Die sozialistische Wartegemeinschaft
Letzte Woche sah ich sie bei einem Blick aus dem Fenster wieder: Die gute, alte sozialistische Wartegemeinschaft. So nannte man in der DDR ironisch eine Warteschlange vor einem Laden, in dem es „etwas gab“. In meiner Apotheke gegenüber gab es Atemmasken für alte Leute, und so standen sie da:
Mit 1,5 m abgezirkeltem Abstand im nieseligen Dezemberwind, ihrer Gesundheit zuliebe. In der sozialistischen Wartegemeinschaft sind alle gleich. Die auserwählten „noch Gleicheren“ mußten da nicht mitstehen. Scharfsinnige Zeitgenossen haben die Schicksalsgemeinschaft im DDR-Sozialismus als Fortsetzung der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft unter (leicht) variierten roten Fahnen betrachtet. Die roten Fahnen sozialistischer Revolutionen standen immer für die Macht des Kollektivs über den Einzelnen.
„Die Volksgemeinschaft ist zurück,“ stellte Jan Fleischhauer lapidar fest.
WeiterlesenDas Ideal einer Gesellschaft, in der Egoismus und Eigensinn keinen Platz mehr haben und alle sich einem großen Ziel verpflichtet fühlen, war etwas aus der Mode geraten.
