Vom Individualismus zum Kollektivismus

Menschliche Anschauungen wandeln sich nur allmählich. Es kann Jahrzehnte und Jahrhunderte dauern, bis neue Lebensverhältnisse sich in gewandelten Anschauungen niederschlagen. Die beherrschende Sichtweise der Deutschen änderte sich in den letzten anderthalb Jahrhunderten von einer bürgerlich-individualistischen hin zu einer sozialkollektivistischen Grundstimmung.

Diese formte sich langsam aus einem sozialen Klassenbewußtsein der untersten Schichten, nahm in der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft politische Gestalt an und beherrscht heute in Form eines hypertrophen Sozialstaatsdenkens die Szene.

Die materiellen, überwiegend agrarischen Lebensverhältnisse hatten bis zum 19. Jahrhundert eine hierarchisch strukturierte Gesellschaft geformt. Die oft adligen Grundbesitzer waren ursprünglich zu militärischer Gefolgschaft verpflichtet und lebten von ihren Gütern. Sie bildeten eine noch im 18. Jahrhundert auch durch Bildung und Einfluß abgrenzbare Funktionselite mit eigenem Standesethos.

Die Überzeugung, als Adliger etwas substanziell Besonderes zu sein, verlor mit der Bildung der industriellen Massengesellschaft im 19. Jahrhundert an Evidenz. Weiterlesen