Klaus Kunze

Kategorie: Politik Seite 24 von 45

… das ist und bleibt der Denunziant!

Wie uns unser Staat zu Denunzianten macht und wer seinen Spaß dabei hat

Mit dem Denunzianten hat es der deutsche Volksmund noch nie gut gemeint. Schon in meiner Kindergartenzeit mußte sich eine kleine Petze anhören:

Petze, petze ging in‘ Laden,
wollt‘ fürn Groschen Petze haben.
Petze, Petze gibt es nicht.
Petze, Petze ärger dich!

Wer hämisch grinsend dabei steht, wenn der Verpetzte seine Strafe erleidet, macht sich bleibend unbeliebt. Zuweilen liebt die Obrigkeit zwar den Verrat, aber nie den Verräter. Die alten Athener nannten solche Leute Sykophanten: Sie „konnten sich eine Eigenheit des attischen Rechtswesens zu Nutze machen, wonach die von einem Verurteilten zu zahlende Geldstrafe nicht an den Staat oder eine gemeinnützige Organisation zu zahlen war, sondern an den Ankläger, und klageberechtigt war jeder freie Bürger.

So konnten die Sykophanten gewerbsmäßig andere Bürger anklagen, sobald sie dafür einen geeigneten Vorwand fanden, und sich an deren Vermögen bereichern,“ schreibt Wikipedia und ergänzt: „404 v. Weiterlesen

Lebensmythos oder Todeskult?

Am 5. Mai hielt Merkel in Holland eine Rede zum Befreiungstag, und am 8. Mai wird sie gewiß auch bei uns wieder irgendetwas sagen. Niccolo Machiavelli schrieb, ein Fürst sollte zwar nicht fromm sein. Das schränke nur seine Freiheit und seine Macht ein. Er sollte aber im Volk als fromm gelten, weil seine Herrschaft dann williger hingenommen werde. Die Frömmigkeit unserer Tage drückt sich in den Niederlanden zum Jubel zum richtigen Zeitpunkt aus. Die Befreiung wird zum Mythos.

Bei uns herrscht dagegen offiziöse Bußfertigkeit vor. Sie bedient sich auch eines Mythos, aber eines Gegenteiligen.

Gründungsmythen …

Früher hatten alle Völker nationale Gründungsmythen. Die Römer führten sich auf Aeneas zurück, der aus Troja floh. Vergleichbare Legenden gab es überall. Urahnen genossen Verehrung als Helden. Gemeinsam von ihnen abzustammen, erfüllte alle mit Stolz.

Vergangenheitsstolz macht zukunftsfroh. Solche Legenden sind Mythen des Lebens und erwecken mutige Zuversicht. Weiterlesen

Ich bin Wessi, das ist meine erste Diktatur!

In Diktaturen sind Verwaltungsgerichte unerwünscht

Das witzigste Bonmot dieser Woche las ich auf Twitter:

Gestern sah ich nach 22 h meine Nachbarn grillen.
Muß ich die jetzt anzeigen?
Entschuldigen Sie die dumme Frage, aber ich bin Wessi, und diese Diktatur ist meine erste.

Bekanntlich zeichnet sich die Diktatur durch Fehlen der Gewaltenteilung aus. Durch die Neufassung des Infektionsschutzgesetzes hat der Gesetzgeber sich selbst anstelle der Regierung beziehungsweise Verwaltung gesetzt. Alle Maßnahmen hat er bis ins Kleinste geregelt und einen sich selbst durch Inzidenzwerte vollziehenden Automatismus in Gang gesetzt. Entscheidungen der Verwaltungsbehörden sind nicht mehr vorgesehen. Das widerspricht der Teilung der gesetzgebenden von der regierenden Staatsgewalt und ist verfassungswidrig.

Wer es so beschlossen hat, muß sich verfassungsfeindliche Absichten nachsagen lassen. Als Nebeneffekt der Vereinigung von Gesetzgebung und Regierung wird auch die rechtsprechende als dritte Staatsgewalt kaltgestellt. Indem der Bundestag nämlich die Regeln erläßt und zugleich selbst je nach Inzidenzwert im Einzelfall vollzieht, gibt es für die untergeordneten Behörden nichts mehr zu regeln. Weiterlesen

Mein Gedenktag

Schäubles Geschichtsmetaphysik

Unser Staat wurde am 18. Januar 150 Jahre alt: Seit Wilhelms Kaiserkrönung 1871 leben wir in ungebrochener staatsrechtlicher Kontinuität. Am 21.3.1871 trat der erste Reichstag zusammen. Der derzeitige Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble blickt zurück. Er schreibt,

daß die nationalsozialistische Diktatur Dreh- und Angelpunkt unseres nationalen Selbstverständnisses bleibt.

Wolfgang Schäuble, Wir haben die Freiheit, DIE ZEIT 18.3.2021.[1]

Worum sich in Wolfgang Schäubles Kopf alles dreht, besagt alles über seine Perspektive, aber nichts über tatsächliche Kausalitäten. Bestimmte die Reichsgründung 1871 das 1933 voraus? Die Drehpunktmetapher legt das nahe. Sie läßt auch daran denken, die Politik von 2021 als kausal determiniert zu betrachten: Was immer Politiker wie Schäuble denken und tun, sie handeln in Hinblick auf das Jahr 1933. Dieses und 1945 bilden den Nukleus ihres politischen Machtanspruches.

Dieser besagt, die Zukunft sei zwar offen, aber wegen 1933 müsse sie so gestaltet werden, wie Politiker wie Schäuble sich das so vorstellen. Weiterlesen

Es wär‘ so schön, Anarch zu sein

Die immerwährende Versuchung

„Es wär‘ so schön, Anarch zu sein“ So summe ich über dem „Eumeswil“ von Ernst Jünger, frei nach einer alten Melodie mit dem Refrain „… Rosemarie“. Der innere Anarch ist die immerwährende Versuchung der desillusionierten Idealisten. Er bildet die letzte Bastion der verratenen Treuen. Er schreitet Seit an Seit wie die letzten Goten, die ihren König zu seinem verborgenen Grab im Busento geleiten.

Auch den geistigen Klausner in seiner Waldhütte geht die Welt nichts mehr an. Als Waldgänger hat er Reste alten Kampfesmutes bewahrt und harrt der rechten Stunde. Die gibt es für den Anarchen nicht mehr.

Der Unterschied liegt darin, daß der Waldgänger aus der Gesellschaft herausgedrängt wurde; der Anarch dagegen hat die Gesellschaft aus sich verdrängt. Er ist und bleibt Freiherr unter allen Umständen.

Ernst Jünger, Eumeswil, 1977, S.165.

Er hat sich nämlich innerlich abgemeldet

innerhalb eines Ganzen, das ich in seiner Dürftigkeit ablehne.

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Josef Schüßlburners Plädoyer für eine liberale Demokratie des Westens in der Bundesrepublik Deutschland

In meinem Blogbeitrag vom 6.4.2021 habe ich unter dem Titel Verfassung oder Überverfassung? Josef Schüßlburner widersprochen. Aus meiner Sicht ist im Grundgesetz keine „Überverfassung“ angelegt, die bis heute die politische oder verfassungsrechtliche Agenda auf links polt. Die Legitimität des Grundgesetzes sollte nicht in Zweifel gezogen, sondern seine Freiheitsrechte gegen linke Uminterpretationen verteidigt werden.

Ich halte es für ein Gebot guten Stils und der Fairneß, dem von mir Angegriffenen Gelegenheit zu geben, seine Ansichten hier zu verteidigen. Diese waren auch von Ulrich Vosgerau am 21.2.2021 heftig kritisiert worden. Sein nachstehender Blogbeitrag entspricht darum seiner, nicht unbedingt meiner Meinung.

Klaus Kunze

Plädoyer für eine liberale Demokratie des Westens in der Bundesrepublik Deutschland

von Josef Schüßlburner

Erwiderung zur Stellungnahme von Klaus Kunze[1] zu meiner Schrift: Scheitert die AfD? Die Illusion der Freiheitlichkeit und die politische Alternative[2]
Josef Schüßlburner

Zu Beginn meiner Erwiderung möchte ich dem Juristen-Kollegen Kunze danken für sein Angebot, auf seiner Website eine Erwiderung zu seiner Kritik an meiner Broschüre und seiner dabei von meinem Ansatz abweichenden Meinung abgeben zu können. Weiterlesen

Leidet Deutschland an moralischer Altersschwäche?

Daß auch der Seelenschatz so vielen abgerungen“

Ein Volk kann sich bis zur Erschöpfung verausgaben. Uns wurde zwischen 1914 und 1945 alles an materiellen und seelischen Opfern abverlangt. Zuletzt verloren wir noch den Glauben an uns selbst. Uns war, wie zuletzt nach dem 30jährigen Krieg 1618-1648 „der Seelen Schatz abgerungen“, wie Andreas Gryphius dichtete:

Wir sind doch nunmehr ganz,
ja mehr denn ganz verheeret:
Der fremden Völker Schar,
die rasende Posaun,
Das von Blut fette Schwert,
die donnernde Kartaun
Hat allen Schweiß und Fleiß
und Vorrat aufgezehret.

Die Türme stehn in Glut,
die Kirch‘ ist umgekehret,
Das Rathaus liegt in Graus,
die Starken sind zerhaun,
Die Jungfern sind geschänd’t,
und wo wir hin nur schaun,
Ist Feuer, Pest und Tod,
der Herz und Geist durchfähret.

Hier in der Schanz der Stadt
rinnt allzeit frisches Blut.
Dreimal sind schon sechs Jahr,
als unser Ströme Flut
Von Leichen fast verstopft,
sich langsam fortgedrungen.

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