Medienerzeugte Scheinwelten
Eine heute auf allen Sendern verbreitete Studie hat festgestellt, daß US-Amerikaner und Deutsche ihr Verhältnis völlig verschieden sehen. 85% der Deutschen bewerten die Beziehungen zwischen den beiden Staat als negativ oder sehr negativ. 75% der Amerikaner beurteilen es als gut. Über diese Diskrepanz müssen wir uns nicht wundern.
Sie bildet die unmittelbare Folge ganz gegensätzlicher Medien-Berichterstattung übereinander auf beiden Seiten des Atlantiks. Zugleich wirft sie ein erschreckendes Licht auf die Methoden der Medien, eigene Echokammern zu bilden und „Medienkonsumenten“ in sie einzubinden, manchmal auch einzusperren. Amerikanische Medien berichten zu 75% Positives über die deutsch-amerikanischen Beziehungen, deutsche zu 85% negatives, so kann man die Meinungsumfrage auch interpretieren.
Wenn zwei Menschen sich täglich in die Augen sehen, läßt sich ein Konflikt zwischen ihnen nicht schönreden, Abneigung nicht leugnen, und Liebe bedarf keiner Worte. Jeder weiß, wie seine persönlichen Freunde zu ihm stehen. Völker und Staaten aber können naturgemäß keine persönlichen Freunde haben, sondern nur objektivierbare kollektive Interessen. Diese können sich immer potentiell miteinander decken oder auch widersprechen.
In den USA wurde Deutschland seit Jahrzehnten als Partner wahrgenommen, mit dem man gleiche Werte und Interessen teilt. Das spiegelt sich in der amerikanischen Medienwelt und bildet sich ihr entsprechend in Umfragen ab. Polternde Bemerkungen Trumps über ökonomische Konflikte zwischen unserer und ihrer Industrie nimmt man dort nicht grundsätzlich. Die Zustimmung zu einer positiven Sicht des Verhältnisses ist seit zwei Jahren sogar von 68% auf 75% gestiegen.
Deutsche Journalisten, so haben Studien ergeben, sehen dagegen Trump negativer als ihre Kollegen irgendwo anders auf der Welt. Das hat recht deutsche Gründe, innenpolitische Gründe, ideologische Gründe. Wie in den USA auch hadert vor allem der linksliberale Flügel der Intellektuellen und Journalisten ganz grundsätzlich mit Trump. Während dieser Flügel aber in den USA nur eine von zwei Hälften des Medienspektrums abdeckt, beherrscht er es in Deutschland fast ganz. Es hat Umfragen über die weltanschauliche Ausrichtung unserer Medienschaffenden gegeben. Sie verorten sich selbst weitgehend sehr weit links von der Mitte. Mit ihrer Sicht auf Personen und Ereignisse der Weltpolitik prägen sie unsere öffentliche Meinung vor.
Es vergeht fast kein Tag, an dem nicht gehässig jede kleine Wendung der amerikanischen Innenpolitik ausgenutzt wird, den Eindruck zu erwecken, als stehe ein Sturz des Präsidenten kurz bevor. Unvergessen sind die süffisanten Kommentare vor seiner Wahl zum Präsidenten, in denen er als Trottel dargestellt wurde, der niemals gewählt werden würde.
Für unsere linksradikalen Journalisten ist Trump der Gottseibeiuns unserer Zeit. Er muß tagtäglich beschworen werden, um die moralische Verderbtheit von Populisten zu geißeln und eine „humane“ Politik zu beschwören. Was human sei, glaubt man in den Redaktionen zu wissen. Man muß dafür nur in den Spiegel schauen und weiß sich in Besitz der Wahrheit
Beiträge über das Phänomen Trump werden in vielen Fällen erst verständlich, wenn man hinter der Folie der scheinbaren Auslandsberichterstattung erkennt, daß eigentlich deutsche innenpolitische Auseinandersetzungen damit beeinflußt werden sollen. Wenn ein Kommentator in ARD oder ZdF Trumps „Populismus“ geißelt, hat er immer eine deutsche Partei im Hinterkopf, der er ebenfalls Populismus vorwirft. Über Ereignisse wird berichtet je nach ihrer Brauchbarkeit, die TV-Konsumenten unweigerlichen zu den Schlußfolgerungen zu leiten, die sie ziehen sollen. Man kann die Tendenz von Berichten über die von Trump zu Mexiko zu errichtende Mauer nicht verstehen, ohne die in Deutschland umstrittene Masseneinwanderung hinzuzudenken.
Es wird über Trumps Politik berichtet, um plakativ deutlich zu machen, wie schrecklich sich die Regierung eines bösen Menschen in der Welt auswirkt, ja, eines genau des Schlages, vor denen man auch in Deutschland nur immerfort warnen muß. So hat sich ein Schema der Berichterstattung herausgebildet und verselbständigt, das Trumps Amerika täglich zur Kammer des Schreckens unserer Tage hochstilisiert, beherrscht von einer Art Voldemort oder Sauron. Die ultimate Steigerung durch das Wort Hitler wird bisher noch vermieden.
Die Interessenkonflikte um die ungleiche Verteilung der Verteidigungslasten und ungleiche wechselseitige Exportquoten werden zu einem umfassenden Konfliktszenario hochstilisiert, zugespitzt auf die hier herrschenden Mächte des moralisch Guten gegen die im Weißen Haus hockende Macht des Bösen.
Ein unmoralisches und böses Amerika wurde als Gegenwelt aufgebaut zum eigenen, moralisch guten Deutschland der Humanität, der Menschenrechte, des internationalen Ausgleichs und aller anderen hübschen Begriffe aus dem Katechismus des Gutmenschentums, wie ARD, ZdF und Tageszeitungen sie verstehen und verbreiten. Natürlich hat diese Gegenwelt ihren Raum vor allem in den Köpfen ihrer Konstrukteure. Das reale Deutschland, die realen USA, haben wenig mit ihr zu tun.
Für die Menschen gilt das erst recht. Es hat schon immer eine auffällige Diskrepanz gegeben zwischen der Sympathie, die sich zwischen wirklichen Amerikanern und Deutschen oft und schnell einstellt, wenn sie sich begegnen, und der schroffen Ablehnung dessen, was die einen und die anderen politisch-ideologisch vom Land des anderen erwarten. Man kann den Amerikanismus verabscheuen, aber Amerikaner persönlich nett finden. Entsprechende menschliche Erfahrungen machten viele Amerikaner zu ihrer Überraschung nach ihrem Einmarsch in Deutschland 1945.
Im 2. Weltkrieg hatten beide Ländern ihre inneren Echokammern gebildet aus Kriegspropaganda und einem verzerrten Feindbild des jeweils anderen. Erst der Kontakt mit den wirklichen Menschen der anderen Seite hat diese Echokammern nach 1945 langsam abgebaut. Heute befinden sich die in der ersten Reihe bestimmter Medien sitzenden und lauschenden deutschen Zuschauer in einer solchen Echokammer. Sie sehen und hören, was sie sehen und hören sollen.
Aus einer solchen medialen Matrix, einer Scheinwelt, können nur wenige aus eigener Kraft ausbrechen.
Wo bitte lassen Sie denken?
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