Klaus Kunze

Monat: Oktober 2019

… folg ich der Vögel wundersamen Flügen

Am Abend, wenn die Glocken Frieden läuten,

Folg ich der Vögel wundersamen Flügen,

Die langgeschart, gleich frommen Pilgerzügen

Entschwinden in den herbstlich klaren Weiten.

Hinwandelnd durch den dämmervollen Garten,

Träum ich nach ihren helleren Geschicken

Und fühl der Stunden Weiser kaum mehr rücken.

So folg ich über Wolken ihren Fahrten.

Da macht ein Hauch mich von Verfall erzittern,

Die Amsel klagt in den entlaubten Zweigen,

Es schwankt der rote Wein an rost’gen Gittern,

Indes‘, wie blasser Kinder Todesreigen,

Um dunkle Brunnenränder, die verwittern,

Im Wind sich fröstelnd blaue Astern neigen.

Georg Trakl  (gefallen 1914)

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Die Kollektivintelligenz der Widderchen

Widderchen heißt eine Schmetterlingsfamilie. Sie unterscheiden sich von anderen durch ihre Antennen (Fühler): dick wie Widderhörner. Von ihnen will ich erzählen.

Ein einzelner Falter ist gar kein Falter.

Konrad Lorenz, Pionier der Verhaltensbiologie, prägte den Satz: „Ein Affe ist kein Affe“. Damit spielte er auf das Bedürfnis an, einer Gruppe anzugehören. Die Affenhorde, das Löwenrudel, die Giraffenherde, das Bienenvolk, der Heringsschwarm: Sie sind die kleinsten Einheiten, in denen die biologische Art sich erhalten kann. Einzeltiere tragen zum Fortbestand der Art nichts bei.

Schmetterlinge bilden keine Herden und Rudel. Sie füllen ein geeignetes, vorhandenes Areal mit einer flexiblen Individuenzahl an. So viele Individuen ein Biotop ernährt, so viele gibt es dort auch. Ein Falter kommt selten allein. Wo eine Schmetterlingsart existieren kann, da gibt es sie gewöhnlich zahlreich.

Schmetterlinge können sich exponentiell vermehren. Sie ähneln darin Blumen: Sie können sich potentiell ins Unendliche aussamen, werden aber durch die verfügbare Fläche begrenzt. Weiterlesen

Gotik: Maß und Ziel

Unserer Zeit sind weitgehend das rechte Maß und die rechte Form abhandengekommen. Die Architektur früherer Epochen war menschlich. Sie wies eine geistige Struktur auf. Sie war für ihre Erbauer Maß und Ziel zugleich. Der gotische Pfeiler der St.Lorenz-Kirche in Nürnberg bricht seine gewaltige Baumasse durch filigrane Rippung auf:

St.Lorenz-Kirche in Nürnberg

Was der Bombenkrieg uns gelassen hat, bildet Oasen der geistigen und emotionalen Normalität.

Magdeburg, Blick auf den Dom

Gotische Architektur strahlt stimmungsvolle Ruhe, zugleich aber auch Dynamik aus. Alle Gedanken und Sinne ihrer Erbauer waren himmelwärts gerichtet. Und dorthin lenkt sie unseren Blick.

Magdeburger Dom

In der Gegend des Magdeburger Doms lebten seit unvordenklicher Zeit meine Vorfahren. Wie oft mögen sie bewundernd emporgeblickt haben? Der Dom war optischer Mittelpunkt und Fluchtpunkt für Tausende bei dem entsetzlichen Gemetzel am 20. Mai 1631, als die Stadt im 30jährigen Krieg erobert wurde. Und er überstand den 16. Weiterlesen

Stadtmauer in Uslar erneuert

Die mittelalterliche Stadtmauer in Uslar fiel seit Jahren stellenweise in sich zusammen. Weil es anscheinend im Solling keine Maurer gibt, wird sie jetzt von einer Firma aus Groß Gerau liebevoll teils abgetragen und wieder aufgebaut. Man hatte im Mittelalter Lehm mit Kalk vermischt. Der Kalk hat sich durch die Jahrhunderte vollständig zersetzt. Eindrucksvoll ist die sonst nicht zugängliche Außenseite der Stadtmauer, die innen auf der Stadtseite nur ein Mäuerchen ist.

Die aus dem 14. Jahrhundert stammende Stadtmauer wurde erstmals 1423 erwähnt.

Eingestürzte Mauer

Im September 2019 begannen die Wiederaufbauarbeiten und nähern sich jetzt, Ende Oktober, der Vollendung.

Stadtmauer Uslar, Außenseite
Stadt-Innenseite – vollendet 20.10.2019
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1793: Christian Klinge mit 16 Jahren Soldat

16 Jahre alt war Christian Klinge aus Fürstenhagen, als er am 1.10.1800 in Hann.-Münden als Soldat vereidigt wurde. Niedersachsen wurde soeben vom Feind erobert. Die Hannoversche Armee war in schwerste Abwehrkämpfe gegen französische Truppen verwickelt. Selbst 15jährige traten unter die Fahnen. Christian Klinge war in Fürstenhagen am 17.4.1783 als einziger Sohn neben acht Schwestern geboren. 1796 war sein Vater gestorben 1797 war er mit der Note „schlecht“ konfirmiert worden. In der Stammrolle des 1.Inf.-Rgt. wurde er als Geworbener geführt, also als freiwillig Verpflichteter. Er diente in der 1. Musketier-Kompanie. Sein weiteres Schicksal ist unbekannt.
Die Familie seiner Eltern habe ich im Ortssippenbuch Fürstenhagen schon publiziert. Vielleicht denkt hier das erste Mal seit 200 Jahren wieder jemand an diesen verlorenen Sohn seiner Gemeinde.

Aus der Stammrolle des hannoverschen Infanterie-Regiments 1A in Hann.-Münden

Hier die Daten seiner elterlichen Familie, entnommen dem Ortssippenbuch Fürstenhagen:

Klinge, Johannes *Arenborn *7.10.1751 =Hei1080=, †5.1.1796, 44 Jahr
oo 30.11.1775 Jfr. Weiterlesen

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