Viele Schmetterlinge verhungern in offener Landschaft. Auf Wiesen, auf die Jahr um Jahr Gülle geschüttet wird, wächst nicht viel mehr als Gras.
Brauner Feuerfalter, Lycaena tityrus 5.8.2016
Die Biene rechts über dem kleinen Falter ermöglicht einen Größenvergleich zwischen den beiden blütenliebenden Insekten. Für beide bildet der blühende Steinbrech im Steingarten eine wichtige Nahrungsquelle. Futterpflanze der Raupen ist der Sauerampfer.
Es gibt nur noch wenige Wiesen in der Feldmark, die halbwegs natürlich sind und wenigstens einen Grundstock an Klee und wenigen anderen Blühpflanzen aufweisen. Auf sie stürzen sich die verbliebenen Schmetterlinge wie auf die letzte Tankstelle vor der Grenze.
Es nährt aber nicht jede Blüte jede Schmetterlingsart. Viele haben deutliche Vorlieben, die mit dem inneren Aufbau der Blüten und der Beschaffenheit des Saugrüssels zusammenhängen können. Keiner der großen Edelfalter käme auf die Idee, eine Kleeblüte anzufliegen, doch auf ihren Lieblingsbüschen, dem Sommerflieder, finden wir keine Angehörigen der Bläulingsfamilie.
Kleetrunkener Feuerfalter
Zu ihr zählen die Feuerfalter ungeachtet ihrer gewöhnlich orangen Farbe. Von ihr wiederum macht diese Art eine Ausnahme und heißt darum brauner Feuerfalter.
Wie alle Schmetterlinge ist der Feuerfalter schön. Seine ästhetische Schönheit ist ebenso wirklich, wie es wirklich gerade und ungerade Zahlen, liebevolle Blicke oder das Strahlen der Sonne gibt. Alles das entsteht nicht erst, wenn es jemand wahrnimmt. Schmetterlinge waren bereits schön, als unsere haarigen Vorfahren sich noch von Ast zu Ast schwangen. Sie entwickelten sich parallel zu den Blütenpflanzen vor rund 250 Millionen Jahren. Sprachen sie den letzten Sauriern der Kreidezeit Trost zu?
Schönheit entsteht aus passender Proportion der einzelnen Bestandteile zueinander, aus Symmetrie, Ausgewogenheit und anderen Faktoren, um welche schon die alten Meister der Antike wußten. Sie lehrten sie ihre Schüler, und bis heute vermögen wir Menschen Schönheit zu erkennen, wenn wir sie mit unseren Augen erblicken.
Diese Schönheit umgibt überall und breitet sich vor unseren Augen aus. Sie liegt aber nicht etwa im Auge des Betrachters. Im Auge liegt überhaupt nichts: Unser Sehnerv leitet Impulse weiter, und unser Gehirn setzt ein Abbild des Gesehenen zusammen. Die Schönheit, oft auch Häßlichkeit, spiegelt sich in unserem Gehirn nur spiegelbildlich ab. Um sie abzuspiegeln, muß sie erst einmal in der Umwelt vorhanden sein. Unsere Vorstellung erzeugt die Schönheit nicht erst. Alles Schöne ist bereits vorhanden, ebenso wie ein aufgemaltes Quadrat nicht erst zum Quadrat wird, wenn wir es wahrnehmen. Wir erkennen ein Quadrat als Quadrat und Schönes als schön, konstruieren aber nicht in unserem Gehirn Quadrate und Schönheit.
Schönheit liege im Auge des Betrachters, und alles sei Geschmackssache, ist die Lieblingsausrede derer, die kein Schönheitsempfinden oder keinen Geschmack haben. Es gibt Bedauernswerte, die bloß viele Buchstaben sehen, aber das Wort nicht lesen können, und Gemütsathleten, die Freude und Leid nicht empathisch mitempfinden. So ist es auch mit der Schönheit:
Der gleißende Sternenhimmel und das Flügelschlagen des Falters waren bereits vor Jahrmillionen schön, und der David Michelangelos wird selbst noch von menschlicher Schönheit künden, wenn die ausgestorbene Art Homo sapiens die Naturschönheiten unseres Planeten vernichtet und diesen in eine häßliche Müllkippe verwandelt haben wird.
Suchen wir das zeitlos Gültige, werden wir es in menschlichen Gesetzen nicht finden. Vergeblich werden wir es in Religionen oder Moralvorstellungen suchen. Die spuken uns nur in schlaflosen Nächten als Gewissensbisse Kopf herum und scheuen das Tageslicht. Schönheit aber war vor uns Menschen schon da. Zeitlos und universell gültig wird uns nur sie überdauern.
—
Sie können gern hier
weiterlesen.
1 Pingback