Projekt der Moderne
Der moderne Mensch versucht verzweifelt, aber erfolglos, seinem Schicksal zu entrinnen. Man kann das geistige Projekt der Moderne geradezu als den Versuch verstehen, alle Schicksalhaftigkeit aus seinem Weltbild zu verbannen.
Mittelalterliche Christen hatten sich noch in Demut vor der Macht Gottes gebeugt: Menschenschicksal liege „in Gottes Hand“ – ein personifiziertes Schicksalsverständnis. Die Neuzeit als geistesgeschichtliches Phänomen begann, als humanistische Gelehrte Gott als Schicksalsspender funktionslos machten:
WeiterlesenDer Humanismus, repräsentativ verewigt durch die kleine Schrift Pico della Mirandolas über die Würde des Menschen, beginnt die Konstruktion seines Ideengebäudes mit einer im Grunde nur notdürftig kaschierten Gotteslästerung. Die biblische Offenbarung, wonach jeder einzelne Mensch ein Ebenbild Gottes sei, wird von seinen transzendenten theologischen Wurzeln und den praktischen Demutsermahnungen getrennt. Die jeweils einzelne Gottesebenbildlichkeit wird zur Identität des Menschseins schlechthin gemacht, wenn jeder Mensch auf Erden in den Rang eines gottgleichen Schöpfers erhoben wird und jeder als Schöpfer seines Schicksals, im Range gleich.“