Sind Ihnen irgendwo in Deutschland Demonstrationen gegen die Diktatur in Weißrußland aufgefallen? Wo bleibt der Aufschrei des demokratischen Gewissens unserer üblichen Verdächtigen?

In Minsk und anderen Städten gegen Zigtausende friedlich durch die Straßen und fordern die Recht auf freie Wahlen und Äußerung ihrer Meinung. Viele wurden von Polizeikräften des Diktators willkürlich zusammengetrieben, eingesperrt und in Haft bis auf den Tod geprügelt.

Mich haben die Bilder der friedlich Protestierenden tief bewegt.

Demonstranten ins Minsk

Ihre Gesichter sind nicht von Haß verzerrt wie die vieler Demonstranten in den USA, in Hamburg, Berlin und anderswo. Sie zünden keine Autos an, schmeißen keine Steine auf Polizisten und möchten nur das Eine: Freiheit!

Wenn die Phrase von einem Aufstand der Anständigen einen Sinn haben kann, trifft er hier den Kern der Sache. Unterdessen sitzen unsere selbsternannten Anständigen zuhause betrachten mit scheelen Blicken die mutigen jungen Leute in Minsk. Sie mögen diese nämlich nicht sonderlich.

Wir dürfen uns den Weißrussen gegenüber schämen für die inländische Jugend: Unsere riskiert nichts, wenn sie sich, ihren Gesamtschullehrer an der Spitze, wie Schafe zu einer Klima-Demo treiben lassen und brav mitblöken, bald gehe das Land und morgen die ganze Welt unter. Sie riskiert allenfalls ein wenig Corona, wenn sie sich in Berlin wegen “Black lives” zusammenrottete. Vielleicht riskiert sie auch Gelächter, denn Gleichberechtigung haben wir in Deutschland seit Jahrzehnten.

Tolle junge Leute wie auf dem Foto aus Minsk riskieren aber Leib und Leben, wenn sie sich den bis unter die Zähne bewaffneten Einheiten des dienstältesten europäischen Diktators entgegenstellen.

Warum interessieren sich unsere üblichen Verdächtigen nicht für die freiheitsdurstige Jugend? Von der derzeitigen deutschen Ostgrenze bis zur weißrussischen sind es weniger als 600 Kilometer, viel weniger als bis zu Städten in den USA, in denen sich dieser Tage ein gemischter Mob austobte.

Der Schlüssel zum Verständnis des beredten Schweigens unserer üblichen linken Demo-Profis liegt in ihrem tiefen Mißtrauen gegen den zentralen Wert der Freiheit. Sie bevorzugen die Gleichheit.

Gleichheit ist etwas ganz anderes als Gleichberechtigung. Sie besagt, es gebe zwischen Menschen keine substanziellen Unterschiede. Und wo solche Unterschiede augenfällig sind, beruht das angeblich auf optischen Täuschungen, auf Irrtümern über gesellschaftliche Konstrukte oder auf Ungerechtigkeiten. Alle Ungleichheiten will der Gleichheitswahn als himmelschreiendes Unrecht aus der Welt schaffen, einebnen, ausmerzen, und mag keine Ruhe geben, bis wir alle tatsächlich gleich sind.

Wenn aber alle gleich sein müssen, wird niemand mehr frei sein, anders zu sein. Wem Freiheit wertvoll ist, wird sich mit Zwangsgleichheit niemals abfinden. Eine solche Zwangsgleichheit herrscht in Weißrußland: Da haben nämlich alle nichts zu sagen. Alle außer einem natürlich, denn einer ist bekanntlich immer noch gleicher als die anderen.

Gleichheit ist ohne einen autoritären Machtstaat nicht zu haben. Ungleichheit blüht in einer freien Gesellschaft ganz von allein überall auf und gedeiht, wenn man sie läßt. Das klassische Werkzeug der egalitaristischen Linken ist darum die große Sense, der soziale Schnitter Tod für alle Herausragenden. Er hat die Guillotine abgelöst, das eigentliche Traditionsgerät der Linken, des Terrors ihrer “Tugend” und ihres absoluten Machtanspruches. Die Sense schneidet heute sozial viel effektiver ins Fleisch als ihre schneidige Vorgängerin: Die Sense der sozialen Gleichmacherei bedient sich fiskalischer Mittel.

Freiheit und Gleichheit sind Gegenpole. Sie markieren diametral entgegengesetzte Vorstellungen über den Zweck eines Staates. Wer Freiheit bevorzugt, benötigt gerade so viel Staat, wie erforderlich ist, ein Höchstmaß an Freiheit zu sichern. Wer Gleichheit anstrebt, benötigt dauerhaft einen autoritären Staat, der alle niederhält, die sich erfrechen: “Ich bin so frei …!” zu sagen und danach zu handeln.

Darum schlägt das Herz unserer üblichen linken Verdächtigen für alles und jedes Staatshandeln, das uns etwas verbietet: Autofahren schneller als 130 km/h, Grillwürstchen, Kaffeetrinken außer “aus fairem Handel”, Eigenverantwortung gegenüber Corona. Zu tausenden überschüttet unser Staat uns seit Jahren mit immer neuen Reglementierungen, Anordnungen und Verboten, stets angestachelt und befeuert durch entsprechende Forderungen linksgrüner Politiker.

Unser Staatsschiff segelt überladen, aber mit vollen Segeln in die Untiefen des totalen Gängelungsstaats, der nur noch Sozialstaatsuntertanen und Umweltpflichtige kennt.

Darum vernehmen wir angesichts der Freiheitskundgebungen in Weißrußland nichts als dröhnendes Schweigen jener Lämmer, die sonst bei jedem Knüppelschlag eines Sheriffs auf ein schwarzes Haupt blöken und auch in Deutschland Straßen füllen. Der Ruf nach Freiheit läßt einen Schafskopf kalt. Ihn erfüllt nur ein inniger Herdentrieb, gleich zu sein und alle ungleichen Nachbarschafe als schwarze Schafe wegzumobben, wenn diese fröhlich beiseite traben.

Wer Freiheit liebt, den kann der Anblick der beherzten, friedlichen Freiheitskämpfer in Weißrußland nur mit stiller Freude, Sympathie und Genugtuung erfüllen.