In ihre Elfenbeintürme aus liebgewordenen Ideen lassen sie ungern frischen Wind. Allzu viele haben sich ein dogmatisches Weltbild zurechtgelegt und bequem in ihrer Echokammer eingeigelt. Es dringt auch kein Ton von außen hinein, ganz wie Theodor Storm es gedichtet hatte: „Kein Hauch der aufgeregten Zeit drang je in diese Einsamkeit.“
Die Konzepte linker wie rechter Ewiggestriger entstammen der Ideenwelt des 19. Jahrhunderts, und ihre Rezepte sollen Symtome kurieren, die es im 21. Jahrhundert gar nicht mehr gibt. Die Krankheit nennt sich Kapitalismus. Wer das ausspricht, erhält außer von eingefleischten Libertären oder Liberalen wie Rainer Zitelmann noch Beifall von den meisten Seiten. Selbst die Kirchen haben eilfertig auf die antikapitalistische Seite geschlagen.
Lenin wird der Satz zugesprochen, die Kapitalisten würden ihm sogar noch die Stricke liefern, an denen man sie dann aufhängen würde. Er nannte solche Leute nützliche Idioten. Es gibt rechts wie links nützliche Idioten. Sie verharren in vergangenen ideologischen Scheinwelt vergangener Jahrhunderte. In einer Facebook-Diskussionsgruppe hielt mir gestern jemand entgegen:
du willst nur dass der Deutsche Arbeiter von nem Deutschen neoliberalen Großkapitalusten ausgebeutet wird und dass nicht alle Arbeiter zusammen dieses System der Ausbeutung überwinden. Das Wachstum von Märkten ist eine logische Konsequenz, von Privatbesitz an Produktionsmitteln. Wenn du also was gegen das Wachstum von Märkten hast. (Was du „Globalismus“ nennst) dann musst du was gegen den Privatbesitz an Produktionsmitteln tun. Und das überall auf der Welt mit allen unterdrückten zusammen.
Alex Smith, Facebook 6.12.2020 (in unveränderter Orthographie)
Der Gute glaubt offensichtlich, daß es das soziologische Phänomen der Arbeiterklasse noch gibt, daß dieser angeblichen Klasse eine besondere historische Mission zukommt und daß Marktwirtschaft und Privateigentum an Produktionsmitteln die Wurzel aller Übel sind.
Leider bemerkt der Beste nicht, wie sehr er sich selbst bereits den Spielregeln des Finanzkapitalsmus unterworfen und sie verinnerlicht hat. Auf meinen zarten Hinweis, wieso er mich duze, wir hätten doch bisher nicht Brüderschaft getrunken:
wir sind auf Facebook hier wird geduzt.
Alex Smith, Facebook
Nicht nur die sogenannten Benimmregeln auf dieser sozialen Plattform werden in den USA durch die ideologischen Platzwarte eines des größten globalen Finanzriesen gestrickt. Sie gehorchen einer egalitaristischen Logik, die jede Hierarchie ablehnt – außer einer übrigbleibenden: Dem Machtgefälle zwischen dem Facebook-Nutzer und der Konzernzentrale. Jede Macht, die sich schützend zwischen den Finanzriesen und seine Nutzer schieben könnte, wird tendenziell bekämpft. Das gilt insbesondere für Staaten und ihre Gesetze. Denen Steuern zu zahlen überläßt man gern anderen. Die globalen Internetplattformen strecken ihre Macht als Algorithmen und Nutzungsbedingungen wie Tentakel bis zum einzelnen Nutzer aus. Sie sind nicht nur Datenkraken, sondern drehen bereits an den Stellschrauben und Regeln unseres sozialen Zusammenlebens.
Gerade jene Konzerne, die am ehesten das liberale Ideal des „Selfmademan“ bedienen, wie etwa Google, Facebook, Twitter, Microsoft, Amazon oder selbst Ikea, treten klar für ein kulturell wie politisch links verankertes Weltbild ein. Sie sind gegenwärtig die wichtigsten Kräfte hinter dem pseudo-sozialistischen „Great Reset“, also der schon seit längerem angestrebten, nun mit Hilfe der Corona-Krise beschleunigten und mit schönen Worten wie Klimaschutz, Toleranz, Multikulturalismus, Selbstentfaltung und Gleichberechtigung bemäntelten Umgestaltung unserer Gesellschaft.
David Engels, Zwei Ideen fusionieren, Junge Freiheit 6.12.2020
Wir müssen uns nicht duzen, wenn Facebook das gern möchte. Die globale Welt des Finanzkapitals wird nur noch die voneinander isolierten Einzelmenschen hier und die Konzernmacht dort kennen. Ohne den Hauch einer demokratischen Legitimation wird uns von oben eingetrichtert werden, wen wir lieben müssen und was wir nicht hassen dürfen. Davor kann uns nur eine Welt gegliederten Staaten mit jeweils eigenen Gesetzen und Regeln bewahren, Mauern, an denen sich die globale Machtgier brechen kann. Nur wenn wir als Staatsbürger solidarisch zusammenhalten, können wir gegen die Geld- und Marktmacht der multinationalen Konzerne bestehen, vielleicht.
Auf der konservativen Seite sind die Uhren ebenso im 19. Jahrhundert stehengeblieben wie auf der linken. Weil man in bürgerlichen Kreisen etwas zu verlieren hat und weiß, daß ohne Marktwirtschaft kein Wohlstand geschaffen werden kann, läßt man sich von der Linken in die Ecke drängen. Man meint, den internationalen Finanzkapitalismus verteidigen zu müssen, nur weil man an Bodenreform und Enteignung von Gemüseläden denkt. Doch der Kommunismus hatte den Kapitalismus keineswegs abgeschafft, sondern nur durch Staatskapitalismus unter Führung des Politbüros ersetzt. So warfen sich liberale Konservative willig vor lauter Angst vor dem roten Staatskapitalsmus in die Arme des globalen Finanzkapitalismus. Sie führen uns vom Regen in die Traufe.
Im August 2020 schrieb der katholische Publizist Rod Dreher im American Conservative: „Viele Konservative arbeiten immer noch in einem stark veralteten Denkmuster, das Big Business für grundsätzlich konservativ hält. Die Idee, eine randianische, ist, daß die Wirtschaft der Antagonist der Regierung ist. Und so haben sich die Konservativen lange Zeit natürlicherweise auf die Seite der Wirtschaft gestellt. Aber wissen Sie was? Das Big Business steht jetzt auf der anderen Seite. Es ist vermutlich eine größere Bedrohung für konservative Werte als der Staat.“
David Engels, Junge Freiheit 6.12.2020
Das zeigt sich nicht nur an so harmlosen Beobachtungen wie dem Duzen auf Facebook. Die Akteure des Finanzkapitals und der Behörden mancher Staaten ziehen bereits an einem Strang. Vertreter bestimmter Parteien und Ideologien berauschen sich an der Vorstellung, über soziale Medien wie Google, Twitter oder Facebook eine umfassende gesellschaftliche Gedankenkontrolle aufzubauen: Was nicht ins multikulturelle oder egalitaristische Weltbild paßt, wird medial zensiert, während der Staat seine Hände in Unschuld wäscht.
Übrig bleibt nur noch eine über alle Vorstellungskraft hinweg reiche „liberale“ Elite, welche durch ihre Finanzmittel wie auch ihre Systemrelevanz Regierungen, Deep State und Medien kontrolliert, und eine verarmte und entrechtete Masse, welche „sozialistisch“ durch Brot und Spiele bei Laune gehalten und durch politische Indoktrination, ethnisch-kulturelle Zersplitterung und nicht zuletzt Angst vor Terrorismus oder Pandemien um Solidaritätsgefühl und Widerstandskraft gebracht wird.
David Engels, Junge Freiheit 6.12.2020
Daß wir das Bewußtsein bewahren können, als Volk nach unseren eigenen, demokratisch gebildeten Spielregeln leben zu können, ist in der Tat eine Voraussetzung für die nötige Solidarität. Es ist die Solidarität der Kleinen, der finanziell Ohnmächtigen gegen die tonangebenden Finanziers globaler Konzerne. Diese wollen unbedingt eine Ideologie weltweit durchsetzen, die ihnen den direkten Zugriff auf jeden Einzelnen erlaubt. Keine Macht der Welt wird ihn mehr schützen, wenn alle staatlichen Dächer eingerissen sind.
Darum gehört es zur Strategie des Globalismus, das Konzept „Staat“ weltweit zu diskreditieren. An Rechtsstaatlichkeit gebundene Staatlichkeit wird systematisch unter Verdacht gestellt. Die ideologische Subversion hat bereits aus der Bundeswehr einen Kindergarten mit Wickeltischen gemacht. Sie nimmt zur Zeit die Polizeibehörden ins Visier. Am Ende werden uns die Institutionen wie Sand unter den Händen zerrinnen, die uns schützen sollen.
Dieser Schutz ist bereits sehr zweifelhaft. Das demokratisch legitimierte Parlament hat viele Rechte bereits an die Brüsseler EU abgegeben. Dort nimmt man die globalen Internetriesen aber nicht an die Zügel. Statt dessen versucht man nur, ein bißchen mitzulenken.
Mit einem „europäischen Aktionsplan für Demokratie“ will die EU-Kommission den Kampf gegen Desinformation verschärfen. Nicht zuletzt die Coronavirus-Pandemie habe gezeigt, wie stark Falschinformationen die öffentliche Meinung prägen könnten, erklärte Věra Jourová, Vizepräsidentin der EU-Kommission für Werte und Transparenz, am Mittwoch. Mit einem Aktionsplan will die Kommission nun dagegenhalten. Soziale Netzwerke und Suchmaschinen wie Facebook, Google oder Twitter hatten sich 2018 gegenüber der Kommission bereiterklärt, einen Verhaltenskodex gegen Desinformation zu unterzeichnen. Nun will die Kommission „zur Ko-Regulierung übergehen“, kündigte Jourová an. Dazu sollen bis zum Frühjahr 2021 neue Leitlinien entstehen, die durch nationale Regulierungsbehörden durchgesetzt werden können.
Stefan Krempl, EU-Kommission will Desinformierer bestrafen, Heise online 3.12.2020
Um herauszufinden, welche Information eine Desinformation ist, muß man allerdings erst einmal verbindlich feststellen, worin denn die „Wahrheit“ besteht. Soll ein Wahrheitsministerium wie in George Orwells Roman 1984 eingerichtet werden? Der Corona-Virus sei „gefährlich“ oder „nicht gefährlicher als eine Grippe“ – wer entscheidet künftig über „Wahrheit“? Sollen das die sozialen Medien leisten? Soll die EU das überwachen?
So sehen wir im 21. Jahrhundert eigentümliche neue Konfliktlinien und neue Kumpaneien. Globale Akteure der Finanz- und Medienwelt kuscheln mit Brüsseler Bürokraten und indoktrinieren unsere Jugend medial mit ihren tendenziell staatfeindlichen, globalistischen Ideologien. Dazu gehören der Egalitarismus, Mißtrauen gegen unsere staatlichen Institutionen, unsere nationale Identität und Geschichte und die Auflösung aller Dinge, die wir uns geistig und kulturell in Jahrhunderten erworben haben.
Zugleich verliert der historische Gegensatz zwischen der Rechten und der Linken an Bedeutung, wo beide Seiten erkennen, daß sie inzwischen im selben Boot sitzen: dem kenternden Boot unserer Selbstbestimmung. Dieses muß eine globalistische Breitseite nach der anderen hinnehmen, während die einen seiner Insassen noch immer fröhlich proletarische Arbeiterlieder singen, während die anderen vor erschrocken vor Liberalität erblassen.
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Unter dem Einfluß mächtiger globalistischer Akteure und ihrer Helfershelfer in den Medien, den Kirchen und etablierten Parteien erleben wir den Generalangriff auf alles Tradierte, auf unser Volk, die Nation, die Familien. Die kulturellen und staatlichen Institutionen wanken. Dekonstruktivisten geben heute in gesellschaftlichen Schlüsselstellungen den Ton an.
Konservative und Rechte bilden unterdessen ein Mosaik teils unvereinbarer Positionen, oft nur geeint gegen die Gefahr des neulinken Totalitarismus. Begriffsverwirrungen und das Liebäugeln mit dem Kapitalismus beherrschen die Szene.
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