Die neue Ideologie

Linke und Kapitalisten gelten als spinnefeind. Für alte Linke und Kapitalisten alter Schule hatte das einst wirklich gegolten. Heute schmusen neue Linke mit dem multinationalen Finanzkapital und sollen bereits händchenhaltend erwischt worden sein.

Globalistische Ideologie stellt eine Synthese von neoliberalen, postmodernen und neomarxistischen Ideologieelementen dar. Diese noch im Entstehen befindliche Ideologie strebt die Gestaltung aller Bereiche des Lebens nach ökonomischen Prinzipien an. Gleichzeitig fordert sie die Auflösung von Grenzen und Bindungen, die als Einschränkungen einer vorwiegend ökonomisch verstandenen Freiheit betrachtet und deshalb abgelehnt werden.

Renovatio 13.5.2021, Klaus Schwab: Über das Problem des Globalismus

Das neoliberale Element

Das neoliberale Element der neuen globalistischen Ideologie besteht in der Alleinherschaft eines Finanzkapitalismus. Er fordert, daß alle Konflikte ausschließlich mit Geldmacht entschieden werden. Feinde werden nicht mehr bekriegt; sie werden gekauft. Dieser Extremismus des Liberalismus stößt an die Grenzen seiner Macht, wo er auf Staatsgrenzen stößt.

Der Staat ist die politische Organisation eines Volkes. Sie verfügt über die „höchste und unwiderstehliche Gewalt über die Bewohner eines bestimmten Territoriums.” Die Einheit von Staatsvolk, Staatsgebiet und Staatsgewalt unterliegt im Zeichen der Globalisierung einer schleichenden Erosion.

Richard Stöss, Globalisierung und rechtsextreme Einstellungen, in: Politischer Extremismus in der Ära der Globalisierung, Ein Symposion des Bundesamtes für Verfassungsschutz, 20. Juni 2002, Hrg. BfV, S.27

Ethnisch eingegrenzte Völker, souveräne Nationalstaaten und nicht zuletzt auch Demokratien bewahren genug Eigenmacht, den Globalisten auf ihrem Gebiet rechtliche Schranken zu setzen. Die demokratische Selbstbestimmung ihrer Bürger schließt die Macht ein, „Gemeinschaftsstandards“ der Internetgiganten, genormte Bananenlängen oder „Gerechtigkeitsstandards“ der UN bei der Verteilung von Ressourcen abzuwehren. Darum sind die Nationalstaaten das bevorzugte Haß- und Angriffsobjekt der neoliberalen Ideologie des Finanzkapitalismus.

Das neomarxistische Element

Tiefstes Wesensmerkmal aller linken Ideologien ist die Forderung nach substanzieller und materieller Gleichheit aller Menschen. Materiell gleich sind sie in der linken Idealvorstellung, wenn alle gleich viel haben.Linke halten das für gerecht. Sie lehnen Leistungsgerechtigkeit ab und fordern strikte Verteilungsgerechtigkeit.

Vom klassischen Marxismus mit seinen angeblichen historischen Gesetzmäßigkeiten und der führenden Rolle der Arbeiterklasse hat die neue Linke sich verabschiedet. Auf deren Revolution zu warten erschien ihr wie das Warten auf den Messias. Es entmutigt, wenn der Erlöser einfach nicht kommt.

Um eine homogene Gesellschaft Gleicher durchzusetzen, wendet all ihre Propaganda sich gegen angebliche Gerechtigkeitslücken und Unterprivilegierungen. Wer durch eigene Tüchtigkeit oder Leistung seiner Eltern und Voreltern ein gesichertes Leben führt, vielleicht Bildung genossen oder sich ein Häuschen mit Vorgarten erspart hat, in Urlaub fährt oder ein schönes Auto hat, wird voller Sozialneid verunglimpft. Linke Propaganda sucht ihm ein schlechtes Gewissen einzureden, damit er sein Hab und Gut bereitwillig vom schwarze Loch gesellschaftlicher Umverteilung einsaugen läßt.

Neomarxisten versprechen sich viel von gesellschaftliche Minderheiten. Ihnen traut man zu, die Mehrheitsgesellschaft zu destabilisieren, in ihrem Glauben an sich selbst und ihre Lebensform zu verunsichern und sie bis zur feindlichen Übernahme von links mürbe zu machen. Angriffsziele sind vor allem die kulturellen Gewißheiten der Mehrheit, ihre Institutionen und als deren Garant ihr Staat. Alte Marxisten hatten den Staat bis zu seinem schließlichen „Absterben“ noch für sich nutzen wollen. Neomarxisten treffen sich in ihrer Staatsfeindlichkeit mit den liberalen Extremisten.

Das postmoderne Element

Das postmoderne Element der neuartigen globalistischen Ideologie besteht in der Nutzung eines radikalen Konstruktivismus. Diese Philosophie bildet eine Angriffswaffe gegen die bestehenden Staaten, Nationen, Völker, Familien und ihre Institutionen. Sie behauptet: Alle diese Institutionen sind „nichts als“ gedankliche und gesellschaftliche Konstruktionen, und zwar mißratene.

Dekonstruktivismus ist die Abrißbirne für alles, was andere Menschen lieben und brauchen: Familie? Bloßes beliebiges Konstrukt, Hort männlicher Dominanz! – Mann und Frau? Bloße Konstrukte, die uns gesellschaftlich aufgezwungen werden, obwohl alle gleich sind! – Volk? Vorsintflutliche Vorstellung kriegslüsterner Faschisten! – Staat? Präfaschistoider Moloch zur Unterdrückung progressiver Menschen!

Der Dekonstruktivismus pulverisiert jeden gesellschaftlichen Zusammenhalt, indem er den Menschen den Glauben und die Gewißheit nimmt, etwas Gemeinsames sei nützlich und verteidigenswert.

Das Tertium comparationis

Die staatsfeindliche Wut dieser Ideologien verbindet scheinbar gegensätzliche Strömungen zu einer neuen globalistischen Ideologie, deren Umrisse und deren Nutznießer sich deutlich abzeichnen. Wer sehenden Auges durch die Welt geht, erkennt bereits, wer hinter den schönen Propagandanebeln Geld akkumuliert und Macht ausübt.

Wer schon einmal auf Twitter oder Facebook gesperrt wurde wie Donald Trump oder am 15. Mai 2015 Hans-Georg Maaßen, bekommt diese Macht zu spüren. Es ist kein Zufall, daß vom global agierenden Finanzkapital durch „Gemeinschaftsstandards“ und ideologische Zensur durchgesetzte Ideologie völlig übereinstimmt mit den Grundlagen und Zielen neomarxistischer und postmoderner Ideologie. Hier wächst zusammen, was zusammengehört.

Verhetzte junge Demonstranten auf unseren Straßen spielen dabei unfreiwillig die Rolle der nützlichen Idioten des globalen Finanzkapitals. Sie glauben ernsthaft, Freiheit und Gerechtigkeit durchzusetzen, wenn sie gegen unseren Staat, unsere Institutionen und damit auch unsere freiheitliche demokratische Grundordnung auf die Barrikaden gehen. Wohlstandsverwahrloste Kinder der oberen Mittelschichten sind umhüllt von Institutionen, die ihnen alle Freiheit und Versorgung garantieren: ihre Familien, ihr Volk, unseren Staat.

Diese Umhüllungen wollen sie wie Eierschalen zerbrechen und meinen, dann freier zu sein. Die sie umhüllenden Schalen schützen sie aber gegen Unfreiheit und gegen Mächte, denen sie erbarmungslos zum Opfer fallen werden.

Entgrenzung bedeutet auch das Zusammenwachsen von ehemals separierten Gesellschaften. Kulturelle Eigenarten können verloren gehen, internationale Trends können nationale Kulturen beeinflussen oder gar prägen. Globalisierung macht die Menschen „tendenziell heimatlos” und sorgt „allenthalben für soziale und kulturelle Verunsicherung, indem die nationalstaatlichen Bindekräfte geschwächt und nationalstaatliche Zugehörigkeiten entwertet werden.”[1]

Richard Stöss, Globalisierung und rechtsextreme Einstellungen, S.28.

Unter den Gesetzen eines globalen Marktes verwandeln sich die Güter aller Nationen in käufliche Waren. Das Schicksal des tropischen Regenwaldes etwa hängt nur noch von seinem Marktwert ab. Am Ende verwandelt sich der Mensch selbst zur austauschbaren Ware.

Für den Finanzkapitalismus wird global alles zur Ware – am Ende auch der Mensch.

Der “neoliberale Anspruch, den Menschen als Ganzes zu einer Ware zu machen und ihn marktförmig zu gestalten und damit gleichsam einen neuen Menschen zu schaffen, kommt einem totalitären Anspruch gleich.”[2] Er tendiert zur totalen Beherrschung der Menschenmassen einer als One World vorgestellten Weltgesellschaft durch ökonomische Abhängigkeiten. Einzelne Superreiche vermögen ihre Metastasen globalistischer Ideologie mit „Instituten“ und Einflußlobbies in staatlichen Hauptstädten anzusiedeln, wenn ihnen nationale Regierungen wie in Ungarn nicht den Stuhl vor die Tür setzen oder sie gar nicht erst hereinlassen wie in China.

Ihr Interesse besteht in der globalen Verfügbarkeit der Ressourcen Mensch, Natur und Wirtschaft ohne hemmende Staatsgrenzen. Darum gehört es zur Strategie des Globalismus, das Konzept „Staat“ weltweit zu diskreditieren.

Eine demokratische Willensbildung ist nur in (national-)staatlichem Rahmen möglich.

„Eine grenzenlose, globale Zivilgesellschaft vermeintlich autonomer Individuen mag mit dem Modell einer marktgesteuerten, durchkapitalisierten Weltökonomie vereinbar sein, nicht aber mit der Idee der Demokratie, die ein Mindestmaß an Gemeinschaftlichkeit, auch im Hinblick auf kulturelle Bezugsgrößen, an Solidarität und an sozialer Homogenität voraussetzt.“[3]

Brand, Peter, Folkelighed, Volkstum und das Völkische – ein Übersetzungsproblem? wir selbst 28.8.2020

Feind unserer Selbstbestimmung

Es wird Zeit, den Feind unserer Freiheit und Selbstbestimmung in konkreter Deutlichkeit zu erkennen und ihm ins Auge zu sehen.

Im August 2020 schrieb der katholische Publizist Rod Dreher im American Conservative: „Viele Konservative arbeiten immer noch in einem stark veralteten Denkmuster, das Big Business für grundsätzlich konservativ hält. Die Idee, eine randianische, ist, daß die Wirtschaft der Antagonist der Regierung ist. Und so haben sich die Konservativen lange Zeit natürlicherweise auf die Seite der Wirtschaft gestellt. Aber wissen Sie was? Das Big Business steht jetzt auf der anderen Seite. Es ist vermutlich eine größere Bedrohung für konservative Werte als der Staat.“[4]

David Engels, Junge Freiheit 6.12.2020

Es hat sich die passenden ideologischen Elemente seiner linken Gegner angeeignet, zu seinen Gunsten umgepolt und sie in seinen ureigenen Globalismus eingebaut. Dieser Finanzglobalismus knüpft an kosmopolitische und humanitaristische Ideologien nahtlos an, worauf schon Arnold Gehlen nachdrücklich hingewiesen hatte.

Der Wirtschaftswissenschaftler Klaus Schwab ist Gründer und Leiter des Weltwirtschaftsforums. Er unterscheidet die faktische Verflechtung von Volkswirtschaften und ihre Globalisierung von der Ideologie des Globalismus:

„Ich glaube […], man muß zwischen Globalisierung und Globalismus unterscheiden. Globalisierung ist ein Faktum, wir sind weltweit miteinander verknüpft, nicht nur durch Produktionsketten und den Güterhandel. Das wird sich vertiefen, weil sich in einer digitalen Welt die Grenzen auflösen. Globalismus hingegen ist die Auffassung, eine Ideologie fast, daß alles, was geschieht, dem Gesetz des freien Marktes unterworfen sein muß. Ohne abpuffernde Maßnahmen führt das dazu, daß die Globalisierung Abwehrreaktionen auslöst.“

Renovatio 13.5.2021, Klaus Schwab: Über das Problem des Globalismus

In diesen nüchternen Feststellungen erweist sich der Globalismus als Ideologie, die sich tendenziell alles zu unterwerfen sucht. Ihre totale Machtergreifung soll lediglich „abgepuffert“ werden durch menschenfreundliche „Maßnahmen“. Schon in der Spätantike hatte sich der Kosmopolitismus eng verbunden mit egalitaristischen und protokommunistischen Vorstellungen, wie sie dem frühen Christentum eigen waren. Die Kirche ließ sie erst fallen, als sie reich geworden war.

„Wie man im Mittelalter im Namen Gottes Interessen- und Eroberungspolitik betrieb, betreibt man sie heute im Namen des Internationalismus, Kosmopolitismus und Humanitarismus. Sie sind die hei­lige Dreifaltigkeit unserer Zeit.“[5] Aber schon mehrfach in der Geschichte gab es diesen Wechsel: vom Nebeneinander heterogener Völker und Kulturen zu einem imperialen Großreich, das diese Unterschiedlichkeit nivellieren mußte, um stabil zu bleiben. Wer einem unterworfenen Volk nicht erfolgreich erklärt, daß sein Stammesgott ein Teufel ist, wird nicht dauernd herrschen.

Je stärker der Strom von Menschen, Waren und Informationen in­nerhalb eines Großreiches ist, de­sto mehr Menschen werden ihrer engeren Heimat entfremdet und entwurzelt. Großreiche wie das Alexanders und das römische brachten Men­schenmas­sen ver­schiedener Her­kunft und Glaubens unter ihre Kontrolle und ver­wan­delten sie in lenk­bare Massenmenschen. Je umfas­sender eine Herrschaft sich geo­graphisch aus­dehnt, desto dringlicher ist ihr Be­dürfnis nach einer univer­salen Herr­schafts­ideo­logie. Das Be­dürfnis nach einer uni­versa­li­sti­schen Moral ist ein wechselseitiges: Wer als Ent­wur­zelter fern der Heimat un­ter frem­den Anschauungen lebt, muß sich trösten und eine Moral der Heimat­losen annehmen, eine überall brauch­bare Ethik der Bindungslosen, der Zer­streuten, der Entor­teten.

Globale Konzerne wie Google, Twitter und Facebook pflegen heute – wie Indi­vi­duen und Staaten – ihre Interessen im Vokabular uni­versaler Ziel­setzungen und weltum­spannender So­zialentwürfe zu formulie­ren. Sie nennen sie zum Beispiel „Gemeinschaftsstandards.

Der Staat und unsere demokratischen Institutionen bilden das Haupangriffsziel globalistischer Wut. In unseren Gerichten (Foto: Amtsgericht Leipzig) wird noch deutsches Recht gesprochen und gelten nicht die “Gemeinschaftsstandards” von Facebook.

Sie predigen nicht ganz zufällig, aber subjektiv guten Wil­­lens den Glau­ben an eine Mensch­­heitsmo­ral, die entmündigt und zum funktionierenden Elementarteilchen einer globalen Finanzwirtschaft herabstuft. Jede Ideologie mit globalem Anspruch ist eine ob­jektive Be­dro­hung für jedes Volk, das geistig eigenständig bleiben will. Im le­bens­wich­tigen Punkt sei­nes Glau­bens, seiner Moral, seiner Werte gleich­ge­schal­tet und fremd­­be­stimmt, treibt das Volk “der Auflösung ent­ge­gen: zur Gegen­wehr nicht nur unfähig, sondern auch unwillig.”[6]


[1] Richard Stöss, Globalisierung und rechtsextreme Einstellungen, in: Politischer Extremismus in der Ära der Globalisierung, Ein Symposion des Bundesamtes für Verfassungsschutz, 20. Juni 2002, Hrg. BfV. S.28.

[2] Rainer Mausfeld, Angst und Macht, 2019, S.81.

[3] Brandt 28.8.2020.

[4] David Engels, Junge Freiheit 6.12.2020

[5] Klaus Kunze, am 17.4.1999 in Oberorke und 2000 in Bonn gehaltener Vortrag, abgedruckt in der Zeitschrift für Jäger und Korporierte 3/2000.

[6] Hans Dietrich Sander, Die Auflösung aller Dinge, S.109.

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