Nach einem Gesetzentwurf der Bundestags-Fraktionen FDP, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN von 2019 (BT-Drucksache 19/13123 vom 12.9.2019) hatte das Grundgesetz geändert werden sollen:
Was die linken Parteien 2019 nicht hatten durchsetzen können, wird zur Zeit unter anderem von den CDU-Linken Wüst, Günter und Wegener aufgegriffen und soll durch eine Bundesrats-Initiative durchgedrückt werden. Der öffentlich-rechtliche Sender rbb24 berichtet erwartungsgemäß wohlwollend:
Das Land Berlin hatte den Vorschlag in der Länderkammer eingebracht, weitere Länder schlossen sich an. „Es zeigt auch, dass die Zeichen der Zeit und der akute Behandlungsbedarf erkannt wurden“, sagte die Berliner Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) im Bundesrat. In einer Zeit, in der „queerfeindlicher Hass“ im Alltag „so spürbar geworden“ sei, brauche es ein Grundgesetz, das klar die Diskriminierung wegen der sexuellen Identität verbiete.
Es ist müßig, das reale Bestehen eines angeblichen „queerfeindlichen Hasses“ zu hinterfragen. Den dürfte es schon deshalb kaum geben, weil „queer“ nur ein Adjektiv aus einer gewissen ideologischen Traumwelt ist. Es stellt ein bloßes Wortkonstrukt dar. Als definierbare Eigenschaft gibt es das in der realen Welt nicht. Mit einem Konstrukt wie „queer“ kann man auf dem Boden feststellbarer Tatsachen ebensowenig anfangen wie mit Konstrukten wie Sünde, wenn man nicht an göttliche Gebote glaubt. Das Wort „queer“ bezeichnet auch nicht etwa konkrete sexuelle Perversionen, für die es bekanntlich eigene Worte schon lange gibt. Das Wort ist erkennbar nur erfunden worden, um ein weiteres Mal die festgefügten Mauern der westlichen Gesellschaften zu destabilisieren.
Ist sexuelle Identität ein Freibrief?
Es lohnt sich aber, die ideologischen Wurzeln aufzudecken und auszugraben, auf denen der Glaube an „sexuelle Identität“ ruht. Wir werden dann sehen, zu welchen rechtlichen und gesellschaftlichen Zuständen es führen wird, einer „sexuellen Identität“ speziellen Schutz und diesem Verfassungsrang einzuräumen.
Was also ist das – sexuelle Identität?
Identität bedeutet, daß zweierlei ein und dasselbe ist. Wenn das Krokodil, das den Lumumba gefressen hat, identisch ist mit dem Krokodil, das einen Monat später den Ovambo verputzt, dann sind beide Tiere identisch, also dasselbe Tier.
Weitergehend benutzt man das Wort Identität auch als „Selbstwahrnehmung“, also um die Übereinstimmung des Eigenbewußtseins mit der realen Beschaffenheit und tatsächlichen Eigenschaften einer Person zu betonen: Diese kann aus ihren unzähligen Eigenschaften eine oder mehrere als konstituierend für ihre Persönlichkeit besonders betonen. Man lebt dann vielleicht aus seiner Identität als Priester, wenn man einer ist, als Sportler, sofern man tatsächlich Sport treibt, oder als Hooligan, wenn man sich so gern prügelt. Immer jedenfalls besteht zwischen einer realen Eigenschaft einer Person und deren Bewußtsein ein Einklang – Identität eben.
Wenn dieser Einklang gestört ist, hält man sich für etwas, das man gar nicht ist. Man lebt im Bewußtsein von Eigenschaften, die man nicht hat. Wenn der Privatmann Schulze von nebenan sich für einen Polizisten hält und Knöllchen verteilt, verschreibt man ihm vielleicht ein Psychopharmakon und belächelt ihn. Hält Herr Müller sich für einen Geißbock und meckert ständig, spricht man von einer paranoiden Störung. Aber sobald Herr Suleiman sich für Dschingis Khan hält und in der Fußgängerzone einen Säbel schwingt, ist es mit dem Lächeln vorbei. Identität ist immer das Eigenbewußtsein einer Eigenschaft, und dieses kann ein richtiges, aber auch ein objektiv falsches Bewußtsein sein. Wenn dann solch ein Herr Müller als vermeintlicher Geißbock eine Ziege zu bespringen sucht, überschreitet er die Grenzen des Erlaubten und muß notfalls aus dem Verkehr gezogen werden. Sexuelle Identität ist eben kein Freibrief.
Worauf gründet sich das Konstrukt?
Das soll sie aber werden. Wenn im Grundgesetz steht, niemand dürfe wegen seiner sexuellen Identität benachteiligt werden, wer schützt dann die Ziegen? Bei wörtlicher Auslegung umfaßt die sexuelle Identität alles Sexuelle, selbst Sex mit Kindern, Tieren und – womöglich – die sexuelle Identität als Vergewaltiger? Artikel 3 Grundgesetz, so wie sein Wortlaut geändert werden soll, enthält keinen Gesetzesvorbehalt etwa der Art, daß seine Geltung mit einem einfachen Verbotsgesetz unterhalb des Verfassungsranges eingeschränkt werden dürfe wie zum Beispiel dem Tierschutzgesetz.
Das ganze mißglückte Konstrukt „sexuelle Identität“ beruht ideologisch auf der Behauptung, es komme auf reale, objektiv feststellbare Eigenschaften einer Person gar nicht an. Hatte man einst noch marxistisch behauptet: „Das Sein bestimmt das Bewußtsein!“, wird dieser Satz von den woken Postmodernen umgedreht: „Das Bewußtsein bestimmt das Sein!“
Was tatsächlich sei und gesellschaftlich als Wirklichkeit anerkannt werden müsse, lasse sich gar nicht objektiv feststellen, zählen, messen oder wiegen; es werde ausschließlich subjektiv entschieden, also im Bewußtsein des Subjekts selbst.
Wenn im Grundgesetz stehen soll, niemand dürfe wegen seiner „sexuellen Identität benachteiligt werden“, begründet das die Pflicht aller unserem Recht Unterworfenen, jedermanns bloße Behauptung seiner „sexuellen Identität“ für bare Münze zu nehmen und als Realität anzuerkennen. Mit Identität ist nämlich die subjektive Überzeugung der Person gemeint, also ihr angebliches Identitätsgefühl, nicht aber, ob dieses objektiv stimmt.
Nun gibt es nicht bloß Kranke, die sich für etwas halten, das sie nicht sind. Es gibt auch Lügner und Witzbolde, die sich einen Spaß daraus machen, ihre Mitbürger an der Nase herumzuführen. So darf sich ein verurteilter Mann im Frauengefängnis weitaus attraktivere Mitgefangene erhoffen, und selbst Zeugungen sind dann nicht ausgeschlossen. Die Grenzen zwischen Knast und Irrenhaus werden fließend.
Das Konstrukt der sexuellen Identität beruht auf dem esoterischen Glauben, man könne durch einen reinen Denkakt die Realität verändern: Man denkt sich aus, was man sein möchte, und die Realität müsse sich beugen. Religionsgeschichtlich läßt sich das unter „Magie“ einordnen. Voraussetzung dafür ist eine altertümliche, voraufklärerische Antwort auf ein aus der Philosophiegeschichte gut bekanntes Problem, nämlich die Leib-Seele-Problematik:
Antike Religionen hatten ein dualistisches (duo: zwei) Weltbild, in dem alles neben dem Leib auch eine immaterielle Seele habe. Diese sei das „wahre Selbst“. Manche Religionen glauben sogar an ihr Weiterwandern nach dem Tod. Das naturwissenschaftliche monistische (monos: einer allein) Weltbild hingegen sieht unseren Körper und sein Denken als Einheit an: Das Denken ist eine vom Gehirn geleistete Körperfunktion.
Es gibt keinen vom Körper unabhängigen „Geist“, der Pech gehabt hat und „im falschen Körper wohnt.“ Das ist vorsintflutliches, animistisches Denken.
Niemand kann sich durch bloßes Denken oder durch eine willkürliche Entscheidung in etwas verwandeln, das er substanziell nicht ist.

Wenn einer, der mit Mühe kaum
Geklettert ist auf einen Baum,
Schon meint, daß er ein Vogel wär´,
So irrt sich der.
Wilhelm Busch
Es gibt keinen „Geist“ im Menschen, der seine körperliche Beschaffenheit in etwas verwandeln könnte, das sie gar nicht ist. Es gibt lediglich insuffizientes Denken aus der Zeit, „als das Wünschen noch geholfen hat.“ Dieses Denken ist eine Gehirnleistung. Sie kann, im Zusammenspiel mit hormonellen und vielleicht weiteren körperlichen Faktoren, richtig sein, zielführend sein, aber auch fernab jeder realen Selbstwahrnehmung. Wer unter einer solchen Störung leidet, ist mehr als zu bedauern, er ist schuldlos.
Nicht schuldlos aber sind ideologische Drahtzieher, die solchen Leidenden einreden, wahrhaft zu sein, was immer sie sich einbilden, und die alle Menschen zwingen wollen, ihren Popanz anzuerkennen.
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