Manchmal kommt eine Botschaft doch an, wenn auch manchmal mit großer Verspätung. Dem weltbekannte Science-Fiction-Autor Ray Bradbury (1920-2012) verdanken wir eine der großen Dystopien des 20. Jahrhunderts: Fahrenheit 451.

Der Roman wurde 1954 publiziert. Bradbury malte sich die äußersten Konsequenzen eines zukünftigen totalitären Systems aus, das alle Bücher als potenziell destabilisierend aus dem Verkehr zog und mit Feuer zu vernichten suchte. Der eingesetzte Feuerwehrmann “Guy Montag” nimmt aber heimlich Bücher an sich und liest sie, statt sie befehlsgemäß zu verbrennen. Die Lektüre delegitimiert sein Regime und macht ihn zu einem subversiven Verfechter geistiger Freiheit.

Unten links der Protagonist des Romans “Guy Montag”, Cover nach der Verfilmung von 1966.

Der Roman bildet zusammen mit Orwells “1984” und “Die Farm der Tiere” sowie Aldous Huxleys “Schöne neue Welt” eine der großen dystopischen Warnungen, geboren aus den Erfahrungen mit den totalitären Systemen des 20. Jahrhunderts.

Doch der Geist der USA gebar nicht nur solche Warnungen, sondern auch ihr Gegenteil. Heute werden nicht nur in christlich geprägten US-Bundesstaaten linksradikale und kindergefährdende Bücher ausgesondert, sondern auch aus “woke” dominierten Bibliotheken Klassiker, deren Sprachgebrauch dem Regime der politischen Korrektheit widerspricht. Begeistert nehmen unsere einheimischen Extremisten diesen Ball auf, wie sich hier über kurz oder lang mit jeder neuartigen amerikanischen Geistesverwirrung irgendwelche Moralapostel infizierten.

Ein Großteil unserer schon in unseren Kindergärten fehlorientierten und in Schulen und an Unis vollends ideologisierten, aber historisch ahnungslosen Jugend sprang begeistert auf den rigiden linken Neototalitarismus an. Bei den Grünen haben sie ihre geistige Heimat gefunden und bilden mit Neostalinisten wie Nancy Faeser, ihrem Schwert und Schild, eine neue Obrigkeit, die unsere Sprache und unser Denken in ein Gefängnis aus Unwissenheit und Gehorsam zwängen möchte. Wer sich von einem Versand die “falschen” Bücher schicken läßt, begibt sich heute schon in die Gefahr einer Strafanklage. Würde der jüngste Plan der Antifa-Gelegenheitsautorin Faeser Gesetz, müßte er zudem mit Telefonanrufen des Verfassungsschutzes bei Nachbarn, Vermietern und Arbeitgeber rechnen, was er doch für ein schlimmer Finger wäre.

Die Wochenzeitung Junge Freiheit widmete den neuen Faeser-Plänen, den VS zur Anschwärzung Verdächtiger bei Nachbarn, im Verein und an der Arbeitsstelle, eine Karikaturenserie.

Vor diesem zeitgeschichtlichen Hintergrund schrieb ich in diesem Blog schon vor drei Jahren:

Konservativ zu sein, heißt heute wohl auch: Leser zu sein und nicht Fern-Seher. Die ö.-r. Medien vermitteln gern die Illusion, über das Wichtige zu informieren. Tatsächlich vermitteln sie nur, was wir zur Kenntnis nehmen sollen. Wie in Ray Bradburys “Fahrenheit 451” kann das Lesen heute ein subversiver Akt sein. Er ist immer Minderheiten vorbehalten. Die Masse guckt, die Elite liest. Diese Minderheit trifft dann allerdings eine gewisse Pflicht, das Gelesene nach dem Schneeballsystem weiterzugeben und bloßen Gelegenheitslesern verdaulich zu machen.

Klaus Kunze, Lesen als subversiver Akt, Blog 23.12.2020

Jede totalitäre Herrschaft kann durch Aufklärung delegitimiert werden, und diese erschließt sich, wenn sie qualifiziert sein soll, nur aus Büchern:

Bücher sind wie Waffenarsenale mit hoher Sprengkraft. Kommende Revolutionäre lesen sie heimlich und geben sie unter der Hand weiter, um sie dereinst einmal als Schulbuch anzubefehlen. Manchmal hängen da die schlagenden Argumente jahrzehnte- und jahrhundertelang unbenutzt an der Wand. Einst wurden sie als Waffen geführt von den Großen der Geistesgeschichte: Klingen scharf wie Rasiermesser gegen die Scholastik, Bannstrahlen-Werfer gegen den gottlosen Liberalismus, mit Moralin vergiftete Dolche gegen allzu kecke Aufklärer, aber auch die Waffen des Feindes: verfassungsmäßige Halseisen für Staats- und Verfassungsfeinde, öffentlich-rechtliche Enthirnungs-Skalpelle und scharfe Löffel zur Entfernung unkorrekter Zungen.

Klaus Kunze, Lesen als subversiver Akt, Blog 23.12.2020

Das hat sich herumgesprochen. Einzelne Aktivisten nehmen die bewährten Waffen von der Wand. Diese sind weder verrostet noch verstaubt. Nur reicht der staatlich vermittelte Bildungshorizont selbst von Studenten inzwischen nicht mehr aus. Diese müssen die alte Intellektualität erst zu verstehen und die scharfen Waffen wieder zu führen lernen. Sie wissen:

Der “Feuerwehrmann Guy Montag” aus Bradburys Buch “Fahrenheit 451”

“Lesen ist ein Akt des Widerstandes”, heißt es auf der Webseite der Aktion 451:

Es geht nicht nur um den Schatz konservativer, rechter und reaktionärer Ideen, von dem die modernen Generationen abgeschnitten wurden. Heute stirbt der Geist überall, rechts wie links. Wir dagegen lesen: Sachbücher, politische Philosophie, Romane, Lyrik, Geopolitik und Manifeste. Wir erforschen, abseits der okkupierten Hochschulen, die Sprache, also den “geistigen Raum der Nation” (Hugo von Hoffmansthal).
Jedes gelesene Buch stärkt unsere Sprache und so die Heimat. Wir scheuen nicht den Widerspruch. Wir lesen auch linke Texte, Unpolitisches, Herausforderndes, Verstörendes. Wir suchen das Gespräch mit dem radikal anderen, um über uns selbst hinauszuwachsen. “Kommt, reden wir zusammen: wer redet, ist nicht tot.” Das sagt uns Gottfried Benn. Wir schmuggeln uns über Schleichwege in die universitäre Matrix. Wir erkennen unsere Komilitonen, die an der allgegenwärtigen Lüge ersticken. Wir sind ihre Fluchthelfer. Wir holen sie da raus. Alles begann mit einem Lesekreis in einem kleinen Cafe, irgendwo in Europa.

“Aktion 451” in Anlehnung an Ray Bradburys großen Roman.

Unter der Herrschaft des totalitären Regimes im Roman “Fahrenheit 451” mußten wenige Widerständler am Ende dazu Zuflucht nehmen, die großen Bücher und Romane der Weltliteratur auswendig zu lernen, damit sie ihnen niemand mehr nehmen konnte. Wenn der Widerstand gegen den woken und antifaschistischen Neototalitarismus nicht gelingt, sollten wir uns dran erinnern. Auch RayBradbury gehört inzwischen zu den großen geistigen Waffenschmieden, mit deren Hilfe wir die totalitären Gespenster bannen können:

. Um diese Geister gründlich und endgültig auszu­treiben, müs­sen wir uns zunächst im Arsenal der Philosophie umsehen und uns mit den Ideen bewaff­nen, die von Partisanen der Geistesfreiheit in Jahr­hunderten dort angesammelt worden sind. Wenn wir diese Waf­fen erst einmal hand­ha­ben, verwan­delt sich die zunächst Kon­zen­tra­tion abfordernde Mühe zu ei­nem spielerischen Ver­gnügen.

Klaus Kunze, Mut zur Freiheit, 1.Aufl.1995, Vorwort.