Einzelfälle sind nur das Kräuseln der Oberfläche

Ereignisse wie der moslemische Anschlag von Würzburg sind nur wie kräuselndes Wasser an der Oberfläche eines mächtigen Stroms, ohne den sie sich gar nicht ereignen könnten. Nur die demografische und ökonomische Lage in Afrika läßt uns verstehen, warum sich massenhaft „psychisch gestörte Einzeltäter“ auf unseren Straßen herumtreiben.

Aus aufgeklärter Sicht kann bereits der Glaube an einen Allah oder anderen Gott eine wahnhafte Zwangsvorstellung sein. Das Lesen im Kaffeesatz persönlicher Psychopathien führt uns nicht weiter. Zu den historisch wiederkehrenden sozialen Phänomenen zählt es, wenn ganze Gesellschaften sich wie über Nacht einer militanten Ideologie verschreiben.

Kollateralschäden unter der Herrschaft der Regenbogenfahnen-Ideologie: Das Tatfoto (Anschlag in Würzburg am 25.6.2021, Twitter, anonym) symbolisiert die Wesensmerkmale in einem: Die Fahne als Ideologieträger hängt an einem Finanzhaus, und das gezückte Tatmesser (Black Knives Messer?).

Man wacht auf, und überall hängen die gleichen Fahnen. Wir erinnern uns gut. Das hatten wir in Deutschland schon und haben es heute wieder. Die Fahnen sind aber nur Symbole. Hinter ihnen stehen immer reale Interessenkonflikte. Deutschland 1933 bildete und orientalische Staaten sind heute Pulverkessel. Millionen Menschen fühlten sich unter Druck, entrechtet und chancenlos. Wenn Menschen keine Lebenschancen für sich sehen, formieren sie sich unter Symbolen ihres Kampfes zu militanten Massen. Mörderischer Überdruck entlädt sich erst nach innen, später nach außen.

Nicht Götter, sondern Menschen liegen in Konflikt

Dabei nutzen sie Parolen und Losungen, die sie für plausibel halten, und Symbole, an die sie glauben und für die sie sterben können. Ihre oberflächlich angenommenen Ideologien dürfen wir nicht zum Nennwert nehmen. Sie werden von den wenigsten verinnerlicht, zumal gewöhnlich die Dümmsten an der Spitze des Mobs vorneweg rennen.

Den Zusammenprall des Westens mit dem Orient als Kampf zwischen Islam und Demokratie aufzufassen, wäre ein schwerer Analysefehler. Es kämpfen niemals Ideologien gegeneinander, sondern immer nur Menschen, die ihre Interessen im Namen von Ideologien wie der Demokratie oder Göttern wie Allah vortragen.

Daß sich die notleidenden Massen nach dem 1. Weltkrieg in Rußland unter roten und in Deutschland unter roten Fahnen mit Hakenkreuz formierten oder daß Überbevölkerung und Not orientalische Stämme zur grünen Fahne des „Propheten“ greifen läßt, ist historisch so nicht zwingend. Nicht die Kommunisten, nicht die Nazis und nicht die Mohammedaner bildeten oder bilden den Sprengstoff für das friedliche Zusammenleben, sondern von Menschen als ausweglos empfundene Lagen. Jede Gesellschaft kann sich über Nacht eine Fahne zulegen und der militanten Intoleranz verschreiben.

Die „westliche“ Interessenlage und der woke capitalism

Viele sind noch sehr fixiert auf die alten Ideologien des 20. Jahrhunderts, vor denen ihre Lehrer immer gewarnt haben. Nahezu unbemerkt hat sich in den USA und Westeuropa eine neue herausgebildet, die den alten an Gefährlichkeit nicht nachsteht – gefährlich für unsere persönliche Freiheit. Und wieder sind es schöne bunte Fahnen, die man überall hißt, die Symbole der modernen Einheitsmeinung.

Unser Erklärungsmodell sucht wiederum hinter der neuen Ideologie nach den realen Interessenkonflikten, die sich in den bunten Farben symbolisch ausdrücken.

Umstandslos hat sich auch unsere Großindustrie die Regenbogenfarben der LGBT-Bewegung angeeignet. Die Farben der Schwulen- und Lesbenbewegung haben sich zu einer umfassenden Symbolik einer Ideologie gemausert, die sich mit dem Begriff Schwuchtelbinde – wie sie am Oberarm des deutschen Torwarts prangte – nicht mehr hinreichend beschreiben läßt. Die dahinter stehende Ideologie dient inzwischen objektiv auch den Interessen der kapitalistischen Großindustrie. Definiert man die Europäer und Amerikaner nur als „Gesellschaften“ und nicht als Völker, dient die neue Ideologie sogar ihren rein ökonomisch aufgefaßten Interessen.

BMW-Logo im Regenbogen: Die Großindustrie hat sich die Farben der Schwulen- und Lesenbewegung angeeignet (Foto: Twitter-Auftritt von BMW)

Unübersehbar haben die früheren Völker sich zu Massengesellschaften transformiert: homogenisiert durch gleiche Massenproduktion von Gütern und gleichen Massenkonsum. Beides bedingt einander: Der Kreislauf von Produktion, Wachstum und Nachfrage darf nicht zusammenbrechen. Er ist aber bedroht durch einen strukturellen Bevölkerungsrückgang in allen hoch entwickelten Industrieländern, neuerdings selbst in China. Dieser wird aber nicht als ökologische Chance genutzt, weil globale Finanzkreisläufe zusammenbrechen könnten.

Um sie aufrechtzuerhalten, bedarf die Ökonomie der globalen Akteure strukturell eines Bevölkerungstransfers. Sie benötigt im Inland ständig neuer Facharbeiter oder auch nur Verbraucher, um sich selbst zu reproduzieren. Daß Merkel 2015 eine Million Orientalen nach Deutschland ließ, vor allem aber daß sie diese offenkundig behalten will, belegt die ihre klare Präferenz rein volkswirtschaftlicher Motive ohne Rücksicht auf sonstige Verluste.

Zwischen rein ökonomischen Interessen globaler Akteure und dem Interesse vieler einzelner Menschen, ihre kulturelle Identität zu bewahren, klafft ein Abgrund. Die Dreieinigkeit von Regierungspolitik, Finanzwirtschaft und Kirchen konvergiert aus ganz unterschiedlichen Motiven in dem Ideologem der Vielfalt: Der ökonomisch erforderliche Zustrom fremdländischer Menschen und seine zwischenmenschlichen Kollateralschäden wird flankiert durch eine passende One-World-Ideologie. Sie redet uns ein, wie schön es doch ist in unserem bunten neuen Deutschland der Vielfalt, symbolisiert durch Regenbogenfarben.

Der Kapitalismus erbeutet die linksalternativen Symbole

Angloamerikaner prägten für das neuartige Amalgam linksalternativer Programmatik und kapitalistischen Erfordernissen den Begriff woke capitalism, “wacher Kapitalismus”. Jene kulminierte in der Emanzipationsbewegung sexueller und rassischer Minderheiten und schleift alle Bastionen herkömmlicher Normalität. Dabei stützt sie sich philosophisch auf die Methode der Dekonstruktion.

Nach Abschaffung aller bloß „konstruierten“ Merkmale wie Geschlecht und Herkunft soll jeder „gleich“ sein. Wenn alle eine gemeinsame Identität begründenden Merkmale beseitigt und selbst die Familienstrukturen zerschlagen sind, bilden die Heerscharen der „gleichen“ Nur-Noch-Individuen perfekte Bausteine für ein industrielles Perpetuum mobile: atomisiert, gleichgeschaltet und zu kollektiver Gegenwehr unfähig werden sie von permanente Konformität garantierenden Massenmedien in ständiger ideologischer und ökonomischer Funktionsbereitschaft gehalten: “Allzeit bereit”! Immer woke!

Sie dürfen dann arbeiten bis 70, und sie unterstützende Kinder haben sie kaum, denn auch die Wirtschaftsleistung der schrumpfenden neuen Generationen wird sogleich staatlich abgeerntet. Sie wird verwendet, um die immer aufs Neue einwandernden Konsumenten der Zukunft in den Moloch der allgegenwärtigen Staatswohlfahrt sanft einzubetten. So entsteht

statt eines formvollen, mit der Erde verwachsenen Volkes ein neuer Nomade, ein Parasit, der Großstadtbewohner, der reine, traditionslose, in formlos fluktuierender Masse auftretende Tatsachenmensch, irreligiös, intelligent, unfruchtbar…

Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes, S.72.[1]

Die Lebenswelt des industriell normierten Massenmenschen ist die große Stadt. Wie vor hundert Jahren bildet sie die Hochburg des intellektuellen Typus, der seine Wurzellosigkeit mit kosmopolitischer Ideologie zu adeln sucht.

Am Anfang, dort, wo die Zivilisation sich zur vollendeten Blüte enfaltet – heute – steht das Wunder der Weltstadt, das große steinerne Sinnbild des Formlosen, ungeheuer, prachtvoll, im Übermut sich dehnend. Sie zieht die Daseinsströme des ohnmächtigen Landes in sich hinein. Menschenmassen, die wie Dünen aus einer in die andre verweht werden, wie loser Sand zwischen den Steinen verrieseln. Hier feiern Geist und Geld ihre höchsten und letzten Siege.

Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes, S.1322. [2]

In der neuen Ideologie verschmelzen postmoderner Dekonstruktivismus, gesellschaftlicher Egalitarismus, antirassistische Identitätspolitik und  globalistischer Humanitarismus mit den Lebensinteressen des Finanzkapitals. Es hat die emanzipatorischen Motive, Ideologeme und Symbole gekapert und sich einverleibt. Ein kennzeichnendes Ideologem ist das englische Wort woke. Es bedeutet ideologisch wachsam, das heißt penibel in der rigiden Durchsetzung der neuen Ideologie.

Frank Furedi ist Professor für Soziologie an der University of Kent in Großbritannien. Er stellt fest:

Aufgrund der lautstarken Unterstützung der Black Lives Matter-Bewegung durch die Großkonzerne sind sich viele Bürger der dramatischen Transformation der Unternehmensideologie bewußt geworden. Kapitalistische Firmen konkurrieren nicht nur miteinander um einen größeren Marktanteil – sie konkurrieren auch darum, die maximale Aufmerksamkeit für ihre woken Referenzen zu erlangen. Dies wurde im letzten Sommer deutlich, als jede Firma von Nike über Apple bis hin zu Spotify Black Lives Matter ihre Unterstützung zusagte.

Frank Furedi, The tyranny of woke capitalism, 25.6.2021, hier nach der Google-Übersetzung

Die „woke“ Ideologie strömte von den Hochschulen zu den Medien und erfaßte inzwischen die Chefposten der Industrie, englisch CEOs genannt. Dort handeln Manager zunehmend woke oder bedienen sich wenigstens der passenden Symbolik.

Jeder, der führende Management-Publikationen wie den Harvard Business Review liest, wird feststellen, dass ihr Inhalt viele der von der Identitätspolitik inspirierten Narrative widerspiegelt, die in der Hochschulbildung vorherrschen. Wenn ein Forbes- Kommentator die Leser darüber informiert, dass der aufgeweckte Kapitalismus gut für die Gewinnspannen ist, ist es offensichtlich, daß der Kapitalismus eine massive Umbenennung durchgemacht hat. Kommentatoren in den Mainstream-Medien haben keinen Zweifel daran, dass “CEO-Aktivismus zur neuen Normalität geworden ist”.

Frank Furedi, The tyranny of woke capitalism, 25.6.2021

Und welch wundersame Fügung: Die Marktinteressen großer Firmen passen nahtlos mit der linksidentitären Politik zusammen. Die ideologischen Karten sind in den USA neu gemischt worden. Wie immer sitzt Deutschland am Katzentisch dabei und muß mitspielen. Die ideologischen LGBT-Sumpfblüten sind Teil der operativen Politik geworden:

Seit dem US-Präsidentschaftswahlkampf im Jahr 2020 ist der woke capitalism zunehmend in der Politik aktiv geworden. Bereits im April 2021 versammelten sich am 10. April mehr als 120 CEOs, Wirtschaftsführer und Anwälte zu einem Zoom-Meeting, um eine Kampagne gegen die republikanischen Wahlgesetze zu diskutieren und zu organisieren. Sie diskutierten , ihre Spenden abzuziehen und sich zu weigern, Geschäfte oder Arbeitsplätze in Staaten zu verlegen, die die Wahlgesetze der Republikaner verabschiedet haben. Mehrere Redner gaben an, daß ihr Eingreifen entscheidend sei, um die Zukunft der Demokratie zu sichern.
Dieses Zoom-Treffen kapitalistischer Oligarchen mobilisierte fast sofort seine Konzernkollegen. Die Führer von mehr als 300 der mächtigsten Konzerne, zusammen mit hochkarätigen Prominenten und Mitgliedern der kulturellen Eliten, unterzeichneten eine Erklärung, die als ganzseitige Anzeige in der New York Times veröffentlicht wurde. Amazon, BlackRock und Google gehörten zu den Unterzeichnern, die ihr Engagement für soziale Gerechtigkeit beschworen.

Frank Furedi, The tyranny of woke capitalism, 25.6.2021

Diese Entwicklungen zeichnen sich auch in Deutschland ab, blieben aber in der breiteren Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt. Macht und Einfluß der großen Konzerne rufen gewöhnlich das Mißtrauen und die Kritik gerade der Linken hervorrufen. Daß beim woke capitalism aber der kapitalistische Hund mit dem woken Schwanz wedelt und linksemanzipatorische Ansätze zu unserer Entmündigung benutzt werden, bemerken sie nicht, weil das Finanzkapital ihre eigene Symbolik mißbraucht.

Kapitalismus 3.0

Die Freiheit, in der eigenen kollektiven Identität verwurzelt zu sein, ist auch eine Freiheitsoption. Es führt nicht nur die Einebnung nationaler Institutionen und ethnischer Unterschiede zu weniger persönlicher Freiheit. Sie führt auch zu einer Schwächung demokratischer Partizipation.

Plötzlich handelten die CEOs einiger der größten Unternehmen der Welt, als ob sie eine politische Partei leiteten, und nicht ein Unternehmen. Bis vor kurzem neigte die Kapitalistenklasse zu einer Arbeitsteilung zwischen ihr und der politischen Klasse. Kapitalisten waren im Geschäft, Geld zu verdienen und nicht darüber zu moralisieren, wie sich die Öffentlichkeit verhalten und denken sollte. Jetzt scheinen viele von ihnen entschlossen zu sein, in das politische Leben einzudringen, um direkt die Gesetzgebung und die Regierung zu beeinflussen. Sie sind entschlossen, dafür zu sorgen, dass ihre Ansichten und nicht die der gewählten Politiker und des Volkes Vorrang haben. Und wie die jüngsten Ereignisse zeigen, haben diese Firmen sogar die Macht, amerikanische Präsidenten zu zensieren und staatliche Gesetzgeber zu zwingen, sich von bestimmten Richtlinien zurückzuziehen. Eine erwachte Konzernoligarchie ist kein Freund der Demokratie. Nicht nur Twitter und Facebook haben Donald Trump verboten, auch Amazon hat beschlossen, sozialkonservative Bücher zu verbieten .

Frank Furedi, The tyranny of woke capitalism, 25.6.2021

Woke soll heißen, aufgeweckt und wachsam zu sein. Nehmen wir das einfach beim Wort: Gegen demokratische Wachsamkeit ist nichts einzuwenden. Sie erkennt die Feinde unserer Freiheit in jedem Kostüm und unter jeder Fahne, auch unter bunten.


[1] Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes, 1918 in zwei Bänden, hier zitert nach der einbändigen Ausgabe nach dem Druck von 1923, Anaconda-Verlag 2017, ISBN 978-3-7306-0453-3, S.72. Ich vertrete selbst nicht die Geschichtsdeutungen Spenglers. Manche Phänomene hat er aber sprachlich wunderbar auf den Punkt gebracht.

[2] Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes, S.1322.