Klaus Kunze

Kategorie: Geschichte Seite 2 von 19

Die totalitäre Demokratie

Die Begriffsverwirrten

Begriffsverwirrte marschieren massenhaft in großen Städten auf. Sie wähnen, für „die Demokratie“ einzutreten, die Guten. Mangelnde politische Schulbildung und pausenlos eingehämmerte Schlagworte haben in ihren Köpfen ein Chaos sondergleichen angerichtet.

Weil sich eine Handvoll AfD-Mitglieder einen Vortrag angehört hatten, in dem – so die inzwischen nachgewiesene Propagandalüge – „massenhafte Deportation“ von Ausländern gefordert worden sein soll, demonstriert die Volksfront von links „gegen Rechts“, namentlich gegen die AfD: „für Demokratie!“

Oh diese Ahnungslosen! Niemand hat sie gelehrt, was Demokratie überhaupt bedeutet und welches ihre Merkmale sind. Das Demokratieprinzip ist eines der Strukturmerkmale des Grundgesetzes, aber nicht das einzige. Ein weiteres ist das Rechtsstaatsprinzip. Ohne Rechtsstaat kann eine reine Demokratie totalitär werden.

Die Rechtsstaatlichkeit ist gänzlich eigenständig, sie bildet geradezu das Gegenprinzip zur Demokratie: Selbst wenn und obwohl eine demokratische Mehrheit es vielleicht will und so entscheidet, verbietet sie jeden Verstoß gegen Recht und Gesetz, besonders gegen unsere Grundrechte. Weiterlesen

Nietzsche, die Menschenwürde, das WEF in Davos und die Plutokratie

Gegen die Illusionsköche

Im 19. Jahrhundert durfte man noch frei von „gesellschaftlichen“ Repressionen philosophieren. Originär zu philosophieren, hieß noch, sich quer durch das Dickicht moralisierender Sprachverbote hindurchzudenken. Dabei blieb manche heilige Kuh auf der Strecke. Friedrich Nietzsche hatte es besonders auf die heiligen Kühe der Kirche abgesehen, ließ aber auch die der Sozialisten und Moralisten nicht ungeschoren.

Als heilige Kühe galten ihm all jene Begriffsgespenster, vor denen man uns als Gläubige gern auf die Knie zwingen möchte. Wir sollen ihnen huldigen und sie anbeten. Wer heute um keinen Preis knien und huldigen möchte, sollte Nietzsches Argumente kennen und verinnerlichen.

Als begriffliche Gespenster spuken Worte in uns, die keinen realen Gegenstand aufweisen. Sie bezeichnen etwas, das nur in unserer Vorstellung existiert. Dabei raunen sie uns ihre normativen Implikationen ins Ohr und fordern, diese einzuhalten. Weiterlesen

Die Auflösung der Weiblichkeit durch die Moderne

Politische Ideologien sind Orientierungshilfen für Menschen, die die Welt nicht mehr verstehen. In der Moderne gerät man schneller in die Lage als mancher denkt. Alles verändert sich immer schneller – „Alles fließt“, wie schon Heraklit wußte. Das frühere Selbstverständnis von Weiblichkeit ist vielen Frauen verlorengegangen, und vielen Männern die besondere Hochachtung und Wertschätzung, die Frauen einst entgegeggebracht wurde.

Die Gründe finden wir nicht in verqueeren Ideen einzelner Protagonisten, sondern in den Strukturbedingungen der Moderne. Diese ist ihrerseits der Ausdruck unserer Massengesellschaft und ihrer Funktionslogik. Ideologien sind nur die Indizien dafür, daß die Lebensverhältnisse sich tiefgreifend verändert haben.

Funktionale Frauen

Der jüngsten Neuzeit blieb es vorbehalten, auch Frauen vollkommen in die Erfordernisse der Industrie und der Geldwirtschaft einzubinden. Heute ist bei Stellenanzeigen der ideale Bewerber hochqualifiziert, aber räumlich und familiär ungebunden. Emotionale Bindungen an eine Heimat, dort wohnende geliebte Menschen und Freunde, Verpflichtungen gegenüber seiner Familie oder Rücksicht auf den Freundeskreis der Kinder mindern nur seine Verwendbarkeit. Weiterlesen

Francis Bacon und die Schwurbler

Wie sich das eherne Gesetz der Oligarchie bestätigt

Als Staatsmann und englischer Parlamentarier hat Francis Bacon (1561-1626) Schwurbler verabscheut.

Englisch nüchtern mochte er auch mittelalterliche, scholastischen Argumentationsketten nicht und war Gegner „spitzfindiger Diskussionen, die keine neuen Erkenntnisse bringen.“ Er setzte auf eingehende Naturbeobachtung und das Experiment. Die Empirie trat anstelle der Deduktion von Oberbegriffen, die man nur glauben, aber nicht beobachten konnte.

Innerhalb eines Staates beobachtete Bacon keine Menschengleichheit, sondern den gebildeten Adel hier  – und dort „Pöbel“. Als Zeitgenosse des absolutistischen Staatsdenkers Jean Bodin (1529-1596) war er überzeugt, daß eine stabile Regierung zum Besten aller sei, die Schwurbelei des Pöbels aber zu Aufruhr und verderben führe.

Aus seinen Essays SERMONES FIDELES SIVE INTERIORA RERUM steht in der ältesten mir bekannten deutschen Übersetzung[1] das Kapitel XV. DE SEDITIONIBUS ET TURBIS [2] unter der Überschrift

Jüngere Übersetzungen von DE SEDITIONIBUS ET TURBIS bevorzugen statt Schwurbeln (für lateinisch turbis) Begriffe wie Unruhen, was auch nicht falsch ist. Weiterlesen

Sag mir, wo die Mythen sind,

wo sind sie geblieben, was ist geschehn?

Der Verlust der Kindheit ist unwiederbringlich. Nicht mehr umkehrbar ist auch die Aufklärung über alles Geheimnisvolle, Verborgene, Mythische: Es existiert nur im Kopf.

Glänzende, kugelrunde Kinderaugen vor dem brennenden Weihnachtsbaum, das gruselnde Frohlocken, wenn die böse Hexe im Ofen landet, Zauber der Kindheit – wohin seid ihr entschwunden?

Mit dem Erwachsenwerden beginnt, bei den meisten Menschen mit IQ über 100, das kritische Denken. Zweifelndes Selbst-Denken ist eine Angewohnheit, die man dann niemals mehr ablegen kann. Der Verlust des Märchenhaften besitzt eine individuell-emotionale und eine hochpolitische Dimension. Diese besteht darin, daß der Mythos Kollektive zusammenhalten kann. Er stiftet Identität. Er vermag Menschen sogar in aussichtsloser Lage Kraft zu geben und in Nibelungentreue zusammenzuschweißen. Negative Mythen von seiner eigenen Verworfenheit aber können ein Volk neurotisieren.

Der Verlust

Der Verlust des Metaphysischen hat bei vielen Glaubensbedürftigen einen Phantomschmerz hinterlassen. Weiterlesen

Dauerbrenner „Deutsches Volk“

Die Auflösung des deutschen Volkes

Das ethnische deutsche Volk befindet sich in amtlicher Auflösung. Diese Auflösung wurde von langer Hand geplant und wird jetzt quasi generalstabsmäßig durchexerziert. Das ist keine Verschwörungstheorie, sondern das nüchterne Resultat eines Blickes auf die Fakten und auf die politischen Absichten der maßgeblichen Akteure.

Das deutsche Volk ist ein mehrdeutiger Begriff. Ursprünglich hatte es sich nicht zwingend mit Verwandtschaft zu tun. Zum folc gehörte in althochdeutscher Zeit, wer dem Kriegsvolk „folgte“. Einem wandernden Volk schlossen sich in der Völkerwanderungszeit vielerlei Leute an. Im Laufe der Jahrhunderte verband sich das Wort Volk aber fest mit dem Begriff des deutschen Volkes. Zu ihm zählte man alle Menschen deutscher Muttersprache.

Die harten Fakten und ihre Gründe

Bekanntlich lebten niemals alle Deutschen in einem Staat zusammen. Den verschiedenen deutschen Staaten haben immer auch Menschen angehört, die nicht deutsch sprachen. Weiterlesen

Lesen als subversiver Akt

Manchmal kommt eine Botschaft doch an, wenn auch manchmal mit großer Verspätung. Dem weltbekannte Science-Fiction-Autor Ray Bradbury (1920-2012) verdanken wir eine der großen Dystopien des 20. Jahrhunderts: Fahrenheit 451.

Der Roman wurde 1954 publiziert. Bradbury malte sich die äußersten Konsequenzen eines zukünftigen totalitären Systems aus, das alle Bücher als potenziell destabilisierend aus dem Verkehr zog und mit Feuer zu vernichten suchte. Der eingesetzte Feuerwehrmann „Guy Montag“ nimmt aber heimlich Bücher an sich und liest sie, statt sie befehlsgemäß zu verbrennen. Die Lektüre delegitimiert sein Regime und macht ihn zu einem subversiven Verfechter geistiger Freiheit.

Unten links der Protagonist des Romans „Guy Montag“, Cover nach der Verfilmung von 1966.

Der Roman bildet zusammen mit Orwells „1984“ und „Die Farm der Tiere“ sowie Aldous Huxleys „Schöne neue Welt“ eine der großen dystopischen Warnungen, geboren aus den Erfahrungen mit den totalitären Systemen des 20. Weiterlesen

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