Klaus Kunze

Kategorie: Geschichte Seite 3 von 19

Lesen als subversiver Akt

Manchmal kommt eine Botschaft doch an, wenn auch manchmal mit großer Verspätung. Dem weltbekannte Science-Fiction-Autor Ray Bradbury (1920-2012) verdanken wir eine der großen Dystopien des 20. Jahrhunderts: Fahrenheit 451.

Der Roman wurde 1954 publiziert. Bradbury malte sich die äußersten Konsequenzen eines zukünftigen totalitären Systems aus, das alle Bücher als potenziell destabilisierend aus dem Verkehr zog und mit Feuer zu vernichten suchte. Der eingesetzte Feuerwehrmann „Guy Montag“ nimmt aber heimlich Bücher an sich und liest sie, statt sie befehlsgemäß zu verbrennen. Die Lektüre delegitimiert sein Regime und macht ihn zu einem subversiven Verfechter geistiger Freiheit.

Unten links der Protagonist des Romans „Guy Montag“, Cover nach der Verfilmung von 1966.

Der Roman bildet zusammen mit Orwells „1984“ und „Die Farm der Tiere“ sowie Aldous Huxleys „Schöne neue Welt“ eine der großen dystopischen Warnungen, geboren aus den Erfahrungen mit den totalitären Systemen des 20. Weiterlesen

Abschied von der Gerechtigkeit

Wenn Linke ihren ideologischen Zauberstab schwingen, lautet ihre Beschwörungsformel immer: „Gerechtigkeit!“ Sie bildet den Schlüssel zum Verständnis alles dessen, was links ist, und darum ist der Rechts-Links-Gegensatz nicht überholt.

Natürlich wollen Rechte auch Gerechtigkeit, aber eine völlig andere als Linke. Sie erkennen, daß hinter der Forderung nach Gerechtigkeit gewöhnlich ein Machtanspruch steckt. Wer ihn erhebt, strebt nach der Herrschaft, die Ressourcen anders zu verteilen als bisher – zu seinen Gunsten, versteht sich. Die Parole „Gerechtigkeit“ ist ein Mittel, die eigenen Interessen zur Geltung zu bringen.

Wem die „Deu­tung der Ora­kel der Gerechtigkeit an­ver­traut ist“, wird er­fah­rungs­ge­mäß „die­se Göttin be­we­gen können, nichts zu antwor­ten, was wi­der den ei­ge­nen Vorteil ist,“[1] erkannte schon 1667 der Jurist Samuel von Pufendorf. Und sein späterer Kollege Ernst von Hip­pel seufzte re­si­gnierend, nach Ver­­lo­ren­ge­hen der „hö­heren Rechts­­stufen“ des göttli­chen und des Na­­tur­rechts seien „end­lich nur noch der Rechts­be­griff als leere Form und Tar­nung blo­ßer In­ter­essen wie poli­ti­scher Macht üb­rig“ ge­blie­­ben. Weiterlesen

Palästina: Und Carl Schmitt hatte doch Recht

Eine heile Traumwelt liegt in Scherben

Ach was muß man oft von bösen
Buben hören oder lesen! Als einen der bösesten Buben des vergangenen Jahrhunderts beschimpfte der linksdrallige Moralistenchor jahrzehntelang den scharfsinnigsten Juristen seiner Zeit, Professor Carl Schmitt.

Was immer er geschrieben hatte: linksliberale Geisteszwerge behaupteten jetzt das genaue Gegenteil und hängten sich dafür gegenseitig alberne Orden und Ehrenpreise um. Wie viele andere Hirngespinste scheitert in unseren Tagen auch ihre Lieblingsutopie einer heilen Welt ohne Feindschaft. Generationen junger Deutscher wurden auf eine Kindergartenwelt voller hübscher bunter Luftballons, ewigen Frieden und freundlicher Menschengleichheit vorbereitet. Jetzt stehen sie fassungslos und orientierungslos dumm da, die Generation der Baerbocks, Habecks und Co.

Für die kleine intellektuelle Minderheit, die noch Carl Schmitt gelesen hat, gibt es dagegen nichts politisch Unerklärliches, weder in der Ukraine noch in Palästina. Alles Land, das heute vom Staat Israel beansprucht wird, hieß 1900 noch Palästina. Weiterlesen

Kipp-Punkte der Geschichte

… und dann ging alles ganz schnell!

Im Laufe langsamer Ereignisse gibt es Kipp-Punkte. Für die Weltgeschichte gilt das genauso wie in Wildwestfilmen.

High noon. Die Zeit scheint stillzustehen, wenn die Gegner die staubige Straße vor dem Saloon betreten, wenn stahlblaue Augen unter der Hutkrempe den Bösewicht durchbohren, selbst die Musik verlangsamt sich. Und dann geht alles ganz schnell. Wer zuerst blinzelt, hat verloren. Schüsse peitschen. Der Showdown ist gelaufen.

In unzähligen Strafprozessen hörte ich Zeugen einer Schlägerei lang und breit die Vorgeschichte erzählen. Dann wird es spannend. Richter und Prozeßbeteiligte spitzen zum Mitschreiben die Ohren. Wer hatte als erster zugeschlagen? Doch unversehens wird der Augenzeuge unsicher: „Dann ging alles ganz schnell.“

Jeder Prozeßerfahrene weiß: Zu schnell für den Beobachter. Wer als erster wen gedrängelt, geschubst oder geschlagen hat, weiß ich nicht. Seine Aussage ist unbrauchbar. Weiterlesen

Unsere populistische Demokratie

Demokratie ist die typische Form politischer Willensbildung in Massengesellschaften. Sie besagt, daß nach dem Willen der Mehrheit regiert werden soll.

Frühere Staatsformen wie Monarchie und Oligarchie sind außer Kurs. Der geistige Konkurrenzkampf der Systeme scheint zuende. Alle wollen jetzt Demokraten sein. Wenn sich ein Begriff allgemein durchgesetzt hat, setzt aber der Konkurrenzkampf sofort wieder ein, und zwar um seine „richtige“ Auslegung. Man zeigt wechselseitig mit dem Finger aufeinander und schmäht: „Ihr seid mir schöne Demokraten – gar keine nämlich!“

In unseren halbamtlichen Regierungsmedien nimmt diese Methode absurde Züge an, wenn der „Kampf gegen Rechts“ geführt wird. Dann grenzen sich, unserem Fernsehen zufolge, „die demokratischen Parteien“ durch eine „Brandmauer“ ab gegen die AfD, der sie das Demokratische rundweg absprechen. Als Beleg zaubern sie im gleichen Atemzug die immer gleichen Worthülsen des Verfassungsschutzes hervor, die „populistische“ AfD sei „in Teilen rechtsextremistisch“. Weiterlesen

Moralrausch oder Interessenpolitik?

Die Moralisierung des Politischen ist eine politische Frage, keine moralische.

Ein alter Trick im politischen Machtkampf besteht darain, Interessen moralisierend vorzutragen. Ein moralisch maskierter Machtanspruch wirkt auf schlichte Gemüter gerechter als ein offener.

Gewisse ökonomische Interessengruppen „des Westens“ mit sehr viel Geld finanzieren viele „Nichtregierungsorganisationen“, um Einfluß auf demokratische Wahlentscheidungen und auf Regierungshandeln zu gewinnen. Multikulturelle Gesellschaften liegen in ihrem Interesse. In Deutschland stützt ihr Einfluß sich auf akademisch ausgebildete Kreise, aus denen unsere Funktionseliten sich zu rekrutieren pflegen. Vom Lehrer über den Hochschullehrer bis hin zu den ausgebildeten „Politikwissenschaftlern“ und Journalisten sind sie heute weitgehend links sozialisiert. Sie haben die früheren Funktionseliten der Nachkriegsjahrzehnte ersetzt.

Jene waren hervorragend ausgebildet gewesen. Ein antitotalitärer Grundkonsens verband sie. Dieser schloß ideologische Konstrukte weitgehend aus, verpönte politische Propaganda und widmete sich pragmatisch dem Aufbau der deutschen Institutionen und unseres Wohlstandes. Weiterlesen

Wir fröhlichen Heiden

Der Altmeister der französischen Neuen Rechten hat wieder publiziert.

„Heide sein“ – das neue Buch von Alain de Benoist, dem Altmeister der französischen Neuen Rechten. Das mit Spannung erwartete Werk erfüllt alle Wünsche an ein hochpolitisches und zugleich gelehrtes Werk. Benoist zeigt wieder einmal geistesgeschichtliche Zusammenhänge auf, die vieles Altbekannte miteinander sinnvoll verknüpfen.

Alain de Benoist, Heide sein. Die europäische Glaubensalternative
© 2023 by Lindenbaum Verlag GmbH, Beltheim-Schnellbach
Aus dem Französischen von Patrick de Trevillert und Claude Michel
Erstauflage 1982 im Grabert Verlag
Überarbeitete u. erweiterte Neuauflage 2023 im Lindenbaum Verlag

Der Titel könnte aber auch falsche Erwartungen wecken. Benoist wirbt keine Jünger für altnordische Fruchtbarkeitsriten und ruft auch zu keinem Ragnarök auf.

Man braucht nicht an Jupiter oder Wotan zu ›glauben‹ – was jedenfalls nicht törichter ist, als an Jahwe zu glauben –, um Heide zu sein.

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