Klaus Kunze

Kategorie: Geschichte Seite 4 von 20

Francis Bacon und die Schwurbler

Wie sich das eherne Gesetz der Oligarchie bestätigt

Als Staatsmann und englischer Parlamentarier hat Francis Bacon (1561-1626) Schwurbler verabscheut.

Englisch nüchtern mochte er auch mittelalterliche, scholastischen Argumentationsketten nicht und war Gegner „spitzfindiger Diskussionen, die keine neuen Erkenntnisse bringen.“ Er setzte auf eingehende Naturbeobachtung und das Experiment. Die Empirie trat anstelle der Deduktion von Oberbegriffen, die man nur glauben, aber nicht beobachten konnte.

Innerhalb eines Staates beobachtete Bacon keine Menschengleichheit, sondern den gebildeten Adel hier  – und dort „Pöbel“. Als Zeitgenosse des absolutistischen Staatsdenkers Jean Bodin (1529-1596) war er überzeugt, daß eine stabile Regierung zum Besten aller sei, die Schwurbelei des Pöbels aber zu Aufruhr und verderben führe.

Aus seinen Essays SERMONES FIDELES SIVE INTERIORA RERUM steht in der ältesten mir bekannten deutschen Übersetzung[1] das Kapitel XV. DE SEDITIONIBUS ET TURBIS [2] unter der Überschrift

Jüngere Übersetzungen von DE SEDITIONIBUS ET TURBIS bevorzugen statt Schwurbeln (für lateinisch turbis) Begriffe wie Unruhen, was auch nicht falsch ist. Weiterlesen

Sag mir, wo die Mythen sind,

wo sind sie geblieben, was ist geschehn?

Der Verlust der Kindheit ist unwiederbringlich. Nicht mehr umkehrbar ist auch die Aufklärung über alles Geheimnisvolle, Verborgene, Mythische: Es existiert nur im Kopf.

Glänzende, kugelrunde Kinderaugen vor dem brennenden Weihnachtsbaum, das gruselnde Frohlocken, wenn die böse Hexe im Ofen landet, Zauber der Kindheit – wohin seid ihr entschwunden?

Mit dem Erwachsenwerden beginnt, bei den meisten Menschen mit IQ über 100, das kritische Denken. Zweifelndes Selbst-Denken ist eine Angewohnheit, die man dann niemals mehr ablegen kann. Der Verlust des Märchenhaften besitzt eine individuell-emotionale und eine hochpolitische Dimension. Diese besteht darin, daß der Mythos Kollektive zusammenhalten kann. Er stiftet Identität. Er vermag Menschen sogar in aussichtsloser Lage Kraft zu geben und in Nibelungentreue zusammenzuschweißen. Negative Mythen von seiner eigenen Verworfenheit aber können ein Volk neurotisieren.

Der Verlust

Der Verlust des Metaphysischen hat bei vielen Glaubensbedürftigen einen Phantomschmerz hinterlassen. Weiterlesen

Dauerbrenner „Deutsches Volk“

Die Auflösung des deutschen Volkes

Das ethnische deutsche Volk befindet sich in amtlicher Auflösung. Diese Auflösung wurde von langer Hand geplant und wird jetzt quasi generalstabsmäßig durchexerziert. Das ist keine Verschwörungstheorie, sondern das nüchterne Resultat eines Blickes auf die Fakten und auf die politischen Absichten der maßgeblichen Akteure.

Das deutsche Volk ist ein mehrdeutiger Begriff. Ursprünglich hatte es sich nicht zwingend mit Verwandtschaft zu tun. Zum folc gehörte in althochdeutscher Zeit, wer dem Kriegsvolk „folgte“. Einem wandernden Volk schlossen sich in der Völkerwanderungszeit vielerlei Leute an. Im Laufe der Jahrhunderte verband sich das Wort Volk aber fest mit dem Begriff des deutschen Volkes. Zu ihm zählte man alle Menschen deutscher Muttersprache.

Die harten Fakten und ihre Gründe

Bekanntlich lebten niemals alle Deutschen in einem Staat zusammen. Den verschiedenen deutschen Staaten haben immer auch Menschen angehört, die nicht deutsch sprachen. Weiterlesen

Lesen als subversiver Akt

Manchmal kommt eine Botschaft doch an, wenn auch manchmal mit großer Verspätung. Dem weltbekannte Science-Fiction-Autor Ray Bradbury (1920-2012) verdanken wir eine der großen Dystopien des 20. Jahrhunderts: Fahrenheit 451.

Der Roman wurde 1954 publiziert. Bradbury malte sich die äußersten Konsequenzen eines zukünftigen totalitären Systems aus, das alle Bücher als potenziell destabilisierend aus dem Verkehr zog und mit Feuer zu vernichten suchte. Der eingesetzte Feuerwehrmann „Guy Montag“ nimmt aber heimlich Bücher an sich und liest sie, statt sie befehlsgemäß zu verbrennen. Die Lektüre delegitimiert sein Regime und macht ihn zu einem subversiven Verfechter geistiger Freiheit.

Unten links der Protagonist des Romans „Guy Montag“, Cover nach der Verfilmung von 1966.

Der Roman bildet zusammen mit Orwells „1984“ und „Die Farm der Tiere“ sowie Aldous Huxleys „Schöne neue Welt“ eine der großen dystopischen Warnungen, geboren aus den Erfahrungen mit den totalitären Systemen des 20. Weiterlesen

Abschied von der Gerechtigkeit

Wenn Linke ihren ideologischen Zauberstab schwingen, lautet ihre Beschwörungsformel immer: „Gerechtigkeit!“ Sie bildet den Schlüssel zum Verständnis alles dessen, was links ist, und darum ist der Rechts-Links-Gegensatz nicht überholt.

Natürlich wollen Rechte auch Gerechtigkeit, aber eine völlig andere als Linke. Sie erkennen, daß hinter der Forderung nach Gerechtigkeit gewöhnlich ein Machtanspruch steckt. Wer ihn erhebt, strebt nach der Herrschaft, die Ressourcen anders zu verteilen als bisher – zu seinen Gunsten, versteht sich. Die Parole „Gerechtigkeit“ ist ein Mittel, die eigenen Interessen zur Geltung zu bringen.

Wem die „Deu­tung der Ora­kel der Gerechtigkeit an­ver­traut ist“, wird er­fah­rungs­ge­mäß „die­se Göttin be­we­gen können, nichts zu antwor­ten, was wi­der den ei­ge­nen Vorteil ist,“[1] erkannte schon 1667 der Jurist Samuel von Pufendorf. Und sein späterer Kollege Ernst von Hip­pel seufzte re­si­gnierend, nach Ver­­lo­ren­ge­hen der „hö­heren Rechts­­stufen“ des göttli­chen und des Na­­tur­rechts seien „end­lich nur noch der Rechts­be­griff als leere Form und Tar­nung blo­ßer In­ter­essen wie poli­ti­scher Macht üb­rig“ ge­blie­­ben. Weiterlesen

Palästina: Und Carl Schmitt hatte doch Recht

Eine heile Traumwelt liegt in Scherben

Ach was muß man oft von bösen
Buben hören oder lesen! Als einen der bösesten Buben des vergangenen Jahrhunderts beschimpfte der linksdrallige Moralistenchor jahrzehntelang den scharfsinnigsten Juristen seiner Zeit, Professor Carl Schmitt.

Was immer er geschrieben hatte: linksliberale Geisteszwerge behaupteten jetzt das genaue Gegenteil und hängten sich dafür gegenseitig alberne Orden und Ehrenpreise um. Wie viele andere Hirngespinste scheitert in unseren Tagen auch ihre Lieblingsutopie einer heilen Welt ohne Feindschaft. Generationen junger Deutscher wurden auf eine Kindergartenwelt voller hübscher bunter Luftballons, ewigen Frieden und freundlicher Menschengleichheit vorbereitet. Jetzt stehen sie fassungslos und orientierungslos dumm da, die Generation der Baerbocks, Habecks und Co.

Für die kleine intellektuelle Minderheit, die noch Carl Schmitt gelesen hat, gibt es dagegen nichts politisch Unerklärliches, weder in der Ukraine noch in Palästina. Alles Land, das heute vom Staat Israel beansprucht wird, hieß 1900 noch Palästina. Weiterlesen

Kipp-Punkte der Geschichte

… und dann ging alles ganz schnell!

Im Laufe langsamer Ereignisse gibt es Kipp-Punkte. Für die Weltgeschichte gilt das genauso wie in Wildwestfilmen.

High noon. Die Zeit scheint stillzustehen, wenn die Gegner die staubige Straße vor dem Saloon betreten, wenn stahlblaue Augen unter der Hutkrempe den Bösewicht durchbohren, selbst die Musik verlangsamt sich. Und dann geht alles ganz schnell. Wer zuerst blinzelt, hat verloren. Schüsse peitschen. Der Showdown ist gelaufen.

In unzähligen Strafprozessen hörte ich Zeugen einer Schlägerei lang und breit die Vorgeschichte erzählen. Dann wird es spannend. Richter und Prozeßbeteiligte spitzen zum Mitschreiben die Ohren. Wer hatte als erster zugeschlagen? Doch unversehens wird der Augenzeuge unsicher: „Dann ging alles ganz schnell.“

Jeder Prozeßerfahrene weiß: Zu schnell für den Beobachter. Wer als erster wen gedrängelt, geschubst oder geschlagen hat, weiß ich nicht. Seine Aussage ist unbrauchbar. Weiterlesen

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