Ich will nicht gleich sein. Gleichberechtigt sein gern, denn Rechte zu haben, ist in Ordnung. Gleichgemacht zu werden, nähme mir meine Würde.

Damit erweise ich mich in den Augen Linker: als Rechter. Ich erkenne nämlich angeblich „das Ethos fundamentaler Menschengleichheit“ nicht an und werde beargwöhnt:[1] Wie meinen die das?

„Bei der intellektuellen ‚Neuen Rechten‘ handelt es sich um ein ideologisches Phänomen. Einen gemeinsamen Nenner zu finden ist schwer. Als ‚Rechte‘ läßt sie sich von der Linken durch die Betonung dessen abgrenzen, was die Menschen, um an Norberto Bobbios Begriffsbestimmung anzuknüpfen – ungleich statt gleich erscheinen läßt.“[2]

Uwe BACKES, Gestalt und Bedeutung des intellektuellen Rechtsextremismus in Deutschland, Aus Politik und Zeitgeschichte Bd. 46 / 2001, S.24.

Die Feministin Julia Rosenstock bezeichnet

„rechtes Denken als analytischen Klammerbegriff für Formen eines Denkens, das sich von bürgerlich-konservativen Wertvorstellungen bedächtigen Erhaltens des Bewährten bis zur radikalrevolutionären Totalopposition gegen das Bestehende erstreckt und für das Gleichheitskritik einen wesentlichen, wenn auch im einzelnen sehr unterschiedlich ausgeprägten Charakterzug ausmacht.“[3]

Julika ROSENSTOCK, Vom Anspruch auf Ungleichkei, Über die Kritik am Grundsatz bedingungsloser Menschengleichheit, gedruckt mit freundlicher Unterstützung des Zentrums für Antifeminismusforschung der Technischen Universität Berlin, gefördert durch die Heinrich-Böll-Stiftung, 2015, S.24.

Was meint sie damit? Rosenstock grenzt „rechtes Denken“ ab von jedem Denken, das sich „das Gleichheitsideal auf seine Fahnen und in seine Programme geschrieben hat.“ „Wertvorstellungen“? „Ideal“? „Fahnen“? Wenn die Fahnen flattern, ist der Verstand manchmal in der Trompete, hatte einst Konrad Lorenz gespottet. Was meint ein linker Wissenschaftler wie Benz, was meint eine radikalliberale Feministin wie Rosenstock mit jener werthaften „Gleichheit“, die von Rechten so schnöde verschmäht wird?

Sie meint etwas völlig anderes als ich, wenn ich auf meine Ungleichheit gegenüber allen anderen Menschen meine Identität gründe. Empirisch und faktisch sind alle Menschen verschieden, das weiß auch Rosenstock. Diese faktische Ungleichheit gewährleistet meine Freiheit, denn wäre ich allen anderen gleich, wäre ich nicht mehr frei: frei zum Anderssein, frei für meine persönliche Identität. Wer gleich sein muß, kann nicht frei sein.

Rosenstock denkt aber beim Postulat allgemeiner Menschengleichheit nicht an faktische Gleichheit. Sie denkt an etwas ganz anderes und meint Gleichheit an „moralischem Wert“. Im 20. Jahrhundert habe sich

„die moralische Gleichheit aller Menschen als materieller Kern des Gleichheitssatzes positivrechtlich herausgebildet.“[4]

ROSENSTOCK a.a.O., S.49

Rechtlich herausgebildet hat sich allerdings die Gleichberechtigung vor dem Gesetz. Rosenstock meint aber „moralische“, also nicht juristische Gleichheit. Sie fordert nicht nur Anerkennung einer Berechtigung, sondern einer ewig gültigen Moral zu huldigen. Eine Moral, die sich absolut setzt und allgemeinverbindlich gibt, ist aber Metaphysik. Metaphysik ist voraufklärerisches Denken. Rosenstock meint metaphysische Gleichheit. Im Mittelalter nannte man sie „Gleichheit vor Gott“. Man glaubte an eine in einem Jenseits vermutete Quelle spiritueller „Gleichheit im Herrn“.

Diese Transzendenz-Metaphysik wurde mit dem Verlust des Glaubens an ein Jenseits obsolet. Gott wurde argumentativ ausgemustert. Der Mensch trat an seine Stelle:

„Die entscheidende Setzung der modernen Welt ist die Gottesebenbildlichkeit des Menschen, und zwar jedes Menschen für sich selbst: Dies und nichts anderes bedeutet Würde des Menschen.“[5]

Udo DI FABIO, Die Kultur der Freiheit, 2005, S.114.

Das Naturrecht behauptete, in Gottesebenbildlichkeit bestehe die Natur des Menschen. Sie hafte ihm substanzhaft an und sei ein Bestandteil seiner Person. Damit verlegte es die Quelle moralischen Handelns aus dem Himmel in den Menschen hinein. Als Immanenz-Metaphysik wähnt sie jedem Menschen immanent ein moralisches zweites Ich. Gleich seien alle Menschen in der Beziehung, daß jedem dieses moralische Ich innewohne. Es präge seine Natur als moralisches Wesen, weshalb alle Menschen in dieser Beziehung „moralisch gleich“ seien.

Wie ein moralisches Gewissen sei es Ursprung eines metaphysischen Sollens:

„Die Aufgabe, eine Person zu werden, ist jedem Menschen gestellt.“[6]

ROSENSTOCK a.a.O., S.260.

Wer ist unser Auftraggeber? Kein Gott aus dem Jenseits stellt uns heute mehr Aufgaben. Die moralischen Aufgaben seien uns vielmehr immanent. Aus solcher metaphysischer Sicht steckt das sittliche Sollen im realen Sein schon drin. Jeder, der etwas von einem absoluten Sollen ohne eine dieses Sollen befehlende Person erzählt, treibt Metaphysik: Weil faktisch jeder Mensch seine Identität als Individuum begründet, wenn er sich seiner Mitwelt gegenüber sieht, schlußfolgert ROSENSTOCK:

„In dem als Individualisierung bezeichneten Prozeß wird schließlich der Anspruch des Individuums auf Subjekthaftigkeit, d.h. dem Anspruch, sein eigener Herr sein zu dürfen, geradezu ein Gebot, und zwar ein sich an alle richtendes Gebot, der Subjekthaftigkeit hinzugefügt. […] Dies kulminiert für den Einzelnen darin, daß dieser sich (und nicht etwas) verwirklichen soll. […] Teil dieser Aufwertung der Subjekthaftigkeit ist dabei eine Aufwertung der Interessen und Gefühle der Einzelnen – bis dahin, daß die Quelle der Moral in seinem Innersten verortet wird.“[7]

ROSENSTOCK a.a.O., S.250 f.

Wer erläßt das Gebot? Wer gibt denn „dem Menschen den Auftrag“, daß dieser „sich verwirklichen soll“? Rosenstock zaubert ein Sollen aus dem Hut und stellt neben den realen Menschen ein moralisches Sollen. Dessen Herkunft ist unerklärlich. Wer ordnet dieses Sollen an?

Dem Mensch wohne eine – als universelles Ideal gedachte – „Moral“ inne, ist ein uralter, voraufklärerischer Hut der Geistesgeschichte. Mit „der Moral“, die als Sollensforderung angeblich jedem Menschen innewohne, meinen Metaphysiker gewöhnlich sich selbst und die sich aus ihrem persönlichen Ratschluß ergebende Moral. Sie möchten diese gerne allen Menschen als verbindlich überstülpen: Sie gelte universell, also überall, absolut, also einschränkungslos, und sie entzöge sich menschlicher Rechtsetzung. Wo wir auch sind: Die Moral war schon vor uns da und erfüllt uns.

Während die radikalliberale Rosenstock also quasi eine Doppelung der Person in ein reales Sein und ein ideales Sollen vornimmt, kritisiert sie genau das an radikal gleichheitskritischem Denken:

„Die Doppelung der Person in ihr Sein und Sollen ist das identitätstheoretische Substrat des elementar gleichheitskritischen Denkens, ist seine objektive Sinnstruktur. Der Einzelne zerfällt durch sie in Realität und Potenzial oder besser in Realität und Auftrag. Die soziale oder rechtliche Identität als Mensch, Grundrechtsträger, Frau oder Deutscher ist somit stets sowohl deskriptiv wie präskriptiv zu verstehen. Die Beispiele aus radikal rechten Varianten solchen Denkens haben dies durch ihr Eintreten für eine als unabdingbar geltende Verwurzelung in unverfügbar vorgegebenen Kollekividentitäten wie Volk oder Geschlecht illustriert.“[8]

ROSENSTOCK am angegebenen Ort, S.242 f.

Das identitätstheoretische Substrat ihres eigenen elementaren Gleichheitsdenkens, seine objektive Sinnstruktur, besteht also auch in einer Doppelung der Person in ein reales Sein – und einen „Auftrag zur Selbstverwirklichung“. Die Argumentations- und Denkstruktur radikal egalitärer Metaphysiker und radikal völkischer Metaphysiker ist darum miteinander identisch. Verschieden ist nur der materielle Inhalt des „Auftrags“, den „der Mensch“ angeblich aus dem metaphysischen Irgendwo zugewiesen erhält.

Der philosophische Terminus für solche Denkstrukur lautet Normativismus. Er beinhaltet die Ansicht, es gebe allen Menschen vorgegebene, ja „aufgegebene“ moralische Normen. Dem steht die dezisionistische Auffassung entgegen, alle menschlichen Normen und Moralvorstellungen gälten erst und nur dann verbindlich, wenn ein menschlicher Gesetzgeber sich für ihre Geltung entschieden (lateinisch: decisio) und sie zum geltenden Recht erklärt (positiviert) hat.

Rosenstock ist begnadete Normativistin ihres Ideals der Menschengleichheit und geißelt rechte Normativisten, deren Ideal Menschenungleichheit ist. Ihr begrenzter Interessenhorizont läßt sie zwar klar und vielfach völlig richtig in manchem Denken und manchen Forderungen rechter Publizistik metaphysisches Denken erkennen. Diese rechte Metaphysik der Ungleichheit findet sie schrecklich. Ihre liberalen Ideale sind ganz andere als die, an die rechter Idealismus glaubt. Daß sie selbst Metaphysikerin einer als Ideal konstruierten Menschengleichheit ist, bildet den blinden Fleck ihrer beschränkten Optik.

Falsch ist aber ihre Schlußfolgerung, in jedwedem gemeinschaftsbezogenen Denken rechte Metaphysik zu erblicken. Wer Ungleichheit als gegeben zur Kenntnis nimmt und seine Identität gerade auf diese Ungleichheit baut, kann zwar, muß aber beileibe kein Metaphysiker sein. Der Unterschied ist abstrakt schwierig, am praktischen Beispiel aber sehr einfach zu verstehen: „Mein Volk ist heilig“, wäre eine metaphysische Aussage. „Mein Volk ist mir heilig“ hingegen nicht. Die erste Aussage wäre transzendent  zu verstehen und erhöbe den Anspruch, für alle zu gelten. Die zweite Aussage besagt im Kern nichts anderes als die Tatsache eines persönlichen Gefühls des Sprechers.

Gesetz ist Gesetz

Normativisten behaupten, es gebe universelle moralische Werte und Normen. Damit meinen sie aber keinesfalls menschliche Gesetze. Sie beanspruchen von allen Menschen den Gehorsam, sich an Moralvorstellungen zu halten. Aber muß ich mich wirklich an die Moralvorstellungen Julika Rosenstocks halten? Warum sollte ich?

Gesetz ist Gesetz. Es lautet:

Art. 1 GG „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“

Der Staat verbietet sich selbst, die Würde eines Menschen zu mißachten. Er verpflichtet sich auch, sie aktiv zu schützen. Ganze Bibliotheken setzen sich mit der Frage auseinander, was das im einzelnen juristisch und praktisch bedeutet. Weil der Gesetzestext die Frage nicht beantwortet, muß er interpretiert werden. Das Ergebnis dieser Interpretation hängt vom Glauben des Interpreten ab, worin denn die jedem Menschen immanente Würde konkret besteht und was normativ daraus folgt.

Weiter lautet das Grundgesetz:

Art.3 GG „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“

In Art. 3 GG geht es also um gleiche Rechte, um Gleichberechtigung. Das Gesetz will uns nicht gleich machen, sondern vor dem Gesetz gleichberechtigt stellen. Diese Notwendigkeit wird heute von niemandem bestritten. Wer heute mehr staatlich herzustellende Gleichheit oder, so die anderen, mehr Freiheit auch zum Ungleichsein fordert, streitet nicht über juristische Rechte. Den Kern ihres Zanks verbergen die Streithähne gern hinter einem begrifflichen Nebel. Dieser ist so dicht, daß selbst kluge Leute oft mißverstehen, worum es eigentlich geht. Manchmal ist das Absicht: So formulieren unsere staatlichen Verfassungsschützer:

„Unter Rechtsextremismus werden Bestrebungen verstanden, die sich gegen die im Grundgesetz konkretisierte fundamentale Gleichheit der Menschen richten und die universelle Geltung der Menschenrechte ablehnen.“[9]

Webseite des Bundesamts für Verfassungsschutz, abgerufen am 19.11.2019

Die „im Grundgesetz konkretisierte fundamentale Gleichheit der Menschen“ ist solch eine Nebelkerze. Wer im Text des Grundgesetzes etwas zur „fundamentalen Gleichheit der Menschen“ nachlesen möchte, wird sie vergeblich suchen. Er wird allerdings sofort in Art.1 GG auf die Menschenwürde als Staatsfundamentalnorm stoßen. Aus ihr und dem für den Staat geltenden Gleichbehandlungsgebot leiten manche die nebulöse „fundamentale Gleichheit der Menschen“ ab. Sie steht aber nicht im Gesetz, sondern ergibt sich angeblich aus seiner Interpretation. Gemeint ist mit „fundamental“, was Rosenstock „moralisch“ nennt: Gleichheit als moralisches Wesen. Udo Di Fabio, 1999-2011 Richter am Bundesverfassungsgericht, identifizierte als materiellen Kern dieser Idee und Sinn des Begriffs „Würde des Menschen“ die säkularisierte christliche Vorstellung von der Gottesebenbildlichkeit jedes Menschen.[10]

Ein der Würde des Menschen verpflichteter Staat darf aber seine eigenen Gesetze nicht so interpretieren, daß er dem Bürger mehr abverlangt, als den Gesetzen zu gehorchen. Nicht verlangen darf er, daß der Bürger quasireligiöse, metaphysische Offenbarungen glaubt. Das wird ihm aber abverlangt, wenn er unter der Würde des Menschen amtlich eine „fundamentale Gleichheit der Menschen“ verstehen und an sie glauben soll, weil diesem „fundamental“ ein religiöser, moralischer oder metaphysischer Inhalt beigelegt wird.

„Die westliche Auffassung von Freiheit und Gleichheit mag eine willkürliche Setzung sein, die einer Offenbarung weit ähnlicher ist als strenger deduktiver Logik,“[11]

DI FABIO Die Kultur der Freiheit, 2005, S.114.

seufzte Di Fabio. Dem Bürger „Glauben“ an eine nicht im Gesetz stehende, erst durch verfassungsschützerische Formulierungen herausdestillierte „fundamentale Gleichheit der Menschen“ abzuverlangen, würde seinerseits die Würde der Bürger schwer beeinträchtigen. Wesentlicher Inhalt seiner Würde ist nämlich, zu glauben, was immer er will. Wir benötigen keinen Verfassungsschutz als Glaubenspolizei.

Worum es dem Grundgesetz geht: Dem Staat muß jeder Mensch gleich viel „wert“ sein:

„Selbstverständlich enthält die Aussage: ‚Alle Menschen sind … gleich‘ einen Rechtssatz, der wie jeder Rechtssatz zwischen Wert und Unwert unterscheidet. Selbstverständlich ist dies freilich offenbar nur für Menschen, die den Sprachgebrauch juristischer Texte kennen.“[12]

Günter DÜRIG, in: Maunz-Dürig-Herzog, Kommentar zum Grundgesetz, Lieferung 31, Art. 3 I GG, Rdn.4.

Seine „Gleichheit“ vor dem Gesetz wurzelt in der Menschenwürdegarantie des Art.1 GG und gibt ihm unter anderem auch die „Freiheit vor Furcht und Not, die Freiheit vor Unsicherheit gegenüber einem Staat, der über das Humanum durch Tun oder Unterlassen willkürt“.[13] Darum darf der Staat auch nicht Bürger auf seiner Webseite als Verfassungsfeinde stigmatisieren, nur weil diese die Verfassung zwar gern als Gesetz anerkennen, sich aber weigern, ihren Grundwert der Menschenwürde metaphysisch zu interpretieren und quasi religiös zu glauben. Das Verfassungsrecht unterscheidet zwischen dem gesetzten Recht und seinem „überpositiven Gehalt“. Dieser Gehalt besteht in etwaigen Glaubenssätzen, die den Gesetzgeber bewegt haben mögen. Der Parlamentarische Rat als Verfasser des Grundgesetzes hat dieser Vorstellung nach eingehender Erwägung keinen Ausdruck gegeben:

„Die im Parlamentarischen Rat verbreitete Ansicht, das Grundgesetz übernehme mit der Menschenwürdeklausel ‚deklaratorisch‘ einen Staat und Verfassung vorgeordneten Anspruch ins positive Recht, hat aber immer noch beachtliche Suggestivkraft und wirkt auch in metaphysischen Interpretationsansätzen fort. Das zähe Festhalten am überpositiven Charakter der Menschenwürdegarantie und deren Deutung als verfassungsrechtliche Einbruchstelle für naturrechtliche Vorstellungen in Teilen der deutschen Staatsrechtslehre muß überraschen. Denn schon im Parlamentarischen Rat vermochte sich der ausdrückliche Bezug zu den naturrechtlichen Grundlagen der Menschenwürde nicht durchzusetzen.“[14]

DÜRIG a.a.O., Rdn.17

Die Aufforderung, die Menschenwürde dürfe auch im Rahmen verfassungsrechtlicher Betrachtungen nicht allein staatlicher Exegese überantwortet werden, gehe ins Religiöse, kritisiert zu Recht der Verfassungsrechtler Günter Dürig. Wir benötigen keine religiöse Interpretation unserer staatlichen Grundnorm. Er resümiert:

„Für die staatsrechtliche Betrachtung sind demnach allein die (unantastbare) Verankerung im Verfassungstext und die Exegese der Menschenwürde als Begriff des positiven Rechts maßgeblich. Wer dies bestreitet, kann nur das Hohepriestertum seiner persönlichen Ethik und deren Überzeugungskraft in der Gemeinschaft der Würdeinterpreten setzen.
Verfassungsauslegung mit prognostizierbaren Ergebnissen läßt sich so nur in einer religiös und weltanschaulich homogenen Gemeinschaft erreichen – oder mit Intoleranz gegenüber allen, denen der rechte Zugang zu Gewißheiten einer überpositiven Werteordnung versagt ist.“

Dürig am angegebenen Ort, Kommentar zum Grundgesetz

Dieser Beitrag wird im Rahmen einer größeren Ausarbeitung fortgesetzt werden.



[1] Uwe BACKES, Gestalt und Bedeutung des intellektuellen Rechtsextremismus in Deutschland, Aus Politik und Zeitgeschichte Bd. 46 / 2001, S.24.

[2] BACKES 2001, S.27.

[3] Julika ROSENSTOCK, Vom Anspruch auf Ungleichkei, Über die Kritik am Grundsatz bedingungsloser Menschengleichheit, gedruckt mit freundlicher Unterstützung des Zentrums für Antifeminismusforschung der Technischen Universität Berlin, gefördert durch die Heinrich-Böll-Stiftung, 2015, S.24.

[4] Rosenstock a.a.O., S.49

[5] Udo Di Fabio, Die Kultur der Freiheit, 2005, S.114.

[6] Rosenstock a.a.O., S.260.

[7] Rosenstock a.a.O., S.250 f.

[8] ROSENSTOCK a.a.O., S.242 f.

[9] Webseite des Bundesamts für Verfassungsschutz, abgerufen am 19.11.2019:  https://www.verfassungsschutz.de/de/service/glossar/rechtsextremismus

[10] Udo Di Fabio, a.a.O. S.114, ebenso Matthias Herdegen, in: Maunz-Dürig-Herzog, Kommentar zum Grundgesetz, Lieferung 44, Art. 1 I GG Rdn.7.

[11] Di Fabio a.a.O., S.114.

[12] Günter Dürig, in: Maunz-Dürig-Herzog, Kommentar zum Grundgesetz, Lieferung 31, Art. 3 I GG Rdn.4.

[13] Dürig a.a.O.

[14] Dürig a.a.O., Rdn.17