Historiker schätzen heute, daß in der frühen Neuzeit 40000 bis 60000 Menschen als Hexen oder Hexer umgebracht wurden, weit überwiegend Frauen. Nimmt man die Hexenprozesse hinzu, die nicht mit dem Tod der Angeklagten endeten, gelangen wir europaweit zu 3 Millionen Opfern, davon die Hälfte in Deutschland. Wir reden also von einem Massenphänomen.
Das hört sich auch in Kenntnis der psychologischen und theologischen Gründe für diesen Wahn noch ziemlich abstrakt an. Darum wollen wir einmal einen typischen Fall näher betrachten und uns dann ein Urteil darüber bilden, ob und worin wir spezifisch weibliches Verhalten oder männliche Ansichten speziell über Frauen darin finden. Wir gehen dafür nach Ahlsdorf bei Eisleben ins Jahr 1652. Das Dorf hatte 1626 unter der Pest zu leiden gehabt. Sie wütete so arg, daß manchen Tag elf Personen starben. Die Bevölkerung schmolz bedeutend zusammen[i]. Sie setzte sich aus Bergleuten und Bauern zusammen: einem rauhbeinigen Menschenschlag. Die Verwüstungen des 30jährigen Krieges forderten viele weitere Menschenleben.
1646 wurde das gesamte Dorf durch die sich hierhin wälzenden Kriegsgreuel so völlig zerstört, daß fast niemand im Dorfe bleiben konnte. Auch das Pfarrhaus wurde vollständig verwüstet, so daß der Pfarrer flüchten mußte und die Gemeinde bis 1648 keinen Seelsorger hatte. Die Gemeinde bestand nur noch aus einer übriggebliebenen Familie, deren an der nördlichsten Stelle gelegenes Haus unzerstört geblieben war. Dem flüchtenden Pfarrer versprach diese letzte Familie ihr ganzes Besitztum, wenn er nur bleibe und – falls nötig – für ihre christliche Beerdigung sorgen wolle. Gleichwohl resignierte der Pfarrer und kehrte erst 1648 zurück, mit ihm wohl Überlebende der Gemeinde, die in Eisleben Schutz gefunden haben mochten.
Ihm folgte 1652 Johann Christoph Engelhard (1606-1671) als neuer Pfarrer. Im selben Jahr wurde am 5. Mai die gefangene Zauberin Anna Moll in Sangerhausen wegen Hexerei verbrannt[ii]. Auf der Folter hatte sie, den Sangerhäuser Inquisitionsakten zufolge, den Hexenrichtern gestanden, die Anna Kluge zu Ahlsdorf könne auch hexen. Anna Kluge war Witwe eines 1630 gestorbenen Pfarrers Johann Kluge, muß bereits in fortgeschrittenem Alter und häßlich gewesen sein. Sie hatte entzündete rote Augen, und beim Abendmahl weigerten sich die nach ihr Kommenden, aus demselben Kelch zu trinken, weil sie sich ekelten.
Sie hätte sie um ihr Auge gebracht, auch den Kühen des Superintendenten in Eisleben die Milch entzogen, so daß sie lauter Blut gaben. Ferner hätte sie das Kind Hans Buchners, der nach Quedlinburg verzogen, um beide Augen gebracht, daß es blind geworden sei. Ebenso habe sie einem Schneider in Klostermansfeld ein Kind tot gezaubert. Wenn es Paul Müller in der Leutersgasse zu Eisleben nicht verhindert hätte, hätte der Schneider die Klugin totgehauen.
Diese Anschuldigungen bildeten die Grundlage eines ersten Prozesses, der gegen die Kluge als vermeintliche Hexe angestrengt wurde. Sie wurde am 10. Mai 1652 gefangengesetzt. Letztlich war ihr aber nichts als Verleumdungen vorzuwerfen, die der gerichtlichen Überprüfung nicht standhielten. Auch Nachbarn aus Ahlsdorf beteiligten sich an den Anschuldigungen.
Nach monatelanger Prozeßdauer, Gefängnishaft und einer Reihe harter Verhöre wurde die Kluge schließlich freigesprochen. Drei Jahre durfte sie sich ihrer Freiheit erfreuen. In der Frühe des 31.Mai 1655 aber erschien Pfarrer Johann Christoph Engelhardt im Kramladen des Gerichtsverwalters August Seyffardt in Ahlsdorf und berichtete in Gegenwart des Johann Georg Hoffmann, daß wieder wunderbare Reden über die alte Klugen umgingen. Sie hätte Toffel Luthers etwa sieben Jahre altem Kinde einen Platzkuchen gegeben, welches ihr Bier aus der Schänke geholt hatte. Diesen Kuchen habe die Mutter, als sie erfuhr, daß er von der Klugen stammte, dem Hund vorgeworfen. Dieser habe sich bald hierhin, bald dorthin geworfen, gewinselt und gemurret und weder leben noch sterben können. Hätte das Kind den Kuchen gegessen, hätte man wahrlich ein Spektakel an ihm sehen können.
Am nächsten Tag fand sich Rebekka, Toffel Luthers Frau, ebenfalls beim Gerichtsverwalter ein. Sie bestätigte des Pfarrer Engelhardts Bericht und fügte noch einiges hinzu. Toffel Luther bekräftigte am 2. Juni die Aussage seiner Frau.
Die Kluge beschwerte sich bei Seyffardt über die grundlosen Verleumdungen. Am 6.Juni forderte dieser die Parteien vor. Die Luthern sagte der Klugen ihre Anschuldigungen ins Gesicht, worauf diese erwiderte, im Kuchen sei nichts Böses gewesen als Wasser und Mehl. Am 19. Juni ließ Seyffardt die Anklagepunkte an die gräfliche Kanzlei nach Eisleben abgeben.
Am 26. fand in Klostermansfeld auf dem Amte in Gegenwart von Richter und Schöffen die förmliche Vernehmung statt. Die Kluge gab an, das Kind gegrüßt und gesagt zu haben: „Willst du mir ein Nösel Bier holen?“ Darauf habe sie dem Kind den Platzkuchen gegeben. Wie sich der Hund nach dem Fressen des Kuchens angestellt habe, wisse sie nicht. Es sei ein alter Hund gewesen, der weder hören noch sehen konnte, er habe auch ein böses Bein gehabt. „Gott behüte mich, daß ich dem Kinde die bösen Dinger durch den Kuchen hätte beibringen und es bezaubern wollen und darum eine Hexe sein müsse. Aus gutem Willen und Barmherzigkeit habe ich dem Kinde den Kuchen gegeben.“
Nach dem Verhör wurde die Kluge wieder in Haft genommen und Tag und Nacht bewacht. Am 27. öffnete man den Hund und fand am Magen zwei Knoten von der Größe einer welschen Nuß. Sie wurden aufgeschnitten, und man fand darin viele Würmlein, rötlich und dünn wie Zwirnsfäden.
An dieser Anklage hatte man noch nicht genug. Pfarrer Engelhardt reichte am 9.7.1655 dem Gerichte ein: „Ich war vom Generalsuperintendenten ermahnt, ihr im Beichtstuhl die erschrecklichen Gerichte Gottes anzuzeigen, denen niemand entlaufen wird, wenn er solches Übeles tue. Dagegen hat sie sich im Beichstuhl heftig gewehret, und als sie dann am Sonntag, 18. nach Trinitatis, kommuniziert, habe ich ihr zwar die Hostie wohl wissentlich beigebracht, aber mein Beichtvater, Herr Wolfgang Kluge, Pfarrer zu Hergisdorf, der administrieren half, hat ihr das wenige, so noch im Kelch war – sie war die letzte von 26 Personen – nicht beibringen können, sondern hat einer anderen Weibsperson, so vom Altar die nächste gewesen, das wenige vollends beibringen müssen.
Am 27.Juni war ich in Annarode bei meinem gewesenen Pfarrkinde Barthol Riebesamen, Gräflich Mansfeldischem Wildschützen, der mir wegen Schulden etwas von der Gräserei ausweisen wollte. Der erzählte mir, sein Töchterchen, das ich am 20. Februar begraben hatte, sei von der Kluge bis in den Tod verhext, denn sie habe auch im Leibe solche Würmer gehabt wie der Hund.
Die Kluge habe sich in einem Gezänk hören lassen, es solle sie gereuen, dieweil alles vom Kind aufgezehret und es des Todes sein müßte. Ferner sagte sein Weib in Gegenwart des Schafmeisters Valten Storch, sie wäre mit der Kluge zum Abendmahl gegangen. Dabei ließe diese allezeit die jüngsten Weiber vorgehen, weil manche einen Ekel gehabt. Als sie den Leib Christi von mir empfangen, habe sie die Schaube[iii] vor den Mund getan und das Maul hart gewischet, wollte gar böse Gedanken haben. Was sie aber danach getan hat, habe ich nicht gesehen, weiß auch nicht.“
In der gerichtlichen Hauptverhandlung am 1. August 1655 wurden Angeklagte und Zeugen einander gegenübergestellt und im einzelnen vernommen. Alle Seiten bleiben bei ihren vorherigen Aussagen. Die Eheleute Luther behaupteten, die Kluge sei eine Hexe, was diese natürlich bestritt.
Riebesamen schilderte, wie seine Frau und die Klugen sich gezankt hätten. Diese habe gesagt, das solle seine Frau noch gereuen. Daraufhin sei sein Kind krank und ganz welk geworden und, wie er bitterlich weinend ausführt, im zweiten Lebensjahr gestorben. Das Kind habe zuvor immer bei der Klugen gesteckt, die ihm gebratene Äpfel und Birnen gegeben habe, auch Kuchen. Es sei über das ganze Körperchen blau und braun geworden und habe stets über sein Beinchen geschrien.
Die Kluge leugnete, sich mit der Riebesamen gezankt und das Kind bezaubert zu haben. Dieses habe in des Nachbarn Scheune zuviel Zwiebelbeeren gegessen und darauf erbrochen. Die Eltern hätten in der Apotheke ein Pülverchen für das Kind machen lassen. Es sei immer unpäßlich gewesen und aus dem Bett gefallen, davon sei es immer schlimmer geworden.
Weiter wollte Riebesam von seiner Frau, die sich daran aber nicht erinnerte, gehört haben, daß die Kluge sich weigere, beim Abendmahl den Wein zu trinken. Die Kluge leugnet auch das. Nach beendetem Verhör wird ihr eröffnet, in Haft genommen zu werden. Dem widerspricht sie heftig: Das Gefängnis sei so unleidlich, daß sie alte Frau es wegen des Ungeziefers dort nicht aushalten könne. Auf ihre Bitten wird sie verschont und auf ihre eigenen Kosten unter dauernder Bewachung in einer Scheune einquartiert.
Die Abendmahlsangelegenheit beschäftigte auch das Gräflich-Mansfeldische Konsistorium in Eisleben als zuständige Behörde. Der Termin fand in Eisleben am 28. Juli 1655 statt. Pfarrer Wolfgang Kluge sagte unter Eid aus, er habe bei Austeilung des Sakraments geholfen und der Klugen den Kelch gereicht, Sie habe tatsächlich nur ganz wenig genossen, obwohl sie von 24 Personen die letzte gewesen sei und hätte austrinken können. Als er früher Ortspfarrer gewesen sei, habe sie auch immer nur ganz wenig genossen. Der frühere Superintendent M. Aeschard habe ihn auch oft gewarnt, er solle sich vor der Klugen hüten, mit der sei es nicht richtig.
Sämtliche Akten gingen am 4. August 1655 an den Leipziger Schöffenstuhl, der antwortete, nach dem Inhalt der Akten erscheine die Angeklagte schuldig. Man solle sie peinlich befragen. Vor diesem peinlichen Verhör wurde sie noch einmal auf der Amtsstube in Gegenwart des Scharfrichters gefragt und die Tortur angedroht, wenn sie nicht endlich gestehen wolle. Als sie wieder standhaft leugnete, folgte sofort das peinliche Verhör.
Das Protokoll der ihr zugefügten Qualen füllt Seiten. Zuerst legte man ihr Daumenschrauben an, dann inwendig mit Spitzen versehene „spanische Stiefel“, die der Scharfrichter immer enger zusammenschnürte. Ihr wurde ein Instrument in den Mund gesteckt, das Schreien zu verhindern. Immer wieder hielt man ihr vor, doch endlich zu gestehen, mit dem Bösen ein Bündnis zu haben. Sie aber blieb bei aller Pein standhaft, es geschehe ihr Gewalt und Unrecht, gebe es denn keine Barmherzigkeit?
Nunmehr brannte man ihr sämtliche Körperhaare ab, schnürte die Stiefel besonders eng und die Arme rückwärts in die Höhe. Sie schrie: Gott helfe ihr, diese Pein auszuhalten, sie könne doch nichts gestehen, das sie nicht getan hätte. – Nach weiteren Foltern fragte sie, ob es Sünde sei, wenn sie jetzt bekennte, den Teufel zu haben, obwohl das gar nicht stimme. Man antwortete ihr, nur die Wahrheit solle sie sagen. Jetzt ließ der Scharfrichter auf die angezogenen Stiefel und ihren Leib mit einem Federwische Feuer fallen. Zuerst zuckte und schrie sie, dann erlitt sie die Qualen schweigend. Das ganze Gericht wunderte sich darüber, wie sie diese Schmerzen aushielt und dabei keine Träne vergoß.
Jetzt herrschte man gar den Scharfrichter an, ob er nicht das Seinige tue wie ihm der Schöffenstuhl geheißen. Diesem aber war es gesetzlich verwehrt, das Blut der Angeklagten zu vergießen, bevor sie verurteilt war. Die peinliche Befragung mußte sich auf Mittel beschränken, bei denen kein Blut floß. Er gab daher zurück, daß er der Angeklagten kraft des Schöffenspruches diesmal nicht mehr antun dürfe. Daher löste er sie befehlsgemäß wieder von der Leiter ab, an die sie gebunden war, zog ihr die Stiefel wieder aus, befreite ihre Hände und setzte ihr die ausgerenkten Arme wieder zurecht. Nach zweistündiger Folter brachte er die Kluge wieder ins Gefängnis, ohne daß sie auch nur eine Silbe eingestanden hätte.
Mangels Geständnis entschied der Leipziger Schöffenstuhl, die Beweise reichten nicht aus. Die Angeklagte mußte Urfehde schwören, das heißt, sie mußte geloben, den Richtern, Schöffen und dem Scharfrichter nichts nachzutragen und keine Rache zu üben. Nach ihrer Freilassung verlangte man von ihr jedoch, obwohl sie freigesprochen war – Gerichtskosten. Aus Ahlsdorf scheint sie weggezogen zu sein, denn im Ahlsdorfer Kirchenbuch verlautet nichts über ihr weiteres Schicksal. –
Der örtliche Pfarrer Johann Christoph Engelhardt wurde später wegen Ehebruchs vertrieben. Er verließ seine Frau und seine vier Kinder, wandte sich gen Süden und siedelte sich in Schnabelwaid an, einer kleinen Ortschaft knapp 20 km südlich von Bayreuth. Hier erhielt er am 16. April 1657 eine Pfarrstelle und heiratete am 26. Januar 1658 Ursula Gebhardt, eine Gastwirtswitwe aus Berneck. Bald wurde aber ruchbar, daß Engelhardt daheim in Ahlsdorf schon Frau und Kind hatte, und er wurde 1667 wegen Doppelehe seines Amtes enthoben. Schließlich starb er in Wunsiedel am 20. Februar 1671 in Armut.[iv] –
In dieser Begebenheit finden wir alle Gegensätzlichkeiten vereint: Die boshafte, denunzierende Nachbarin ebenso wie die standhafte alte Witwe, aber auch den bigotten Pfarrer ebenso wie den nüchtern urteilenden weltlichen Richter. Nicht die ganze Gesellschaft war der Wahndoktrin verfallen. Es genügte aber ein kleiner Anstoß, um ein vielleicht tödliches Räderwerk in Gang zu setzen. Der Hexenwahn und die Verfolgung waren kein rein männliches Spezifikum. Eine – warum auch immer – denunzierende Nachbarin gab den Anstoß. Und unser lutherischer Seelenhirte entpuppte sich am Ende auch noch als Ehebrecher, verließ seine Frau und führte eine Zweitehe.
Nach der Mitte des 17. Jahrhunderts ebbte die Hexenverfolgung langsam ab. Zwar wären sie ohne christliche Doktrinen gar nicht erst in Gang gekommen. Aber nicht die Kirche war die treibende Kraft. Häufig verbanden sich rein weltliche Denunziationslust, Rachsucht und Bosheit zu einem Ursachenbündel für sich steigernde regionale Verfolgungswellen. Dabei waren es immer wieder gerade führende Theologen, die aufgrund ihrer Bildung und aufklärerischer Lektüren erkannten, welche grausamen Verbrechen hier im Namen Gottes und der Menschen begangen wurden.
Einer der bekanntesten ist der Jesuit und Dichter Friedrich Spee von Langenfeld (1591-1635). Es gebe zwar unbestreitbar wirklich Hexen, aber lange nicht so viele, wie als Hexen angeklagt und verbrannt würden. Was allgemein Hexen zur Last gelegt werde, geschehe nach Meinung von Naturkundigen nach „dem gemeinen Lauf der Natur“ wie Wolkenbrüche, unverhoffte Hagelstürme, Donnerschlag bei heiterem Himmel und so weiter. Ärzte sprächen von vielen in der Natur verborgenen Dingen, die täglich sich mit Verwunderung den Leuten eröffnen, die der natürlichen Reichtümer unerfahren seien: Es hätten die gelehrtesten Leute von vielen hundert Jahren her solche Dinge nicht genug ergründen können. Geschehe aber ein Unglück oder etwas Ungewohntes, kommen wir sogleich unbedachtsam, abergläubisch und unwissend hergeplumpt und klagen über Hexen und Zauberei.
„Hier ist abermals der Pöbel wegen seines Neides und Bosheit schuldig. Keine Nation leugnet, daß nicht allezeit Leut seien, welche Gott vor anderen in zeitlichen Gütern mehr als gesegnet. […] Höre hier unseren deutschen Pöbel! Flugs kommt ein Nachbar, der zurückbleibt. Der steckt den Kopf mit seinesgleichen zu Hauf. Man fanget an munkeln, es gehe mit Hexerei zu. Erstlich entstehet ein Argwohn, dieser wächst, so man einen in der Kirchen andächtiger beten sieht.“[v]
Friedrich Spee von Langenfeld, Gewissens-Buch: Von Processen Gegen die Hexen. Bremen, 1647
Spee geißelte das kleinbürgerliche Denunziantentum des ewig guten moralischen Gewissens. Gnadenlos deckte er den ganzen Hexenaberglauben mit seinen psychologischen Hintergründen auf. Er argumentiert so modern und bezieht naturwissenschaftliche Erklärungen ein, daß man bei einem im Jahr 1635 verstorbenen kirchlichen Autor nur staunen kann.
Damit waren die Tage des Hexenglaubens gezählt. Nur noch Spott hatte der Jurist Johann Siegfried Cleffel in seiner – vorsichtshalber unter Pseudonym gedruckten – Schrift von 1703 für ihn übrig: Aberglauben sei eine „so schädliche Gemütskrankheit, daß er die Atheisterei an Torheit bei weitem übertrifft“[vi]. Er argumentiert ganz prozessual mit der Beweislast und denkt empirisch: Daß der Teufel wie ein Kalendermacher auf die Elemente und die Witterung Acht habe und den Hexen zu sieden und zu braten eingebe, sei unglaubhaft, bis es erwiesen sei.
Lesen Sie weiter im Buch „Das ewig Weibliche„, dem der vorstehende Textauszug entnommen ist.
[i] F.G. Tauer, Die evangelischen Geistlichen an der S.Martinikirche zu Ahlsdorf, Mansfelder Blätter 1891 S.164 f. (165).
[ii] Mit weiteren Einzelheiten siehe Klaus Kunze, Geschichte des reichsadligen Geschlechts der Engelhardte von Haselbach, Teil 2, in: Düsseldorfer Familienkunde, Hrg. Düsseldorfer Verein für Familienkunde e.V., 23.Jahrgang, Heft 2/1987, S.41 ff. Christoph Engelhard ist direkter Vorfahre des Verfassers in der 12.Ahnengeneration. Siehe ferner Max Könnecke, Zwei Hexenprozesse aus der Graftschaft Mansfeld, Mansfelder Blätter 1896, S.2 ff. (34 ff.)
[iii] Schaube: Kleidungsstück, dessen Oberkante sie von unten nach oben bis über den Mund gezogen haben soll.
[iv] Matthias Simon, Bayreutisches Pfarrerbuch, Die Evgl. luth. Geistlichkeit des Fürstentums Kulmbach-Bayreuth (1528/29-1810), 1930, S.59,
[v] Friedrich Spee von Langenfeld, Gewissens-Buch: Von Processen Gegen die Hexen. Bremen, 1647
[vi] „Hieronymus a sancta fide“, Gründliche Abfertigung der Unpartheyischen Gedancken eines ungenannten Auctoris, die er von der Lehre De Crimine Magiae des hochberühmten Herrn D. Christiani Thomasii, Frankfurt 1703, Vorrede und § 21. Zur Autorschaft des Johann Siegfrid CLEFFEL siehe Heinrich Laehr, Die Literatur der Psychiatrie im XVIII. Jahrhundert, 2.Aufl., Berlin 1895, S.5.
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