Lüge und Wahrheit
Früher war das einfach. Da standen sich nur die gute, alte Wahrheit und die Lüge gegenüber. Wer lügt, sagte absichtlich etwas, das nicht stimmte.
Man konnte aber schon immer die Wahrheit oder was man dafür hält so schlitzohrig formulieren, daß sie in die Irre führt. Einst schrieb ein Journalist über einen anderen, der sei ein halber Idiot. Auf dessen Beschwerde schrieb er dann in der nächsten Ausgabe: „Ich habe ihn einen halben Idioten genannt. Das nehme ich mit Bedauern zurück. Er ist kein halber Idiot.“ – Unterdessen haben unsere Politiker die hohe Kunst perfektioniert, mit einer halben Wahrheit vollendet zu lügen.
Doch was ist das eigentlich, eine Wahrheit? Kann es „wahr“ sein, daß blau eine „schöne“ Farbe ist? Natürlich nicht, denn daß ästhetische Ansichten richtig oder falsch seien, kann man nicht beweisen, eben weil es Ansichten sind. Jeder kann vieles meinen, wenn der Tag lang ist, und der Nächste kann dann gern das Gegenteil meinen.
Darum spielt gerade vor Gericht die saubere Unterscheidung einer Meinung von einer Tatsachenbehauptung eine große Rolle. Ob der Lehrer Hempel ausreichende pädagogische Fähigkeiten hat, ist eine Frage der Meinung, ob er aber Examen gemacht hat, wäre eine Tatsachenfrage. Wer eine ehrenrührige falsche Tatsachenbehauptung über jemanden verbreitet, kann erfolgreich auf Unterlassung verklagt werden. Kritische Meinungen muß sich jeder gefallen lassen.
Eine Tatsachenbehauptung erkennt man daran, daß vor Gericht Beweis darüber erhoben werden kann, ob sie zutrifft oder nicht. Sie ist faktisch richtig oder eben falsch. Ob eine auf Englisch so genannte Fake-News eine falsche Tatsache enthält, wäre demzufolge immer durch Beweiserhebung nachprüfbar. Ob es wärmer wird, kann man messen. Ob das eine Katastrophe ist und für wen, darüber kann man geteilter Meinung sein.
Es ist immer eine Lüge, jemanden der Verbreitung von „Fake-News“ zu bezichtigen, nur weil dieser etwas anderes meint. Meinungen sind nicht fake, nicht gefälscht.
Eine Meinung mit der Behauptung zu stigmatisieren oder zu unterdrücken, sie sei „Fake-News“, ist häufig nur ein Akt der Machtausübung derer, die anderer Meinung sind.
Für gezielte Desinformation benötigen wir den linken Kampfbegriff „Fake-News“ nicht. Sie ist die ureigene Spielwiese von Geheimdiensten und im Kern Lüge. Haben sich die Ukrainer in Bucha selbst massakriert? Haben die Russen ihre Nordseepipeline selbst gesprengt? Wer weiß.
Verbale Desinformation betreiben auch unsere demokratisch gewählten Politiker jeden Tag. Was sollen wir etwa halten von einem angeblich vorhandenen „Sondervermögen“, das in der Realität gar nicht existiert und nur die Absicht bezeichnet, in dieser Höhe neue Schulden für einen bestimmten Zweck aufzunehmen?
Die Erosion der Tatsachen
Die Erde dreht sich um die Sonne. Es gibt aber nicht nur naturwissenschaftliche Tatsachen. Hier wird es schwierig, seit philosophische Saboteure an allem zweifeln, was seit Jahrtausenden eine reine Faktenfrage ist. Sie nennen sich Dekonstruktivisten. Ihr Hobby besteht darin, Worte und damit die Tatsachen zu dekonstruieren, die diese Wort bezeichnen.
Sie behaupten, die Worte Mann und Frau seien lediglich geistige Konstrukte, konstruiert vor allem in der fiesen Absicht, andere Menschen sozial zu unterdrücken. Um den in Männern und Frauen steckenden wahren Menschen zu befreien, müsse man die Worte Mann und Frau dekonstruieren und als Hirngespinste entlarven. Mann oder Frau zu sein, ergebe sich nur aus einer gesellschaftlichen Rollenzuschreibung.
Der Lehrer Hempel sei ein Mann, könnte ein Dekonstruist als Fake-New bezeichnen. In Wahrheit sei er ein Mensch, und seine soziale Rolle oder sein männliches Auftreten nichts als „Gender“.
Konsequent behaupten diese Leute, alle sozialen Gemeinschaften seien nichts als Konstrukte, bloße Hirngespinste: Es gibt kein deutsches Volk und keine Völker, „Familie“ sei „überall, wo Verantwortung übernommen wird und so fort. Klarer Fall: Mein Hund gehört zur Familie, das habe ich schon immer gewußt. Die Konstruktivisten meinen das aber gar nicht humorvoll, sondern zersetzen systematisch alle gesellschaftlichen Bindungen.
Es sind gewöhnlich die übliche Verdächtigen, die uns im Internet und anderen Medien dauernd mit ihrem „Fake-News!“-Feldgeschrei nerven. Unsere Hochschulen haben eine Generation junger Linksextremisten ausgebrütet, deren Ziel noch übereinstimmt mit dem ihrer APO-Opas: die Zerschlagung der bürgerlichen Gesellschaft. Sie sitzen heute in gut bezahlten Positionen in Rundfunkgremien, staatlichen und staatlich finanzierten Stellen („NGOs“) und dekonstruieren nach Herzenslust alles, was unser Land früher zusammengehalten hatte.
Bei all ihrem „Faktenchecken“ und ihre „Fake-News“-Propaganda gegen Andersdenkende vergessen sie als Konstruktivisten urplötzlich all ihre Dekonstruktionslust: Sie behaupten dann nämlich die „Wahrheit“ ihrer eigenen „Fakten“ gegen die „Unwahrheiten“ ihrer Gegner. Wenn aber alle sozialen Tatsachen bloß gesellschaftliche Konstruktionen sind: Wie kann man dann noch die eigene als Fakt und gegnerische als Fake bezeichnen?
Wer aufmuckt und ihnen seine Tatsachen oder seine Meinung entgegensetzt, wird allzeit gern mit der „Fake-News“-Keule gedeckelt.
„Dunkle Persönlichkeitsmerkmale“
Was sind das für Leute? Brauchen wir zu ihrem seelischen Innenleben psychologische Nachforschungen? Wer die Straßendemos ihres harten Kerns einmal beobachtet hat, weiß, daß unbändiger Haß sie antreibt. Jeder Handwerksmeister wüßte sie nach Feierabend am Stammtisch mit treffenden Worten zu charakterisieren. Es geht aber auch hochwissenschaftlich:
Eine Studie zeigt nun, daß Menschen mit sogenannten „dunklen“ Persönlichkeitsmerkmalen, die vor allem auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind, eher dazu neigen, Falschmeldungen Glauben zu schenken. Eine Rolle spielt dabei neben ihrer politischen Orientierung auch ihre Auffassung von Wissen: Am anfälligsten für Verschwörungstheorien sind diejenigen, die davon überzeugt sind, daß Wissenschaft, Politik und Medien Tatsachen je nach Interessenslage konstruieren.
Elena Bernard, Was Menschen anfällig für Fake-News macht, Bild der Wissenschaft (wissenschaft.de) 25.10.2022.
Aha. Wer meint, Tatsachen würden je nach Interessenlage „konstruiert“, schenkt häufig „Fake-News“ Glauben. Er ist auch für Verschwörungstheorien anfällig. Daran dürfte richtig sein: Wer gesellschaftliche und soziale Tatsachen prinzipiell für bloße Konstrukte hält, für den müssen zwangsläufig die Grenzen zwischen Tatsache und Meinung verschwimmen. Wenn alles nichts als „Konstrukt“ ist, gibt es keine verifizierbaren Tatsachen mehr. Dann kann es aber auch keine „Fake-News“ mehr geben.
Wenn es gar keine Fakten mehr gibt, weil alles bloß „Konstrukt“ ist, dann kann es auch keine „Fake-News“ mehr geben.
Alles „Fake“
Mit solchen Leuten kann ich eine Wanderung unternehmen, auf der sie zwar überall Bäume sehen, aber den Wald nicht. Den halten sie für ein Konstrukt, für „Fake“. Eigentlich dürften sie gar nicht von „Waldsterben“ reden. Wären sie konsequent, dürfte es allenfalls „Bäumesterben“ heißen.
Sie sind auch unfähig, zu erkennen, daß das deutsche Volk sich von Generation zu Generation ungefähr halbiert. Aus ihrer Sicht gibt es dieses Volk überhaupt nicht – alles bloß Konstrukt. Warner vor „Umvolkung“ oder „Volkstod“ verbreiten „Fake-News“, denn: Rennen nicht jede Menge Leute in den Straßen unserer Städte herum?
Weil es kein deutsches Volk mehr geben soll und darf, haben es alle diese Leute flugs zur „Gesellschaft“ erklärt. Im Unterschied zu einer Gemeinschaft kann sich einer bloßen Gesellschaft jeder beliebig hinzugesellen und ohne Verpflichtungen wieder gehen. Unser Volk in der Kategorie „Gemeinschaft“ zu denken, haben sie verpönt. Der Begriff wird erst eilfertig wieder aus dem Hut gezaubert, wenn eine angeblich bestehende „internationale Gemeinschaft“ oder eine „westliche Wertegemeinschaft“ als Begründung dafür benötigt wird, warum unser Finanzminister etwas springen lassen soll.
Wenn es aber klassische „Konstrukte“ wirklich gibt, dann sind es diese „Gemeinschaften“. Tatsächlich verbergen sich hinter diesen Begriffen, säuberlich dekonstruiert, normative Forderungen, was wir zu tun und zu lassen haben. Wir sollen mit Gott und der Welt brüderlich teilen, aber innerhalb unseres eigenen Volkes dürfen wir Worte wie brüderlich oder familiär noch nicht einmal mehr denken. „Alles Fake!“
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