Alle paar Generationen schaut sich das gehobene Bürgertum erschrocken selbst ins Gesicht. Danach geht es zum kalten Buffett und zur Tagesordnung über. Jetzt hielt mit Ulf Poschardt einer seiner Exponenten ihm mal wieder den Selbstspiegel vor diese Nase: Als Shitbürgertum beschimpft er die Seinen. Er gehört in einem soziologischen Sinn zu ihnen.

Kein Gegner vermag so gnadenlos zu räsonnieren wie der Renegat, der vom rechten Glauben abgefallene Abweichler von der rechten Lehre. Rückblickend auf seine eigene „linke Biographie“ lautet sein Ceterum censeo über das „kulturell dominente Links-Grün-Bürgertum:

Das Shitbürgertum hat in Deutschland eine kulturelle und ökonomische Spur der Verwüstung hinterlassen. Unternehmer und Multimillionäre sind aus dem Einflußbereich des Shitbürgertums in die USA oder die Schweiz geflohen. Das wird auf die Dauer Deutschland und damit Europa und am Ende den Westen zerstören. Darum muß das Shitbürgertum umfassend zerstört werden. Im Sinne Schumpeters.

Ulf Poschardt, Shitbürgertum, 1995, S.7.

So vergnüglich die Lektüre Poschardts Generalabrechnung sein mag, erstaunt, daß erst Jahrzehnte später ein Betroffener darüber schreibt und sich ehrlich macht. Das gilt umso mehr, als Poschardt offenbar die Werke maßgeblicher Autoren wie Friedrich Nietzsche, Max Weber, Carl Schmitt oder Helmut Schelsky kennt, auf deren Grundlage seine Lagebescheibung schon von anderen Autoren ebenso beschrieben worden ist.

Das Shitbürgertum hat in einem langen Marsch durch die Institutionen den Staat zu seiner Beute gemacht und übenimmt den Part als moralisches Oberhaupt einer säkularen Gesellschaft….

Ulf Poschardt, Shitbürgertum, 2025, S.12.

Dem kann ich nicht widersprechen:

Auf Bundesebene und in einer Anzahl größerer Städte haben sol­che Seil­schaf­ten sich be­reits zu voll ausgebildeten Feu­dalsy­ste­men fortent­wickelt.[1] Grund­legend für jedes Feu­dal­system ist der Tausch von Treue ge­gen Privile­gien. Wer auch nur einmal aus­schert, wird ver­sto­ßen.[2] Wer aber mit­spielt und sich der Cli­quen­rä­son beugt, darf mit sei­ner Wiederauf­stel­lung rech­nen, denn die Clique benötigt ihn als Bau­stein ihrer Ein­fluß­zo­ne ebenso, wie er auf sie zu sei­ner per­sön­­li­chen Existenz­absiche­rung ange­wie­sen ist. Die Kleinstrukturen der Cliquen und Seilschaften[3] setzen sich in grö­ße­rem Zu­sam­men­hang auf Bundes-, Landes- und Kom­mu­nal­ebe­ne fort. Die Parteien ha­ben Quasi-Kar­tel­le gebil­det und die Ver­sor­gungs­posten des staat­li­chen und halb­staatli­chen Be­reichs wie eine Beute­masse[4] unter sich auf­ge­teilt. „Solche Quasi-Kartelle, die von den Betrof­fenen oft als Beleg für die »Einigkeit der Demokraten« verharm­lost werden, schalten den politischen Wettbewerb aus und entmachten den Wähler: Welche Partei auch immer er wählt, alle sind in das Kartell eingebun­den.“[5]

Klaus Kunze, Der totale Parteienstaat, 1. Auflage 1994, ISBN 3-924329-9.

Also gilt hier: Im Westen nichts Neues! Poschardt freilich verpackt seine alten Wahrheiten als Neuigkeiten in so flapsig-polemischer Manier, daß man von einer Fülle verbaler Leckerbissen profitiert.

Dabei gelingt es Poschardt, die das Psychogramm und arrogante Selbstverständnis der „Shitbürger“, ihre materiellen Interessen als soziale Schicht und ihre eigentümliche Ideologie transparent zu machen. Die Schietbürger – so gut Niedersächsisch statt Angelsächsisch – sind dieselben „Eliten“, gegen die sich vielfach die „Elitenkritik“ von „Populisten“ wendet. Tatsächlich sind die einen „Elite“ allenfalls im Sinne ihrer Machtpositionen, wohingegen man elitäre Geistenblitze bei ihnen nicht findet, während die „Populisten“ keineswegs Ungebildete sind, die Aversionen gegen jedwede Elite hegen. Auf die Sprachregelungen der Schietbürger darf man sich nicht einlassen, sonst gerät jeder Gedanke sofort auf die schiefe Bahn.

Projektion von Schuldgefühlen

Die „Aufarbeitung der eigenen Schande – Poschardt meint vor 1945 – habe „gerade im Bürgertum toxische Bewältigungsstrategien geschaffen“ (S.23). Auf die „Reeducation der Deutschen“ (S.23) wurde

die Abwehr gegen das Böse durch die eigene Schuld und die existentiellen Lügen potenziert. Deswegen wird das eigene Böse auf andere projiziert. (S.25, Es äußert sich in einem[6]) regressiven und infantilen Moralismus (S.14).

Ulf Poschardt.

Gut-Böse-Metaphysik beruht immer auf Theologie, schlimmstenfalls auf Morallehren aus menschengemachter Theologie ohne Gott.

„Was die Theo­logen an­geht, so scheint es, als ähnel­ten sie sich alle im all­ge­mei­nen, gleich welcher Religi­on oder Na­tion sie an­gehö­ren; stets ist es ihr Be­stre­ben, sich über die Gewissen eine des­po­tische Au­to­ri­tät an­zu­ma­ßen.“ 230 Jahre nachdem Friedrich das schrieb, folg­­te auf die skeptische Nach­kriegs­genera­tion wieder eine theologi­sierende: Wo mo­rali­sche Hypotheken und Schuld­vorwürfe das Ge­wis­sen über­­lasteten, wur­de sie das Gewissen, um Gewissen nicht mehr haben zu müssen; sie entkam dem Tribunal, indem sie es wur­de.[7] Sie ver­tei­­digt ihr philiströses Moralin mit der­sel­ben In­brunst wie die Gläu­bi­gen aller Zei­ten ihre je­wei­ligen Götter.

Klaus Kunze, Mut zur Freiheit, 1. Auflage 1995, S.190 ISBN 3-924396-4

Moral als Herrschaftsideologie

Ulf Poschardt hat als Publizist einen geschärften Blick für die Funktion der öffentlich zur Schau getragenen Moral als Herrschaftsinstrument. Beispielhaft nennt er Günter Grass, jahrzehntelang „die moralische Instanz der Republik (S.24) und „Vorstandsvorsitzenden der Moralbewirtschaftung“ (S.25), der sich zuguterletzt als Ehemaliger der Waffen-SS entpuppte, in einem Atemzug mit Walter Jens, „Wanderprediger der eigenen Unfehlbarkeit, deren Lebenslügen erst am Ende ihres Lebens zutage traten. „Belohnt wurden sie mit einem Leben in der Nähe der Macht“. Sie alle „wurden das Tribunal, um dem Tribunal zu entgehen.“[8]

Und mit moralisch hoch erhobenem Zeigefinger folgen die Scharen der Gutmenschen ihren Schäfern und Sinnstiftern.

Das Mitläufertum hat in Deutschland im 21. Jahrhundert lediglich die Farbe gewechselt.

Ulf Poschardt S.56 im Kapitel Der Untertan.

Die Versöhnung der Lauchs mit dem Kapitalismus

Poschardt nennt sie „gebückte Massenware kollektiver Gesellschafts- und Staatssysteme“ (S.57), in einem Wort kurz: Lauchs. Die „Lauchbourgeoisie“ sei „der zarte Profiteur des Shitbürgertums“ (S.90 ff.).

Die kulturelle Dominanz des Shitbürgertums hat auch mit einem bemerkenswerten Kotau des Kapitalismus zu tun. Angestiftet durch die Karrieristen der Lauchbourgeoisie hat der Corporate Capitalism die Moralisierung aller gesellschaftlichen Debatten nicht nur geduldet, sondern mitgetragen und verschärft. […] Die Gleichschaltung moralischer politischer Anliegen mit den vermeintlichen Interessen einer kapitalistischen Wachstumsfixierung ist die toxische Mischung, die im 21. Jahrhundert sowohl die liberalen Demokratien als auch deren ökonomische Fundamente erschütterte.

Ulf Poschard S.93, 95.

Wie wollte ich Poschardt da widersprechen? Schrieb ich doch selbst 2022:

Seit es heißt, er verheere durch ungehemmten Raubbau an Rohstoffen „die Natur und das Klima“, stehen globale Konzerne an der Spitze einer Koalition der Gutwilligen: Jedenfalls die Außenwerbung globaler Konzerne spart nicht an Hinweisen, wie ökologisch man doch wirtschafte, man kaufe Produkte „aus fairem Handel“ und dergleichen Fragwürdigkeiten mehr. Zugleich arbeitet die Werbung großer Konzerne die gesamte Palette multikultureller Devotionalien ab. Sie läßt Regenbogenfahnen vor Konzernzentralen wehen und schickt uns Reklamekataloge ins Haus, in denen die Menschen so buntscheckig sind wie das Warenangebot. Zugleich machen digitale Riesen wie Google, Facebook & Co durch ein rigides Zensursystem Ernst mit dem Bestreben, die Nutzer auf einen einheitlichen „moralischen“ Kurs zu zwingen. Warum nicht das Gute tun, wenn es sich ökonomisch auszahlt? Manchmal genügt es allerdings, das Publikum dahin zu beeinflussen, was es für das Gute halten soll, und es dann zu überzeugen, dieses werde von den Mächten des großen Geldes verwirklicht.

Klaus Kunze, Staatsfeind Liberalismus, Von der totalitären Versuchung des Globalismus, 2022, ISBN 978-3-949780-03-5, Kapitel Der moralisierende Kapitalist S.136 f.

So versöhnt sich der moralinnige Gutmensch doch gern mit dem Kapitalismus, wenn nur hübsche bunte Fahnen vor dem Konzerntor wehen. Poschardt formuliert hier von einer „Rekalbrierung aller Lauche auf einen nahezu identischen, uniformen Lebensentwurf“ (S.97).

Lauchs sind geborene Kollektivisten

Doch

je ähnlicher sie sich werden, in der Sprache, an der veganen Bowl-Bar oder beim Abfassen ihrer Begeisterungspostings mit all den kerriererelevanten Buzzwors, umso zorniger werden sie auf die Spielverderber und Verweigerer. Es liegt in der inneren Anpassungslogik der Lauche, den widerständigen Individualismus als Bedrohung zu verstehen. Die Lauche machen begeistert mit, weil ihnen die Unterwerfung Entlastung bedeutet. [..] Sie leben ohne Entwicklung. Sind Objekte der despotischen Moralmaschinen.

Ulf Poschardt S.97.

Liberale, wie Poschardt mittlerweile einer sein dürfte, teilen mit genuin Rechten die instinktive Abneigung gegen kollektivistisches Mittläufertum, erst recht ein Mitlaufen in kollektiver Betroffenheits-Besoffenheit. Poschardts „Lauch“ ist der windelweiche Gutmensch. Als Linker sucht er vor­nehm­lich die Gleich­heit im moralischen Kollektiv. Er ist der moralisierende Bür­ger, der sich birgt in sei­nem Ideenge­häuse.“[9]

Kollektivismus zählt dagegen nicht zu den Grundbedürfnissen liberaler und rechtsstehender Menschen.

Sie verstehen sich eher als Individualisten, ordnen sich ungern unter und betrachten das soziale Leben als ständiges Ringen um die eigene Selbstbehauptung. Rechte lassen sich im gesellschaftlichen Leben stärker von agonalem Fühlen bestimmen und reservieren ihre affiliativen Bedürfnisse für ihre Familie.

Klaus Kunze, Das rechte Weltbild, Freiheit – Identität – Selbstbehauptung, 2024, ISBN 978-3-949780-20-2, S.88.

Moralischer Kollektivismus ist Poschardt ein Greuel. Heute sieht er gegen ihn ein geistiges Rollback des Individualismus:

Mit dem Marsch durch die Institutionen der Shitbürger haben Liberale und Libertäre diese Dynamik für sich gekapert. Sie sehen sich am Anfang ihres Weges, den Westen zu reindividualisieren und zu entstaatlichen. Die Lauche fürchten dies.

Ulf Poschardt S.98.

Macht kaputt, was euch kaputt macht!

Poschardt empfiehlt gegen die moralisierende Herrschaftsideologie das einzige Gegengift: einen anlaßbezogenen Nihilismus als

die Geste, das vermeintlich progressive Gewebe des Shitbürgertums ungerührt zu dekonstruieren.

Ulf Poschardt S.102.

Wie Trump und Musk will er „den Wertekanon der kulturell geprägten Linken im nietzscheanischen Sinne zertrümmern“. Der aktive Nihilist zerstöre bestehende Werte, um Freiheit zu ermöglichen für Innovation und Neubeginn.

Als Gegenreaktion auf die enger werdenden moralischen Anforderungsnetze der Eliten reagieren die Bilderstürmer dieser elitären Ordnung mit dem Konzept der kompletten Dekonstruktion jedweder moralischen Disziplinierungssysteme. Das Shitbürgertum dekonstruiert sich nicht selbst, sondern wird dekonstruiert.

Ulf Poschardt, S.158.

Bravo! Der Mann hat es begriffen. Anders geht es nicht. Wie nun sieht eine solche Dekonstruktion aus? Sie besteht im Rückbau der hirngespinstigen Konstruktionen, mit denen man uns seit Jahren zunehmend quält. Sie alle beruhen im philosophischen Kern auf der Überzeugung, es gebe, jenseits etwaiger göttlicher Verbote, eine Art metaphysisches Kontinuum, in dem irgendwelche Werte oder Normen zuhause seien. Ihnen müßten wir gehorchen.

Aufklärung besteht dagegen darin, Werte und Normen als von Menschen mehr oder willkürlich gesetzt zu erkennen. Darin besteht ihre „Dekonstruktion“: Sie werden von heiligen Entitäten zu menschengemachten Prinzipien. Nach ihrer Zerstörung können wir unsere eigenen an ihre Stelle setzen, nämlich diejenigen, die uns nützen.

Der aufgeklärte Liberale kann drei Wege ein­schla­gen: Der logisch sauberste weist auf die Vollendung der Aufklärung im Nihilismus und führt alle Werte, einschließlich der ei­genen, auf bloße Kon­vention zurück. Den zweiten hatte der bürgerliche Liberalismus einge­schla­gen. Er be­stand – typisch liberal – im Ausweichen vor der Entschei­dung: Von seinen monarchischen, sozialisti­schen und anderen unreinen Geistern suchte man den Menschen zu befreien, bürdete ihm zu­gleich aber ei­nen Sack liberaler Moralbegriffe auf.

Der dritte Weg stand unter de­mo­kratischem Vor­zeichen. Er hob die Aufklärung kurzerhand wieder auf, in­dem er seine Werte für heilig und ewig erklärte und sie damit zum Gegen­stand religiöser Verehrung machte. Als zentraler Wertbegriff trat der Mensch an die Stelle Gottes, und zwar nicht irgendein wirklicher Einzel­mensch oder viele bestimmte Einzelmen­schen, sondern eine abstrakte Idee vom Wert des Menschen an sich. „Weil diese zur Menschlichkeit vollen­dete Sittlichkeit mit der Re­li­gi­on, aus der sie geschichtlich hervorge­gangen, sich völlig aus­ein­an­der­gesetzt hat,“ formulierte 1844 Max Stirner, „so hinderte sie nichts, auf eigene Hand Religion zu werden.“ Dazu komme es, wenn dem Menschen der Mensch das höch­ste We­sen sei: „Hat man da nicht wieder den Pfaf­fen? Wer ist sein Gott? Der Mensch? Was ist das Göttliche? Das Mensch­liche!“ Am Ende des Zeit­alters der Mas­sendemokratie hat der Li­bera­lismus seine po­liti­schen Gegner aus dem Feld geschlagen. Nach­dem er keine Geg­ner mehr hat, sondern nur noch Untertanen, mußte er zu seiner Selbst­be­haup­tung Religi­on werden. „Diese Reli­gion soll jetzt“ – 1844 – „zur allgemein üblichen er­hoben … werden. Man kann sie die Staatsreligion, die Religion des ‚freien Staates‘ nennen,“ für welche er „von jedem der Seinigen“ zu „fordern nicht nur be­rech­tigt, sondern genötigt ist.“[10] Weil der Humanitarismus zur Re­ligion geworden ist, gibt er sich nicht damit zufrieden, uns ein ge­set­zes­treues Verhalten auf­zuerlegen. Er versucht uns vorschreiben, wen wir lie­ben müssen und wen wir nicht hassen dürfen.

Klaus Kunze, Mut zur Freiheit, 1995.

„Weg damit!“, fordert Ulf Poschardt (S.148). Das gegebene Herrschaftsmittel der Schietbürger aller Zeiten war die Religion. Sie sollte die Untertanen einschüchtern, in der Gemeinschaft der selbsternannten Heiligen einhegen und bei Strafdrohung der Exkommunikation aus der sozialen Gemeinschaft nie wieder loslassen. Eine Moral, wenn überhaupt eine, dürfe aber nur auf Nützlichkeit für die Menschen gegründet sein, forderte Paul d’Holbach in seinem „System der Natur“ von 1770. Wenn schon Religion, dann eine empirisch aus der Beobachtung der Natur geschöpfte und keine aus einem jenseitigen Reich Gottes.

Paul Dietrich Baron d’Holbach

Auf diese Weise gibt es in den zivilisierten Gesellschaften zwei Religionen: Die eine befaßt sich nur mit Trugbildern und sucht ihre Schüler zu blenden, die andere befaßt sich mit dem Studium der Natur und mit der Aufgabe, die Menschen von den Wunden zu heilen, die durch rivalisierende Mächte unaufhörlich verschlimmert werden. Die eine Religion verbietet dem Menschen zu denken; die andere gebietet ihm, Erfahrungen zu sammeln und unablässig an der Milderung seines Loses zu arbeiten. Die eine verbietet ihm, die Vernunft zu Rate zu ziehen; die andere führt in ohne Unterlaß zu den Altären jener ungerechterweise verschmähten Vernunft, die allein imstande ist, ihm wahres Glück zu verschaffen. Die Verfechter der einen Religion gründen ihr Aufgabe auf Blendwerk, Lügen und Wunder, deren nähere Prüfung untersagt wird; die Verfechter der anderen gründen ihren Auftrag auf die Erfahrung und empfehlen, alles zu prüfen. Die einen verwenden, um ihre Meinungen durchzusetzen, Gesetze und Drohungen; die anderen bedienen sich der Kunst der Überredung und suchen im Menschen Mitleid für seine Lage zu erwecken. Die einen tragen Unruhe in die Gesellschaft und versetzen die Menschen in Schrecken; die anderen bemühen sich, Heiterkeit, Eintracht und Frieden zu erzeugen. Kurz: Die einen predigen eine menschliche Moral, die anderen verkünden eine übernatürliche, mystische, dunkle, widerspruchsvoll und undurchführbare Moral.

Paul Dietrich Baron d’Holbach, Essay über die Vorurteile (Essai sur le Préjugés), London 1770, bei Reclam jun. in Leipzig 1972, S.222.

Unsere Schietbürger gründen ihre Moral „auf Blendwerk, Lügen und Wunder“ wie 67 Geschlechter, „deren nähere Prüfung untersagt wird“, aufgeklärte Menschen aber auf naturwissenschaftliche Realität und eine Moral, die unseren Interessen dient.

Heute ist Deutschland ein Irrenhaus, denn

wenn ein politischer Körper sich im Zustand des Wahnsinns befindet, dann kann er ebensowenig der Vernunft gemäß handeln wie irgendeins seiner Mitglieder, dessen Gehirn gestört ist.

Paul Dietrich Baron d’Holbach, System der Natur, 1770, Aufbau-Verlag Berlin 1960, S.174.

Freilich werden die vom Woke-Mind-Virus und anderen Bazillen Befallenen ebenso jeden Diagnostiker ihres Leidens hassen wie die herrschenden Nutznießer des „links-„liberalen“ (Bildungs-)Bürgertums“ mit ihrer „kulturellen Hegemonie bei vergleichsweise hohem Lebensstandard“ (Poschardt S.60), die sich an den staatlichen und staatlich ausgehaltenen Futterkrippen des Schietbürgertums mästen..


[1] Scheuch, Studie S.27; ders. Cliquen S.116 ff; vgl. auch Sander, Criticón 1976, 215 über die Wiederbelebung mittelalterli­cher, feudaler Strukturen im „plu­ra­li­sti­schen“ Verbän­de­kollekti­vismus.

[2] So Scheuch a.a.O., und er schreibt daher vorsichtshalber anonym (siehe obigen „Anonymus“ ZRP 88,62).

[3] Vgl. auch Zitscher, ZRP 1991, S.100 (103).

[4] R. von Weizsäcker, Wird unsere Parteiendemokratie überleben? S.155.

[5] v.Arnim, „Der Staat sind wir“, München 1995, S.111.

[6] Text in Klammern vom Rezensenten.

[7] Odo Marquard, Abschied vom Prinzipiellen, S.12.

[8] Marquard, Abschied vom Prinzipiellen, S.12, Klaus Kunze, Die mörderische Macht der Moralisten, Im Würgegriff der Gutmenschen, Hamburg 2020, S.23, https://w55241n5q.hier-im-netz.de/Klaus%20Kunze%20-%20Moralisten.pdf.

[9] Christian Graf von Krockow, Die Entscheidung, Eine Untersuchung über Ernst Jünger, Carl Schmitt, Martin Heidegger, 1958, 2.unveränderte Aufl.1990, S.47.

[10] Max Stirner, Der Einzige und sein Eigentum, 1844, bei Reclam S.61 f., 192 f.