Während sich der Verstand erst die Schuhe anzieht, hat das Gefühl sich schon lange für eine Richtung entschieden. Alles Für und Wider im Kampf um unsere deutsche Position im Ukrainekrieg ist von vorrationalen Ängsten, Wünschen, Bedürfnissen und Hoffnungen geprägt. Rational begründen wir am Ende, was diesen Emotionen entspricht. Sie verraten uns, daß das Bombardieren von Frauen, Kindern und Krankenhäusern böse ist.

Am nachhaltigsten wirken menschliche Emotionen als Quellen von Religion und Metaphysik. Erfolg hat eine Religion, wenn sie ihren Gläubigen die Gewißheit vermittelt, nach von Gott gegebenen ewigen Gesetzen zu handeln. In solchen Gesetzen nehmen emotionale Grundbedürfnisse Gestalt an wie Liebe, Gerechtigkeit oder Erlösung von Übeln. Diese bilden das Böse. Wer Gottes Willen erkennt und vollstreckt, kann nichts Unrechtes tun. Vom „Deus lo vult“, mit dem Papst Urban II. am 27. November 1095 zum Kreuzzug aufrief, zieht sich ein roter Faden vergossenen Blutes bis hin zum Patriarchen Kyrill, der just zum heiligen Krieg gegen die Ukraine aufrief:

Gott solle „alle feindlichen, teuflischen Kräfte aus unserem gemeinsamen Leben“ vertreiben, predigt der Patriarch. Seit Beginn dieses Krieges redet Kyrill I. immer wieder nicht dem Frieden das Wort, sondern dem Krieg. Gut gegen Böse, Ost gegen West. Das ist das Weltbild Kyrills.

Die Rollen sind in diesem Freund-Feind-Schema klar verteilt. Auf der Seite Gottes kämpft Wladimir Putin, die Dämonen sieht Kyrill in der Ukraine am Werk, die Bevölkerung im Donbass müsse vor Schwulenparaden beschützt werden, sagte er in einer Predigt.

Tilmann Kleinjung, BR 24, 25.3.2022

Es versteht sich von selbst, daß ukrainische Geistliche das anders sehen. Für die ukrainisch-orthodoxe Kirche sprach das Oleg Bortnyk aus:

Die zweite Frage gilt Bortnyks Kirche, also der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche Moskauer Patriarchats. Deren Metropolit Onufri hat schon am zweiten Tag des Krieges klare Worte gegen den russischen Überfall gefunden, den Angriff als „Bruderkrieg“ zwischen ukrainischem und russischem Volk bezeichnet, der mit keinen Argumenten zu rechtfertigen sei.

Birgit Rätsch, Martin Jarde, BR 24, 4.3.2022

Auch für den Bischof der ukrainisch-katholischen Exilgemeinde in Deutschland steht außer Frage:

„Niemand hat Putin gebeten, uns zu retten“, widerspricht Bohdan Dzyurakh. [..] Für ihn sind die Stellungnahmen des Moskauer Patriarchats Teil der Kriegspropaganda.

Tilmann Kleinjung, BR 24, 25.3.2022

Begriffe wie Gut und Böse sind antithetische Bestandteile eines bestimmten Weltbildes. Nur aus seiner festgelegten weltanschaulichen Perspektive können sie als solche gesehen werden. Sie verändern grundlegend ihren Charakter oder werden sinnlos, wenn man an keine „Schöpfung“ glaubt, die von ihnen erfüllt wird, oder wenn man ihr andere ideologische Inhalte („Gebote“) zuspricht. So hatten sich einst Päpste wechselseitig exkommuniziert und nehmen heute Patriarchen entgegengesetzte Positionen ein. Diese werden von ihrer jeweiligen Interessenlage bestimmt.

Metaphysik ist Religion ohne Gott

Metaphysik ist Religion ohne Gott. Einst hatte sie die Welt geschieden gesehen in ein Diesseits und ein Jenseits. In jenem befänden sich jene geheimnisvollen Mächte, die unserem Dasein Ordnung und Sinn verleihen und deren Gesetzen alle Menschen unterworfen seien. Seit moderne Denker allerdings die uns beherrschenden Gesetze in der Physik und dem Diesseits fanden, konnten sie in aufgeklärten Kreisen nicht mehr mit Gott und einem Jenseits argumentieren, ohne peinliche Verlegenheit auszulösen. Sie lösten ihr argumentatives Problem, indem sie die sittlichen Gesetze als im diesseitigen Menschen vorinstalliert betrachteten. Das Gute wohnte jetzt im Menschen und entquoll keinem Jenseits mehr.

Das Böse hat man darum gefälligst von sich zu weisen und aus der Welt zu tilgen. Es ist „unmenschlich“ – inhuman! Jeder Metaphysiker weiß das. Ein Feind ist für ihn jemand, der in der Welt das Böse verkörpert. Es hat viele Gesichter. So mannigfaltig menschliche Zu- und Abneigungen sind, so verschieden ist, was sie als grundlegend böse betrachten und verabscheuen. Wenn Patriarch Kyrill die Bevölkerung im Donbass vor Schwulenparaden beschützen möchte, würden manche seiner katholischen Brüder in Christo das nicht überbetonen. Sie wissen: Der Herr sieht alles, aber er petzt nicht.

Eine Reihe deutscher Liberalismuskritiker entpuppte sich seit Putins Einmarsch in die Ukraine als begnadete Metaphysiker. In ihrem Abscheu vor dem zur Globalität drängenden Liberalismus greifen sich zu Waffen aus dem Arsenal der Scholastik: Der scharfsinnige Carl Schmitt persönlich hatte in der Fundgrube mittelalterlicher Theologie die Denkfigur des Katechon neu entdeckt. Er suchte sie für unsere Zeit fruchtbar zu machen. Wenn der Feind durch und durch das Böse verkörpert, wußte Schmitt, muß der Antichrist unbedingt aufgehalten werden, selbst wenn er in der „Endzeit“ doch siegen wird.

Doch wem jedes Mittel recht ist, den Teufel aufzuhalten, gelangt vom Regen in die Traufe. Wer in sich das Gute und im Feind das Böse ideologisch verkörpert sieht, kann mit seinem Gegner keinen Frieden schließen. Er kann den Verdammten nur vernichten, und das notfalls mit aller Konsequenz. Er kann dann mit dem besten Gewissen die schrecklichsten Greueltaten verrichten, an die er sonst noch nicht einmal mit schlechtem auch nur denken würde, zum Beispiel Wohnblöcke und Krankenhäuser mit Raketen beschießen.

Einer der Vordenker Putins denkt so: Alexander Dugin, und anscheinend hat er unter deutschen Rechten ein paar eingeschworene Fans. Den Liberalismus durchschauen sie als Ideologie, die alle Menschen zu Waren macht und die langfristig die Völker und Kulturen zersetzt. Sie möchten den Teufel des Liberalismus mit dem Beelzebub Putin austreiben – für sie offenbar ein Erzengel wider das Böse.

Der Liberalismus sei somit totalitär, es gibt dann keine äußeren Feinde mehr, nur noch den inneren Feind. Dugin sieht nun geradezu eine metaphysische Mission Rußlands, „daß die Russen etwas Großem und Entscheidendem in der dramatischen Situation der Endzeit gegenübertreten, dem Ende der Geschichte“, in der sich der Liberalismus mit seinem „Great Reset“ totalisiert und die Geschichte damit zum Stillstand gebracht habe. Hierin sieht Dugin die „Seuche des 21. Jahrhundert“, die im Großen Erwachen der nicht globalisierten Völker radikal beseitigt werden müsse: „Das bedeutet, daß unser Wiederaufleben ohne die Rückkehr zur imperialen Mission, die unserem historischen Schicksal zu Grunde liegt, unverständlich ist.“ Dugin spricht auch von imperialer Wiedergeburt. Hier beginnt der Politologe vollends zu phantasieren, wenn er hierbei von historischem Schicksal und dem „Katechon“ als Aufhalter des Bösen spricht – ein Ausdruck, den schon der Stauferkaiser Friedrich I. bemüht hat.

Alexander Riebel, Alexander Dugin: „Wir müssen angreifen!“, Die Tagespost 17.3.2022

Und so faßt Dugin, anscheinend auch Putin, den Ukrainekrieg auf als Teil eines Kampfes gegen die

Ideen der liberalen Globalisierung mit ihren Kernthemen „Posthumanismus, Genderpolitik, Cancel Culture, Feminismus und allen Arten anti-religiöser Bewegungen“. Um diesen Liberalismus zu beseitigen ist sein Ziel die Errichtung eines eurasischen Reichs von Wladiwostok bis Dublin unter russischer Führung.

Alexander Riebel, Alexander Dugin: „Wir müssen angreifen!“, Die Tagespost 17.3.2022

Dugin war

von 1994 bis 1998 Mitvorsitzender der mittlerweile verbotenen Nationalbolschewististischen Partei, ist Dugin heute Mitglied der nationalistischen Denkfabrik Isborsk-Klub und Chefredakteur der rechtspopulistischen Plattform katehon.com, die vom Oligarchen Konstantin Malofejew begründet wurde. Bereits 1992 zeigte Dugins imaginäre Landkarte ein euro-sowjetisches Imperium mit Moskau als Drittem Rom im Zentrum. Aus der Sicht einiger Politologen ist Dugin der entscheidende ideologische Wegbereiter von Putins antiwestlichem Kurs. Wichtig für dessen Denken ist der Katechon, wörtlich „der Aufhalter“ im Zweiten Brief an die Thessalonicher des Apostel Paulus. Gemeint ist die mittelalterlichen Vorstellung von einem Reich, das dem Wirken des Antichristen Einhalt gebieten kann.

Tatjana Petzer, Martin Treml, Putins politische Theologie, Der Freitag 18/2022.

Wer den Phrasen und Parolen glaubt, kann den Kampf um die Ukraine als Kampf um die globale Hegemonie von Liberalismus oder Putinismus interpretieren.

Die westliche Einmischung zeigt, daß es gerade nicht darum geht, sondern daß hier ein liberal-globalistischer Staat im (bisherigen) Entstehen gegen eine anti-globalistische Macht kämpft.

Florian Sander, Kommentar zu „Ukraine und der Krieg“, wir selbst 18.3.2022.

Lorenzo Maria Pacini beschreibt das – bezeichnenderweise auf der russischen Domain geopolitica.ru, noch eingehender und führt sie auf metaphysisches Walten zurück:

Was im Gange ist, ist kein Krieg, der vor wenigen Stunden begonnen hat, noch ein Hin und Her zwischen Nationen, die sich bereits seit Jahren im Konflikt befinden. Wir sind Zeugen eines Aufeinanderprallens zweier Weltanschauungen: auf der einen Seite die postmoderne, techno-fluide Vision des materiellen Imperiums, der mit Bomben importierten Demokratie, des farbigen Humanismus-Rechts, das sich als Tyrannei entpuppt, von Big Tech und Big Pharma, von die Zerstörung von Identitäten und die Versklavung der Massen durch die oligarchischen Machteliten, der Great Reset; auf der anderen die Vision, die Selbstbestimmung, Freiheit, die Identität jedes Volkes, Tradition, ontologisch begründete Rechte, finanzielle Unabhängigkeit, auf das Gemeinwohl ausgerichtete Politik, den großen Aufbruch bejaht. Es ist ein apokalyptischer Zusammenstoß, der eigentlich eschatologisch ist, und die metaphysische Bedeutung dieses Kampfes nicht zu verstehen bedeutet, das Herz dessen zu verpassen, was passiert.

Lorenzo Maria Pacini, Katechon und Antikeimenos, Die geopolitische Schlacht des Geistes, geopolitica.ru 26.2.2022.

Und wir?

Es liegt nicht zwangsläufig in unserem Interesse, uns unter den Fahnen einer der beiden Seiten zu versammeln. Es streiten niemals Ideologien, Götter oder metaphysische Ideen gegeneinander, sondern immer nur konkrete Menschen, deren Machtanspruch sich in ideologischen Forderungen konkretisiert. Diese geben sich gern auch religiös oder metaphysisch.

Putin bombardiert die Ukraine nicht für „Selbstbestimmung, Freiheit, die Identität jedes Volkes, Tradition, ontologisch begründete Rechte, finanzielle Unabhängigkeit, auf das Gemeinwohl ausgerichtete Politik“ der Ukrainer oder seiner Russen.

Man kann die Begleiterscheinungen des Ostküsten-Liberalismus und seiner Finanzoligarchen aus vielen guten Gründen kritisieren. Sich die Ukraine einzuverleiben und sie in seine angestrebte One World zu integrieren, gehört dazu, ebenso wie das Kalkül, Putin könnte dagegen eigentlich nur noch zu den Waffen greifen. Der Eindruck drängt sich auf, das sei von westlichen manchen Strategen billigend in Kauf genommen worden.

Putin ist aber gewißlich nicht zu unserem Retter berufen. Das glauben allerdings manche, für die nur die ideologischen Frontstellungen zählen. Während „westliche“ Ideologen mal wieder den Kampf der Freiheit gegen die Unfreiheit proklamieren, denken sie spiegelbildlich und halten „den Westen“ für den ideologischen Erzfeind, vor dem wir unter die Fittiche des großen Bruders im Osten kriechen sollten:

Das lächerlich schwache Europa braucht nichts dringender als einen starken Hegemon, und wenn man dem westlichen Narrativ nicht blind folgt, kann dies nach Lage der Dinge nur Rußland sein.

Werner Olles, Kommentar zu „Ukraine und der Krieg“, wir selbst 18.3.2022.

Das ist eine in vielfacher Weise fatale Fehleinschätzung. Rußland hat seit dem 24. Februar viele Schwächen bewiesen und nicht Stärke. Es wurde überschätzt. Seine Propaganda ist durchschaubar und in sich widersprüchlich. So soll die Ukraine, regiert von einem frei gewählten jüdischen Präsidenten aus dem Dunstkreis eines jüdischen Medien- und Finanzoligarchen, „entnazifiziert“ werden. Das ist grotesk. 1968 sind schon einmal deutsche Truppen Seite an Seite mit ihrem damals sowjetischen Hegemon in ein Nachbarland einmarschiert, die Tschechoslowakei. Deutsche wurden zu Mittätern.

Die Gesetzmäßigkeiten geistiger Auseinandersetzungen

Wir brauchen keine Hegemone, die uns beschützen und uns sagen sollen, wo der Feind steht. Der gemeinsame Krieg mit den USA in Afghanistan endete in großer Katerstimmung, und wohin deutsche Soldaten unter Rußlands Hegemonie geschickt werden könnten, weiß der Himmel. Es gibt keinen Schutz unter den Fittichen eines Hegemons ohne Gehorsam gegenüber seinen Wünschen. Um Patrone, die uns unter ihren „Schutz“ stellen wollen, sollten wir einen weiten Bogen machen. Unter dem „Schutz“ der USA und ihres Ultraliberalismus befindet sich unser Volk seit Jahrzehnten in Auflösung. Auch die USA hatten selten Skrupel, Frauen und Kinder zu bombardieren, wenn sie gegen „Schurkenstaaten“ zu Felde zogen. Waren wir nicht einst selbst einer? Uns kann nur konsequente Rückbesinnung auf uns selbst retten, nicht die Flucht in die Arme eines schießwütigen Moskauer Patrones, dessen Atomraketen noch immer bei Königsberg in Ostpreußen stehen und unter seinen Stiefeln zertritt, was immer ihm in die Quere kommt.

Man darf nicht kritiklos alles übernehmen, was andere über einen Dritten meinen, und liest es sich noch so nett. Auf manche scheinbaren Verbündeten sollte man lieber verzichten. Wer den globalen Finanzkapitalismus bloß geißelt, weil er nicht gottgefällig ist und eher ein Kamel durch ein Nadelöhr geht, als daß ein Reicher in den Himmel kommt, mag sein Himmelreich gewinnen. Hienieden aber ist er ein eher peinlicher Verbündeter.

Die Gesetzmäßigkeiten geistiger Auseinandersetzungen bringen häufig seltsame Koalitionen zustande. Auch für einen Atheisten liest sich die Liberalismus- und die Sozialismuskritik des Ultrakatholiken Juan Donoso Cortes brillant. Liberalismusschelte von sozialistischer Seite ist zuweilen nur in der tieferen Motivation von konservativer zu unterscheiden. Liberale, Christen und Marxisten wiederum nehmen an völkischem oder etatistischem Gedankengut aus ähnlichen Gründen Anstoß und sind sich doch untereinander spinnefeind.

Auch wer Dugin und Putin ins Reich ihrer Metaphysik folgt, übersieht, daß der Feind meines Feindes nicht automatisch mein Freund sein muß. Putin ist nicht der Hüter konservativer Werte, als die er sich ausgibt. Das gilt jedenfalls für diejenigen Werte, die unseren Vorfahren hier in Deutschland wichtig waren und die unseren Traditionen zugrundeliegen.

Es ist typisch für christlich grundierte Metaphysik, die Welt in Gut und Böse einzuteilen. Der gute Heilige Georg besiegt mit dem Drachen das Böse. So einfach ist die Wirklichkeit aber nicht. Wollte man metaphorisch im Bilde bleiben, müßte man sich zwei um die Vorherrschaft kämpfende Drachen vorstellen. Einen siegreichend Georg gibt es nicht. Und der deutsche traditionelle Schutzpatron, der Erzengel Michael, ist bekanntlich ein wenig schläfrig und reibt sich als „deutscher Michel“ die Augen.

Paolo Uccello, St. Georg besiegt den Drachen, um 1397 (Wikimedia).

Man kann sehr gut gegen „Posthumanismus, Genderpolitik, Cancel Culture, Feminismus“ und LBTG-Diskriminierung an Weißen eintreten, man kann auch auf demokratischem Selbstbestimmungsrecht der Völker gegen Entmündigung und Globalisierung bestehen, die Allmacht des Finanzkapitals beschneiden und Erhaltenswertes als nicht käuflich schützen, ohne deshalb zu Mitteln der Tyrannei und des Angriffskrieges zu greifen, wie es Putin vor unser aller Augen unternimmt.

Rußlands Despotie raubt den Völkern ihre Freiheit, Amerikas Liberalismus die Seele. Es kann niemals das eine Konzept ein Heilmittel gegen das andere sein. Wir benötigen eine Besinnung auf unsere eigenen geistigen und ethischen Traditionen. Zu ihnen gehört die Aufklärung. Der Abschied vom lieben Gott und allen metaphysischen Gespensterchen hat viele geschmerzt. Hinter die Aufklärung kann aber niemand zurück, ohne sich aus dem Kreis auszuschließen, in dem man auf der Höhe unserer Zeit rational diskutieren kann.

Zwischen der Skylla des US-Liberalismus und seinen Finanzoligarchen und der Charybdis asiatischer Despotie dürfen wir nicht auf die freundlichen Masken hereinfallen, hinter denen uns jene angrinsen, die uns beherrschen wollen. Sie verfügen über ein erprobtes Arsenal propagandistischer Phrasen, hinter denen sie ihre Machtansprüche verstecken: In Sowjetzeiten waren das etwa die Völkerfreundschaft und die Waffenbrüderschaft der Brudervölker – Tarnung für den Befehl, vor Moskau zu kuschen.

Heute verwendet man von der Humanität, den Menschenrechten und der Freiheit – ihrer Freiheit – bis hin zu den heiligen Werten Mütterchen Rußlands viele hübsche Begriffe von metaphysischer Erhabenheit. Sie haben aber ihre Unschuld verloren, wo sich hinter ihnen bis unter die Zähne bewaffnete oder in Geld schwimmenden Mächte verbergen, die uns Gehorsam abverlangen. Sie interpretieren die schönen Worte so, daß sie ihren Machtanspruch stützen. Ihre Freiheit ist nicht unbedingt unsere Freiheit. Von dieser ist unser Volk weit entfernt. Auch diese „Freiheit, die ich meine“, schwebt, wie es im Liede heißt, als „süßes Engelsbild“ im Metaphysikum.