Aus dem Gebetbuch des Teufels
Jahrzehntelang waren Begriffe wie Nation ein Unding für die rotweintrinkende, mallorcazentrierte linke Szene. Schon die Wiedervereinigung war ihr ein rechter Graus, „Volk“ oder gar „völkisch“ galten als Worte aus dem Gebetbuch des Teufels.
Plötzlich entdecken einige der geistig Wendigeren des linksliberalen Milieus die Nation wieder. Am 21. Januar sendete sogar der Deutschlandfunk mal in seiner Kultursparte etwas nicht Linksradikales. In einem „neuen Plädoyer für ein liberales Nationalbewußtsein“ berichtete Ingeborg Breuer breit über linksliberale Bestrebungen, „Nation“ nicht „länger den Rechten überlassen – und plädieren für ein demokratisches, ziviles und diverses Nationalbewußtsein“.
Weiterlesen„Im Rahmen einer Modernisierungstheorie ging man davon aus, daß sich die Nationen auf dem Weg in eine kosmopolitische Weltgesellschaft früher oder später von selbst auflösen würden“, resümiert Aleida Assmann, emeritierte Professorin für Anglistik und allgemeine Literaturwissenschaft in einem Vortrag im ORF-Radiokulturhaus in Wien. „Modernisierungstheoretiker, Technokraten, Manager, aber auch linke Intellektuelle teilten ein Geschichtsbild, in dem sich die Nation aus der Geschichte verabschiedet.“