen Offensive, die es aus dem Raum Soissons bis 100 km vor Paris führte, bis sie im alliierten Gegenangriff zusammenbrach.
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Postkarte vom 12.11.1917 an Minna Kunoth, Albert Quast links im Bild [Minna Kunoth geb. Becker *12.1.1887, † Uslar 12.4.1956, oo 25.5.1913 mit Wilhelm Kunoth, Schwägerin Albert Quasts (ältere Schwester der Ehefrau Johanne). Die Postkarte trägt die Worte "Schönen Gruß von 12.11.17- Schönen Gruß Schw[a]g[er] Albert 8390" und den Stempel des Fotografen "Zschoche Co - Semi-Emaille-Schmuck".]
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[1] K.Kunze, Ortssippenbuch Bodenfelde, 2012 , Familie =3111=.
[2]
Minna
Kunoth geb. Becker *12.1.1887, † Uslar
12.4.1956, Heirat 2 5.5.1913 mit
Wilhelm Kunoth, Schwägerin Albert Quasts (ältere Schwester der Ehefrau
Johanne). Die Postkarte trägt die Worte "Schönen Gruß von 12.11.17- Schönen Gruß Schw[a]g[er] Albert 8390"
und den Stempel des Fotografen "Zschoche Co - Semi-Emaille-Schmuck".
[3] Johanne Becker, *Bodenfelde 23.8.1895, Tochter des Bäckers (Spitzname Sandbecker) Heinrich Becker und Ehefrau Melusine Meyer (K.Kunze, Ortssippenbuch Bodenfelde, Familie =204=), †Bodenfelde 16.1.1971. [5] Aus: Günter von Bornstedt, Reserve-Infanterie-Regiment Nr.259, Erinnerungsblätter Preußen Bd.175, Oldenburg 1926, Stalling.
[6]
Augustin F. Maher, When
[7] Aus: Günter von Bornstedt, Reserve-Infanterie-Regiment Nr.259, Erinnerungsblätter Preußen Bd.175, Oldenburg 1926, Stalling. [9] Paul Coelestin Ettighoffer, Gespenster am Toten Mann, Verlag C . Bertelsmann, 1931, Kapitel „Landsknechte gegen Sportsleute", S. 272 ff. Das Buch war in einer Gesamtauflage von 249000 Exemplaren verkauft worden (Schneider, Die Wiederkehr der Kriege in der Literatur, in: Osnabrücker Jahrbuch Frieden und Wissenschaft 2005, Göttingen 2005, S.204, ISBN 3-89971-233-1) und wird hier anhand der Ausgabe von 1937 zitiert. [10] So die Original-Bildunterschrift aus: Der Krieg in Wort und Bild, Deutsches Verlagshaus Bong & Co., Nr.197. Es handelte sich am 18.6.1918 um ein ganz ähnliches Unternehmen wie das vom 20. April 1918, dazu der Heeresbericht vom 20.6.1918: "Zwischen Maas und Mosel drangen eigene Sturmtruppen tief in die amerikanischen Stellungen bei Seicheprey ein und fügten dem Feinde schwere Verluste zu."
[11]
''This was an instance of American
dash and courage against the best-trained troops in Europe,'' sagte Prof.
Willard M. Wallace von der Wesleyan University in
[12]
"He recalled that from his
post at the regimental headquarters a mile south of Seicheprey, the battle
''sounded like hell." Zit. nach Eric Pace, A fierce battle for local heroes, New York Times 21.4.1985.
[13]
http://www.usaww1.com/American-Expeditionary-Force/American-Expeditionary-Force-Battle-of-Seicheprey.php4
[14] Augustin F. Maher, am angegebenen Ort. [15] Augustin F. Maher, am angegebenen Ort.
[17]
Augustin F. Maher, am angegebenen
Ort, nach Schilderungen von General Clarence R. Edwards, Kommandeur der
26ten
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