Ihre Rede auf dem CDU-Bundeskonvent
Die Linke tobt. Die populäre Serien-Olympiasiegerin Claudia Pechstein hatte in ihrer Uniform als Polizeihauptmeisterin eine Rede gehalten. Unisono tönte es gestern auf allen Sendern der Staatsmedien, das hätte gegen ihre beamtenrechtliche Neutralitätspflicht verstoßen.
Während das heute womöglich die Masse der Staatsfunkhörer glaubt, hält es einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Es verkennt,
daß Beamte ihre Meinungsäußerungsfreiheit nicht mit der Aushändigung der Ernennungsurkunde abgeben.
Verwaltungsgericht Berlin, Beschluß vom 21. Februar 2023 – 26 L 15/23 –, Randnummer 30.
Ihr sind aber durch die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums nach Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich verankerte Grenzen gesetzt.
Der Beamte muss durch sein Auftreten auch außerhalb des Dienstes jeden Anschein vermeiden, er werde sein Amt nicht unparteiisch und ausschließlich gemeinwohlorientiert wahrnehmen. Daher darf die politische Betätigung des Beamten nicht Formen annehmen, die aus der Sicht eines unvoreingenommenen Betrachters geeignet sind, Zweifel an einer politisch neutralen, nur dem Allgemeinwohl verpflichteten Amtsführung ohne Ansehen der Person hervorzurufen. Allerdings schränken die beamtenrechtlichen Pflichten die freie Meinungsäußerung nicht einseitig ein.
Verwaltungsgericht Lüneburg, Urteil vom 24. April 2023 – 8 A 2/22 –, Rdn. 76.
Claudia Pechstein ist untadelig aufgetreten und hat diese Grenzen nicht überschritten. Ihre kurze Ansprache ist im Nordkurier vom 19. Juni 2023 nachzulesen.
Sie ging erst auf die notwendige Förderung des Breitensports ein und danach auf die Rechtsstaatlichkeit:
Ich bin selbst seit Jahrzehnten Bundespolizistin. Als Polizeihauptmeisterin stehe ich mit meinen Kollegen im regen Austausch und es ist für uns alle unstrittig, daß man Menschen in Not helfen muß. Aber wenn Menschen zu uns kommen und Asyl beantragen und ein Richter nach Prüfung aller Fakten zu dem Schluß kommt, daß der Antragsteller kein Recht hat, hier zu leben, dann versteht niemand, dass solche Menschen einfach hierbleiben dürfen. Wenn ich richtig informiert bin, reden wir derzeit etwa über 300.000 solcher Fälle.
Claudia Pechstein, Nordkurier 19.6.2023
Rechtsstaatlichkeit und innere Sicherheit sind zentrale Anliegen unserer Verfassung, und darum mahnte sie zu Recht:
Wir sollten grundsätzlich die Rahmenbedingungen schaffen, um dieses Problem rechtsstaatlich zu lösen. So erleichtern wir nicht nur die Arbeit meiner Polizei-Kollegen, sondern sorgen auch grundsätzlich für mehr Sicherheit im Alltag der Menschen. Allein die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen zu können, ohne ängstliche Blicke nach links und rechts werfen zu müssen, gehört zum Beispiel zu den Alltagsproblemen, die viele, insbesondere ältere Menschen und auch Frauen, belasten. Darüber wird viel zu wenig gesprochen, meiner Meinung nach. Hier für Verbesserungen zu sorgen, sollte uns grundsätzlich hundertmal wichtiger sein, als darüber nachzudenken, ob wir ein Gendersternchen setzen oder ob ein Konzert noch deutscher Liederabend heißen darf oder ob es noch erlaubt ist, ein Zigeunerschnitzel zu bestellen.
Claudia Pechstein
Natürlich sind rechtsstaatliche Selbstverständlichkeiten, wie sie Pechstein ausspricht, unseren linken Medien-„Gatekeepern“ ein Dorn im Auge. Darum müssen diese Türsteher der politischen Korrektheit sie sofort mit gehässigen Anmerkungen umrahmen, Pechstein sei als Beamtin nicht „neutral“ genug gewesen.
Doch wie sieht es mit ganz polizeioffiziellen Auftritten unserer Behörden aus, wo Beamte aufgrund parteipolitischer Anweisungen ihrer zuständigen Minister Reklame für deren Ideologie machen müssen? So wirbt das Landeskriminalamt Niedersachsen auf Twitter für die Regierungsparteipolitik:
und „feiert“ einen „Deutschen Diversity-Tag“. Es unterliegt keinem Zweifel, daß das nicht politisch neutral und daß es eine klare Kompetenzüberschreitung der Polizeibehörde ist. Polizisten haben gesetzlich keine Befugnis, uns ideologisch einzuseifen und rotgrüne Mores zu lehren.
Das dürfen sie ebensowenig, wie beamtete Lehrer im Unterricht nicht unsere Kinder indoktrinieren dürfen. Das Neutralitätsgebot muß von Tätigkeitsfeld zu Tätigkeitsfeld besonders eingegrenzt werden.
Für die Anwendung und Auslegung der die Meinungsfreiheit des Beamten einschränkenden Vorschrift des § 33 Abs. 2 BeamtStG ist jeweils im konkreten Fall das Interesse des Beamten an der Betätigung der Meinungsfreiheit seinen besonderen Dienst- und Treuepflichten gegenüberzustellen und gegeneinander abzuwägen. Der Maßstab für das politische Mäßigungsgebot wird neben Art und Inhalt der politischen Betätigung auch durch das jeweilige Amt im statusrechtlichen und funktionellen Sinn sowie den Bezug der politischen Betätigung zum Amt konkretisiert. Für Lehrerinnen und Lehrer gelten zunächst die allgemeinen Beamtenpflichten. Darüber hinaus sind die Stellung der Lehrkräfte gegenüber der Allgemeinheit wie auch ihre besonderen Amtspflichten in erster Linie nach dem Leitbild zu bemessen, das Verfassung und Gesetz für das Lehramt an Schulen bestimmen. Das in Konkretisierung von Art. 33 Abs. 5 GG in § 33 Abs. 2 BeamtStG formulierte politische Mäßigungsgebot findet daher für Lehrkräfte zusätzlich seine Inhaltsbestimmung in dem Elternrecht und dem festgelegten Erziehungsauftrag der Schule sowie in den – möglicherweise – kollidierenden Grundrechten von Eltern und Schülern (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1990 – 2 C 50.88 -, juris Rn. 22).
Verwaltungsgericht Wiesbaden, Beschluß vom 20. Januar 2023 – 28 L 42/22.WI.D –, Rn. 95 – 96.
Gegen die Rede Claudia Pechsteins ist nach diesen Maßstäben nichts zu erinnern. Zwar nimmt sie durch das Tragen ihrer Uniform in besonderem Maße die hinter ihr stehende staatliche Autorität in Anspruch. Deshalb hatte sie sich in Rhetorik und Inhalt ihrer Rede besonders zu mäßigen. Diesem Anspruch hat sie aber bravourös genügt. Das gelang ihr umso leichter, als sie nur Allgemeinplätze abgesondert hat, die sich in einer rechtsstaatlichen bürgerlichen Gesellschaft von selbst verstehen. Pechstein sprach stromlinienförmig konform mit Geist und Gesetzen der alten Bundesrepublik.
Damit mußte sie sich natürlich den Haß der woken Linken und ihrer Metastasen in linken Parteien und Staatsmedien zuziehen. Diese möchten unseren Staat nämlich gerade in jene „andere Republik“ transformieren, von der sie schon in den 1968er Jahren hinter „roten Büchertischen“ geschwurbelt und sich gern auch mal mit Polizeihundertschaften geprügelt haben. Ihr Kampf galt und gilt der bürgerlichen Gesellschaft.
Triumphierend glaubten sie seit der Machtergreifung der derzeitigen Regierungsparteien, diese sei sturmreif geschossen, ihr langer Marsch durch die Institutionen sei jetzt erfolgreich abgeschlossen, und jetzt könne man dem verhaßten Bürgertum endlich die Stecker ziehen.
Es ist parteipolitisch geschickt, wenn die Union dagegen normale Frauen wie Claudia Pechstein auf die Bühne stellt. Sie verleiht all denen eine Stimme, die ihr persönliches Wohlergehen und die Existenz ihres Volkes und Staates am Abgrund sehen. Gerade durch die Union sind sie aber seit 20 bis 30 Jahren an den Rand gedrängt und mundtot gemacht worden. Für den Großteil der Zustände, die Claudia Pechstein kritisiert, ist ihre Union maßgeblich mit verantwortlich. Manfred Merz möchte Kanzler werden und mit den Grünen oder der FDP koalieren. Sollte ihm das gelingen, wird er Frauen wie Claudia Pechstein schnell wieder von der Bühne nehmen.
Er kann und will nämlich nicht einlösen, was sie anmahnt. Unter unionsbeteiligten Regierungen ist die Bedeutung der Familien Rechtsschritt um Rechtsschritt relativiert und herabgestuft worden. Claudia Pechstein dürfte nicht mehr in der richtigen Partei sein, wenn sie schließt:
Die CDU ist immer die Familienpartei Deutschlands gewesen und ist es nach wie vor. Meine Eltern haben mich und meine Geschwister mit viel Liebe zu anständigen Menschen erzogen. Eine intakte Familie ist auch ein Idealbild von dreiviertel der Deutschen. In Shell-Studien über die Zukunft unserer Kinder stehen gute Freunde und Familie ganz weit oben. Gerade wegen alle Probleme um sie herum: Die Kinder hierzulande wollen nicht nur einen guten Job, eine heile Familie, eine traditionelle Familie. Sie wollen Mama und Papa. Die Familienpolitik der Christlich Demokratischen Union sollte sich grundsätzlich zuallererst mit der traditionellen Familie beschäftigen. Wenn wir aufhören, die Familienpartei im Lande zu sein, dann werden wir auch nicht mehr Volkspartei in Deutschland sein.
Claudia Pechstein
Ja, die Unionspolitik „sollte“ sich „zuallererst“ damit beschäftigen. Wie Recht Pechstein hat! Um aber die von der Union mitverantwortete Reduzierung der Familie fast auf den Nullpunkt umzuwenden und ihr steuerlich und rechtlich wieder die ihr verfassungsrechtlich zustehende besondere Bedeutung zurückzugeben, müßte sich die Union nicht länger nach einem linken Koalitionspartner schielen, sondern sich eine Alternative suchen.
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