Klaus Kunze

Monat: Juni 2021

Unsere Weltbild-Konstrukteure

Wahltag in Sachsen-Anhalt

Wenn heute die Bürger meines Geburtslandes Sachsen-Anhalt an die Wahlurnen gehen, entscheiden sie vielfach aufgrund eines feststehenden Weltbildes. Tief sitzende Urteile und Vorurteile bestimmen die Wahlentscheidung stärker als die Zu- oder Abneigung zu einem der wechselnden Politiker, die von ihren Parteien ins Schaufenster gestellt werden.

Da macht man dann sein Kreuzchen vielleicht bei einer Partei, weil Vater und Opa schon für sie waren. Da sieht man auch mal über Korruptions- und Maskenskandale hinweg und wählt die Union, weil sie sich halt christlich gibt. Da nimmt man die Hochstapeleien der derzeitigen grünen Galionsfigur mit ihrem Lebenslauf hin, schließlich will man das Weltklima retten.

Die Weltbild-Konstrukteure

Ein Weltbild erwirbt man nicht über Nacht. Es bildet sich schon in der Kindheit und führt zu Erwartungshaltungen auf tiefer psychischer Ebene. Wer sich nichts zutraut und ständig Versorgung und Fütterung aus fremder Hand erwartet wie ein Nesthocker, wird den Staat als mütterliche Versorgungsanstalt empfinden, in der es aber „gerecht“ zugehen soll. Weiterlesen

Christophe Guilluy und das zweigeteilte Frankreich

Wiederum stelle ich einen Beitrag aus fremder Feder zur Diskussion. Nicht nur durch die USA zieht sich ein tiefer gesellschaftlicher Riß. Wie jede moderne Verirrung hatte er sich natürlich alsbald auf Deutschland ausgedehnt. Auch andere Länder sind betroffen. Robert Steuckers hat einen Blick nach Frankreich geworfen und würdigt die Arbeiten Christophe Guilluys. Ich muß nicht eigens betonen, daß ich mir die Meinungen der beiden durch ihre Publikation nicht unbedingt zu eigen mache.

„No Society“ von Christophe Guilluy

von Robert Steuckers

Christophe Guilluy ist Geograph: Er hat bereits zwei grundlegende Werke über das heutige Frankreich geschrieben, La France périphérique und Le crépuscule de la France d’en haut. In der ersten stellte er fest, dass sein Land zweigeteilt war, mit einerseits den Entwicklungszonen, den städtischen Zentren, die noch Arbeitsplätze boten, und andererseits den rückständigen Gebieten, zu denen das Land, aber auch eine große Anzahl von Kleinstädten gehörten, die einst wohlhabend waren, jetzt aber von den Behörden und ihren Bewohnern aufgegeben wurden. Weiterlesen

Von den Schatten der Häresie zu den Verirrungen der Verfassungsfeinde

Der Geldbeutel Christi

Im 14. Jahrhundert hatte man Häretiker in letzter Konsequenz verbrannt. Bei oberflächlicher Betrachtung hatte man auf Lateinisch um theologische Feinheiten gestritten, die außerhalb gelehrter Zirkel kein Mensch verstand. Besaß Jesus einen Geldbeutel?

Unter der Tünche scheinbar unsinniger Spekulationen tobte aber ein erbitterter Machtkampf: Die Kontrahenten führten theologische  Argumente wie Degen gegeneinander. Ihre Motive und Gruppeninteressen waren aber höchst weltlich.

Wer nach päpstlichem Machtspruch unterlag, galt als Häretiker. Die Häretiker unserer Zeit nennt man Verfassungsfeinde. Die gelehrten Abhandlungen des Bundesverfassungsgerichts sagen dem Fachmann, warum sie das sind. Für Laien sind sie ebenso verständlich wie päpstliche Bullen des Mittelalters, in denen der rechte Glaube von der Irrlehre unterschieden wurde.

Der Verfassungsfeind unserer Tage ist ein Symptom gesellschaftlicher Konflikte ebenso wie es der Häretiker des 14. Jahrhunderts war. Damals hatte sich die Bevölkerung stark vermehrt. Tausende bettelarmer Entwurzelter, Ausgestoßener und Heimatloser zogen als Vaganten durch Europa. Weiterlesen

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