Humanitarismus – Die Religion der Gottlosen

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Der Humanitarismus wäre nicht die erste Religion ohne Gott. Vor altersgrauer Zeit glaubte man an eine Natur voller beseelter Bäume, Tiere, Pflanzen und Quellen. Die Menschen fühlten sich als Teil von ihr.

Es vergeht kein Tag, in denen nicht irgend jemand etwas „aus humanitären Gründen“ von uns verlangt. Der Humanitarismus ist zur neuen Religion geworden und hat strenge Gebote. Wir werden uns hier überzeugen, daß er eine echte Religion ist, die Religion unserer nur scheinbar unreligiösen Zeit.

Jede Epoche hat ihre eigene Metaphysik. Nicht jede Religion paßt zu jedem Gesellschaftssystem. Je nach ökonomischen, demografischen und historischen Rahmenbedingungen wandelt sich der zeitbedingte Inhalt des Glaubens; strukturell ändert sich dabei aber nichts. Jede Gesellschaftsstruktur hat eine objektive Funktionsweise. Ihre mentale Hauptströmung muß dieser entsprechen. Heute läßt der Humanitarismus die industrielle Massengesellschaft funktionieren. Sie ist ein Sein, das unser religiöses Bewußtsein bestimmt.

Die Masse der Menschen muß an die tragenden Prinzipien einer Gesellschaft glauben, damit sie funktioniert. In den Tiefenschichten weit unterhalb des Bewußtseins lenkt uns ein jeweiliger Glaube. Wir wollen dieses Unhinterfragte hier hinterfragen, analysieren und werden zu dem Ergebnis gelangen, daß es eine echte Religion bildet.

Der Glaube an „den Menschen“

Offenkundig kann es in den Köpfen der großen Masse kein dauerhaftes Glaubensvakuum geben. Wer mit Erbschuld, Sünde und „froher Botschaft“ nichts anfangen kann, ersetzte in den meisten Fällen nur den Glauben an den biblischen Gott durch einen anderen Glauben: den an den Menschen

 „Der Mensch“ bildet den Dreh- und Angelpunkt einer neuen inoffiziellen Staatsreligion unserer Tage. Als höchstes Wesen trat er seit der Renaissance an die Stelle Gottes, und zwar gerade nicht irgendein wirklicher Einzel­mensch oder viele bestimmte Einzelmen­schen, sondern eine abstrakte Idee vom Menschen an sich. Wenn bisher Gott das sittliche Gute verkörperte, fiel diese Rolle jetzt dem Menschen zu. Das rief schon bald Spott hervor:

„Weil diese zur Menschlichkeit vollen­dete Sittlichkeit mit der Re­li­gi­on, aus der sie geschichtlich hervorge­gangen, sich völlig aus­ein­an­der­gesetzt hat,“ prognostizierte  Max Stirner 1845, „so hinderte sie nichts, auf eigene Hand Religion zu werden.“ Dazu komme es, wenn dem Menschen der Mensch das höch­ste We­sen sei: „Hat man da nicht wieder den Pfaf­fen? Wer ist sein Gott? Der Mensch? Was ist das Göttliche? Das Mensch­liche!“[1] Wenn Stirner die Humanität als die Staatsreligion des freien Staates bezeichnete[2], kommt er unserer Gegenwart auffällig nahe. Es wird wieder vergötzt.

Die neue Religion wird von vielen nicht bewußt wahrgenommen. Sie gibt dem verflochtenen Gewebe unserer Politik aber ihre eigene Struktur vor. Die Webfäden der neuen Religion prägen zutiefst ihr Erscheinungsbild. Unsere politischen Entscheidungsträger handeln nicht pragmatisch so, wie es unserem realen Interesse entspricht. „Humanitäre“ Ideale haben Vorrang. Sie handeln ideologisch, und ihre Ideologie beinhaltet einen religiösen Glauben. Wir sind ungewollt zu Glaubenskriegern geworden, die mit ihrem Humanitarismus die ganze Welt beglücken wollen.

Seine Verfechter sind tief gläubig. Während andere einen Gottesstaat auf Erden errichten wollen, vergötzen sie „den Menschen an sich“ und wollen „die humane eine Welt“ schaffen. Politik soll „menschlich“ sein. Sie sehen die bestehende Welt durch die Brille ihres Glaubens als ein humanitäres Jammertal. Ihre eigene und damit Deutschlands Mission sehen sie darin, global zu intervenieren, wo immer „die Menschenrechte verletzt“ werden oder sich irgend jemand „in Not“ befindet. Diese Politik ist in Afghanistan eindrucksvoll an der Realität zerschellt.

Sie gefährdet unsere eigene Existenz, besonders, wenn „aus humanitären Gründen“ immer weitere Völkerschaften in Deutschland angesiedelt werden. Diese haben freilich ihre eigenen Religionen und denken nicht im Traum daran, die Visionen unserer politischen Klasse für sich zu übernehmen. Gott zu vergessen und den Menschen zu vergöttern, erscheint ihnen als nicht zu duldende Gotteslästerung.

Der Text wurde 2022 von Die Deutschen Konservativen e.V. gedruckt und herausgegeben.

Das soll Religion sein?

Bilden die Fridays-For-Future-Kinder eine Religion? Gibt es überhaupt einen strukturellen Unterschied etwa zu Fronleichnamsprozessionen?

Wer konfirmiert oder gefirmt ist und in dem Glauben aufwuchs, man sei eben entweder kirchentreu, religiös oder gottlos, neigt zu einem engen Verständnis, was Religion ist. Wer von ihr spricht und nur an die Institution Kirche, und wer von Politik spricht, an den Staat denkt, übersieht:[3] Objektiv ist der Glaube an einen biblischen Gott nur eine von vielen Spielarten der Religiosität. Wer etwas wie ein Heiliges verehrt, ist religiös, ob das ein persönlicher Gott ist, der Weltgeist, eine spirituell geisterfüllte Schöpfung oder was auch immer. Im engeren Sinne Religion ist jeder Glaube an etwas den Menschen kategorial Übergeordnetes, dem man jedenfalls Übermenschliches zutraut, das als heilig verehrt werden muß und dem man besser gehorcht.

Politisches Denken hingegen unterscheidet den weltlichen Freund vom Feind, darin besteht sein Wesen.[4] Dieser muß weder böse noch häßlich sein, um zur eigenen Selbstbehauptung bekämpft zu werden. Politik kann sich aber der Religion bedienen oder unentwirrbar mit ihr verschmelzen. Dann wird der Gegner zum Ungläubigen, mit dem es keinen Frieden geben kann. Gläubige Massen lassen sich leichter mobilisieren. Sie gehen williger in den Tod, wenn sie in ihrem Opfer einen höheren Sinn sehen.

In einem weiter gefaßten, funktionalen Sinn gehört Religion in den Rahmen aller Vorstellungen, das Universum sei von Mächten oder ideellen Gesetzen erfüllt, die wir im gesellschaftlichen Bereich unbedingt zu beachten hätten. Weil sie keine physikalische, also in unserer materiellen Welt auffindbare Wurzel haben, nennt man sie metaphysisch.

Manche sind in staatlich erlassenen Gesetzen enthalten, aber etwas grundsätzlich anderes: Sie nehmen für sich ewige, vorstaatliche Geltung in Anspruch. Die Schwelle zur Religion wird überschritten, wo ein Staat seine Gesetzgebung nicht als Menschenwerk bezeichnet. Wo er behauptet, seine Gesetze seien von Götterhand diktiert oder bestätigten nur ein ewiges, universelles Gesetz, verwandelt er einen Teil der Bürger in Ungläubige. Diese gehorchen zwar willig dem staatlichen Gesetz, glauben aber nicht an die ewige Geltung seiner Grundannahmen.

Religion war es bereits, als Menschen sich vor Zeiten alles Lebende als beseelt vorstellten: Der Geist des erlegten Büffels wurde rituell besänftigt. Den Geistern Verstorbener ließ man im Steinkistengrab ein Seelenloch, damit der Geist nach Belieben aus- und einfliegen konnte. Bäume, Quellen, ja selbst Steine oder Berge enthielten ihren je eigenen Geist, mit dem man klugerweise nicht aneinandergeriet. Dieser Animismus kam noch ohne Götterpersonen aus und war doch vollendete Religion, von deren Inhalt wir nicht mehr viel wissen. Er lebt bei uns als Aberglauben und bei Eingeborenenstämmen in Naturreligionen fort.

Ohne diesen Geister- und Seelenglauben völlig zu verdrängen, legte sich eine religiöse Kulturschicht nach der anderen darüber: In christlicher Zeit sanken diese Geistwesen zu Unholden herab, bösen Geistern oder Gespenstern. Der Glaube an sie aber blieb.

Nicht nur Gottglaube ist Religion

Wer seine Interessen sozial wirksam einbringen will, gibt sie als Ausdruck über dem Menschen stehender – metaphysischer – Gesetzmäßigkeiten aus. Das wußte schon Machiavelli. Ein Mensch sieht in dem Augenblick seine Macht vermehrt, in dem er nicht mehr auf die eigenen, notwendig begrenzten Kräfte allein angewiesen ist, sondern seine Tätigkeit in Verbindung mit den höheren Kräften setzt, die in seinem Weltbild obwalten.[5] Was diese erfordern, konkretisiert sich in komplexen Ideologien. Ihnen liegt immer ein Glaube an nicht hinterfragbare – metaphysische – Axiome zugrunde.

Historisch haben solche umfassenden metaphysischen Systeme gewöhnlich die Form von Religionen angenommen. Auch ohne einen personalen Gott ist es Religion, wenn der Schamane eines Stammes die Geister der Ahnen beschwört oder der Medizinmann behauptet, jeder Baum, Fluß oder Stein habe eine Seele. Den Mächten des Himmels und der Erde ausgesetzt, vergötterte man die Naturkräfte und gab ihnen Namen. Die anthropomorphen Personifikationen von Göttern flossen in der Idee eines einzigen Gottes zusammen. Ihm schrieb man schließlich die Geltung von Geboten zu.

Gibt es auch Gebote ohne einen Gott, der sie erließ? Die neue Religion unserer Tage glaubt das. Sie nennt sie nur nicht so. Sie bezieht sich immer auf „den Menschen“ zurück und spricht etwa von Geboten der Humanität. Diese konkretisieren sich in allerlei hübschen …ismen, von denen jeder in bestimmter Funktion „der Humanität“ zuarbeitet:

So glaubt man denn heute an den Pluralismus[6],  einer Systemeigenschaft unserer industriellen Massengesellschaft. In Zeiten des Mangels galt Askese als ethisches Gebot. Heute glaubt man an „Selbstverwirklichungsideologien, die sehr oft mit allerlei Mystizismen oder Exotismen verflochten sind und den Massenkonsum des massenhaft Produzierten fördern, indem sie frühere ethische Hemmungen aus dem Weg schaffen.“[7] Man glaubt an die metaphysische Gleichheit aller Menschen und verteufelt jene Störenfriede, die kleinlaut auf gewisse empirische Unterschiede hinweisen. Es gehört zu den typischen Merkmalen vieler Religionen und metaphysischer Weltdeutungen, Hirngespinste zur Erklärung realer Phänomene heranzuziehen und sich bis zur Weltflucht in sie hineinzusteigern.

Diese drehen sich neuerdings um „den Menschen“, ein Abstraktum, daß angeblich „frei geboren“ sein soll und doch überall in Ketten liege. Schon 1845 prophezeite Max Stirner:

„Die Bestrebungen der Neuzeit zielen dahin, das Ideal des »freien Menschen« aufzustellen. Könnte man’s finden, gäb’s eine neue – Religion, weil ein neues Ideal, gäbe ein neues Sehnen, ein neues Abquälen, eine neue Andacht, eine neue Gottheit, eine neue Zerknirschung.“

Max Stirner[8]

Die Gottesebenbildlichkeit „des Menschen“

Man glaubt heute „im Westen“ an das Abstraktum eines Menschen an sich, dem das vor Zeiten nur Gott zukommende Attribut der Würde zugemessen wird. Nicht nur

„alle prägnanten Begriffe der modernen Staatslehre sind säkularisierte theologische Begriffe.“

Carl Schmitt[9]

So ist die „Omnipotenz des modernen Gesetzgebers, von der man in jedem Lehrbuch des Staatsrechts hört, nicht nur sprachlich aus der Theologie hergeholt.“[10] Mehr noch: Alle ideologischen Begriffe und Phrasen unserer Zeit sind ohne ihre theologischen Vorläufer nicht erklärlich, was ihren religiösen Kern enthüllt. Udo Di Fabio, 1999 bis 2011 Richter am Bundesverfassungsgericht, identifizierte als materiellen Kern der Idee und den Sinn des Begriffs „Würde des Menschen“ die säkularisierte christliche Vorstellung von der Gottesebenbildlichkeit jedes Menschen:[11]

„Der moderne Ursprung dieser radikalen Idee liegt auf der Hand. Der Humanismus, repräsentativ verewigt durch die kleine Schrift Pico della Mirandolas über die Würde des Menschen, beginnt die Konstruktion seines Ideengebäudes mit einer im Grunde nur notdürftig kaschierten Gotteslästerung. Die biblische Offenbarung, wonach jeder einzelne Mensch ein Ebenbild Gottes sei, wird von seinen transzendenten theologischen Wurzeln und den praktischen Demutsermahnungen getrennt. Die jeweils einzelne Gottesebenbildlichkeit wird zur Identität des Menschseins schlechthin gemacht, wenn jeder Mensch auf Erden in den Rang eines gottgleichen Schöpfers erhoben wird und jeder als Schöpfer seines Schicksals, im Range gleich.“

Udo Di Fabio[12]

Das hat unmittelbare Folgen für die Position des Ich im Kosmos: Es rückt in sein Zentrum. Egozentrisch beurteilt man alles andere danach, wie es sich für das zarte Ego „anfühlt“. „Jede Frage des Lebensstils, jeder Lebensentwurf will nun genau bedacht sein. Es entsteht das, was der Soziologe Ulrich Beck die postreligiöse Theologisierung des Alltags genannt hat: »Die Entscheidungen der Lebensführung werden ‹vergottet›. Fragen, die mit Gott untergegangen sind, tauchen nun im Zentrum des Lebens neu wieder auf.« Es gibt keine belanglosen Entscheidungen mehr. Alles wird wichtig und bekommt Bedeutung. Jede Lebenshandlung hat nun symbolischen Gehalt. Jeder Einkauf, jeder Jobwechsel, jeder Sexualpartner wird zu einem Bekenntnis für einen bestimmten Lebensentwurf. Das Ich ist sein eigener Erlösergott geworden.“[13] Damit ist die Infantilisierung der neuen Gläubigen perfekt.

Ganz anders sieht ein auf Gott zentriertes Weltbild aus. Aus traditionell christlicher Sicht erscheint ein Glaube, der den Menschen statt Gottes in den Mittelpunkt der Verehrung stellt, als Häresie. Zum Wesenskern des Christentums gehört der Glaube an die Sündhaftigkeit des Menschen. Ihretwegen hätten wir vor seinen Augen allenfalls aus göttlicher Gnade und Liebe Bestand. Keinesfalls seien aber alle Menschen von Natur aus gut, im Gegenteil.

Der katholische Spanier Donoso Cortés beschrieb es 1851 so:

„Richtet die Augen auf den endlosen Strom der Zeiten und seht, wie trübe und kotverschmutzt die Wasser dieses Flusses daherkommen, den die Menschheit befährt: Am Bug des Schiffes stehen Adam, der Rebell, und dann Kain, der Brudermörder, und hinter diesem der Haufe von Leuten ohne Gott und ohne Gesetze, Gotteslästerer, Konkubinarier, Blutschänder, Ehebrecher, selbst die wenigen, die Gott verherrlichen, vergessen zuletzt Seine Glorie und Seine Herrlichkeiten, und gemeinsam fahren alle, mit aufrührerischem Geschrei, auf dem geräumigen Schiff ohne Kapitän die schmutzigen Stromschnellen des großen Flusses hinab, mit schrecklichem und jähzornigem Jauchzen wie eine meuternde Besatzung. Und sie wissen nicht, wohin sie fahren, noch woher sie kommen, noch wie das Schiff heißt, das sie trägt, noch welcher Wind sie voranstößt. Wenn sich von Zeit zu Zeit eine düstere, prophetische Stimme erhebt und ruft: »Wehe den Schiffern! Wehe dem Schiff!«, so hält das Schiff doch nicht an, noch hören die Schiffer zu; und die Wirbelstürme rasen heftiger, und das Schiff beginnt, in den Spanten zu ächzen, und weiter gehen die unzüchtigen Tänze und die üppigen Gelage, die Salven irren Gelächters und das wahnsinnige Lärmen, bis, in einem feierlichen Augenblick, dies alles plötzlich endet: die üppigen Gelage, die Salven irren Gelächters, das Ächzen des Schiffes und das Heulen der Wirbelstürme. Über all das breiten sich die Wasser, und die Stille ist über den Wassern, und Gottes Zorn ist über den stillen Wassern.“

Juan Donoso Cortés[14]

Ein völlig anderes Menschenbild spricht dagegen aus den Vertretern des Humanitarismus. Linkshegelianern war schon im 19. Jahrhundert klar, daß die Menschheit jetzt an die Stelle Gottes treten müsse, und sprachen es nicht weniger entschieden aus als Proudhon.[15] Die „Meuterei“ auf dem metaphorischen Schiff „Menschheit“ war vollbracht.

Menschenreligion statt Gottesreligion

Der Glaube an Gott und seine göttliche Würde ist dem Glauben an den Menschen an sich und an menschliche Würde gewichen. Auf religiöser Ebene war das die zwangsläufige Konsequenz, jetzt den Menschen an sich zum Gegenstand religiöser Verehrung erhoben zu haben. Ist er nämlich nach Gottes Bilde und Gottes Würde gottgleich, dann ist er aus religiöser Sicht entsprechend zu vergöttern.

Aus politischer Sicht führt das umstandslos zu einer humanitären Ideologie, die etwas quasi Göttliches in jeden einzelnen Menschen projiziert. Gott wird als waltende Person verabschiedet oder neutralisiert, indem man ihm nur noch die Rolle eines ersten Urhebers zuweist, der sich später zur Ruhe gesetzt hat. Er löst sich im pantheistischen Weltbild gewissermaßen in seine Bestandteile auf. Das Göttliche wohnt dann nicht mehr jenseits im Himmel, sondern ist jedem Menschen immanent.

Schon 1847 war Pierre Joseph Proudhon aufgefallen, daß der Sozialismus „den Menschen vergöttlicht, indem er das Dogma vom Sündenfall verwirft und somit Gott, der hinfort zur Vervollkommnung seiner Kreatur überflüssig ist, entfernt.“[16] Objekt der Anbetung in der neuen Menschenreligion ist der Mensch, allerdings kein bestimmter, sondern die abstrakte Vorstellung seiner neuen Priesterkaste von einem Menschen an sich. Sie mißt jetzt ihm die vormals Gott vorbehaltenen Attribute wie das der Würde zu.

Le Bon hatte in seinem Werk betont, daß eine Religion keines Gottes im Jenseits bedarf: „Nicht nur wenn man eine Gottheit verehrt, ist man religiös.“[17] Auch wer zu der Sozialreligion unserer Epoche bekehrt ist, dient und opfert ihr willig – sogar eigene Interessen. Anders ist es nicht zu verstehen, daß immer wieder Parteien gewählt werden, die uns den Großteil unseres Erarbeiteten wegnehmen und umverteilen. „Das Ziel dieser Heilsbekehrung ist erreicht, wenn der Mensch sich im Glauben an ein zukünftiges Ganzes einer „neuen Gesellschaft“ gegen seine konkreten, zeitlich und sozial beschränkten Interessen wendet. […] Auf diese „Bewußtseinsänderung“ zielt die neue Heilsreligion.“[18]

Die mittelalterliche Scholastik hatte an ewig gültige Wahrheiten geglaubt, die uns durch die Bibel offenbart seien und die unveränderlich für alle Zeiten feststünden. Im 19. Jahrhundert nahm man dagegen die ständige „Bewußtseinsveränderung“ und den Wandel religiöser Anschauungen wahr. Aus religiöser Warte beteiligte sich daran der Rabbiner Samuel Hirsch (1815-1889). Er sah die Glaubensverschiedenheiten durch einen historischen Prozeß bedingt. „Sein Resultat ist die Religion der Neuzeit, der Toleranz, nicht aus Indifferentismus, sondern aus Religion, der Humanität, der Menschlichkeit, der wahren, praktischen, glaubensinnigen Liebe.“[19] Daß die Humanität sich zur Religion hin entwickelte, hat man damals noch schärfer erkannt als heute. Die religiöse Verehrung des Menschen bildete „die letzte Metamorphose der christlichen Religion.“[20]

Sie begrub nicht nur den traditionellen Bibel- und Gottglauben des Christentums, sondern verwandelte auch einen Teil des Judentums. „Dieselbe Zeit, welche in den christlichen Kirchen dem Geiste der Aufklärung Bahn brach, ließ den Talmudismus der Humanitätsreligion erliegen. Die tiefsten Ursachen dieser gewaltigen Veränderung liegen so wenig im Judentum als in den christlichen Kirchen. Es sind die, die allgemeine Kulturentwicklung tragenden Ideen, welche auf alle religiösen Gemeinschaften gleich sehr einwirkten.“[21] In diesem Sinne unterschied der Theologe David Friedrich Strauß (1808-1874) den „historischen Jesus“ von einem in der menschlichen Natur liegenden Urbilde des Menschen, wie er sein soll.“ Das unabweisbare Ergebnis der neueren Geistesentwicklung sei die „Fortbildung der Christusreligion zur Humanitätsreligion.“[22]

Peinlich berührt durch die Einordnung als Religion nennen ihre modernen Gläubigen sie jetzt Humanitarismus. Am liebsten verzichten sie auch auf diesen Begriff und behaupten ohne weitere Begründung, ihr „humanitäres“ Anliegen sei schlechterdings Menschenpflicht. Sie nehmen für sich gern Rationalität in Anspruch. Wer ihnen diese angebliche Pflicht auferlegt haben soll, welchen religiösen Kern sie hat oder wie sonst man sie philosophisch begründen könnte, vermögen sie aber gewöhnlich nicht zu hinterfragen. Wo ihr Glaube beginnt, hört ihre Rationalität auf.

Von der Transzendenz zur Immanenz

Die philosophische Aufklärung ließ es immer weniger Gelehrten plausibel erscheinen, es gebe ein transzendentes Jenseits, in dem Gott, Engel und dergleichen wohnen und von wo aus Gott waltet. „Die große Linie der Entwicklung geht zweifellos dahin, daß bei der Masse der Gebildeten alle Vorstellungen von Transzendenz untergehen und ihnen entweder ein mehr oder weniger klarer Immanenz-Pantheismus oder aber eine positivistische Gleichgültgkeit gegen jede Metaphysik evident wird.[23]

Die Immanenz-Metaphysik liegt dem seit dem 17. Jahrhundert aufblühenden Naturrecht zugrunde. Naturrechtler retteten die wichtigen Grundregeln des sozialen Zusammenlebens vor der Beliebigkeit, indem sie diese in den Menschen hineinverlegten: Ihre Immanenzmetaphysik besagt: Jedem Menschen wohnen von Geburt an moralische Eigenschaften inne:

Erst projizierten sie ihre Moralvorstellungen in ihren „Menschen an sich“ hinein. Dann holten sie diese wie die Kaninchen aus dem Zylinder als Sollensforderungen wieder aus ihm heraus: „Der Mensch“ sei von Natur aus nett, sollte folglich nett zueinander sein. Er sei gut und töte nicht, also sollen wir nicht töten, nicht stehlen, nicht die Ehe brechen und so fort. Der Ursprung  der altbekannten Gebote wurde vom göttlichen Befehl zu einer allgemeinen Eigenschaft „des Menschen“ umgedeutet. Um dem Vorwurf der Gottlosigkeit zu entgehen, verteidigten sie sich treuherzig: Genau so habe Gott die Menschen eben geschaffen: mit eingebauten moralischen Geboten gewissermaßen. Wer gegen sie verstoße, handele „inhuman“. Daß zum menschlichen Verhalten leider auch Grausamkeit, Neid, Mißgunst und Haß gehören, verdrängten sie großzügig. Sie sehen das nicht als menschliche Verhaltensweisen an, sondern als unmenschliche.

Ohne einen Gott als letzte Ursache läßt sich aber nicht begründen, im Menschen wohnende moralische Gebote müßten schlechterdings befolgt werden. Wer das Natur­recht als ohne Gott be­ste­­hend auf­­faßt und ein Ge­setz ohne Gesetz­ge­ber annimmt, schnei­det ihm nach Mei­nung von Heinec­cius‘ 1733 erschienenem Lehrbuch des Natur­rechts den Le­bens­­­nerv durch.[24]

 Bis heu­te steht darum hinter allem Naturrecht bis hinein in Ur­teile der höchsten Bun­des­gerichte nach dem Eingeständ­nis des er­­sten BGH-Prä­sidenten „un­aus­gespro­chen die Vor­stel­lung, das schlecht­­­hin Verbindliche der Ord­nung der Werte und des dar­aus ent­sprin­­genden naturrechtli­chen Sol­lens beruhe auf göttlicher Set­zung.“[25]

Wer die allen Menschen immanenten Vorschriften beherzige, so lehrte das Naturrecht, verhalte sich also „menschlich“, handele wahrhaft human. Wer sie aber nicht so beachte, wie die Humanisten sie sich dachten, galt künftig als inhuman. Der Humanismus als Weltanschaung war geboren. Die alten Gebote hatte man aus dem Zeitalter transzendenter Gewißheiten in die neue Epoche hinübergerettet und krönte sie mit der Behauptung: Wenn jedem Menschen etwas Göttliches immanent sei, Gott persönlich aber zur Zeit nicht auffindbar, dann sei jedenfalls der Mensch an sich das höchste Wesen – jedenfalls unter den praktisch greifbaren. Er fällt darum keineswegs zusammen „mit jedem beliebigen Menschen – von ‚Tyrannen‘, ‚Massenmördern‘ oder dem dummen Nachbarn ganz zu schweigen -, sondern er ist mit der jenseits der Erfahrung liegenden Idee des Menschen identisch, die als Quelle von Pflichten und Rechten dient.“[26]

Offenbar können politische Positionen heute nicht wirksam propagiert und durchgesetzt werden, wenn ihnen keine religiösen Annahmen zugrundeliegen. Zu ihrer Begründung beruft man sich aber nicht mehr auf einen transzendenten Gott, sondern auf den Menschen immanente göttliche Eigenschaften wie die Würde, die Gerechtigkeit und eine Reihe weiterer Dogmen. Ihnen ist in ihrer Summe, ihrem inneren Zusammenhang und ihrer logischen Abhängigkeit voneinander die religiöse Qualität nicht abzusprechen.

Der Zeitgeist

Jede Epoche hat ihren Zeitgeist: die Summe aller ideellen, das Sozialverhalten und die gesellschaftlichen Verhältnisse prägenden Vorstellungen. Die Masse der Menschen nimmt sie unhinterfragt als Selbstverständlichkeiten hin, als Maßstab ihrer gesellschaftlichen Normalität. Heutige Menschen bemerken nicht unbedingt, wenn ihre tiefsten Überzeugungen materiell religiös sind und mit unerschütterlicher Glaubensgewißheit verteidigt werden. Diese Gewißheit bleibt nicht zurück hinter der tiefen Gläubigkeit des Mittelalters. Mit ihr wappneten sich unsere Vorfahren seelisch gegen die regelmäßigen Heimsuchungen von Krieg, Hunger und Tod.

Befehle für unser Verhalten im Diesseits schöpfte man damals aus dem Jenseits. Hans Maier (2017) hat darauf hingewiesen, daß die Christen seit Konstantin immer wieder darauf verfielen: „Allzu nahe lag die Versuchung, auch in christlichen Zeiten Himmel und Erde immer wieder durch ein forderndes »Gott will es!« kurzzuschließen und so den welttranszendenten Gott in irdische Kämpfe und Konflikte zu verstricken. Man kann diese Linien bis in die Gegenwart hinein ziehen. Immer wieder kommt es auch in der Moderne zu Regressionen in die mythische Einheit von Kult und Politik.“

Es sind zwar völlig andere Gewißheiten, die in unserer Massengesellschaft an die Stelle der alten religiösen getreten sind. Sie vermochten jene aber nicht völlig zu verdrängen. Ein harter Kern gläubiger Christen glaubt auch heute unverbrüchlich, was er in Konfirmandenunterricht oder in Bibelstunden einst gelernt hatte. Er lebt geistig ebenso in einer anderen Epoche wie eingewanderte Moslems. Deren Uhren sind vor der Aufklärung stehengeblieben, während sich unser Christentum mit ihr versöhnt hat.

In der Religionsgeschichte gibt es keine „Aufwärts“-Bewegung im Sinne einer sich immer weiter perfektionierenden Religion. Das Christentum ist eine von vielen heutigen und noch mehr verflossenen Religionen und verändert sich mit der Zeit ständig. Zwischen dem „Gott, der Eisen wachsen ließ“ und dessen Priester Waffen segneten und der Vorstellung eines Jesus in ökologischen Ledersandalen mit Jute-Täschchen aus fairem Handel klaffen Abgründe. Die Masse benötigt keinen Erlöser mehr, weil ihr das Konzept der Sünde völlig fremd geworden ist.

Umbruchzeiten

Solange die materiellen Lebensbedingungen sich nicht ändern, können solche Herrschaftssysteme über Jahrhunderte stabil bleiben. Umbrüche wie die industrielle Revolution aber machen die spirituellen Grundlagen alter Ordnungen brüchig. Das raubt der bisherigen Herrschaft die ideelle Legitimität: den Glauben der Beherrschten daran, daß genau diese Regierung mit universell geltenden Regeln in Einklang herrscht.

Es gab eine Reihe historischer Umbrüche, denen tiefgreifende Veränderungen der Lebensverhältnisse mit  ebenso grundlegender Neuausrichtung des Weltbildes folgten. Die Transformation der frühmittelalterlichen Stämme-Gesellschaft in das Universalität beanspruchende karolingische Imperium besiegelte den Untergang der vorchristlichen Gedankenwelt. Dem neuen Glauben an einen Schöpfergott, der die Welt geschaffen hat und das Himmelreich regiert, entsprach ein Verständnis menschlicher Herrschaft mit einem alles regierenden König oder Kaiser an der Spitze.

Im Einklang mit dieser Vorstellung legitimierten sich über weitere tausend Jahre Monarchien, zuletzt „von Gottes Gnaden“. Der Monarch der frühen Neuzeit regierte auf Erden so souverän wie Gott im Himmel. Es gehört

„zur Soziologie des Souveränitätsbegriffes jener Epoche, zu zeigen, daß der historisch-politische Bestand  der Monarchie der gesamten damaligen Bewußtseinslage der westeuropäischen Menschheit entsprach und die juristische Gestaltung der historisch-politischen Wirklichkeit einen Begriff finden konnte, dessen Struktur mit der Struktur metaphysischer Begriffe übereinstimmte. Dadurch erhielt die Monarchie für das Bewußtsein jener Zeit dieselbe Evidenz, wie für eine spätere Epoche die Demokratie. […] Das metaphysische Bild, das sich ein bestimmtes Zeitalter von der Welt macht, hat dieselbe Struktur wie das, was ihr als Form ihrer politischen Organisation ohne weiteren einleuchtet.“[

Panajotis Kondylis27]

Das Rad der Geschichte drehte sich und brachte im 19. Jahrhundert ein aufgeklärtes besitzendes Bürgertum an seine Sonnenseite. „Der Souverän, der im deistischen Weltbild, wenn auch außerhalb der Welt, so doch als Monteur der großen Maschine verblieben war, wird radikal verdrängt. Die Maschine läuft jetzt von selbst.“[28] Gott waltete nicht mehr persönlich: In seiner perfekte Schöpfung bilden antagonistische Kräfte und Prinzipien ein ausgeglichenes, in sich harmonisches Ganzes, geradezu wie ein gut geöltes Uhrwerk, in dem kein Rädchen fehlen darf. Gerade so stellte sich der Liberalismus als geistige Hauptströmung der Epoche ein Staatswesen vor: Wie Gott nicht mehr persönlich regierte, sollte der konstitutionelle Monarch die Gesellschaft sich selbst regieren lassen, wobei dem Bürgertum selbst im Parlament die naheliegende Führung zufallen sollte. Die Metaphysik der Politik bestand im Wunderglauben, durch Diskussion und Parlamentsreden könne so etwas wie gesellschaftlich gültige Wahrheit erzeugt werde.

Für den  politischen Libe­ra­lis­­­mus mit seinen spezifischen verfas­sungsrechtlichen Vorstellun­gen ist evident, es entstehe eine Art von Ordnung aus dem Nichts, wenn jeder Mensch unbeeinträchtigt von Herr­­­schaft tun darf, was er möchte. Auf der ökonomischen Seite werde die ungeregelte Kraft des Marktes – wie von unsichtbarer Hand – zum größtmöglichen Wohlstand für alle führen. Daß Wahrheit aus dem diskursiven Nichts erzeugt werden und eine unsichtbare Hand die freien Marktkräfte zur größten Prosperität aller lenken werde, steht dem Glauben an die unbefleckte Empfängnis und die Fleischwerdung Gottes an religiöser Kraft in nichts nach. Der politische Liberalismus seit dem 19. Jahrhundert und der ökonomische Liberalismus erfordern in ihrer tiefsten Schicht echte Religiosität.

Das „dritte Zeitalter“ und sein „Dux“

Geistesgeschichtlich waren die Kommunisten und Nationalsozialisten Kinder des 19. Jahrhunderts. Beide Ideologien hatten ihre spezifische Metaphysik und stützten ihren unumschränkten Herrschaftsanspruch auf sie. Sie benutzten ganz offen äußere Formen des christlichen Kultes.

Der Begriff des Dritten Reiches ist mehrdeutig und hatte bereits ein religiöses Vorbild. Der Zisterziensermönch Joachim von Fiore (um 1135 bis um 1202-05) teilte die Geschichte in die drei Zeitalter [status] des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Dem Beginn des dritten werde die Ankunft eines ersten Antichristen vorausgehen, der von einem Führer [dux] und Begründer des dritten Reiches[29] besiegt werde[30] Viele führende Nationalsozialisten durften auf dem schmalen Grat zwischen Modernismus auf der einen, aber Esoterik, „Gottgläubigkeit“ und Mystizismus auf der anderen Seite keinen falschen Schritt tun. Sie übernahmen gern die gedankliche Struktur und den religiösen Inhalt des mittelalterlichen Erlösungsglaubens und übertrugen ihn auf ihren eigenen Führer und ihr Drittes Reich.

„Die christliche Reichsapokalypse und der Symbolismus des Spätmittelalters bilden den geschichtstiefen Untergrund der apokalyptischen Dynamik in den modernen politischen Religionen“, erkannte 1938 Erich Vögelin. Er lebe fort „im Symbolismus des 19. und 20. Jahrhunderts, in den drei Reichen der Marx-Engels’schen Geschichtsphilosophie, im dritten Reich des Nationalsozialismus, im faschistischen dritten Rom, nach dem antiken und dem christlichen.“[31] Die Staatsideologie jedes dieser Systeme wies starke religiöse Komponenten auf. Sie zeigen sich im Ritus, der Symbolik, Heilsversprechen und Erlösungshoffungen.

Auch von den inneren Spannungen und Spaltungen des Soziallebens erhofften die modernen Gläubigen sich Erlösung. Die christliche Liebesgemeinschaft setzte sich im französischen Solidarismus fort. Von den Denkern der Dritten Republik wurde sie anerkannt und als die säkularisierte christliche Caritas gedeutet. Vom urchristlichen Gedanken der Gleichheit zehrten seit dem 19. Jahrhundert alle sozialistischen Strömungen: erst der Sozialismus, später auch der Nationalsozialismus. Beide erwiesen sich damit – auch – als Häresien ihres christlichen Vorbildes. „Die innerweltliche Religiosität in der Moderne, und damit der »Abfall von Gott«, liegt [..] keineswegs nur in der Vergötzung des Volkes vor, sondern auch in dem Enthusiasmus und der Hingabe an die Idee der welterlösenden »Klasse«, wie sie im Marxismus lebendig ist.[32]

Eine politische Bewegung kann nicht beliebig religiöse Kultformen übernehmen, religiöse Denkstukturen benutzen und ihre Lehren im Modus eines Glaubens verkünden, ohne dabei selbst auch zur Religion zu werden. Daß die Großideologien des 20. Jahrhunderts auch Religionen waren und dabei mit den etablierten Kirchen konkurrierten, war ein wesentlicher Aspekt und Grund ihrer zeitweisen Erfolge.

Religion für die Massengesellschaft

Noch fruchtbarer für unsere Überlegungen und die Gegenwart ist der welthistorische Umbruch zur Massengesellschaft, der zu massenhafter Produktion von Gütern und ihrem massenhaften Konsum führte.

Die traditionelle Religiosität wurde durch den Anspruch von Technik und Wissenschaft verdrängt und alle Metaphysik als Obskurantismus verdächtigt. Weltdeutungen erkannte man als nur relativ gültig an, nämlich abhängig vom persönlichen Standpunkt. Wenn aber alle Standpunkte prinzipiell gleichwertig sind, scheidet jede Form der Verkündung einer Wahrheit von oben ebenso aus wie jede Regierung, die sich auf eine solche „Wahrheit“ stützt. Dann bleibt die Demokratie als „Ausdruck eines politischen Relativismus und einer wunder- und dogmenbefreiten, auf den menschlichen Verstand und den Zweifel der Kritik gestützten Wissenschaftlichkeit.“[33]

Diesen Anspruch erheben die europäischen und amerikanischen Eliten bis heute und stützen ihre wirtschaftliche und politische Macht auf ihn. Die deutsche Regierungspolitik versuchte vor allem in Merkels Zeit den Eindruck zu vermeiden, auf politischen oder ideologischen Entscheidungen zu beruhen: Lieber wurden diese als alternativlose Sachentscheidungen ausgegeben.

Die öffentliche Debatte wird aber bestimmt durch ideologische Argumente, hinter denen eine in sich kohärente Metaphysik steht. Die Religion ist wiedergekehrt. Sie zeigt sich lediglich in anderen Formen. Die Religion der menschlichen Gleichheit bildet die notwendige religiöse Grundierung der industriellen Massengesellschaft. Sie löste die Epoche des Bürgertums ab: Die Gleichheit stieg zum religiösen Gebot der Massen auf, als die Epoche des Bürgertums endete:

„Das Bürgertum hat Grenzen; es gehört zur Kultur; es umfaßt im besten Sinne alle ihre Zugehörigen, und zwar unter der Bezeichnung Volk, populus, demos, wobei Adel und Priestertum Geld und Geist, Handwerk und Lohnarbeit als Einzelbestandteile in ihn eingeordnet werden. Diesen Begriff findet die Zivilisation vor und vernichtet ihn durch den Begriff des vierten Standes, der Masse, der die Kultur mit ihren gewachsenen Formen grundsätzlich ablehnt. Es ist das absolut Formlose, das jede Art von Form, alle Rangunterschiede, den geordneten Besitz, das geordnete Wissen mit Haß verfolgt. Es ist das neue Nomadentum der Weltstädte, für das die Sklaven und Barbaren in der Antike, der Tschudra in Indien, alles, was Mensch ist, gleichmäßig ein flutendes Erwas bilden, das mit seinem Ursprung gänzlich zerfallen ist, seine Vergangenheit nicht anerkennt und eine Zukunft ncht besitzt. Damit wird der vierte Stand zum Ausdruck der Geschichte, die ins Geschichtslose übergeht. Die Masse ist das Ende, das radikale Nichts.“

Oswald Spengler[34]

Dieses Nichts bildet aber kein ideologisches oder metaphysisches Vakuum, sondern beruht auf eigenen Glaubensinhalten, die der objektiven Struktur der Massengesellschaft entsprechen. Seit hundert Jahren wurde der innere Zusammenhang zwischen der „Moral“ eines Staates und seinen ökonomischen Bedürfnissen erkannt. Arnold Gehlen hat den unmittelbaren Zusam­menhang zwi­schen der allum­fas­senden Kosmopolis des Hel­lenismus und der Aus­bil­dung universa­listi­scher Ideen nach­gewiesen:

Der in Athen woh­nen­de Phönizier Zenon, ein schwer­reicher Händler, hatte die passende Ideo­logie für den moralisierenden Handels­staat gefunden: eine universali­sti­sche Welt­sicht, nach der alle Verwandt­schaftsverbindun­gen und Stam­mes­pflich­ten vor der Tugend zurückzutreten hätten.[35] Was diese Tugend im einzelnen forder­te, erläu­terten gern die Phi­lo­sophen, und so hatte je­der seinen Vorteil. Hier entstand der Ge­danke eines mensch­heits­um­spannenden Naturrechts. Es besagt, daß allen Menschen „von Natur aus“ moralische Prinzipien innewohnen, nach denen jeder sich richten soll. Der konkrete Inhalt dieser metaphysischen Normen richtet sich nach den jeweiligen Bedürfnissen.

Heute steht der „zivilisierte“ Teil der Welt unter dem Primat vielfältiger Bedürfnisbefriedigungen. Ihnen dient in der Epoche der Massengesellschaften eine Ökonomie, die unablässig Ressourcen in verkäufliche Waren verwandelt. Seit Jahrzehnten erweckt die deutsche Innenpolitik den Eindruck, Politik reduziere sich auf die „gerechte“ Aufteilung erwirtschafteter Güter, also auf den Massenkonsum als notwendige Kehrseite der Massenproduktion. Eine solche Ökonomie bedarf für ihr reibungsloses Funktionieren einer Reihe mentaler Voraussetzungen:

Um wirtschaftliches Wachstum sicherzustellen, sollte die Masse der Menschen konsumbereit sein. Während die Askese zum Unwert absinkt, fördert die hedonistische Bereitschaft zum materiellen Lebensgenuß die Produktion. Eine solche Ökonomie verschlingt wie ein schwarzes Loch ständig mehr natürliche Ressourcen, als wir besitzen. Eine weitgehende friedliche Welt ohne störende Zollgrenzen öffnet dem nötigen Nachschub an materiellen und personellen Ressourcen die Türen. Die Steigerung des Bruttosozialprodukts eines schrumpfenden Volkes benötigt nicht zuletzt auch ständig einwandernde neue Verbraucher.

Die postmoderne Hintertür für die Religion

Die soziologische Methode sucht für bestimmte Ideen und intellektuelle Gestaltungen den typischen Personenkreis, der aus seiner sozialen Lage heraus zu bestimmten ideologischen Resultaten kommt.[36] Im Perpetuum mobile aus Massenproduktion und Massenkonsum stimmen die Interessen der hedonistischen Massen in einem entscheidenden Punkt mit denen der produzierenden Industriellen überein, nämlich eben diesen Kreislauf aufrecht zu erhalten.

Es beruht nicht auf Zufall, daß intellektuelle Exponenten der Massengesellschaft genau diejenigen Tugenden für unverzichtbar halten, deren Massenproduktion und -konsum bedürfen. Außer Kurs geraten Heroismus, Vaterlandsliebe und die Bindung ans Partikulare. Gefordert werden Kosmopolitismus, das Tolerieren des Fremden im eigenen Land und die Bereitschaft, die innerstaatlichen und internationalen Spannungen ausschließlich mit finanziellen Machtmitteln auszutragen, was als „friedlich“ verklärt wird.

Die Funktionsweise jeder Gesellschaft benötigt ideelle Rahmenbedingungen, die ihrerseits genau diese und keine andere Funktionsweise begründen und in Gang setzen.[37] Dieses Ideelle kann sich, muß sich aber nicht offen religiöser Formen bedienen.

„Die Formen des Ideellen in ihrer Gesamtheit bilden zwar, wenn sie an sich betrachtet werden, das Pendant der materiellen Funktionsweise der Gesellschaft, gleichzeitig stellen sie aber einen Aspekt oder einen Teil eben dieser Funktionsweise dar.“

Panajotis Kondylis

Solange diese ideellen Rahmenbedingungen von der Masse geglaubt werden wie eine Religion, bleibt das System stabil. Es fordert: „Bis hierher dürft ihr denken, aber hier müßt ihr glauben!“

Die Metaphysik aus dem postmodernen Instrumentenkasten ist nicht etwa restlos skeptisch und aufgeklärt, wie sie vorgibt. Sie enthält ein vollständiges Glaubenssystem, das den materiellen Bedingungen der Massengesellschaft und ihrer Ökonomie entspricht. Es bildet eine ideologisch sublimierte Projektion von Einstellungen und Mentalitäten, die für die massenhaft konsumierende und permissive Massendemokratie kennzeichnend sind, vom apolitischen Hedonismus bis zur resignierten Gleichgültgkeit und zur intellektuellen Narrenfreiheit.[38]

Davon macht auch die aktuelle Bewußtseinslage in Deutschland keine Ausnahme. Die scheinbar auf dem Rückzug befindliche Religion schlich sich auf leisen Sohlen durch Hintertüren wieder in die Köpfe der Menschen. Die Vordertüren waren einst die Portale der christlichen Kirchen. Nur noch rund die Hälfte der Deutschen ist hier Mitglied. Der Glaube des Durchschnitts-Christen beschränkt sich heute auf ein diffuses „Ich glaube, daß es da irgend etwas Göttliches gibt.“ Nachfragen nach dem konkreten Inhalt des christlichen Glaubensbekenntnisses quittiert man mit verlegener Miene. Dreifaltigkeit? Gemeinschaft der Heiligen? Auferstehung des Fleisches? Dazu bekennen sich immer weniger.

In der hierarchischen Ständegesellschaft bis ins 18. Jahrhundert hatte noch jeder einen feststehenden Status und damit einen sozialen Wert, den ihm niemand nehmen konnte. Aber alter Adelsstolz, Bürgerstolz und Bauernstolz wurden in der industrialisierten Massengesellschaft pulverisiert. Der festen irdischen Hierarchie entsprach eine transzendente, in der man sich der Liebe eines persönlichen Gottes sicher war. Bis zum sozial Schwächsten glaubte sich doch jeder als unsterbliche Seele von Gott wertgeschätzt.

Ohne den Glauben an eine liebende Gottesperson und eine himmlische Hierarchie der göttlichen Heerscharen wurden die Glaubenslosen der Massengesellschaft auf sich selbst zurückgeworfen. Sie atomisierte die sozialen Strukturen und ließ die Einzelnen wie austauschbare Bauteile einer Produktions- und Konsummaschine zurück.

Menschen mit festen nationalen und kulturellen Identitäten werden als „Migranten“ wie von einem Mahlstrom angesaugt. Ihre Identitäten verflüssigen sich. Als fluide Masse werden sie zu frei untereinander austauschbaren Bauteilchen der Massengesellschaft. Sie werden entwurzelt, entpersonalisiert und von ihren alten Familien- und Stammeswurzeln abgeschnitten. Ihre Religion dürfen sie in folkloristischem Rahmen behalten, eben so, wie auch das Christentum in Deutschland weitgehend nicht mehr geglaubt, sondern nur noch rituell bei Taufe, Hochzeit und Begräbnis als Staffage dient.

Physik und Kosmologie lösten Rätsel, die zuvor nur religiös beantwortet werden konnten. Plötzlich sah der Mensch sich aus dem Zentrum göttlicher Aufmerksamkeit und Liebe ins emotionale Abseits gerutscht. Er verlor seine feste Identität als Schöpfung und Objekt göttlicher Liebe. Moderne Kosmologie legte nahe, daß er nur einen Platz wie ein „Zi­geuner am Ran­de des Universums hat, das für sei­ne Musik taub ist und gleich­gültig gegen seine Hoffnungen, Lei­den oder Ver­brechen“[39], wie der Mikrobiologe und Nobelpreisträger Jacques Monod formulierte. Was war der Mensch jetzt noch wert in einer Epoche globaler Überbevölkerung, in der ein noch Mehr an Menschen eher Fluch als Segen zu sein scheint?

Psychologisch ist der Massenglauben an einen „Wert des Menschen schlechthin“ leicht erklärbar. Wer macht sich schon klar, daß kein Wert im bewerteten Objekt allgemeingültig vorhanden ist? Wertschätzen ist eine menschliche, höchstpersönliche Tätigkeit. Daß jedem Einzelnen bestimmte Personen nahestehen und ihm darum viel wert sind, genügte der wertbegierigen Massenseele aber nicht. Sie verlangte nach einem objektiven Wert jedes einzelnen Menschen. Wenn schon „Jesus liebt Dich!“ nicht mehr glaubhaft klang und die Massengesellschaft alle aus Standesstolz, Leistungsstolz oder Nationalstolz geborenen Wertbegriffe vernichtet hatte, blieb dem wertbedürftigen Ego nur noch der egalitäre Stolz, wenigstens Mensch zu sein. Dem „Menschen an sich“ und damit jedem Menschen wurde ein prinzipiell unbegrenzter Wert zugemessen.

Der große Reset

Die Ökonomie der westlichen Massengesellschaft und ihr metaphysischer Zeitgeist bedingen einander wechselseitig. Sie bilden gemeinsam ein selbstreferentielles System. Ein solches System kreist immerfort nur um sich selbst und bleibt im Kern seiner Funktionen von außen unbeeindruckt. Erst die räumliche Begrenzung der erreichbaren Ressourcen dieser Welt setzt ihm eine unüberwindliche Grenze. Diese ist den großen Wirtschaftsführern bewußt. Weil ein Krieg um Rohstoffe keine sinnvolle Lösung wäre und das Problem nur verschieben würde, muß der Wirtschaftskreislauf sich umstellen. Ohne nachhaltige und schonende Nutzung der natürlichen Ressourcen wird sich die Welt in einen Müllhaufen verwandeln.

Die Pläne und Absichten maßgeblicher Wirtschaftsführer zu einem Great Reset berücksichtigen perfekt die wechselseitige Abhängigkeit einer bestimmten Wirtschaftsform und die zu ihr passenden mentalen Einstellungen. Sie sollen den Wirtschaftskreislauf und damit auch die Macht der großen Konzerne langfristig sichern. Für Deutschland bedeutet das aus Sicht von Männern wie dem Multimilliardär George Soros, dem Leiter des WWF Klaus Schwab und vielen anderen tendenziell die Aufgabe der Nationalstaatlichkeit, unseres Selbstverständnisses als ethnisches Volk und die völlige Einbindung in den internationalisierten Warenkreislauf als bloßer Wirtschaftsstandort, angefüllt mit beliebigen Verbrauchern aus aller Herren Ländern.

Weil sich kein politisches oder ökonomisches System dauerhaft gegen den Widerstand seiner Regierten halten kann, muß dieser durch ideologische Umorientierung gebrochen werden. Diesem Zweck dienen diverse, von Leuten wie Soros finanzierte internationale Nichtregierungsorganisationen („NGOs“) in diversen Staaten. Mit der nötigen finanziellen Ausstattung fördern sie seit Jahren jede Bestrebung, die unseren Staat, unsere demokratischen Institutionen, unseren Selbstbehauptungswillen und unsere Identität untergräbt.

Ziel des Umwandlungsprozesses ist eine multikulturelle, internationalisierte Gesellschaft. Sie wird nicht mehr aus Deutschen bestehen, sondern aus einer Mischbevölkerung ohne eigenständige Identität. Sie wird keine gemeinsame Kraft aufbringen können, sich als demokratisch verfaßtes Ganzes zu verstehen und zu verteidigen: eine amorphe Masse bloßer Konsumenten und weniger Dienstleister, leicht lenkbar durch Reklame, mediale Meinungskampagnen und ideologische Beeinflussung im jeweils gewünschten Sinn.

Die Methode der weltanschaulichen Umorientierung besteht darin, die herkömmlichen Glaubensgrundlagen der Bevölkerung zu extrahieren und ihr neue einzupflanzen. Die Liebe zum eigenen Volk gilt als rassistisch und wird durch den Glauben ersetzt, globale Vermischung bis zur Unterschiedlosigkeit sei moralisch anzustreben, wenigstens aber hinzunehmen. Um keinen organisierten Widerstand aufkommen zu lassen, wird Hingabe und Opferbereitschaft zu kollektiven Phänomenen als faschistisch gebrandmarkt und ein individualistischer Denkstil gefördert. Zugleich wird „antifaschistischer“ Haß auf die moralisch scheinbar Zurückgebliebenen geweckt, die sich der neuen Religion verweigern.

Keine Verschwörung

Die Konzerngewaltigen der westlichen Welt haben sich nicht gegen die Völker verschworen. Sie sind ein aus ihren jeweiligen Gesellschaften herausgewachsener Teil von ihnen. Was sie vereint, ist ihre persönliche Interessenlage.

Diese deckt sich insoweit mit derjenigen der Massen, weil diese schon zur Zeit der Römer nach Brot und Spielen verlangte und auch heute erst das Fressen will, dann die Moral. Willig nehmen sie jede Moral an, die ihnen ihre weitere Alimentation sichert. In Deutschland stürzte sich eine ganze Generation über den Trümmern ihrer früheren Ideale in Freß- und Konsumwellen. Widerstandslos läßt sie sich täglich von Fernsehmatadoren eine fremdbestimmte Moral einträufeln, derzufolge ihr eigenes Volk wertlos ist, Nachkommen schlimmer Verbrecher und selbst immer unter Verdacht, wohingegen alles Fremde gut, mindestens aber interessant und schützenswert ist. Sie glauben die Wahrheiten aus ihrem Fernseher so treu wie ihre Vorväter den Mahnungen von der Kanzel und ihre Eltern denen aus dem Volksempfänger.

Das selbstreferentielle System aus Wirtschaft und Moral stabilisiert sich ständig aus sich selbst heraus. Mehrheitsfähige gesellschaftliche Einstellungen trugen eine Ökonomie, die keine Wahrheiten außer ökonomischen neben sich duldet. Die Lenker dieser Ökonomie schwangen sich zu Meinungslenkern auf und erzeugen durch ihnen gehörende Presse, Medien und NGOs fortlaufend die inneren Haltungen der Bevölkerung, die das System erfordert. Halb zog es das Volk, halb sank es hin.

„My­then, Religionen und Ideologien sind im Grun­­de kol­lektive welt­­an­schauliche Entscheidungen. Solche sind mög­­­lich, weil be­stimmte kon­kre­te Lagen dazu geeignet sind, mehrere In­­di­vi­duen gleichzeitig in eine mehr oder weniger einheitliche Per­spek­­tive gleich­sam hinein­zuzwin­gen.“

Panajotis Kondylis[40]

Die Entwicklung vollzog sich in der Epoche globaler Bevölkerungsexplosion mit innerer Folgerichtigkeit. Entwickeln kann sich immer nur etwas, was zuvor, noch „aufgewickelt“, im Keim schon vorhanden war. Nutznießer und Drahtzieher wie Soros, Schwab, Gates oder Zuckerberg handeln nicht heimlich, sie sind keine Verschwörer und nicht „böse“. Sie sind nur die Exponenten einer Epoche, die ihre Ideologie, ihre ureigene Metaphysik und ihren Glauben im Rahmen ihrer materiellen Funktionsvoraussetzungen herausgebildet hat.

Die Dogmen unserer Zeit

Wesentliches Merkmal wissenschaftlichen Denkens ist die Bereitschaft, jederzeit angesichts neuer Fakten seine bisherige Lieblingshypothese über Bord zu werfen. Religiöses Denken hingegen sucht keine empirischen Erkenntnisse. Es benötigt sie nicht, weil es die Welt nicht kausal zu erklären, sondern zu „deuten“ sucht. Hat jemand seine Weltdeutung gefunden, glaubt er sie und bekennt sich zu ihr. An der Erkenntnis erkennen wir Wissenschaft, am Bekenntnis eine Religion.

In der Präambel unseres Grundgesetzes heißt es, das Deutsche Volk habe es sich „im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen gegeben.“ In Artikel 1 Absatz 2 folgt das Bekenntnis: „Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.“

Damit ist religiöses Denken schon in die Grundlage unserer Verfassung und unseres Rechtsverständnisses eingewoben. „Ten­denziell wachsen, aus dem Grund­ge­setz, sei­ner Selbst­be­scheidung zum Trotz, ganz­heitliche Pro­gramme für Kultur, Wirt­schaft, Erzie­hung, Moral ab­zu­lei­ten, seine de­mokrati­schen, sozialen und grund­rechtli­chen Nor­men religiös zu über­hö­hen und die Verfas­sung als säkula­res Glau­bens­be­kenntnis zu deu­ten.“[41] Wo Glaubensbe­kenntnis­se ge­fragt sind statt Rechtstreue zum Verfas­sungs­text, wird mit Wor­ten des lang­jähri­gen Rich­ters am Euro­päi­schen Gerichtshof Ulrich Everling[42] „aus dem Ver­fas­sungs­­pa­triotis­mus „eine gera­de­zu religiös ver­klärte ‚Ver­fas­sungs­mystik.“ So hat der theologische Kern[43] der Men­schen­rechts- und Demo­kra­tie­theo­rie alle Säkulari­sie­rungen über­stan­den.[44]

Das Repräsentationsdogma

Zu den tragenden Grundlagen des Parlamentarismus und anderer Herrschaftssysteme gehört die Repräsentation. Sie besagt, Personen oder Interessen könnten von einer anderen Person oder Institution „repräsentiert“ werden. Die Vertretenen sitzen zwar nicht wirklich mit am Entscheidungstisch. Ihre Vertreter „repräsentieren“ sie aber so, als ob sie dabei wären. Ihre Anwesenheit ist eine Fiktion. Darum sollen die Folgen der Entscheidung auch für die Repräsentierten gelten.

Die Repräsentation ist also eine geistige Vorstellung, eine gedankliche Konstruktion, „kein normativer Vorgang, kein Verfahren und keine Prozedur, sondern etwas Existentielles. Repräsentieren heißt, ein unsichtbares Sein durch ein öffentlich anwesendes Sein sichtbar machen und vergegenwärtigen.“[45] Solange dieses unsichtbare Sein von den Vertretenen geglaubt wird, schenkt es dem Handeln der Vertreter Legitimität. Ohne diesen Glauben funktioniert die letzte Begründung vieler weltlicher Herrschaften über Menschen nicht. Darum erhielt sie sich über Epochen hinweg als Dogma, an das nicht zwingend die Repräsentanten, unbedingt aber die Masse der Repräsentierten glauben mußte.

Repräsentation einer Vielzahl von Personen setzt immer voraus, daß sie wesentlich zusammengehören und gemeinsam ein Ganzes höherer Ordnung bilden. Sie

„beruht darauf, daß ein als politische Einheit existierendes Volk gegenüber dem natürlichen Dasein einer irgendwie zusammenlebenden Menschengruppe eine höhere und gesteigerte, intensivere Art Sein hat. Wenn der Sinn für diese Besonderheit der politischen Existenz entfällt und die Menschen andere Arten ihres Daseins vorziehen, entfällt auch das Verständnis für einen Begriff wie Repräsentation.“

Carl Schmitt [46]

Er funktioniert nur, wo Menschen an die in ihren Köpfen befindliche Konstruktion eines kollektiven Ganzen wie an etwas Reales glauben. Ob dieses Ganze höherer Art ein Volk ist, die Arbeiterklasse oder eine von einem Würdenträger repräsentierte Gemeinde, bleibt sich dabei gleich. Ohne Glauben geht es nicht. Dieser Glaube kann sich bei vielen in religiöser Weise manifestieren, wenn das repräsentierte Ganze zum Gegenstand der Anbetung wird. Man betet nur etwas an, das man, gegenüber der eigenen kreatürlichen Existenz, für kategorial übergeordnet hält. Wo Politiker oder Autoren zum Beispiel eine „Würde der Demokratie“[47] proklamieren, ist die Schwelle zum Religiösen erreicht.

Für Rous­seau war der de­mokrati­sche Ge­mein­wille schlecht­hin un­ver­tret­bar. Das Volk kön­ne überhaupt nicht reprä­sen­tiert wer­den.[48] Für den Soziologen Ro­bert Michels ist die Idee von der Ver­tret­bar­keit der Volks­in­ter­es­sen eine durch ei­nen falschen Licht­ef­fekt her­vor­ge­rufene Wahn­idee.[49] Ihren religiösen Kern hat Erich Vögelin aufgewiesen: In Anlehnung an Hegels Philosophie hätten die Nationalsozialisten ihren Führer als Inkarnation des Volksgeistes und Repräsentanten des Volkes verstanden. Er zitiert einen ungenannten „Theoretiker“: „Der Führer ist von der Idee durchdrungen; sie handelt durch ihn. […] In ihm verwirklicht sich der Volksgeist und bildet sich der Volkswille; in ihm gewinnt das geschlechterumspannende und deshalb niemals in seiner Ganzheit konkret versammelte Volk die sichtbare Gestalt. Er ist der Repräsentant des Volkes.“[50]

Das repräsentierte Volk und der kategorial höherstehende Volksgeist verdichten sich demzufolge im Führer, der Volksgeist ist ihm immanent. Mussolini sprach vom „Faschismus als einer religiösen Idee und von der Politik des Regimes als religiöser Politik, weil der Faschismus von der Annahme ausgehe, daß der Mensch mit einer Volontà obiettiva in Verbindung stehe und durch diese Verbindung Persönlichkeit in einem geistigen Reich, im Reich des Volkes, gewinne.“[51]

Für den Glaubenskern ist es unmaßgeblich, ob das Volk von einem Führer repräsentiert wird, einem König, einem Politbüro oder hunderten kleiner Könige in einem Parlament. Immer hängt die Legitimität ihrer Macht davon ab, daß ihre Untertanen wirklich glauben, von ihnen „repräsentiert“ zu werden.

Heute hat der Glaube, in Parlamenten werde ein Volk wirklich repräsentiert, stark nachgelassen. Wir befinden uns in einer religiösen und weltanschaulichen Umbruchphase. Für viele Menschen bildet das Repräsentativsystem nur noch einen leeren Formalismus: eine stehengebliebene gesetzliche Fassade, hinter der tatsächlich ganz andere Interessengruppen die Strippen ziehen. Das Repräsentativsystem wird noch benutzt, aber vielfach nicht mehr geglaubt. Statt an unterschiedliche Menschen, die in ihrer Unterschiedlichkeit zu repräsentieren sind, glaubt man an die Gleichheit aller Menschen. Wenn aber alle Menschen gleich sind, gibt es keine menschliche Vielfalt mehr, die man parlamentarisch noch durch Repräsentation abbilden müßte.

Von der Ungleichheit zur Gleichheit

Wenn in jedem Menschen das gleiche Göttliche im Kern vorhanden ist, sind in dieser Beziehung alle Menschen gleich. Dieses im Menschen vermutete Immaterielle nannte man später seine Würde. Nicht mehr Leistung, Rang, Titel, Alter oder Benehmen eines Menschen mache ihn „würdig“, sondern das in allen Menschen gleichermaßen vermutete rätselhafte Etwas, das man zuvor Psyche oder Seele genannt hatte und in dem man jetzt etwas Gottgleiches sah. Wenn Gott auch Geist ist und den Menschen nach seinem Bilde formte, dann hat auch jeder Menschen an diesem immateriellen Gleichen seinen Anteil, gleicht insoweit allen anderen.

Ob es um eine solche immaterielle, jenseitige Gleichheit geht, an die man allenfalls glauben kann, ohne um eine rein diesseitige, wird aber meistens nicht mehr auseinandergehalten. Die Kirchen hatten früher klar formuliert: „Vor Gott sind alle Menschen gleich,“ also irgenwo im Jenseits, wenn sie vor Gott treten. Das beinhaltet die so banale wie richtige Aussage, daß sie im Diesseits äußerst ungleich und vielfältig sind. Wenn man die Person Gottes aus der „Gleichheit vor Gott“ tilgt, fällt sie in sich zusammen. „Der Mensch“ anstelle Gottes vermag diese Funktion nicht zu auszufüllen, denn die Menschen können schließlich nicht vor dem „Menschen an sich“ gleich sein.

Gleichwohl hält die neue Humanitätsreligion das Unsinnige für sinnvoll. Ihre Anhänger finden wir nicht in den verbliebenen bibeltreuen Kreisen, die buchstäblich an einen Gott als Person glauben. Dieser Glaube ist nicht in sich unlogisch. Zu den rituellen Glaubensbekenntnissen des Humanitarismus gehört dagegen heute in Amerika und Europa das Mantra: »Alle Menschen sind gleich.« Wer es in vorschriftsmäßiger Weise abspult, darf auf Gnade hoffen, jedenfalls mit Milde rechnen. Sofort im nächsten Satz kann er dann ungeniert loslegen und begründen, warum das genaue Gegenteil richtig ist.

Lesen Sie einfach mit eingeschalteter Logik diese Erklärung der Universität Lübeck vom 18. September 2020: Alle Menschen sind gleich, und doch ist jeder Mensch einzigartig. Das liegt zum Teil an Erziehung und Umwelt, aber größtenteils auch an der Herkunft unserer Gene, die in der DNA, dem Bauplan des Lebens, kodiert sind. Die genetische Ausstattung des Menschen unterscheidet sich weltweit und bestimmt nicht nur das Aussehen, sondern auch die Anfälligkeit für Krankheiten und das Ansprechen auf Medikamente. Um diese Unterschiede zur Entwicklung einer individuellen Präzisionsmedizin zu untersuchen wurden in den letzten Jahren verschiedene Projekte zur Populationsgenetik in Europa, Nordamerika, Asien und dem südlichen Afrika ins Leben gerufen.“[52]

An die Spitze des ersten Satzes gehörte das zentrale Glaubensbekenntnis. Es steht zum zweiten, durch ein Komma getrennten Satz in logischem Widerspruch. Entweder sind alle Menschen gleich, oder jeder Mensch ist einzigartig. Ein Drittes dazwischen gibt es nicht.

Daß die realen Menschen sich voneinander in vielem unterscheiden, hatte sich reibungslos in ein hierarchisches Weltbild eingefügt: Von oben herunter regierte Gott die Heerscharen der Engel, die Menschen, das Tierreich, seine ganze Schöpfung. Dem hatte eine politische Ordnung mit einem Kaiser an der Spitze entsprochen, gefolgt von untergeordneten Königen und so fort bis zum letzten Bettler. Kirchlich entspricht diesem Modell die Idee von der Unfehlbarkeit des Papstes und seine Autorität über die Kirchenhierarchie. Dieses mittelalterliche Weltbild verlor die Plausibilität, sobald immer weniger Menschen glaubten, ihr Gott walte tagtäglich und regele die menschlichen Dinge. Die Wirklichkeit von Kriegen, Hunger und Seuchen ließen an solcher Regierung und Verantwortlichkeit Gottes selbst im Frömmsten starke Zweifel aufkommen.

Indem man Gott von einem aktiven Macher zu einer Art geistigem Splitter herabstufte, der jedem Menschen innewohnte – womöglich der ganzen Natur -, unterschieden sich die Menschen insofern nicht mehr voneinander, als sie alle gleichermaßen dessen Träger waren. Nur vor dem Hintergrund dieser Idee läßt sich der Satz von der Gleichheit alles dessen rechtfertigen, was Menschenantlitz trägt. Er ist ungeeignet, irgend eine Art weltlicher Hierarchie zu stützen. Statt dessen mußte er bald zu der Forderung führen,  die spirituelle menschliche Gleichheit auch im Materiellen herbeizuführen.

Damit ist jede Rechtfertigung einer „natürlichen“ menschlichen Ungleichheit verworfen, etwa das Denken in höher- oder minderwertigen Rassen und Klassen. Aber auch Statusunterschiede, Besitzverhältnisse und jede Über- oder Unterordnung werden fragwürdig. Daß Menschen mehr besitzen als andere oder gar die einen im Überfluß leben, andere aber Mangel leiden, erscheint als Frevel. Der religiöse Glaube an die spirituelle Gleichheit aller Menschen bildet den Kern der politischen Forderung nach ihrer materiellen Gleichstellung.

Die Sozialreligion

„Das Christentum hatte die Erlösung von den Leiden und Beschwernissen der Welt im Jenseits verkündet; die neue Religion des Sozialen verspricht einen gesellschaftlichen Endzustand, in dem Leid und Angst, Gewalt und Unterdrückung, Armut und Ausbeutung nicht mehr auftreten können.“

Helmut Schelsky[53]

Geistesgeschichtliche Wurzeln dieser Sozialreligion finden wir bei Autoren wie Rousseau, der die menschenverachtenden Jakobiner der französischen Revolution inspiriert hatte, und von dem eine geistige Ahnenreihe über Marx und Engels, Lenin und Stalin bis zu Pol Pot und Fidel Castro führt. Im Konzept der Machtergreifung und des Machterhalts unterscheiden sich „demokratische Sozialisten“ und „Sozialpolitiker“ bis in CDU-Kreise sehr wesentlich vom marxistischen Flügel der Sozialreligion, nicht aber in ihrer Vision von einer sozial homogenen Gesellschaft.

Ihr Egalitarismus muß nicht so dramatisch daherkommen wie in den brutalen Unterdrückungsregimen. Bei uns wehrt sich ja keiner. In gewisser Weise ist er aber noch viel effektiver in seinem Ziel, alle gleichzumachen. Augenfällig wird dieses Ziel, wenn heute Verfassungschützer eine „fundamentale Gleichheit“ aller Menschen behaupten und es als verfassungsfeindlich bewerten, wenn jemand gar nicht entzückt ist, „fundamental gleich“ sein zu sollen. Es liegt in der Logik dieser Metaphysik der Menschengleichheit, durch sozialstaatliche Umverteilung tatsächlich „alle gleich“ zu machen.

Menschen seien “gleich” oder sollten „gleich“ gemacht werden, ist die große Illusion und zugleich die Lebenslüge des sozialistischen Egalitarismus seit seiner Entstehung. Die Aufklärung hatte in Europa zu einem welthistorisch einzigartigen Rückgang religiösen Glaubens geführt, nicht aber zu einem Verschwinden des religiösen Bedürfnisses. Die Massen wandten sich, formulierte Gustave le Bon,

„da sie um jeden Preis Illusionen haben müssen, wie die Motte zum Licht instinktiv den Rhetoren zu, die ihnen solche bieten. Der große Faktor der Völkerentwicklung war niemals die Wahrheit, sondern stets der Irrtum. Und wenn heute der Sozialismus so mächtig ist, so erklärt sich das daraus, daß er die einzige noch lebendige Illusion darstellt. Trotz aller wissenschaftlichen Demonstrationen wächst er weiter. Seine Hauptstärke ist, daß er von Leuten verteidigt wird, welche die Wirklichkeit der Dinge genug verkennen, um es zu wagen, den Menschen kühn das Glück zu versprechen. Die soziale Illusion herrscht heute auf allen aufgetürmten Ruinen der Vergangenheit, und ihr gehört die Zukunft.“

Gustave le Bon[54]

Daß die gleiche, politisch korrekte Gesinnung zwingend zu den Geboten des Gottes der Gleichheit gehört, versteht sich. Diese muß darum schon vom Kindergarten an jedem durch ein gleichförmiges Erziehungssystem eingeimpft werden. „Alle Stifter eines religiösen oder politischen Glaubens haben diesen nur dadurch begründet, daß sie es verstanden, den Massen jene Gefühle des Fanatismus einzuflößen, welche bewirken, daß der Mensch sein Glück in der Anbetung und im Gehorsam findet und gewillt ist, sein Leben für sein Idol zu lassen.“[55]

Die Gleichheitsforderung ist die geschworene Feindin der Freiheit. Dem israelische Historiker Martin van Creveld zufolge hat sie sich „zum eifersüchtigsten und rachsüchtigsten Gott aller Zeiten entwickelt. Zwar fordert er keine Blutopfer und Gebete. Er verlangt aber bestimmte Anstandsregeln, Akzeptanz für sein Dogma und eine nie enden wollende Fähigkeit zu simulieren, zu kaschieren, die Fähigkeit zur Scheinheiligkeit und zur Erfindung immer neuer Euphemismen.  Wie der alte Gott, den er vom Thron gestoßen hat, verfügt auch er über seine Priester, seine Jünger und seine Henker. Wer immer die Gleichheit infrage stellt und sich mündlich oder schriftlich oder durch seine Handlungen in einer Weise äußert, die als konträr zu seinem heiligen Willen empfunden wird, muß er sich warm anziehen.“[56]

Die neue Sozialreligion und ihre Funktionärs-Diakone[57] haben die versachlichten Institutionen der modernen Industriegesellschaft unterwandert und zersetzen die freiheitliche demokratische Grundordnung von innen heraus.

Der Weg in den Sozialkollektivismus

Von jenem historischen Humanismus, dessen zentraler Wert eben der Mensch und nicht mehr Gott war, führte ein konsequenter Weg hin zum Humanitarismus unserer sozialen Menschenbeglücker. Als Hohepriester „des Menschen“ stützen sie ihre Macht über uns auf den Anspruch, kein Mensch dürfe zu kurz kommen und dürfe an Geld und Gut, Bildung und Chancen weniger haben als jeder andere.

Sie führen uns immer tiefen in einen modernen Sozialkollektivismus, in die totalitäre Barbarei ihres Gleichheitswahnes. In ihm gilt: Du bist nichts, die Gesellschaft ist alles! Was „die Gesellschaft“ fordert und verlangt, erzählen uns schon heute die Ingenieure unseres sozialen Seelenheils, unsere uns fundamental gleichenden Hohepriester des Humanitarismus, unsere geliebten sozialen Führer!

Wie jede Religion hat auch die Sozialreligion des Humanitarismus ihre strikten Gebote und Verbote. Hinter der Definition „des Menschen“ als spirituell gleich stehen harte Sollensvorschriften. Es geht schon lange nicht mehr um juristische Gleichberechtigung, sondern um das Ziel faktischer Gleichheit.

Wer sich der Gleichheitsforderung nicht beugt, ist verdächtig. Er hat am Humanum keinen Anteil. Muß man ihn „human“ behandeln, wo er sich doch selbst „inhuman“ verhält? Darf man ihn zu seinem Glück zwingen, „human“ zu handeln? Für die modernen Humanitaristen ist das völlig klar. Ihr Glaube gibt jedem Menschen eine Bestimmung auf den Weg: Sie verfallen in den

„eigent­lichen Fehler der Religion, dem Menschen eine »Bestim­mung« zu geben,“ [..] „indem ­auch sie ihn göttlich, menschlich und dergleichen wissen wollen: Sitt­lichkeit, Freiheit und Humanität usw. sei sein Wesen. Und wie die Religion, so wollte auch die Politik den Menschen »erziehen«, ihn zur Verwirklichung seines »Wesens«, seiner »Bestimmung« bringen, etwas aus ihm machen, nämlich einen »wahren Menschen«, die einen in der Form des »wahren Gläubigen«, die anderen in der des »wahren Bürgers oder Untertanen«. In der Tat kommt es auf eins hinaus, ob man die Bestimmung das Göttliche oder Menschliche nennt.“

Max Stirner[58]

Wo dieser Glaube sich mit politischer Macht paart, wird diese totalitär. Eine Religion mit Gottesperson etabliert sich als Gottesstaat. Wir denken dabei an moderne islamische Regime. Aber bereits die Herrschaft der Pharaonen bildete eine Theokratie, eine  nominelle unmittelbare Gottesherrschaft.

„Kehrt am Ende der Neuzeit die antike Theopolitie zurück? 1929 schrieb Hermann Heller angesichts der modernen Totalitarismen den prophetischen Satz: »Der Staat kann nur totalitär werden, wenn er wieder Staat und Kirche in einem wird, welche Rückkehr zur Antike aber nur möglich ist durch eine radikale Absage an das Christentum« (Europa und der Faschismus, 1929, 56). Eric Voegelin und Raymond Aron haben die Gewaltregime der jüngsten Vergangenheit – Kommunismus, Faschismus, Nationalsozialismus – als »politische Religionen« bezeichnet. Sie sahen in deren Bemühen um eine quasi-religiöse Dimension politischer Ordnung Parallelen zu den Modellen der antiken politisch-religiösen Einheitskultur.“

Hans Maier[59]

Wo steht der Feind?

Die Scheidelinie zwischen demokratischem Rechtsstaat und einem Bekenntnisstaat verläuft, wo der andere nicht mehr bloß als Gegner der eigenen Interessen betrachtet, sondern als Ungläubiger gebrandmarkt wird. Hinter ihr gibt es nur noch Andersgläubige, die man als Feind vernichten muß. Die innerstaatliche Feinderklärung ist die Aufkündigung des inneren Friedens. „Es ist un­mög­lich, mit Leuten, die man für verdammt hält, in Frie­­den zu leben.“[60]

Monotheistische Religionen identifizieren ihren Gott gern mit einem Guten an sich. Als Inbegriff aller Heiligkeit steht er dem Bösen an sich gegenüber, personifiziert als Teufel. Sie bilden antithetische Bestandteile desselben Weltbildes,[61] derselben Religionen. Wir haben humanitarische Religion strukturell als Häresie des Christentums bezeichnet. Sie bildete sich aus ihm heraus, als man an keinen persönlichen Gott mehr glaubte und dieser durch den Glauben an den Menschen an sich verdrängt wurde, moderner Inbegriff des Guten an sich. Als logische Kehrseite der Medaille mußte der neue Glaube auch die Idee eines Bösen an sich übernehmen und erklären. Das fiel nicht schwer:

Die katholische Theologie hatte in der Verlegenheit, die Existenz des Bösen in Gottes Schöpfung zu erklären, eine einfache Lösung gefunden: Es gibt kein dem Guten gleich mächtiges, eigenständiges Prinzip des Bösen. Vielmehr erklärt es sich nur aus teilweise mangelndem Guten.[62] Ebenso verfuhr die Humanitätsreligion: Wenn der Mensch von Grund auf „human“ und gut ist, vermochte sie die Exististenz des Inhumanen nur durch unzulängliche Ausprägung des Humanen zu erklären. Eine selbständige Existenz des Inhumanen im Menschen verbot sich aus naheliegenden Gründen.

So findet sie ihren Feind überall dort, wo jemand „inhuman“ handelt. Worin dieses inhumane Handeln im Einzelfall konkret besteht, diese Auslegung behalten sich die Priester des Humanitarismus für sich vor. Sie verstehen davon, so glauben sie, am meisten. Tatsächlich wimmelt es in ihren Augen weltweit von Inhumanem: in der „ausgebeuteten dritten Welt“, in Nachwirkungen des Kolonialismus, in inhumaner Behandlung von „Flüchtlingen“, der Kopftuch- oder Schleierpflicht im Islam, der inhumanen deutschen Sprache mit ihrem generischen Maskulinum, dem zu niedrigen Mindestlohn und anderen Teufeleien mehr. In „keinem organisierten größeren organisierten Weltbild hat die Figur eines Feindes jemals gefehlt, auch wenn an die Stelle von bösen Geistern oder etwa der Sünde das Unmoralische, das Unsoziale, die Unterdrückung, die Entfremdung“[63] oder das Inhumane getreten ist.

„Menschenverachtung“ als moderne Gottesleugnung

Anstelle der früher schlimmsten Sünde der Gotteslästerung ist die „Menschenverachtung“ getreten. Damit ist aber nicht gemeint, man dürfe keine individuelle Person verachten. Wer jemandem diesen Vorwurf wie einen Bannstrahl entgegenschleudert, verachtet ihn ja offenkundig auch. Gemeint ist damit, der andere mißachte die Heiligkeit des Menschen an sich, deren Abglanz ihm wie ein Splitter einer höheren Wesenheit innewohnt. Terminologisch liegt dieser Vorstellung der schon erwähnte „mehr oder weniger klare Immanenz-Pantheismus“ zugrunde.[64] „Menschenverachtung“ ist die Erzsünde gegen das pantheistisch vorgestellte „Göttliche“ im Menschen, gegen den vergötterten Menschen an sich.

1874 witterte der Theologe Johann Peter Lange (1802-1884) Menschenverachtung in der neuen Evolutionstheorie und zog vom Leder: „Welch eine seltsame rasche und überraschende Wendung ist in Beziehung auf die Werthhaltung des Menschen und insbesondere auch des Menschenbildes eingetreten! Es ist noch nicht lange hin, daß man uns verhieß, wenn man erst die Gottesidee in den Hintergrund schiebe oder gar beseitige, werde der Mensch in seiner wahren heroischen Größe erscheinen, auf den dunklen Trümmern der Religion werde der lichte Tempel der Humanität erstehen. Und nun sehen wir die Menschenverachtung als Selbstverachtung und Verachtung des Nächsten  auf allen Seiten hervorbrechen.“

Das „Grundverbrechen der Menschenverachtung“ beginne mit der „Ableitung der Menschenart aus einer zufälligen thierischen Metamorphose, Menschenverachtung der Katechismus von der socialen Allmacht der Faust, und nicht minder auch die Menschenverachtung, die Satzung, der Mensch könne von seinem Unfrieden befreit werden, wenn man ihm das Opfer seiner Überzeugung  und seines Gewissens abgelistet und ihn zu einem dressirbaren Geschöpf, zu einem willenlosen und fanatischen Werkzeug fremder hierarchischer Selbstvergötterung gemacht habe.“[65]

Heute wird der Begriff der Menschenverachtung undifferenziert gegen alle Positionen gerichtet, die aus Sicht der Humanitätsreligion nicht fromm genug sind. Man wirft ihnen vor, in Menschen nichts Spirituelles  zu erkennen und sie womoglich nicht als Würdeträger, sondern wie Objekte zu behandeln.

1947 stand der religiöse Ursprung des Begriffs noch sehr deutlich vor Augen: Alexander Mitscherlich hatte aus Anlaß der Nürnberger Ärzteprozesse geschrieben: „Eine tiefe Inhumanität hat sich seit langem vorbereitet. Dies ist die Alchemie der Gegenwart, die Verwandlung von Subjekt in Objekt, des Menschen in eine Sache, an der sich dann der Zerstörungstrieb ungehemmt entfalten darf“. […] „So sahen wir unsere Aufgabe als Chronisten von Tod, Verzweiflung und haßvoller Menschenverachtung nicht in der Anklage, noch in der Entschuldigung, sondern allein in der Vermittlung zeitgenössischer Geschichte“.[66] Mitscherlich überhöht seine verständliche Abscheu vor Menschenversuchen mit dem Vorwurf der Inhumanität und krönt ihn mit der Behauptung der Menschenverachtung.

Immer ist die Begründung der wesentliche Punkt: Für ein gesetzliches Verbot jedweder Versuche an Menschen kann man mit guten Gründen eintreten. Wenn diese Gründe aber religiöse sind, darf man nicht erwarten, daß jeder sie glaubt. Auch der Vorwurf der „Menschenverachtung“ gewinnt nur in einem normativen religiösen Rahmen Sinn. Sie bleibt unverständlich jedem, der immer nach Einzelfall selbst entscheidet, ob er einen anderen Menschen liebt und würdigt, gleichgültig bleibt oder ihn verachtet. So verhält sich der empirische Mensch. Er kann liebevoll, aber auch grausam sein: Empirisch ist das eine so menschlich wie das andere. Erst wenn man das Adjektiv menschlich religiös auflädt und an „den Menschen als von Natur aus gut“ glaubt, erscheint wie von Zauberhand alles Grausame als inhuman: Der vergöttlichte Idealmensch an sich ist nämlich edel, sittsam und gut.

Wieder in der religiösen Vorzeit

Damit ist der moderne Humanitarismus wieder in der Frühzeit der Religionsgeschichte angekommen, als die Menschen sich wohl noch keine Götterpersonen vorstellten, aber die gesamte Natur als beseelt. Es ist konsequent, daß der Humanitarismus sich in den Köpfen seiner Gläubigen gut verträgt mit einer modischen Ideenwelt, in der wir in jedem Lurch und Grashalm „die Natur“ verehren und gegen jede Methanblähung unseres Viehs „das Klima“ verteidigen sollen. Der Natur, dem Klima und dem Menschen an sich werden normative Eigenschaften zugeschrieben. Sie haben als „das Gute“ unserer gottlosen Zeit die Rolle Gottes als „das Gute an sich“ übernommen.

Rational oder auch aus emotionaler Zuneigung kann man ja gute Gründe für Klima- und Naturschutz finden. Vielfach tritt dieser aber auch esoterisch angehaucht auf und ist im Kern religiös. „Die Natur“ und „das Klima“ werden wie eigenständige Wesenheiten begriffen, als Teil einer „Schöpfung“. Eine Art religiöser Regression stellt diese als etwas Sakrosanktes dar, ohne einen Schöpfer ausdrücklich zu benötigen. Statt dessen beruht sie auf einem diffusen Animismus oder Spiritualismus.

Von der Vorstellung eines Menschen an sich mit spirituellen Eigenschaften wie einer gottgleichen Würde oder einer unsterblichen Seele führt ein konsequenter Weg zu einem spirituellen Weltbild, das auch Tieren, Bäumen oder Quellen, schließlich der Natur oder dem Klima ein Sein höherer Art beimißt. Es gibt dann wenig Anlaß, nicht auch seinem Hund, den Zwergfledermäusen oder gleich dem ganzen Kosmos ein geistvolles Fünkchen zuzutrauen. Dieses gilt als heilig und unantastbar. Daß man dann keinen Wald roden und kein Fleisch essen darf, versteht sich von selbst. Tierversuche gelten als inhuman. Hinter einem Nebel an gutmenschlicher Achtsamkeit gegenüber allem und jedem versteckt sich eine religiöse Vorstellungswelt, wie wir sie aus der Steinzeit und von Naturvölkern kennen.

Auch in der innerhumanitären und kirchlichen Diskussion spielt die Forderung nach mehr „Spiritualität“ eine bedeutende Rolle und hat die alten Grenzen zwischen theologischer Dogmatik und Esoterik aufgeweicht. Es gibt keine einheitliche Vorstellung von Spiritualität. Jedenfalls soll sie mit einem speziellen Kontakt zu einer als rein geistig vorgestellten Macht oder im Menschen siedelnden geistigen Prinzipien zusammenhängen.

Ausblick

Wir befinden uns auf dem Weg zu einer neuen Art Gottesstaat, in welchem der Mensch an sich Gegenstand religiöser Verehrung und seine Anbetung Untertanenpflicht wird.

Der Glaube an den guten Menschen an sich und die Humanität sind substanziell Religion, weil er etwas im Menschen wohnendes Immaterielles behauptet; er ist durch den Modus des festen Glaubens seiner Anhänger anstelle von Faktenwissen eine Religion, und er ist auch funktional Religion. Er hilft anscheinend seinen Anhängern, trotz täglicher schlechter Nachrichten über alles Schreckliche, das Menschen sich gegenseitig antun, den Glauben an „den Menschen“ zu bewahren und damit gesellschaftlichen Sinn zu stiften. Dieser Sinn soll diejenige Gemeinschaft stiften, die in der modernen Atomisierung der alten sozialen Einheiten und Verbände verlorengegangen ist.

Mit diesem Sinn wächst ihm auch eine Funktion im Rahmen einer neuen Herrschaftsideologie zu, die diesen Glauben benötigt. Er soll die fluide gemachte Masse beherrschbar halten. Wer den humanitaristischen Glauben an den Menschen und seine Gleichheit offen verleugnet, gibt sich aus gläubiger Sicht als Unmensch zu erkennen. Der Vorwurf einer „Leugnung“ war immer ein religiöser: „Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnet haben!“, soll Jesus zu Petrus gesagt haben. Der biblische „Leugner“ ist der Prototyp des religiös Ungläubigen. Phrasen wie Klimaleugner, Coronaleugner und ähnliche sind beliebte Waffen im Arsenal der Gläubigen. Das angebliche Leugnen wird zum Sakrileg, das Allerheiligste wird frech angetastet.

Aus gläubiger Sicht dürfen da Konsequenzen nicht ausbleiben. Was der eine leugnet, gilt dem Gläubigen als Wahrheit. Wer sich aber „selbst im Besitze un­um­stöß­li­cher Wahr­hei­ten wähnt, kann dem Andersden­kenden nicht mit To­le­ranz begeg­nen.“[67] Seine Wahrheit ist ihm heilig. Der Spanier Donoso Cortés hat die Konsequenzen aus katholischer Sicht anschaulich geschildert:

„Die Freiheit in der Wahrheit ist ihr heilig, die im Irrtum ist ihr ebenso ver­ab­scheuungswürdig wie der Irr­tum selbst; in ihren Augen ist der Irr­tum ohne Rechte ge­boren und lebt ohne Rechte, und dies ist der Grund, weshalb sie ihm nach­spürt, ihn verfolgt bis in die geheim­sten Schlupf­winkel des menschlichen Gei­stes; wes­halb sie ihn auszu­rotten sucht. Und diese ewige Illegitimität, diese ewige Nackt­heit und Blöße des Irrtums ist sowohl ein religiöses als auch ein po­li­ti­sches Dogma. Zu allen Zeiten haben es alle irdischen Gewalten ver­kün­det: Alle ir­di­schen Gewal­ten haben das Prinzip, auf dem sie be­ru­hen, der Dis­kus­sion entzogen; alle haben das diesem Prinzip ent­ge­gen­ste­hende Prin­zip Irrtum genannt und haben es jeder Legi­timität und jeden Rechtes ent­klei­det.“

Juan Donoso Cortés[68]

Der Humanitarismus schafft eine neue Gesellschaft, die nur noch seinen Glauben an Humanität und den Menschen gelten läßt. Diese Gesellschaft wird allerdings keine freie Gesellschaft mehr sein.

Quellenverzeichnis             

Baader, Roland, “totgedacht”, 2002 (2020).

Backes, Uwe und Eckhard Jesse, Politischer Extremismus in der Bundesre­publik Deutsch­land, Bonn 1989.

van Creveld, Martin, Gleichheit. Das falsche Versprechen, 2018.

Di Fabio, Udo, Die Kultur der Freiheit, 2005.

Donoso Cortés, Juan, Essay über den Katholizismus, den Liberalismus und den Sozialismus, 1851.

Enzens­berger, Hans Magnus, Aussichten auf den Bürgerkrieg, 1993.

Gehlen, Arnold, Moral und Hypermoral, 5.Aufl. 1986.

Grau, Alexander, Liberalismus ade: Wie der moderne Hyperindividualismus zum Hyperetatismus führt, NZZ 20.6.2020, https://www.nzz.ch/feuilleton/liberalismus-ade-oder-ueber-das-krux-der-minderheiten-ld.1561505

Habermas, Jürgen, Rettet die Würde der Demokratie, FAZ (aktualisiert) 4.11.2011, abgerufen 30.8.2021, https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/euro-krise-rettet-die-wuerde-der-demokratie-11517735.html.

Hartmann, Fritz, Vom „Diktat der Menschenverachtung“ 1946 zur „Medizin der Menschlichkeit“ 1960, in: Zentrum für medizinische Ethik Bochum, Medizinische Materialien, Heft 161, Februar 2005, 3.Auf.l. 2007

Heineccius, Johann Gottlieb, Elementa juris naturae et gentium, 1737, Hrg. Christoph Berg­feld, Frankfurt 1994.

Hirsch, Samuel, Die Humanität als Religion, Trier 1854.

Isensee, Josef, Staatsrepräsentation und Verfassungspatriotismus, in: Criticón 1992, 273.

Kondylis, Panajotis,

– Macht und Entscheidung, 1984.

– Ohne Wahrheitsanspruch keine Toleranz, FAZ 21.12.1994.

– Der Niedergang der bürgerlichen Denk- und Lebensform, 1991.

Lange, Johann Peter, Ein Wort über die Verbrennung der Leichen, in: Daheim, Ein deutsches Familienblatt mit Illustrationen, 1874, S.614 ff.

Le Bon, Gustave, Psychologie der Massen, 1895, Köln 2016.

Maier, Hans, Entgöttert? Wie das Christentum Staat und Herrschaft veränderte, in: Die politische Meinung Ausgabe 545, 30.8.2017.

Michels, Robert, Zur Soziologie des Parteiwesens in der modernen Demo­kratie, 1911, 4.Aufl.Stuttgart 1989.

Mitscherlich, Alexander, Politisch-publizistische Aufsätze, 1983.

Monod, Jacques, Zufall und Notwendigkeit, Philosophische Fragen der mo­dernen Biologie, Paris 1970, dtsch: München 1971, 9.Aufl.1991.

Nietzsche, Friedrich, Jenseits von Gut und Böse, 1886, 5.Aufl.Goldmann-TB 7530.

Nippold, Friedrich, Handbuch der neuesten Kirchengeschichte, 3.Auf., 1.Band, 1889.

Nolte, Ernst, Von Echnaton zu Hitler, Frankfurter Allgemeine Zeitung 7.12.1993.

Proudhon, Pierre Joseph, Die Widersprüche der National-Oekonomie oder die Philosophie der Noth, Leipzig 1847.

Roedig, Andrea, Wider den Konformitätsdruck, Neue Zürcher Zeitung 11.8.2015, https://www.nzz.ch/feuilleton/buecher/wider-den-konformitaetsdruck-1.18593185.

Rousseau,  Jean-Jacques, Der Gesellschaftsvertrag, 1762, (Hrg. Weinstock), 1974.

Schelsky, Helmut, Die Arbeit tun die anderen, 1975.

Schmitt, Carl,

– Legalität und Legitimität, Berlin 1932, 4.Aufl. 1988.

– Der Begriff des Politischen, Berlin 1932 (1963/1987).

– Politische Theologie, 2. Aufl. 1934, unveränderte 4.Aufl.1985,

– Verfassungslehre, 1993, 8.Auf. des Werks von 1928.

Spengler, Oswald, Der Untergang des Abendlandes, 1918 in zwei Bänden, hier zitert nach der einbändigen Ausgabe nach dem Druck von 1923, Anaconda-Verlag 2017.

Stirner, Max (alias Johann Caspar Schmidt), Der Einzige und sein Eigen­tum, 1845, Stuttgart (Reclam) 1972.

Strauß, David Friedrich, Das Leben Jesu für das deutsche Volk bearbeitet, Leipzig 1864.

Thielicke, Helmut, Glauben und Denken in der Neuzeit, 1983, 2.Aufl. 1988.

Vögelin, Erich[69], Die politische Religion, 1938, 2.Aufl.1993.       

Weinkauff, Hermann, Der Naturrechtsgedanke in der Rechtsprechung des BGH, Neue Juristische Wochenschrift 1960, 1689.          

 


[1] Max Stirner, 1845 (1972), S.62.

[2] Max Stirner, 1845 (1972), S.193.

[3] Grundlegend: Erich Vögelin, S.11.

[4] Carl Schmitt, 1932, S.26.

[5] Panajotis Kondylis (1984), S.33.

[6] Zum konkreten massendemokratischen Ursprung und Charakter des Pluralismus: Panajotis Kondylis  (1991), S.8.

[7] Panajotis Kondylis (1991), S.56.

[8] Max Stirner (1845), S.269.

[9] Carl Schmitt 1934 (1985), S.49.

[10] Carl Schmitt (1934 (1985), S.51.

[11] Udo Di Fabio (2005), S.114.

[12] Udo Di Fabio (2005), S.98.

[13] Alexander Grau, NZZ 20.6.2020.

[14][14] Donoso Cortés , 1851, S.72

[15] Carl Schmitt, 1934 (1985), S.65.

[16] Proudhon (1847), S.392.

[17] Le Bon (1895), Köln 2016, S.70.

[18] Helmut Schelsky (1975), S.77.

[19] Samuel Hirsch, 1854, Vorwort, S.II.

[20] Max Stirner, S.192.

[21] Friedrich Nippold (1889), S.404.

[22] David Friedrich Strauß (1864), S.625, Helmuth Thielicke, 1988, S.528.

[23] Carl Schmitt 1934 (1985), S.64.

[24] Heineccius, Elementa iuris (1737), Kap.I, § 14 = S.31.

[25] Hermann Weinkauff, NJW 1960, 1689 (1691).

[26] Panajotis Kondylis (1984), S.67.

[27] Carl Schmitt, 1934 (1985), S.59.

[28] Carl Schmitt, 1934 (1985), S.62.

[29] Erich Vögelin (1938), S.40.

[30] Edith Pásztor, J.v. Fiore, in: Lexikon des Mittelalters, V., 1999, Sp.485 f.

[31] Erich Vögelin (1938), S.41.

[32] Ernst Nolte, Von Echnaton zu Hitler, FAZ 7.12.1993.

[33] Hans Kelsen. Archiv für Sozialwissenschaft 1920, S.84, sinngemäß zitiert von Carl Schmitt (1934 / 1985), S.55.

[34] Oswald Spengler, 1923 (2017), S.1207.

[35] Arnold Gehlen (1986), S.30.

[36] Carl Schmitt, 1934 (1985), S.57.

[37] Panajotis Kondylis (1991), S.12.

[38] Panajotis Kondylis (1991), S.5.

[39] Jacques Monod (1971), S.151.

[40] Panajotis Kondylis (1984), S.43.

[41] Josef Isensee, Criticón 1992,273.

[42] Ulrich Everling, Leserbrief, FAZ 29.9.1995.

[43] Carl Schmitt, 1934 (1985), S.49.

[44] Hans Magnus Enzens­berger (1993), S.74.

[45] Carl Schmitt, 1993, S.209.

[46] Carl Schmitt, 1993, S.210.

[47] Jürgen Habermas, FAZ 4.11.2011.

[48] Rousseau, Vom Gesellschaftsvertrag, Buch III, Kap. 15 S.158.

[49] Michels, Soziologie,  S.371.

[50] Zitat nach Erich Vögelin, 1938, S. 56 f.

[51] Erich Vögelin, S.56.

[52] Das erste ägyptische Referenzgenom des Menschen, https://www.vbio.de/aktuelles/wissenschaft/das-erste-aegyptische-referenzgenom-des-menschen/

[53] Helmut Schelsky (1975), S.77.

[54] Gustave Le Bon (1895), S.104.

[55] Gustave Le Bon (1895), S.71.

[56] Martin van Creveld (2018), S.290.

[57] Roland Baader, 2002, 2. Auf. 2020, S.255.

[58] Max Stirner, 1854, S.268.

[59] Hans Maier (2017).

[60] Jean-Jacques Rousseau, 1762  (1974), S.155.

[61] Panajotis Kondylis (1084), S.23.

[62] Donoso Cortés, Essay, S.83.

[63] Panajotis Kondylis (1984), S.35.

[64] Carl Schmitt, 1934 (1985), S.64.

[65] Lange (1874), S.616.

[66] Alexander Mitscherlich, Medizin ohne Menschlichkeit, 1948, zitiert nach: derselbe (1983), S.153.

[67] Backes/ Jesse (1989), S.173.

[68] Donoso Cortés (1851), S.22.

[69] Der 1901 in Köln geborene Autor publizierte seit seiner Emigration unter der anglisierten Schreibweise Eric Voegelin.