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Neulich fanden ein WELT-Kolumnist und ein Anonymus der von Staatsgeldern finanzierten Stiftung Gedenkstätten Buchenwald im „Netzwerk“ mit der Uni Jena ganz schrecklich, als ich vor der Tendenz zur Plutokratie warnte. Wie ich schrieb und später weiter begründete, vermag die pure Geldmacht die Grundlagen unserer Demokratie auszuhöhlen.

Heute schrie die linksgrüne Schickeria empört auf, als sich der reichste Mann der Welt für die AfD aussprach:

Als es noch progressive Millardäre waren, hatten die gleichen Leute sich nicht aufgeregt.

Klammheimliche Freude erfüllte sie bei jeder Schmähung von Donald Trump, dem bösen Kapitalisten. In ihrer ideologischen Verwirrung nahmen sie linke Milliardäre gern als Verbündete in ihrem globalistischen Kampf an, während sie heute in Elon Musk plötzlich den bösen Plutokraten entdecken. Ihren marxistischen Ahnen im Geiste wäre das vor hundert Jahren keinesfalls unterlaufen. Die wußten immer, daß die „Klasse“ der „Kapitalisten“ im Klassenkampf besiegt gehört. Lenin zufolge seien sie überdies so blöd, den Kommunisten noch den Strick zu verkaufen, an dem man sie dann aufhängen könne.

Wir wollen geistig disziplinierter vorgehen. Eine Gefahr, vor der ich hier am 2. Dezember bei der Tendenz zur Plutokratie warnte, hat sich heute bestätigt. Es geht einen ausländischen Multimilliardär tatsächlich nichts an, wen wir Deutschen wählen. Dieses prinzipielle Problem ist ganz unabhängig davon, zugunsten welcher Seite eine solche Einmischung tagespolitisch ausschlägt. Es gibt nämlich auch falsche Freunde und solche, deren Umarmungen die Luft abdrücken können.

Geldmacht im Überfluß führt nämlich zu politischer Macht in demselben Überfluß, wenn man sie dazu nutzt. Sie ist demokratisch nicht kontrollierbar. Darin besteht ein strukturelles Problem des Liberalismus. Es wirkt sich umso stärker aus, je strikter die liberalen Grundsätze angewandt werden.

Rechte und Liberale stehen zwar in der Abwehr linkspolitischer Übergriffe und Überreglementierungen Seite an Seite. Sogar fundamentalistische Christen haben denselben Gegner wie sie. Nach dieser Abwehr scheiden sich aber die Geister. Was Linke als Rechtsruck fürchten, muß keiner sein. Ob der Zeiger der Tendenz auf Neoliberalismus zeigen wird, auf Patriotismus oder neuen religiösen Glauben, ist offen.

Das Weltbild der Rechten und der Liberalen ist individualistisch, setzt auf die Fähigkeiten der Einzelperson und kämpft stets für ihre persönliche Freiheit. Dann aber trennen sich die Wege. Der Liberalismus in seiner Radikalität kennt nämlich keine überpersönlichen Gemeinschaften: Volk, Familie und Vaterland sind ihm gleichgültig. Rechte dagegen wissen: Nur vereint können wir als Volk und kann darum auch der Einzelne in der Welt bestehen.

Warten wir im Untegang auf einen Retter, oder rudern wir selbst? (Gemälde von Bertold Oehlwein, 1869-1926)

Geld hat kein Vaterland

Menschen wir Elon Musk haben kein Vaterland und brauchen auch keins. Geld hatte noch nie ein Vaterland. Als Person ist Musk zu bewundern. Sein Kampf gegen die Zwänge von Wokismus und die ganze Schwüle des Kulturbolschewismus ist großartig. Er ist ein echter Freiheitskämpfer gegen Reglementierung, Staatsbürokratie, ideologische Verkrustungen und alle die sieben Plagen, die auch uns heimsuchen.

Freiheitskämpfer ist er, weil es seinen Interessen dient. Er kämpft für die Freiheit seiner Unternehmungen. Als geborener Hecht im Karpfenteich ist er: ein toller Hecht. Solche Hechte brauchen an ihrem Karpfenteich keine Reglementierungen und Verbotsschilder. Für Liberale waren Staaten immer nur geduldete Übel. Darum geht Xavier Milei sie in Argentinien mit der metaphorischen Kettensäge an und wird Elon Musk die US-Bürokratie zurechtstutzen. Solche Menschen sind Globalisten und verstehen unter Freiheit in erster Linie ihre Freiheit, uns ihre Waren und Dienste zu verkaufen, ohne dabei von Staaten, Gesetzen oder Zöllen besonders belästigt zu werden.

Der Retter naht?

Je tiefer die neue nationale Front von Post-SED-Parteien bis zur Union unser Land in der von ihr verursachten Katastrophe versinken läßt, also je schlechter es den Menschen mehrheitlich gehen wird, desto mehr werden sich viele nach einem charismatischen Retter sehnen. Er wird ihnen erzählen, die Demokratie wiederherzustellen, die Ämter vom Genossen- und Freundlesfilz zu reinigen, und daß es wieder Brot und Spiele geben wird.

Mit einem milliardenschweren Unterstützer, der noch die eine oder andere Zeitung, Radio oder Fernsehsender kauft, werden viele Zuschauer dem zujubeln, der sie zu retten verspricht. Der Bedarf an Rettung wird steigen, sei es vor Verarmung, sei es, um nicht auf einem Weihnachtsmarkt von einem Araber totgefahren zu werden.

Wenn Menschen um Leib und Leben fürchten, greifen sie nach jedem Strohhalm. Ob Deutschland sich aktuell im Zustand der Postdemokratie befindet, ob man es als Scheindemokratie bezeichnet bezeichnet oder wie auch immer: Eine zunehmende Zahl von Menschen ist von tiefem Mißtrauen in die Repräsentanten „unserer Demokratie“ erfüllt, weil sie zwar ihre Probleme zu lösen suchen, aber nicht unbedingt unsere.

Pessimistische Menschenkenner wie Ernst Jünger zum Beispiel in Eumeswil haben Systemen mit demokratischer Mitwirkung Aller keine dauerhafte Zukunft gegeben. Die Massen würden -politisch! – immer dümmer und teilnahmslos bis hin zu ihrer völligen Fellachisierung (Oswald Spengler). Solche Denker befürchteten als Nachfolgemodell des demokratischen Parlamentarismus einen neuen Cäsarismus. Er kann durch Plutokraten leicht befördert werden.

Wenn Ideologen ihre Schrauben überdreht hatten, wie das in der französischen Revolution der Fall war, waren die Massen nur zu gern bereit, jemandem zuzujubeln, wenn er nur „die Ordnung wiederherstellt“. Damals war das Napoleon als Alleinherrscher, der Typus des scheinbar unideologischen Cäsaren.

Natürlich würde ein neuer Cäsar seine Herrschaft eine Demokratie nennen. Sein Verfassungsschutz wird uns vor dem Wiederaufleben des des 2024er Ancien Regime warnen: Altparteien und andere Delegitimierer seiner Demokratie bleiben entrechtet. Dabei hatten sie ihm die rechtlichen Instrumente und Waffen selbst geschmiedet, mit denen sie selbst niedergehalten werden können.

Sobald unsere Fernsehkomiker ihr Fähnchen nach seinem Wind gedreht haben werden, brauchen sie noch nicht einmal ihre abgedroschenen Phrasen zu ändern: „Unsere Demokratie“ klingt doch zu schön. Das kann bleiben.

Timeo Danaos et dona ferrentes

Als neuer Held der freiheitlich denkenden Menschen bringt uns Egon Musk viele Geschenke, die uns schmeicheln und Mut machen. Doch fürchtet die Danaer selbst dann, wenn sie Geschenke bringen! Völker haben keine Freunde, sie haben nur Interessen.

Wir brauchen keinen Retter. Früher haben unsere Vorfahren so etwas selbst erledigt.

Grafik: Georg Sluyterman von Langeweyde