Mutanten sind zum Gruseln. Das fanden jedenfalls die Produzenten diverser Horror-, Fantasy- und Gruselromane. Eine kurze Bildrecherche mit Google zeigt Abnormes, das oft als häßlich, manchmal aber sogar als hübsch dargestellt wird. Zuweilen werden „Mutanten“ überlegene Fähigkeiten zugeschrieben, wenn sie nicht als minderwertig abqualifiziert werden.

Die ersten drei Zeilen einer Recherche mit Bildsuche von Google nach „Mutanten“

Gleich hinter Gruselmonstern rangieren inzwischen mutierte Corona-Viren als personifizierter Schrecken des 21. Jahrhunderts. Ich habe hier bereits des öfteren darauf hingewiesen, daß nicht nur Viren, sondern auch Menschen, daß wir also allesamt: Mutanten sind. Bei der Weitergabe und Vererbung genetischer Informationen gibt es immer Ablesefehler beim Gencode, die meistens durch Selektion wieder aussterben. Die nützlichen Mutationen bleiben uns hingegen erhalten.

Schwule Mäuse-Mutanten

Eine aktuelle Studie der Genetiker Maryam Keshavarz und Diethard Tautz (2021) bescherte uns weitere Kandidaten für die Mutantenliste: Homosexuelle. Die Wissenschaftler suchten den Fehler nicht im gesellschaftlichen System, nicht im Milieu oder in frühkindlichen Erfahrungen. Sie fanden auch nicht, daß man sich frei entscheiden könne, homosexuell zu sein. Nein, diese Eigenschaft sei angeboren.

Jedenfalls ist sie es bei Mäusen, deren Gene beforscht und befunden wurden. Ähnlich wie bei ihnen- der Schluß liegt nahe – könnte es auch bei Menschen sein. Es gibt allerdings kein spezielles „Schwulen-Gen“. Vielmehr löst eine Mutation in einem Gen Homosexualität aus, das sonst nützliche und wichtige Steuerungsfunktionen ausübt.

Das Gen Peg13 (paternally expressed gene 13) ist nur auf dem väterlichen Chromosom aktiv und besitzt eine Schlüsselrolle in der Regulation der Gehirnentwicklung. Tiere, die eine Mutation dieses Gens tragen, bevorzugen gleichgeschlechtliche Partner, zeigen ein höheres Maß an Ängstlichkeit, verminderte Aktivität und Neugier sowie einen Mangel an mütterlicher Fürsorge.

Mitteilung der Max-Planck-Gesellschaft vom 2.3.2021

Die Studie wurde von verschiedenen Wissenschaftsportalen gewürdigt, darunter die Max-Planck-Gesellschaft, die sie ohne Bewertung kurz vorstellte.

Die Max-Planck-Gesellschaft berichtet aktuell über aufsehenerregende Forschung an Mäusen

Verweiblichte Gehirne

Daß männliche und weibliche Gehirne unterschiedlich differenziert sind, ist 2021 neurologisch nicht mehr umstritten. Das ist einer der Gründe, warum alle naturwissenschaftliche Forschung den Dogmatikern des Genderismus und der angeblichen Menschengleichheit so verhaßt ist. Die Genetik gelangt nicht zu den gesellschaftspolitisch erwünschten Ergebnissen.

Das erwachsene Gehirn ist im allgemeinen stark von den eingeschriebenen Genen geprägt, einschließlich deren spezifische Auswirkungen auf das Sexualverhalten, die elterliche Fürsorge, die Nahrungssuche und die Erforschung neuartiger Umgebungen. Verschiedene Bereiche des Gehirns vermitteln dies.

Maryam Keshavarz und Diethard Tautz, The imprinted lncRNA Peg13 regulates sexual preference and the sex-specific brain transcriptome in mice, PNAS 25.1.2021

Die genetische Veränderung beeinträchtigt auch die psychische Stabilität und das Sozialverhalten:

Säugetiergenome umfassen viele maternal und paternal geprägte Gene. Die meisten davon werden auch im Gehirn exprimiert, und einige sind an der Regulierung spezifischer Verhaltensmerkmale beteiligt. Hier haben wir einen Knockout-Ansatz verwendet, um die Funktion von Peg13 zu untersuchen, ein Gen, das für eine sich schnell entwickelnde lncRNA (lange nichtkodierende RNA) kodiert und Teil eines Komplexes geprägter Gene auf Chromosom 15 bei Mäusen und Chromosom 8 beim Menschen ist. Mäuse, denen die 3′-Hälfte des Transkripts fehlt, sehen morphologisch wie der Wildtyp aus, zeigen jedoch deutliche Verhaltensunterschiede. Sie verlieren das Interesse am anderen Geschlecht und bevorzugen stattdessen Wildtyp-Tiere des gleichen Geschlechts. Darüber hinaus zeigen sie ein höheres Maß an Angstzuständen, verminderte Aktivität und Neugierde sowie einen Mangel an Verhalten beim Wiederauffinden von Jungtieren.

Maryam Keshavarz und Diethard Tautz, The imprinted lncRNA Peg13 regulates sexual preference and the sex-specific brain transcriptome in mice, PNAS 25.1.2021

Während die einen jetzt „Dacht ich mirs doch!“ jauchzen werden, schlägt solche die Forschung anderen nachteilig ins Kontor. Sie werden sofort behaupten, was für Mäuse gelte, hätte mit Menschen nichts zu tun. Dieses Argument kennen wir, seit Charles Darwin vorgeworfen wurde, die Gesetze von Mutation und Selektion seien jedenfalls auf die „Schöpfung“ des Menschen nicht anwendbar.

Für den naturwissenschaftlich offenen Teil der gesellschaftlichen Debatte um Homosexualität deutet aber alles darauf hin, daß da im Gehirn – auch bei Menschen – etwas nicht so läuft wie vorgesehen.

Ein neues Modell, das auf der Absicherung von Wetten und der Berücksichtigung der reproduktiven Varianz basiert, legt nahe, daß paternal exprimierte geprägte Gene risikoaverse Verhaltensweisen fördern würden, die die reproduktive Varianz verringern, insbesondere bei Männern[1]. Daher könnte der modulatorische Effekt von Peg13, der das Gehirn zwischen den Geschlechtern ähnlicher macht, dahingehend interpretiert werden, daß das männliche Gehirn weiblicher wird.

Maryam Keshavarz und Diethard Tautz, The imprinted lncRNA Peg13 regulates sexual preference and the sex-specific brain transcriptome in mice, PNAS 25.1.2021

Kann denn Liebe Sünde sein?

Das entzieht jeder Bewertung die Grundlage, die Homosexualität als Sünde betrachtet. Sündigen setzt eine freie Entscheidung voraus. Es ist allerdings wohl zuviel verlangt, sich für oder gegen eine Sexualität zu entscheiden, wenn das eigene Gehirn dazu nicht imstande ist.

Wenn man als Homosexueller „nicht anders kann“, kann man aber auch umgekehrt mit normalem Gen-Bausatz nicht anders, als ablehnend auf etwaige Angebote zu reagieren. Man könnte dann nicht durch Mißbrauch, Verführung oder Gewöhnung zum Homosexuellen werden.

Daß man nicht werden kann, was man niemals war oder ist, relativiert aber auch den modernen Anspruch, sein Ich beliebig zu modellieren, es aufgrund gesellschaftlicher Konventionen umzugestalten oder seine Geschlechtsidentität beliebig zu ändern.

Der nicht mutierte Rest der Gesellschaft darf aufatmen. Aktive Schwule sperrt man heute nicht mehr ins Gefängnis. Sie haben dieselben Rechte wie alle anderen Bürger auch. Es gibt aber auch keinen Anlaß für Privilegien und Sonderrechte für die geschätzten 4-5% der Bevölkerung, die es nicht anders als gleichgeschlechtlich können. Wer eine Extrawurst gebraten bekommen möchte, nur weil er schwul ist, muß am Gleichheitssatz des Grundgesetzes scheitern: Nach Art. 3 darf er nicht benachteiligt, aber natürlich auch nicht bevorzugt werden. Eine Schwulenquote ist unserer Verfassung fremd.


[1] Originaltext: male, als Mann oder Männchen.