Wieder einmal versuchen die Iraner, sich gegen das totalitäre Mullah-System zu erheben. Von unseren Staatsmedien wenig beachtet, brodelt es in Teheran und anderen Städten. Die Perser als Staatsvolk, im Iran auch lebende Kurden und andere haben nach 46 Jahren die Nase gestrichen voll von islamischen Gesetzen, Frauenverhüllung und geistiger Inzucht.
Es ist nicht der erste Aufstand. Wie auch immer er diesmal ausgeht: ein gutes Signal für die Freiheit. Wer mag schon Pressezensur, religiösen Zwang und alle die bekannten Herrschaftstechniken. Die Glaubensinhalte sind im Iran andere als in der EU. Die Herrschaftstechniken aber konvergieren zunehmend. Das macht den Aufstand im Iran für uns aktuell und interessant.
Ein Twitterer mit dem Decknamen Elica Le Bon schreibt heute:
Junge linke Frauen hielten 1979 ein Bild von Ayatollah Khomeini hoch und forderten eine moderne Version der Intifada. Hier liegt der Unterschied. Sie haben gewonnen. Zu jener Zeit genossen Frauen im Iran beispiellose Rechte, weit über das hinaus, was es im Nahen Osten sonst gab. Sie hatten das volle Wahlrecht, konnten hohe Ämter bekleiden, genossen Kleiderfreiheit und waren im Parlament, in Gerichten, Ministerien und in der Diplomatie vertreten. Sie waren gut ausgebildet und beruflich in Bereichen wie Recht, Medizin, Ingenieurwesen, Wissenschaft und Kunst tätig. Was bürgerliche und rechtliche Rechte betraf, waren sie westlichen Frauen in den 1970er-Jahren gleichgestellt – und in manchen Fällen sogar überlegen. Doch es reichte ihnen nicht. Sie wollten die Revolution. Sie waren den falschen Versprechungen erlegen. Sie wollten die islamistische Figur, die geschworen hatte, die Unterdrückten von den Unterdrückern zu befreien und das Paradies auf Erden zu errichten, eine Utopie im Iran. Wir alle wissen, wie diese Geschichte endet: Lynchmorde, Augenausstiche, Amputationen und Massengräber. Nun geraten auch die Westler in denselben schwindelerregenden Rausch und begierig darauf, einen Blick auf den Albtraum zu erhaschen, aus dem die Iraner noch immer nicht erwacht sind. Ich denke, deshalb sagt man, daß diejenigen, die die Geschichte nicht kennen, dazu verdammt sind, sie zu wiederholen.
Elica Le Bon auf x (Twitter) 30.12.2025, automatische Übersetzung vom Englischen.

Die jungen Frauen auf dem Foto von 1979 mögen Großmütter junger Perserinnen von 2025 sein, die jetzt im Gefängnissen mißhandelt werden, weil sie sich ohne Gesichtsmaskierung auf der Straße zeigten. So sieht eben Herrschaft nach der sogenannten Befreiung aus.
Genau solche Frauentypen sieht man auch, neurotisiert kreischend, auf Demos unserer Antifa. Heilige Einfalt! Fanatismus mündet immer und überall in das gleiche Fahrwasser: Beschränkungen der Meinungsfreiheit, der Pressefreiheit, Netzwerkregulierungen und vom Staat organisierte Zensur, notfalls Gewalt – die ewig dunkle Seite jeder Macht. Am 16.12.2019 schrieb ich:
Heute findet Zensur mit der Löschtaste von Facebook & Co statt. der Staat hat seine Leute. Wie im Iran nicht der Staat selbst gegen Abweichler vom rechten Glauben vorgehen muß – die schiitischen Revolutionsgarden erledigen das Nötige für ihn – muß auch unser Staat nicht gegen den Buchstaben seiner Verfassung verstoßen, um Meinungen zu unterdrücken. Es waren auch am 20.Mai 1933 nicht staatliche Einsatzkräfte, als Gewerkschaftshäuser gestürmt und besetzt wurden. Der Staat unter seinem neuen Kanzler mußte sich die Finger gar nicht selbst schmutzig machen. Das erledigte gern die SA als seine Parteiarmee für ihn.
Klaus Kunze, Rettungskapseln freien Denkens, 16.12.2019
Heute hat UnsereDemokratie ihre Antifa, die notfalls kurz und klein schlägt, was sich entgegenstellt. Ob SA, Antifa oder Revolutionsgarden: alles Brüder im Geiste. Nachdem ich das 2019 geschrieben hatte, ist erfreulich, daß es sich inzwischen herumgesprochen hat: Der Staat „UnsereDemokratie“ lagert an seine „Nichtregierungsorganisationen“ aus, was er selbst von Verfassungs wegen nicht darf.
Heute werden Ordnungskräfte und Revolutionsgarden in Teheran und anderen Städten von wütenden Volksmengen durch die Straßen gejagt. Der aktuelle Sproß und Thronfolger der Pachlevi-Dynastie meldet sich über Twitter zu Wort und spornt die Aufständischen und die Auslandsperser an. Auf Twitter hörte ich Kurzvideos mit Sprechchören, die eine Rückkehr des Herrscherhauses forderten.
Iranische Anti-Regime-, Pro-Schah-, Pro-Monarchie- und Pro-@PahlaviReza
Der Aufstand dauert bis in die Nacht an. In Dargahan, einer Küstenstadt am Persischen Golf im Kreis Qeshm, skandierten die Menschen: „Dies ist die letzte Schlacht, und Pahlavi wird zurückkehren“ und „Reza Schah, segne deine Seele“, und forderten damit direkt die Rückkehr des im Exil lebenden Schahs und nationalen Führers Irans, Reza Schah Pahlavi II. @PahlaviReza in den Iran #KönigRezaPahlavi
So etwas können wir Deutsche natürlich nicht. Seit den blutigen Tagen nach dem ersten Weltkrieg können wir es nicht mehr. Wer wollte heute eine Volksmenge mit Rollatoren bilden? Und unsere Jugend? Tja, die haben wir leider in den letzten Generationen mehrheitlich abgetrieben.
Die Lust auf Freiheit lebt aber noch in genug Deutschen, sich wenigstens am Freiheitskampf der Perser zu erfreuen. Im Sessel vor dem Fernseher, versteht sich. Falls die Staatssender etwas bringen: Man sollte uns Publikum nicht auf dumme Gedanken bringen.
Ich möchte jetzt nicht in eine Diskussion eintreten, ob und wie käuflich die letzte Pachlevi-Regierung gewesen sein mag. Wer weiß, ob sie korrupter oder weniger korrupt war als vieles, was wir in den letzten Monaten über die Brüsseler Beherrscher UnsererDemokratie gelesen haben. Korruption entspringt einem menschlichen Urtieb und ist nur durch ausgesuchte Disziplin und Treue zu bekämpfen, wie es sie im alten Preußen einst gab. Dessen Tugenden hat man bis zur Lächerlichkeit verzerrt, verhöhnt und in jedem Punkt in ihr Gegenteil verkehrt – im Namen einer „Freiheit“, die sich vor allem als die Freiheit unserer neuen Beherrscher entpuppt hat. Denn alle Revolutionäre und Neuerer, so lautet das eherne Gesetz der Oligarchie, werden bald nach der Machtergreifung den alten, gestürzten Herren immer ähnlicher.
So ruft man heute nach der alten Herrschaftsfamilie der Pachlevi (Pahlavi). Kurzfristig jedenfalls könnte es im Iran durch eine Wiedererrichtung der Monarchie nur besser, das heißt freiheitlicher zugehen.
Wie weit die vielen, heute auf Twitter kursierenden Videos mit Forderungen nach Rückkehr der Monarchie repräsentativ sind oder tatsächlich von noch im Iran lebenden Persern stammen, weiß ich natürlich nicht. Es spielt aber auch für das Wesentliche keine Rolle, denn auch ins Ausland geflohene Perser bleiben Perser, ganz gleich, was für einen Paß sie inzwischen in der Tasche haben. Ich wünsche ihrer jetzigen Revolution von ganzem Herzen den Sieg und den rund 319000 nach Deutschland emigrierten Persern eine erfolgreiche Remigration in ihr wieder befreites Vaterland!
Jetzt sehnen sich viele erst einmal zurück nach einer nationalen Herrschaft, die ihnen jedenfalls weitgehende Freiheit vor religiösem oder ideologischem Zwang gewährleistete.

Das Bild zeigt eine persische Miniaturmalerei (persisch: نگارگری ایرانی) von 1848/49 im Qajar-Stil der Epoche, „gemalt vom Diener Hāddschī Muhammad Khān im Jahr 1265 der Hidschra.“ Die Schrift besagt unter anderem:
بِفَضْلِ اللَّهِ وَ بِعَوْنِهِ وَ بِتَوْفِيقِهِ مَلِكَ تَخْتِ گَاهِ جَهانْ بَانِ اولْ مَلِكْ خُدَايْگَانْ
بَهْ جَهانْ بَانِي كَهْ سَلْطَنَتْ بَهْ جَهانْ بَانِي لَهْ مَلِكْ وَ بَهْ تَخْتِ شَرْفِ نَمَا فِيْ عَالَمْ سَنَهْ بَهْ تَسْبِيحْ گُويَانْ
Durch die Gnade Gottes und mit Seiner Hilfe und Seinem Beistand ist der König des Throns, der Weltbeschützer, der erste unter den gottgleichen Königen, der Weltbeschützer, dem die Herrschaft gehört, und auf seinem Thron der Ehre in der Welt sprechen die Jahre Lobpreis (Gottes). Das Wappen mit dem Löwen in der Mitte entspricht dem letzten Staatswappen der persischen Dynastie.
Das berühmteste Symbol für den Schah ist das Shir-o-Khorshid (Löwe und Sonne), das nationale Emblem Persiens bis 1979: Der Löwe steht für Stärke und Heldentum, die Sonne mit Gesicht für den Schah. Indem das Gesicht der Sonne klein und nur andeutungsweise sichtbar ist (hinter der Krone, über dem Löwen), wird der Schah nicht als normaler Mensch gezeigt, sondern als transzendente, himmlische Macht. Es ist keine realistische Porträtähnlichkeit, sondern eine vergöttlichende Allegorie.
So sind die Menschen: In der größten Not erhoffen sie sich einen mächtigen Beschützer. Mit ihm als Herrscher identifiziert man sich und damit mit dem Staat. Mit einem guten König – ist das nach Aristoteles – die ideale Staatsform. Mit einem schlechten Herrscher allerdings die schlechteste. Wir Deutsche haben da so unsere Erfahrungen.
Im Iran läuft dieser Tage eine große Konterrevolution. Machtfragen werden über sie entscheiden. Auch die Macht über die Medien zählt dazu. So wird bereits gestritten, ob die Rufe nach einem neuen Schah mittels einer falschen Tonspur gefälscht sind:

Es wäre nicht die erste Revolution, hinter der die CIA oder andere Geheimdienste stecken. Es ist kein Geheimnis, daß die Teheraner Mullahs Todfeinde haben. Es liegt aber auch in der Natur jeder Revolution, daß die Initiatoren und ersten Drahtzieher es sind, die am Ende „oben“ stehen. Wie dem auch sei: Im brodelnden Persien kann es eigentlich mittelfristig nur noch besser werden. Darin unterscheidet sich dieses Land von Deutschland.


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